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Arbeiter-IJug2nd
atmen, nehmen Nahrung auf, pflanzen ſich fort; Tiere haben
außerdem die Fähigkeit zu empfinden und ſich fortzubewegen;
Steine vermögen von all dem nicht3. -- Dieſe Erklärung iſt als
Definition, al3 Begriffsbeſtimmung wertlos, jie ſtammt no< aus
den Kindheit38tagen naturwiſſenſc<aftlicher Forſchung. Kriſtalle
haben au<h eine beſtimmte Form und ſind doch weder Pflanzen
noch Tiere; ein Apfel, eine Erbſe zeigen keine Lebenzäußerungen
und leben doh. Die Wahrheit iſt, daß e8 bi8her überhaupt noch
nicht gelungen iſt, den Begriff „Leben“ ausreichend zu definieren.
S<hon das muß fſtußig machen: denn wenn fich die Begriffe
„lebendig“ und „nichtlebend1g“ nicht ſcharf trennen laſen, dann
wird e3 wohl auch keine ſ<harfe Trennungslinie zwiſchen den Ver-
trotern der beiden Z3Ftände geben. Schließlich läuft alfo unſere
Titelfrage auf die weitere hinaus: ſteht die organiſche Natur mit
der anorganiſchen auch in genetiſcher Verbindung, d. h., weniger
fachwiſſenſc<aftlich ausgedrüct: iſt die Welt der Lebeweſen aus
der Welt Der Geſteine unmittelbar hervorgegangen? Wir ſehen,
| welche bedeutung3volle Frage damit überhaupt angeſchnitten iſt,
die Frage nämlich nach der Entſtehung der Lebeweſen.
Es ſei gleich vorausgeſchiät, daß dirette Beweije auf dem an
gezogenen Gebiete fehlen. Wir jind, wie fo oft in der Naturwiſſen»
ihaft, auf mittelbare, auf ſogenannte JIndizienbeweiſe (Beweiſe
aus Anzeichen) angewiefen und müſſen, um die biäherigen Er-
gebniſſe der Forſchung überhaupt deuten zu können, manche An=-
leihe im Reiche der Rhantaſie machen. Selbſtverſtändlich iſt der
Boden, den wir betreten, no&< ſ<wankend; aber wir kennen
wenigſtens den Weg, den die Forſchung einzuſchlagen hat, und
ihre Fortſchritte übertreffen bereits alle Erwartungen.
Von zwei Seiten zugleich iſt das Problem in Angriff ge-
nommen worden, von der anorganiſchen und von der organiſchen
Seite ver. Von beiden Seiten her iſt man ſich merklich näher
gerüdt. Die Chemie hat un8 mit Sicherheit gezeigt, daß das
Material, aus dem die Lebeweſen aufgebaut jind, aus denſelben
elementaren Stoffen beſteht, die auch in der Welt der [eblojen
Körper vorkommen: daß der Ablauf de8 Leben8, daß ſogar die
Grundlagen der ſogenannten ſeeliſcher: Vorgänge phyſitkaliſch-
<hemiſche Brozeſſe ſind, die ſich von anderen, die wir experimentell
in den Laboratorien anſtellen, höchſten3 durch ihre größere Koms=-
pliziertheit unterſcheiden. Za, es iſt in der jüngjten Zeit der
Forſ<ung nicht allein gelungen, organiſche Stoffe, wie Harnſäure
umd dergleichen künſtlich ßerzuftellen, ſondern man iſt ſogar ?oweit
gelangt, 11. a. eine Vorſtufe des Eiweißes, das Protalbumin, aus
feinen Beſtandteilen aufzubauen. Damit iſt man dem Geheimnis
vom Aufbau der OrganiSmen, wenn auc< no< nicht der Hexr-
ſtellung künſtlicher Lebeweſen, unmittelbar auf den Leib gerüdct.
Andererſeits hat man in der lebloſen Natur, in der Welt der
Steine im weiteſten Sinne de3 Worte3, Analogien entde>t, Aehn-
“ Uichfeiten mit den Lebeweſen und ihren Leben8äußerungen, die
- e3 wahrjicheinlich machen, daß zwiſchen der organiſchen: und der
anorganiſchen Welt kein grundſäßlicher Unterſchied beſteht. Eine
von ver organiſchen nur dem Grade nach verſchiedene Atmung und
Ernährung, verbunden mit den erſten Anjäßen eines Stoff-
wechjels, iſt z. B. bei den Steinen beobachtet worden. Beſondere
Aufmertfamleit haben in der lekten Zeit die Krankheiten der
Metalle erregt. Bekannt iſt die Zinnpeſt, eine Krankheit, in deren
Verlauf das Zinn in ein graues Pulver zerfallt. Und zwar iſt dies
nach Profeſior Cohen eine Infektionskrankheit, die anſte>end und
dur< „Impfen“ übertragbar iſt. Allerdings hat man den Krank-
heitzerreger nom nicht zu faſſen vermo<ht. Beim Aluminium
kennen wir jogar zwei verſchiedene Arten von Infektionskrank-
heiten. Andere Krankheiten der anorganiſchen ebenſo wie der
organiſ<en Natur beruhen auf, ſagen wir einmal, krankhafter
„Säftebeimengung“ und können geheilt werden. Bekanntlich be-
ſIhäftigt man jich heute in der Metalltechnik ſehr eingehend mit
jolhen Krankheiten, und wir können ſicher ſein, wenn die übrigen
Glieder der anorganiſchen Welt, Steine, Erven, Krijtalle uſw.,
ebenſo ſtark in das Bereich der Technik einbezogen wären, man
würde auc< da ſol<he Erſcheinungen, ähnlich den bei Lebeweſen
beobachteten, feſtſtellen können.
Ein Zweig der Chemie, der in jüngſter Zeit zu beſonderer
Bedeutung gelangt iſt, die Kolloidchemie (d. hb. die Wiſſenſchaft,
die ſich mit leimartigen oder gallertähnlichen Körpern befaßt), hat
beſonders zahlreiche Analogien zu Leben3vorgängen aufgezeigt.
Um nur die leichter verſtändlichen aus der Fülle herauszugreifen :
folloide Subſtanzen altern, 5. b. ſie verlieren nach einiger Zeit
die Fähigkeiten, die fie anfänglich beſaßen, eine Eigenſchaft, die
jonſt in der lebloſen Natur nicht vorkommt. Kolloide imd in der-
ſelben Weiſe lichtempfindlich wie die Pflanzen; ſie können durch
Gefrieren abgetötet werden; ſie unterliegen der Narkoſe; ſie zeigen
ſogar ein gewiſſes Wachstum und unter Umſtänden ein gewiſſes
Maß von Bewegung. (Schluß folgt.)
Das Lehrverhältknis in der Kriegszeitk.
D: Krieg mit ſeinen gewaltigen, das ganze wirtſchaftliche Leben
erſchütternden Wirkungen zieht in vielen Fällen auch die
Verhältniſſe der Lehrlinge in Mitleidenſchaft. Häufig tut er
es freilich nur uf indirektem Wege, inſofern nicht ſelten Profit-
jucht, kraſſer EgoiSmus und mangelhaftes Verſtändnis für die
Opferwilligkeit, die in dieſer Zeit auc<h in der TJörderung des ge-
werblichen Nachwuchſes betätigt werden muß, eine gewiſſe Sotte
Lehrmeiſter zur Unterbrechung oder Loſung des Lehrverhältniſſes
veranlajjen.
E38 erjc<eint de3halb angebracht, über die rechtliche Stellung
Der Lehrlinge, jowie ganz allgemein über die Lehrverhältniſſe, wie
jie ſich in dieſer Krieg3zeit geſtaltet haben, einige Aus8fi Ihrungen zU
maden. C3 erſcheint dies ſchon um deSwillen notwendig, weil
unjere Genoſſen, ie in den Geſelienausſc<hüſſen der Innungen tätig
jind, häufig mit Streitigkeiten aus dem Lehrverhältnis zu tun be-
kommen werden, die ihre Urfachen in den oben angedeuteten Um:-
jianden haben; ferner aber auch de3halb, damit die Lehrlinge jelbſt
über ihre Rechte unterrichtet ſind und ſie im Notfall jelbſi ZU
wahren imſtande find.
Da iſt zunächſt der Fall zu unterſuchen, ob der Lehrvertrag,
wenn der Lehrmeiſter nicht zum Eriegsdienſt einberufen wird,
durch den Krieg3zuſtand beeinflußt wird. Dies iſt unbedingt zu ver-
neinen. Beide Parteien haben auc< unter dem Kriegszuſtand alle
Pflichten des Vertrages zu erfüllen. Der Lehrmeiſter kann alſo
nicht ohne weitere38 den Lehrling für unbeſtimmte Zeit auf deſſen
eigene Koſten fortſhicken, jondern er iſt verpflichtet, in den Fällen,
wo Entichädigung für Koſt und Log18 vereinbart iſt, dieje auch für
die Zeit de38 Ausſfezen3 dem Lehrling zu gewähren, und wenn laut
Vertrag Koſt und Logis beim Lehrmeiſter gewährt wird, dieſe
weiter zu gewähren oder die entſtehenden Unkoſten zu tragen.
Wenn der Lehrmeiſter den Lehrling wegen Mangels an Arbeit
fortſcmi>t und die genannten vertraglichen Bedingungen nicht er-
füllt, br icht er den Lehrvertrag und berechtigt damit den Lehrling
oder deſſen geſetzlichen Vertreter zur Löſung des Lehrverhältniſſes |
auf Grund des 8 124, Abſatz 4 der Gewerbeordnung.
- In dieſem Falle wird dann noch die Frage entſtehen, ob der
Lehrmeiſter, wenn der Lehrling dadur< Schaden hat, mi<t zum
Schadenerjäß verpflichtet itt... Auch diefe Frage wird zu bejahen
jein, denn da der Lehrling ſc<hadener] jaßpflichtig iſt, wenn er die
Lehre widerrechtlich verläßt, ſo- muß auch der Lehrmeiſter in DEIN»
jelben Maße ſc<adener) "08Dflihtg jein, wenn er den Lehrvertrag
nicht imnehält.
Auf jeden Fall kann der Mangel an Ar heit kein Grund jein,
den Lehrling zu entlaſſen oder ihn auf eigene Koſten für längere
Zeit ausſeßzen zu laſſen, weil do< der Lehrlina ſeiner Ausbildung
wegen be ſchäftigt wird und nicht, um für den Lehrmeiſter gewinn»
bringend tätig zu fein. Die Möglichkeit der fachlichen Ausbildung
iſt aber: auch dann gegeben, wenn der Betrieb wejentlich einge-
Ichränft iſt. Außerdem gilt für Lehrverträge dasſelbe wie für jeden
nderen Vertrag: Der Kriegszuſtand hebt den Vertrag nicht ohne
weiteres auf, fondern dieſer muß von beiden Parteien genau ſo er-
füllt werden wie zu normalen Zeiten.
In Innungskreiſen iſt auh ſchon die Frage erörtert worden, ob
- der Lehrling, wenn er die Lehrzeit unterbricht, für die Zeit der
Unterbrechung nachlernen muß. Wenn in dieſen Kreiſen. hierfür
Stimmung iſt, jo müſſen wir uns gegen eine iolche Auffaſſung ent-
ichieden wenden. EZ iſt dies ſ<on aus dem einfachen Grunde nicht
angängig, weil die Unterbrechung nicht in dem Verſchulden des
Lehrlings liegt, und weil der Lehrmeiſter gar kein Recht hat, die
Unterbrechung von dem Lehrling zu fordern, dieſe vielmehr nur
auf dem freiwilligen Entgegenkommen des Lehrlings8 oder deſſen
gejeßlichen Vertreters beruhen kann. C3 ſind de3halb für ein ſolches
Anſinnen rechtliche Gründe nicht vorhanden und das Verlangen
iſt mit aller Entſchiedenheit abzulehnen. -
Nun wird häufig der Fall eintreten, daß der Lehrmeiſter zum
Kriegsdienſt eingezogen iſt. Sſt in dieſem Falle die Weiterbeſchäufti-
gung de3 Lehrlings möglich und find zu deſſen AuSbildung geeig-
nete Perſonen vorhanden, ſo ändert ſich am Lehrvertrag für beide
Seiten nicht83.
Liegt die erwähnte Möglichkeit jedoH nicht vor und muß der
Lehrling entlaſſen werden, ſo iſt das Lehrverhältnis als gelöſt zu
betrachten -- nach 8 124, Abfaz 1 der Gewerbeordnung --, ohne
daß jedoch in dieſem Falle dem Lehrmeiſter gegenüber hieraus Ver-
pflictungen beſtehen bleiben oder geltend gemacht werden. können.
In jedem Falle, in dem da3 Lehrverhältnis gelöſt wird, ift
dem Lehrling in jeinem Arbeitsbuch zu beſcheinigen, wie (ange
die zurückgelegte Lehrzeit gedauert hat und daß er die Lehre ohne
ſein Verſchulden ordnung5gemäß verlaſſen hat.
E35 ſei aber nochmals nachdrücklich betont, daß nichts daran
gelegen fein kann, die Lehrverhältniſſ je zu löſen, jondern daß es
S? vs
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