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Arbeiter-Jugend
uns umtoſen, eben
durd) dieſc Unſjicht-
barfeit, die uns
ewige Ruhe vor-
gaukelt. Löcher in
der Luft können
auf mannigfache
Weiſe entſtehen.
In allen Luſt-
wirbeln, in denen
die Luft aus der
itte des Wir-
belS5s nac<4 den
Seiten fließt, ent-
ſteht im Zentrum
des Wirbel8 ein
luftverdünnter Be-
zirf, ein Loc in
der Luft. Kommt
ein Flugzeug in
Quftwogen, wie ſie
beſonders an der
Grenze zwiſchen
zwei verſchieden
fließendenLuſtſtrö-
men entſtehen, 19
kann eS ſich wie ein
Schiff von denWel A65. 1. Ein Waſſerfall im Luftſtrom. Originalzeihnung de3 Verfaſſers.
len auf und nie-
der wiegen la)jen.
Iliegt e3 aber infolge ſeiner Eigengeſchwindigfeit in gerader Linie
piße, 79 fließt die Luftmaſſe mit der
„
von Wellenſpiße zu Wellen)
Welle unter ihm in38 Wellental hinab, und es gerät zwiſchen den
beiden Wellenfämmen freiſchwebend in ein Loch in der Luft, durch
da8 e8 in da8 Wellental hinabfällt.
Nach dieſem Fall prallt e3 genau wie ein Schiff, deijien B11q
fich aus den Sturmeswellen herausgeboben, auf die nachfolgende
Tas Schiff auf See
anrollende Welle mit ganzer Gewalt auf.
latſcht gegen die Welle, daß 5a8 Waſer
nach allen Seiten ſprit und die Giſcht
über das ganze De> hinwegiprühti. Ge-
nau fo latſcht der Neroplan, wenn er
in ein Wellental der Luſiwogen hinein-
gefallen, gegen die nächſte Welle an. 2 (an
hört dieſes Aufklatſchen der Aeroplan-
flügel troß Motorgeknatter und Propoellor-
geſurr und ſagt, der Acroplan fei von
einer Klatſchböe getroſſen.
Wie jeder weiß, weht der Wind in
Stößen, ſo wie das Waſſer des Veeores3
in Wogen brandet. Der Wind „hoult“
in Abſtänden, wenn er um die Dächer
fährt; ſtoßweiße fährt er uns ins Goſicht
„und reißt uns den Hut vom Kopf. Durch
dieſe einzelnen Windſtöße entſtehen Löcher
in der Luft. Wenn in einem Eiſenbahn-
zUg, der gleichmäßig langſam fährt, die
Maſchine plößlich ſtoßweiſe mit Boll-
dampf anzieht, reißt der Zug in der Mitte
auseinander, und es entſteht eine Lücke
in der Wagenfolge. Genan ſo bilden ſid)
hinter ſol<en Windſtößen Lü>en, die nicht
Thnell genug von den nachfolgenden
Luftmaſſen ausgefüllt werden können,
alfo Löcher in der Luft, die ſchon
manchem Flugzeugführer Verderben ge-
bracht haben.
Wir waren durd) das Loch in der
Quft glücklicherweiſe nur in die Tiefe ge-
fallen. Weld) ein verändertes Bild bot
ſich unſeren Bliken! Steil und zac>ig
reckten ſich) die Gipfel eines Gebirgs8zuges
empor. Dur<h den Fall waren wir
bis auf Berge8tiefe hinabgeſunken und
ſchwebten über den Vorhöhen einer ſteilen
Bergkette, die ſich wie ein Wall vor uns
auftürmte. Wir wollten in mäßiger Höhe
den Gebirg8kamm Überqueren. Zu dieſem
Zwe mußten wir aber wieder höher-
ſteigen. Dod) was nüßte unſer Wille?
Wie von cinem reißenden Strom ge-
zogen, näherten wir uns ſc<neller und
immer ſchneller
dem Gebirge. Wir
waren in einen
Luftſtrom gera-
ten, den das Ge-
birge anſog, und
der uns mit wad»
fender Sdnclle
“an dieſes heran-
30g. Jmmer ſchär-
fer hoben ſich die
Zacken der Felien-
wand vom Hin-
melSgrunde vor
uns ab. Mir
ſchien, als müß-
ten wir unfehibar
an vieſen ſteincr-
nen Wänden zer-
Tſhellen. Abermein
Führer fannte
dieſe Gegend; er
hatte oftmals die-
fen Kamm üÜber-
guert. Ich hiclt der
IAteman. Cs konnte
fich. nur noch un
Minuten, um Se-
funden handeln,
und wir waren
zer?chellt an den ſteinigen Hängen! Aber der Luftſtrom praülte
nicht gegen die Gebirg8wand an. Wie die Felſen unter uns immer
höher ſtiegen, fo ſtieg auc< er, hob den Apparat genau entiprechen 3
der Gebirg3form auf zur Höhe, und wie die Wogen eincs Waſier-
falls ſtrömte er, den Aeroplan al3 Nachen tragend, Über den
Abb. 2, Im Wirbel.
Samm des Gebirges hinüber, um auf der Gegenteite in die Tieke
hinabzurauſchen. Das Herz ſtand mir ſtill, als wir wenige Meter
über den Steinen des Gipfel3 das Gebirge überflogen, oder beter
geſagt, über das Gebirge geſchleuder?
wurden (Abb. 1).
Jegt erſt riß zu meinem Ctaunen
der Pilot das Höhenſteuer empor. Cr
wußte, daß erſt jet, nachdem er ven
Gipfel paſſiert, die Stelle der Gefahr kan.
Wie nämlich die Weilen eines Waſſerfalls
in weitem Bogen über ihren Abhang hin-
überrauſchen, fo daß zwiſchen der Feljen-
wand und dem Waſſerfall ein freier Raum
entſteht, in den man oft ſogar eine Brücke
einbauen kann, um unter dem Fal himn-
wegzugehen, ſo entſteht auch unter den
Gefälle eine3 Gebirgöluftſiromes ein luſt-
freier Raum, der ſiark anſaugend wirkt
und fo einen heftigen Wirbel hervorruft.
Der Föhn der Alpen iſt cin ſolcher, durd)
Saugkraft auf der windſtillen Gebirg3-
ſeite erzeugter Talwind. Außerdem bricht
ſich der fließende Bergſitrom der Luft au?
der Gegenſeite des Berges zu cinem Luft-
fall, in dem er in Strudeln und Wellen
hinabwirbelt, genau wie der ruhige Strom
' eine8 Fluſſes dur) den Waſſerfall ge-
brochen wird und in tauſend Wellen auf-
gelöſt herniederrauſcht.
Wie der Abſtieg von einem Gipfel
gefährlicher iſt als ſcine Beſteigung, 18
droht dem Aeronauten erſt auf der Gegen-
feite eines Berges die Gefahr, wovon
der berühmte tragiſch-heroiſc<e Simplon-
flug de3 unglücklichen Chavez Zeugnis
ablegt. Dieſe Wirbel auf der windſtillen
Gebirgsſeite gehören zu den gefährlichſten
ihrer Art. Mit großer Saugkraft reißen
ſie den Apparat an ſich heran, wirbeln
ihn im Kreiſe umher, und wenn er in
ihren luftverdünnten Innenraum geraten.
iſt, ſo fällt ex durc< dieſes Lo< in der
Luft wie cin dur<hſc<hoſſener Vogel in die
Tiefe (Abb. 2).
Die Erfahrung des Führers bewahrie
un3 vor dieſem Sci>ſal. Glücklich ei1t-
rannen wir der Gefahr, und wie der Adler