Full text: Arbeiter-Jugend - 6.1914 (6)

Arbeiter - Jugend 
283 
 
 
über den 8Klüften, 
ſegelten wir frei- 
bej<hwingtüber die 
felſige Tiefe hin- 
weg in die Höhe. 
FUr die Shrc>en 
dieſer Gebirg3- 
fahrt ſollten wir 
jogleich Überreid) 
entſ<adigt wer- 
den. Mein Führer 
wußte, daßjenſeits 
der GebirgSskette 
in großer Oöhe ein 
beſtändiger Wind- 
jtrom zu wehen 
pflegte. Wie die 
Meere ihre ſtändi- 
gen Strömungen 
beſitzen, der Atlan- 
tiſche Dzean den 
Golfſtrom, der In- 
diſche Dzean den 
Aequatorſtrom, die 
Südſee die Kap- 
Horn - Strömung, 
johatauc) dasLuft: 
meer feine unver 
anderlichen Strö- 
mc, die Paſſatwin- 
de und den Gegen- 
paſſat, dic Mon- 
fjume, die großen 
aimoſphäriſchen Zyklone und Antizyklone. Und wie die großen Veeerc3- 
jtroömungen allerorten kleine Neben- und Gegenſtröme erzeugen, 
die Antiäquatorialſtrömce, den Guincaſtrom, den Brafſilſtrom und 
die Unzahl der lofalen Küſten- und Inſelſtrömungen, ſo erzeugen 
die großen Luftmecrſtrömungen Gegen- und Nebenwinde, die an 
beſtimunten Orten immer in gleichen Bahnen dahinziehen. Der 
ohn der Alpen, die Bora von Tricſt ſind folc<e Lofalwinde an 
ven Küſten der Hochgebirge. Die Kenntnis ſolcher Luftſtraßen, 
die meilenweit in rahigen! Windfluß das Qand überſtrömen, ilt 
für den Luft] <iffer von aroößtem antereſſe. Er wird nic ver) nchen, 
Gegen diefen | Strom zu ſchwimmen, ſondern ihm 0U8Weichen oder 
ihn auSnugen. Stundenlang kann man auf einer ſolchen Luſt- 
<auſſee in geradem Fluge, ohne einen Hauch, ohne einen Wider- 
jtand zu fithlen, dahimſchweben, vom Stronr der Lüfte getragen. 
 
Abb. 3. Die Landſkraße im Lufkreich. 
In ſolch eing 
Zuftſtraße führte 
uns unſer Flug. 
Wie dreifac< won- 
ncvoll empfandetz 
wir nach all der 
Aufregungen des 
vorangegangenen 
fo wechſelreichcit 
Wluges die 1mge- 
frörte Muhe dieſer 
Stromfahrt! Frei 
und leicht, als 
fet die Urkraft 
der Schwerc üÜber- 
wunden, als ct 
jenes Naturgeſct 
nun aufgehoben. 
Ichwebt der große 
Bogel mit ausge- 
breiteten ;ylügeln 
dahim und trugt 
uns auf einein 
Zaubergefic eber 
zur Heintat (Ab-= 
Bild: ing 3). Ueber 
US Das DU 
felnde Blau des 
mnmels, un Uns 
die lautloie Nube 
des Raums, 1U1- 
tor uns int Aben 
glanz das Land: 
Wieſen und Wälder, Berge, Seen, Flüſſe umv Städte eilen 
dahin, und wenn nicht dort das weiße Wölfen eines Zuges 
flatterte, jo mochten wir glauben, ein verzaubertes Märchenreic 
liege unter uns, und wir ſchweben auf Wunderflügeln über ihm 
bin. YIur der Nhythmus des fnatternden Motors erinnert uns 
daran, daß es Wahrheit iſt, was wir erleben, und daß wir Menſche: 
ſind von Fleiſ< und Blut, die ſich auf einer Vic Ichine von Bodeit 
erhoben. Dreimal jchwerer als vordem faumen wir dahin, au? 
Windesflügeln der Heimat entgegen. Da, in der Ferne aus don? 
Gold des „ebends tauchen die Rupveln und Türme unſerer Stadt 
 
Wie ein plaſtiſMes Kunjtwerk enkſtehtk. 
Von Adolf Bruno. 
KY EG ir nehmen an, der Bildhauer habe ſein Werk in Plaſtelin 
hy oder in Ton fertig modelliert. Dann iſt zwar die eigentlich 
Funſtleriſjche Arbeit bis auf Einzelheiten damit vollendet, 
aber der technit "De Herſtellung3prozeß der endgültigen Büſte oder 
Ttqur nod) feine3wegs Denn wie wir wiſſen, iſt die Leben3dauer 
eine3 Tonmodells, auch wenn e38 ſehr ſorgfältig gepflegt wird, eine 
veſchränkte. E3 beginnt nun die Aufgabe, das Werk des Künitlers, 
das Modell, in ein dauerhafte8 Material zu überſeßen, in Stein, 
Bronze, Holz oder ähnliches. Dabei tritt der Künſtler hinter dem 
Handwerker zurück. 
Die Regel iſt, daß von dem modellierten Werk eim Gip3- 
abguß genommen wird, wie das j<on die alten Aeaypter getan 
haben. Da3 Verfahren hat ſich inzwiſchen wohl etwas verfeinert, 
blieb aber in ſeinen Grundzügen unverändert. Zunächſt muß 
eine Form gemacht werden, die mindeſtens immer aus zwei Teilen 
beſteht, bei komplizierteren J Figuren aus8 mehr. Sie entſteht durch 
Abgießen von dem Modell, wodurch man ja eine negative Form, 
ginen dem Modell genau entſprechenden Hohlkörper erhält. Wenn 
man nun in dieſen negativen Abklatſch de8 Modelle8 wieder Gips 
eingleßt, bekommt man die genaue poſitive Wiederholung des 
Modelles in dem dauerhafteren Material de8 Gipſes. 
„Diejes Verfahren, deſſen Beſchreibung ſehr einfach klingt, iſt 
bei Figuren mit frei vorſtehenden Armen oder Geräten oft genug 
recht ſchwierig. Solche Teile müſſen beſonders abgeformt und 
jpäter mit Hilfe von Eitenzapfen in den abgegoſſenen Rumpf ein- 
geſeßt werden. 
Bekannt iſt, daß man GipSabgüſſe oft auch zu Reproduktion3- 
zwecken nicht von einem Modell, das ari in Stein aus8gefiihrt wer- 
 
"einem 
einpor! Wie den müden Wandervogel zum Neſt, 19 ir reibt 05 UNS 
nun hin zum Haus, zur Stadt, wie der Menich unter Wenſcheit 
ZU jen, md uns Überfonmt die atte Jinderfehni uhr Dinab zue 
Erde, zur Mutter Erde. Gin> ab! 
Shins.) 
den Jol, mmmi, ſondern von dem bereit3 in Stein over Bronze 
ausgeſührten. Werf. Unſere Veaſeen find, wenn ſie von foitbareit 
plaſtiſchen Kunſtwerken an entlegener Stelle einen Begriff gebeit 
wollen, wie von den Antifen anderer Länder, auf? dieſe Gipsabaiüfſe 
angewieten. Ein wahrer Erfatz find ſie natürlich nicht, beſonders 
dann nicht, wenn man ſie in ihrer Gipsfarbe belaſſen hat. Eitr 
jolcher gipferner und oft unangenehm verſtaubter Abquß aibt nie 
mals den Eindru> des Marmororigimales wieder. Man jolie 
allgemein darauf halten, derartige Abgüſſe in einom ähnlichen 
Charafter zu tönen, wie ihn die Orianinale haben. 
Uebrigens erfordert jeder GipSabauß gewiſie Nacharbeiten: 
die N cahte, die ſich auf ihm von der Zufammenſeßung der Form 
ber zeigen, und ähnliche Schönheitsfehler müſſen ſorgfältig ent= 
fernt werden. 
Aber auch die Ueborſekung des Tonmodelle3 in das dauer» 
haftere Material de3 Gipſes iſt noch nicht die endgültige Forint 
DCS Kunſtwerkes. Jeder Künſtler hat den Chraciz, jein Werk in 
edlen Material verwirklicht zu ſehen, woran auch dies Tat- 
jache nichts ändert, daß recht virle Werke = und manchmal nicht 
die ſc<lechteſten =- über die Exiſtenzform des Gipſes nicht hinaus 
gekommen ſind. Da3 hat ſehr oft rein materielle Gründe; ein 
cdle3 Material koſiet Geld, und der Gips iſt billig. 
Al3 der edelſte Stein für plaſtiſche Werke gilt der Marmor, 
und beſonder3 der ſchneeweiße Marmor von Carrara in Italien, 
den I<hon Michelangelo benußt hat. Die alten Griechen freilich 
hatten Steine zur Verfügung vom Hymetto3 und vom Pentelifon 
und von Paro3, die dem carrariſichen mindeſtens ebenbürtig an 
Schönheit ſind. 
154 
vv
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.