duch ein äußerſt liebenswürdiger Menſ< ins Grab geſunken.
"heitsliebe Franks
Arbeiter-Iugend
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immer da3 wichtigſte iſt, die beſtehenden Verträge in allen Punkten
durFzuführen und ihnen Geltung zu verſchaffen. . Dies iſt eine
bejondere Aufgabe der Innungen, bei der die Geſellenaus Ihülſe
energiſch mitzuwirken haben.
Veijjen aber Lehrlinge durß den Zwang der Verhältniſſe
einen "nderen Lehrmeijter juchen, jo iſt ihre Unterbringung gleich-
jal5s Sache der Znnungen und Wetellenausichüſſe Beide müſſen
dafür fJorgen, daß in ſolchen Fällen geeignete Lehrmeiſter ge-
iunden werden. E83 iſt hierbei aber unbedingt darauf zu ſehen,
daß die Dauer der Lehrzeit in3geſamt nicht die Lehrdauer über-
ſteigt, die im erſten Lehrverirage vereinbart war. € iſt viel-
mehr eher angebracht, die Lehrzeit zu verfürzen, da doh infolge
der vom LSehrling bereits erworbenen Fachkenntnijje .deſjen Aus-
bildung für den zweiten Lehrmeiſter we] jentlich günſtiger ijt.
Im allgemeinen würde es ſic) empfehlen daß Sie jungen
Leute, die infolge ver geſchilderten Umſtände die Lehre aufgeben
müſſen und nur no< eine furze Zeit bi3 zur Beendigung des
Cehrverhäliniſſes vor ſich hätten -- vielleicht einige Monate =,
von den Innungen jofort Gelegenheit erhalten: die Geſellenprüfung
zu machen und aus dem Lehrverhältnis auszuſcheiden.
G3 wird den Gef elſenaus ichüſſen daran gelegen jein müſſen,
in dieiem Sinne zu wirken vs das Wohl der Lehrlinge in allen
Streitfragen energiſct wahrzunehmen. Wirten die Gejellenaus-
iIchüſſe im dieſer Richtung, jo geſchieht das nicht nur im JInterejſe
der Lehrlinge, ſondern auch de3 Berufes im allgemeinen, und e3
wird dazu beitragen, den Geſellenausſhüſfen höhere Bedeutung
zU verſchaffen, al8 ihnen biSher vielfach beigemeſſen wurde.
In den Fällen, wo die IJIunung es verſäumt, den Getellen-
au8ichuß zur Regelung und Erledigung dieſer Angelegenheiten
hinzuzuziehen, iſt Beſchwerde bei den Sandwert2 = oder Gewerbt-
fammern einzulegen, denn nac< 8 95 der Gewerbeordnung b&-
iieht für die Jnnungen eine jolche Verpflichtung.
Wo der Geſellenausſchuß an einem Orte nicht mehr vollzählig
vertreten iſt, müſſen die Erfaßmänner hinzugezogen werden; jind
auch dieſe nicht mehr volBählig, muß durch Zuwahl eine Er-
Jänzung vorgenommen werden (8 95b der Gewerbeordnung).
Aufgabe der ortlichen Verwaltungen der Gewerkſchaften 1iſt
68, darauf zu achten, daß im dargelegten ' Sinne die Intereijjen
Ser Lehrlinge gewahrt werden. W. Ploog.
dF -
Eine Jugenderinnerung an Frank.
B/Ey on einem Freund unſeres Blattes in Oekſch-Leipzig jwixXd Uns
y KB geſdrieben:
Mit Ludwig Frank iſt nicht nur ein hochbegabter, ſondern
Wer
rant perjönlich nähergetreten iſt, wird noc< lange den Zauber ſeines
Umganges in der Erinnerung tragen. Heute noch, nach mehr als
20 Jahren, gedenken wir der ſchönen Stunden, die wir mit ihm ver=
lebten. Namentlich ein Vorkommnis, das für den Mut und die Wahr-
bezeichnend iſt, ſoll den Jugendgenofjinnen und
:genoſſen berichtet werden. E38 war gewiſſermaßen Franks erites
öffentliches Auftreten, wenn man den Begriff etwas weiter faßt. Ge=-
noſe Franf beſuchte das Gymnaſium in Lahr in Baden. Wir waren
als junge Arbeiter zugewandert und wurden bald mit Frank bekannt.
Damals gab e3 noch feine proletariſchen Jugendorganijationen. Wer
von Den jungen Leuten ſich fortbilden wollte, datte es nicht 19 bequem,
wie es heute die jugendlichen Arbeiter, namentlich in größeren Städten,
baben. Wir waren der ſozialdemokratiſchen Organiſation, dem Da=
maligen Wahlverein in Lahr, angeſc<hloſjen. War die Zahl auch gering,
ſo entwidelte ſich doH ein reges Leben, an dem auch der Gymnaſiaſt
Frank teilnahm. Natürlich fonnte er nicht Mitglied im Wahlverein
ſein, aber wir jugendlichen Genoſſen wurden öfters in den: Krei35 ge-
39gen, den einige Gymnaſiaſten gebildet hatten. In dieſem keinen
Kreiſe hatten wir ſchon Gelegenheit, das icharfe Denken und die redne=
riſche Begabung Franks zu bewundern. Der Freundſchaftskreis wurde
enger, al3 un3 Genoſſe Frank in der franzöſiſ<en Sprache unter-
richtete, die er ſchon als Achtzehnjähriger geläufig ſprach.
Al3 dann der Tag herannahte, an dem er vom Gymnaſium ents-
ſaſſen werden ſfollte, waren auH wir zu dieſem feierlichen Aktie geladen
und erſchienen. In einem größeren Saale eines Schulgebäudes (wahr=
iheinlic der Aula des Gymnajiums8) fand die Feier vor einem
großen und (mit Ausnahme von un3 Proletariern) gelehrten Publi1-
fum ſtatt. Genoſſe Frank, der als beſter Schüler mit einem
Büchergeſhentf bedacht wurde, hielt die Abſchiedzrede an das Lehrer-
follegium. In fließender, eindru>3voller Rede ſprach er über Leſſing
al8 Erzieher. Dieſe Rede war es, die die Wahrheitsliebe und die
Unerſc<rodenheit Franks in3 hellſte Licht rü>te. Von jeinen Worten
iſt mir heute, nag 21 Jahren, wenig mehr in Erinnerung. Äber
Genoſſe Frank muß. e3 den Herrſchaften ordentlich geſagt haben, was
er ünter Grziehung verjtand, denn ein Sturm der Entrüſtung ging
in den nächſten Tagen durch die liberalen und klerikalen Blätter der
engeren Heimat. Man ſchrieb, Frank hätte vor verſammeltem Lehrexr-
follegium, vor ſeinen Mitſchülern und zahlreichen Zuhörern eine --
ſozialiſtiſche Wahlrede gehalten!
Dieſes erſte Auſtreten Franks bat damals im liberalen Muſter-
ländle Baden viel Staub aufgewirbelt. Wie mir in Grinnerung iſt, bat
man daraufhin gezögert, dem Genoſſen Frank das Abgangs8zeugnis für
die Univerſität einzubändigen. Abgeſchredt haben diefe Schikanen und
Gehajſigleiten den jungen Frankf nicht: er ijt feinen Weg unbeirrt weiter-
gegangen. Und nun liegt diefer Mann in franzöſiſcher Erde, erjc<hojjen
von Angehörigen des franzöſiſchen Volkes, das er jo ſehr f<äßte und in
Ddeſjen Mitte er oft als Verireter des werttätigen deuiſhen Volkes
weilte! Mit demſelben Gifer und mit derſelben Pflichterfüllung, die
Frank im Dienſte der Arbeiterbewegung betätigte, nahm er zur Ver-
teidigung de38 Vaterlandes die Flinie auf die Schulter. Wir wollen
hoffen, daß er und alle die Genoſſen, die ſein Schi>jal teilen, auch mit
ihrem Tode der Sache der ÜUrbeit und Freiheit genüßt haben!
OStoald GBehrhardt.
Nicht alle ſind kot . . .
Nicht alle jind tot, deren Hügel fich hebi!
Wir lieben und was wir geliebet, das lebt,
Das lebt, bis uns jelber das Leben zerrinnt:
Nicht alle find tot, die begraben ſind!
Und du auch, ov Freiheit, auch du biſt nicht tot,
Du ſc<lummerſt entgegen dem Morgenrot,
- Doh leis durch die Zweige ſchon ſäuſelt der Wind:
Nicht alle ſind tot, die begraben ſind!
Friedrich Stolte.
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Der Kanonier.
Von Seima Lagerlöf.
de Züre zu dem Zimmer, wo ſie ſißt und ihr kranfes Kind
y pflegt, wird aufgeriſſen, und eine Stimme, die ganz beter
= ift vor Schrec>ken über das Entiekliche, vas ſie mi 'tzuteilen
hat, ruft zu ihr herein:
„Dein Mann 1iſt wahnſinnig geworden, er hat
Kanone geworfen, er iſt totgeſc<hoſfen!“
Tantit ſchlägt die Türe wieder zu, und der die grauſige
Neuigkeit gebracht hat, eilt fort. Er will vielleicht nicht bleiben,
um die Verzweiflung der Frau nicht ſehen zu müſſen. Oder auh,
es loXt ihn ein Schauſpiel, das ander3wo vorgeht, jo jehr, daß
ſic gerade nur die Zeit genommen hat, mit dieter Nachricht
berbeupile n, und e3 jeßt nicht erwarten fann, wieder fortzu-
fcmmen.
Die Frau zögerte auch keinen Augenblit, ihm zu folgen. Sie
ruft dem Kinde zu, ſiß ſtill zu verhalten, bis ſiv wieder da 10i,
und ilt auf die Straße, "hn« jim? auch mun die Zeit zu neßmen,
die Türe zu I<Olicßen. Sie weiß ganz genau, wohin fie ich zu
begeben hat: zu dem großen offenen Plate nächſt der Kazerne,
wo die Parade ſtattfinden ſoll.
Noch geſtern abend ging ſie da mit ihrem Mann 1]pazieren.
Er hatte ihr die Anordnungen gezeigt. |
„Siehſt Du, dort,“ ſagte er, „-- dort iſt die Präafdenten-
tribüne. Dort ſoll Carnot morgen ſißen, an feiner Seite unſer
Bürgermeiſter und rings herum die Miniſter und hohen Be-
amten und Generäle. Und hier gerade gegenüber iſt die Tribiiie
für das Rublikum. Hier werden die feinen Famnüen ſitzen, aber
dort unten werden ſich wohl alle die drängen, die keine Eintritts-
Farten bezahlen können. Wenn Du abkommen kannſt, mußt Du
Die< auch dort aufſtellen. Da kannſt Du das ganze Mandvver
ſehen und die Reden hören. Da kannſt Du auc< mich ehen,“
hatte er ſcherzhaft hinzugefügt.
„Wo wirſt Du Di denn aufhalten?“ hatte jie geſragt.
„Bz ſclte ich ſonſt ſein als bei meiner lieben Kanone? Siehſt
Du ſie nicht? Sie iſt gerade Unter der Präſidententribiüne auf-
geſtellt. Sie foll abgefeuert werden, um unſeren Truppen vas
Zeichen zu Geben, daß die TJeierlichkeit beginnt.“
„Armer Carnot, “ hatte ſix da geſagt, „YShr habt Cuch ganz
dicht vor ihm aufgeſtellt. Aber Deine Kanone dröhnt ja ent-
[eglich. „„Saſt Du nicht daran gedacht? Er. kann ja taub davon
werden. :
„Ah, wa3 da3 betrifft! Er iſt zwar kein Krieger, dieſer
Carnot, aber ein bißchen Kanonendonner muß ein Praſident
+.