Full text: Arbeiter-Jugend - 6.1914 (6)

 
oder «Ringe, wie man ſie au<ß nennt, dienen zur Entfernung größe- 
rer Mengen überflüſſigen Materials; ſie beſtehen aus einem 
Griff, der ſich bequem der Hand einpaßt, und einer an ihm beſeitig- 
ten Drahtichlinge. Häufig ſind an einem Griff zwei verſchieden 
gelegie Schlingen befeſtigt. Mit dieſen Schlingen reißt oder 
I<neidet der Künſtler überflitiſige Teile der Modelliermaſſe ab. 
Schwamm und Pinjel, die gleichfall38 bei der Arbeit eine Rolle - 
ſpielen, find doh ſc<on nicht. mehr als Hilfsmittel ſpeziell des 
Bildhauers zu bezeichnen, ſie ſind ja bei allen möglichen praktiichen 
Dingen von Wert. Für den Bildhauer, wie wir ihn nach dem 
alten Sprachgebrauch noch immer nennen wollen, exijtiert der 
neben dem werdenden Modell liegende Schwamm als eine Feuch- 
tigfeit3quelle, an der er jeine Finger von Zeit zu Zeit näßt. Vinjel 
aber, von verſchiedener Härte, machen ſic? bei der letzten TFertig- 
itellung, beim Säubern und- Vußen, fehr nüßlich. 
Die Inſtrumente des Plaſtikers8 ſind alijo denkbar cinfach -- 
I5ie Hand 1iſt nach wie vor fem wichtigſtes. Aber ziemlich umſtänd- 
lich find die te<hniſchen Vorbereitungen, 3ic dem Beginn 
des Modellierens vorausgehen. 
Eine Vorausſezung iſt gunächſt der Drehſtuhl. Auf ihm 
muß die Modelliermaſſe aufgebaut werden, aus der das plaſtiſche 
Iunſiwert werden ſol. Solc< ein Drehſtuhl hat dr2i Beine, die 
in der Regel 1,20 Meter lang ſind. Sie tragen gin runde3 Brett, 
auf dem wiederum ein viere>iges Brett, die eigentliche Drehſ<eibe, 
liegt. In der Mitte der Drehicheibe iſt ein Zapfen, der in eine 
Oeffnung der unteren Scheibe paßt. Auf der Drehſcheibe, die alfo 
mühelos um den Wiaittelpunkt beiveglich iſt, wird die Modelliermaſſe 
aufgeſchichtet. Der Bildhauer hat durch die Drehſcheibe die Mögs= 
Tichfeit, feine Arbeit von allon Seiten zu betreiben und zu be= 
obachten, ohne jeinen Standpunkt verändern zu müſſen. Der 
Waaler konnte vor ſeiner Staffelei feſt ſehen bleiben: fein Bild 
iſt ja ſtet3 von einem Punkte aus zu betrachten. Aver da8 Werk 
des Bildhauers hat viele Anſichten, da es körperlich iſt, und daher 
inuß es auch von allen Seiten aus bearveitet werden. Uns da es 
nun bequemer iſt, daß der Künftler ſeine Arbeit während tes 
Wiodellieron8 dreht, al8 daß er ſiändig um da8 Werk herumgeht, 
wobei er*immer ſein? Tätigkeit für Momente unterbrechen müßte, 
hat man Teit uralter Zeit die Drehſ<-oibe konſiruiert. Je größer, 
iciwerer und maſſiver die notwendigg Modelliermaſſe iſt, um ſo 
feſter muß natürlich die Drehicheibe gemacht werden. B23: größe- 
ren „Nonumentalarbeiten werden beſondere Konſtruktionen not= 
Wenig. 
er jie auf einen Bo> odor auf: zuſammengeſchichtete Balken, die 
durch eingeichlagene Eiſenklammern gehalten werden. 
Eine weitere Vorau8ſezung der eigentlichen Modelliertätig- 
feit iſt, daß die Modelliermaſſe fehr ſorgfältig und verſtändig auf 
der Drehſcheibe aufgeſchichtet iſt. Auch dabei ſind beſondere Kunſt- 
griffe zu beaten. . 
Die Maſſe, aus der 5a8 Modell gearbeitet wird, gleichgültig, 
ob ſich der Künſtler für Plaſt-lin, Wachs oder Tonerde entſcherdel, 
ſtellt eine beträchtliche Laſt dar, die nicht imſtande iſt, ſich in jich 
ſelbſt ohne weiteres zu tragen. Da3 wäre. wohl allenfalls dei 
Fleineren Figuren möglich, aber felbſt da nur, ſolange die Ton- 
erde oder das Rlaſtelin noh feucht iſt. Bei eintretender Trocern- 
Heit würde die Maſſe auseinanderbrechen und zuſammenſinken. 
(Bei dem Wachs tritt an Stelle der Feuchtigkeit eine gewiſſe 
Wärme, die wenigitens anfang3, ſolange no< an der Majje ge- 
arbeitet wird, wichtig iſt.) Um das Zuſammenfalien und AuS- 
einanderbrechen der Maſſe nach Möglichkeit zu verhindern =- für 
alle Zeiten verhindern läßt es jich nicht = baut man die 
Modelliermaſſe um einen feſten inneren Stamm aus Eiſen, Draht 
und Holzklößen auf. Aber ſelbſt dieſer Aufbau, den wir fogleich 
näher kennen lernen werden, enthebt den Künſtler nicht von dem 
Zwange, das Modell ſtets unter einiger Feuchtigfeit zu halten. 
Den Mittelpunkt de3 Tragegerüſte3 bildet eine ſenkrechte Cifen- 
- Ttange, die etwa 1 bis 2 Zentimeter ſtark iſt. Sie wird auf einem 
Brett durch Praßen und Schrauben befeſtigt. Um dieis Stüße 
werden nun weitere Einlagerungen gelegt, bei deren Anlage man 
geichic>t die ungefähren Hauptmaſſen des geplanten Werkes berück- 
fichtigen muß, indem man immer darauf achtet, daß an jeder 
Stelle, an die eine größere Laſt Ton oder Plaſtolin zu verteilen 
Ut, die Modelliermaſſe einen Anhalt findet. Das ſekt natürlich 
voraus, daß der Bildhauer ſchon eine ungefähre Vorſtellung von 
Dem fertigen Werk beſißt, und da er ſich zum mindeſten über deſſen 
weientliche Züge in Zeichnungen Klarheit geſ<affen hat oder dur< 
Heine. Skizzenmodelle, für die derartige Vorbereitungen nicht not- 
wendig ſind, weil ſie ja während der ſpäteren Arbeit. getroſt unter 
gehen können und zudem meiſt nur ſehr geringe Größe Haben, [ſs 
iſt er dazu auch ſehr wohl imſtande. Handelt es ſich um eine Büſte, 
jo wird der Künſtler ohne weiteres über die Verteilung der Maſſen 
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Will der Künſtler die Höhe feiner Drehſcheibe ändern, fo ſiellt 
 
| im großen ganzen Beſcheid wiſſen. Er wird an der Stelle des zu- 
Tunftigen Kopfes an der Eiſenſtange dur< Draht ein Querholz 
befeſtigen aind ebenſ9 ein Querholz in Schulterhöhe. Und das 
Ganze wird dann durch ein Syſtem von Drähten und kleinen 
Klößen vervollſtändigen. Handelt e3 ſich um eine ganze Figur und 
gar eine jolche in Leben3größe, ſo wird die Herſtellung des inneren 
Gitengerüſtes natürlich komplizierter und maſſiver; die Grundſätze 
Des Berfahrens bleiben aber die gleichen. An dieſes Gerüſt wird 
dann die Modelliermaſſe angetragen, und zwar ſo, daß ein be- 
Itimmter Ueberſihuß an Material vorhanden iſt, au8 dem dann 
durch Wegnehmen die genaue Form Hherausgearbeitet wird. Dieſe 
Tatigkeit aſt das eigentliche Modellieren. " 
Veber diejes Modellieren läßt ſich nun nicht viel mehr ſagen. 
Hier gibt es feine Regeln, außer der ſelbſtverſtändlichen, das 
man von den größeren und weſentlichen Zügen allmählich zu den 
Cinzelzügen, den ſogenannten Details, vorſchreitet. In allen 
anderen Dingen entſc<ceidet das perſönliche Weſen des Künſtlers, 
jein Zemperament und auc< ſeine Schulung, feine Gewöhnung 
und ähnliches. Wichtig iſt, daß von Zeit zu Zeit die Maſſe mit 
Wajſer beſprengt wird, und daß bei einem Unterbrechen der Arbeit 
feuchte Tücher über den Ton golegt werden. 
Die Verwendung von W a < 8 iſt heute recht ſelten, ſo daß wir 
von dieſem Material bei unſeren weiteren Ausführungen abſehen 
können. Die Technik, in Wachs zu modellieren, die in früheren 
Jahrhunderten jehr gepflegt wurde, iſt den modernen. Künſtlern 
etwas aus dem Gedächtnis gefsmmen. Nur ſelten ſicht man in 
modernen Kunſtausſtellungen Wachsbildwerke, und faſt regelmäßig 
jind die wenigen, die man etiva findet, mißlungen. Mit der ab- 
nehmenden Kenntnis der Wachstechnif hängt es auc< zuiammen, 
daß das Berliner Muſeum auf die Fälſchung der Florabüſte, die 
man für eine WachSarbeit des aroßen Leonardo da Vinci erklärte, 
Hereinfiel. . Schluß folgt.) 
= 
Krieg und Friede. 
IH ſtand an eines Gartens Rand 
Und ſchaute in ein herrlich Land, 
Das, weit geländet, vor mir blüht, 
Drin heiß die Ernteſonne glüht. 
Und Arm in Arm, es war kein Traum, 
Mein Wirt und ich am Apfelbaum. 
Wir larſchten einer Nachtigall, 
Und Friede, Friede überall. 
Cin ZuI auf fernem Schienendamm 
Kam angebrauſft. Wie zauberſam! 
Er brachte frohe Menſchen her 
Und Güterſpenden, ſegenſchwer. 
Einſt ſah ich den metallnen Strang 
Zerſtört, zerriſſen, meilenlang. 
Und wo ich nun in Blumen ſtund, 
- War damals wildzerwühlter Grund. 
Der Sommermorgen glänzte ſchön 
Wie heute; aligernd von den Höhn, 
„Den ganzen Tag mit Sa> und Pa“, 
Brach nieder aus Verhau, Verha> 
Zum kühnſten Sturm, ein weißes Meer, 
Des Feindes wundervolles Heer. 
Ich ſtüßte, wie aus Erz gezeugt, 
Mich auf den Säbel, vorgebeugt, 
Mit weiten Augen, offnem Mund, 
Als ſtarrt ich in den Höllenſchlund. 
Nun ſind ſie da! „Schneilfeuer!“ „Sieht!“ . 
Wie hoch im Rauch die Fahne weht! 
Und Mann an Mann, hinauf, hinab, 
Und mander ſinft in Graus und Grad. 
Zu Boden ſtürz ich, einer ſticht 
Und zerrt mich, ich erraff mich nicht. 
Und um mid, vor mir, unter mir 
Ein furchtbar Ringen, Gall und Gier. 
Und über unſerm wüjten Knaul 
Bäumt ſich ein ſcheu gewordner Eaul. 
' IH ſeh der Vorderhufs Blik, 
Bluiſeſtgetroäneten Sporenrißg, 
Den Gurt, den angeſpriziten Kot, 
Der aufgeblähten Rüſtern Rot. 
Und zwiſchen uns mit Klang und Kling 
Plat der Granate Eiſenring: 
Ein Drache brüllt, die Erde birſt, 
Einfällt der Weltenhimmelſirſt. 
Es ächzt, es ſtöhnt, und Schutt und Staub 
Umhüllen Tod und Lorbeerlauk 
St» 

	        
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