Arbeiter- Jugend
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hier oben einen halben Fuß hod liegt, unſere „Genagelten“ werden
j<on mit ihm fertig.
A1l5 aver der erſte ſeinen Kopf aus der Fel53rinne heraustteckt,
zieht er ihn ſI<leunigſt zurü&> mit einem „Verdammt noch mall“
das jo recht von Herzen fam. Da oben auf dem Bergplateau tobte
ein Schneeſturm, der uns die Backen mit Eiskriſtallen ſpite und
uns im Nu durchfältete b13 in3 Mark hinein. Obendrein wehte er
no< daher, wo wir hin wollten.
„>< hab's ja gleich geſagt,“ brummte unſer Dieker, „wären
wir do; in der „Forelle“ geblieben! Wer weiß, ob wir heute
überhaupt noch irgendwie unterfriechen rönnen!“
Wir. frochen aber doc) noc< unter. In einer Sennhütte nänt-
zich, die wir auf den Matten oben auf dem Plateau enide>ten, ais
;chon das Nebeldüſter in Dunkelheit überzugehen drohte. Tie
Hütte war lecr -- das machte nichts, Holz und Hei war noch
genug das Und. im Nu hatten
wir's uns gemütlich gemacht. Auf
der offenen Scuer telle prajſfelten
die Flammen. Schnell flog da3
naſe Zeug vom Leibe und wurde
m maleri? her Drapierung um den
breiten Kamimjuns gehängt. Wäh-
zend Wolken von Wa ſerdampf
daraus emporquollen, begann ein
Focßen und Schmoren, als ob für -
oin Feſteſſen angerichtet werden
ollte. Wa3 da alle3 au38 den
Tiefen des NRuckia>k8 zum Vor-
ichein fam! Und was drei hung-
rige Mägen alles aufnehmen
fionnen! --
Ein Bild war's
Malen, als wir zum Echluß noch
bei dampfendem Tec ein Plauder-
nünd<en abhielten: in. Hemd,
Strümpfen und Sandalen, Säcke,
die wir in eineni Winkel auf-
geſtöbert hatten, um die SEdqultern,
10 hocften wir um das Feuer und
vertrieben uns die Zoit mit aller-
jand Räubergei IMichten, bis wenig-
tens das Nötigſte in der Hiße ge-
irocnet war.
Wir hatten den Raum tüchtig
durc<gewärmt und noc< einen
Wurzelfnorren ins Feuer geſchoben,
ehe wir auf dem Heulager zuſant-
men im unjere Schlaffäde krochen,
die wir mit ein paar Sicherheit3-
nadeln aus unteren nunnmehr
irocfen gewordenen Kelerinen her-
zeſtellt hatten. Gim paar Heu-
Tefüllte Säc>e noch quer über die
Beine, und jelbſt unter Dicker
dachte nicht mehr an die ſranzgvöſi-
dann zum
ichen Betten im Forellenhotel.
Vom Schlummerlied, das uns der
Hare Himmel, und aus dem Nebel löſen ſich Iichon wieder die erſten
Schneefloden lo3. .
Da pacdten wir ſ<nell unjere Siebenſachen zujammen, brachten
die Bude wieder in Ordnung Und füchten uns die Stelle, wo ein
Sägerpfädden in die Schlünde des Creux du Vent“) binabführte.
Der Creux du Vent iſt ein rieſiges Natur-Amphitheater; Drei-
hundert Meter hoch 'treben die Wände empor, man glaubt jich in
einem Gigantenzirkus, und die überſ<hneiten Bäume auf den Fel23-
jtufen erſcheinen wie eiSerſtarrte3 Publikum.
Vielo Jahrtauſende zurück, al8 die Alpen unter einem Ei2-
panzer begraben lagen, da kam aus dem Rhönetal ein Gleticher-
jtrom und ſc<ob fich gen Norden. An den Hängen de8 Jurage-
birge3 itauten iich die Cismajjen immer höher, bis jie das Tal
der Areuſe fanden. Hier hinein kroch dann ein (anger. dicker
Glet] Herwurm vom Hauptglet] dier aus immer weiter aufwärt82.
Cr war geipickt mit allerhand Ge=
ſteintrümmern, wie ein Chriit=
jtolen mit Roſinen: und die Ge=
jteine jtammten faſt durchweg aus
deim Montslancgebiet. Solche Find-
linge, die an Ort und Stelle liegen
blieben, wenn das Cis wegſchmolz,
treffen wir heute hier bis in 1300
Meter Höhe noch an, ein Beweis,
daß der. Gleticher bis in diele Höhe
das ganze Tal erfüllt hatic. Als
5 dann warmer wurde und das
Eis allmählich abtaute, blieb in
einer hoßgelegenen Niſche, deni
heutigen Creur du Vont, ein
fleiner Gletſcher zuriick; der hat
dann im Laufe der Zeit, b15 Die
Wärme der Gegenwart ihm vollig
den Garaus machte, das ganz?
Amphitheater ausgqefolft. Ti
Edcutimatien aber, die er Weg-
ichob, erfüllten das Tal der
Areunje und zwangen den Fluß,
weiter nördlich fich ein neues Bett
zu araben, in dem Cr jekt in enger
Selen licht dahinoraiumt.
Vorſichtig taſten wir uns den
mit glitichigem << nec verdedien
Kfad hinab in die Tiefe. In einer
auten halben Stunde jind wir in
dem Jlecen Noiratque und folgen
jekt dem Tal der Areu? abwärts.
Iticht lange, und wir trajen ein
paar Forellenangler. Lin Wort
gab das andere, wir wurden ichnell
handelsSeins, und ein halb Dußend
zweipannenlanger Jorellen, billig
wie die Weißſfiſche, wanderten in
den Ruchitac>. Hei! ſollte das eino
Gottermahlzeit werden! Siehit
Du, Dicker, nun ſind wir doch zu
unteren Forellen gefommen!
(>
Sturm draußen auffpielte, hörten
wir nur noch die erjten Akforde
und die ſchon mehr un Schlaf.
Al3 wir aufwachen, iſt's ſchon ziemlich hel. Ein Blick durch's
Fenſter. Ungläubig reiben wir die Augen. Aber wahrhaftig!
Mlarer, morgentlarer Himmel draußen! Schleunigſt fahren wir in
die Kleider. Dann aber hinaus vor die Hütte!
Der Fuß ſtoct!
Sterne verglimmen -- wir jelbſt auf einer ſchneebede>ten, ein-
amen, buckligen Injel.
Nebelmeer, in dem Wälder und -
ns verf unfen ſind.
ämmen des Rebels eine Wunderwelt empor, die Berge der
Schweizeralpen: Titlis, Eiger, Mön<, Jungfrau, . Monte Rof
Täler und Dörfer und Seen unter
Matterhorn und St. Bernhard und der Rieſenkoloß des Montblanc. |
<cbarf heben ſich ihre Umriſſe gegen die Selle des anbrechenden:
Tages ab.
Die Zähne klappern im Froſt, aber da3 Bild läßt uns nicht [o3.
Schon zucken die erſten Sonnenblit be am Himmel empor; da
nimmt die Herrlichfeit langſam ein Ende. - Immer höher ſteigen
die Neobelfluten.
unſeres Bergkammes verſchlungen.
nene Nebelſchwaden heran, über uns hinweg, um uns her. Und
verſc<wunden ſind die Bergrieſen im Oſten, verſ<wunden der
Brüde im 1 elſental der Areuſe.
Wir glauben uns in ein Zauberland entrückt. |
Ucber uns der faltblane Morgenhimmel, an dem eben die leßten.
Um uns ein weites, , wogendes, brandendes
Und fern im Oſten taucht aus den Wogen--
Geſpenjtiſch haben ſie ſchon . den größten. Teil -
Von "Südweſten Der flattern
Weiter unterhalb fommt die
erte Felſenſchlucht. Mit lauten
Getöſe zZwängt nu das Waſſer
durch die überall glatt geicbliffenen Felien; fnapp, daß ein ſc<imaler
Fußſteig zur Seite Plat hat.
Stolz mar ſchierten wir eine Weile fpäater aim orellenhotiel vor=
bei und Trebten weiter talabwärts, immmer neben dont u je her.
Kaskaden folgten auf Kaskaden, teilwei e in gemauerte Rinnen
und Stufen gezwängt, teils noch in ueiprünglicer Wildheit dahin-
ſchäumend. .. Wo" zum zweiten Male die Feljen von vel den Ufern
her ganz naßhe zufammentraten, da fanden wir in der Nähe eincs
dur< Felsrutſchungen ungangbar gewordenen Weges eine vom
Waſſer ans8geſtrudelte Grotte in der FelsSwand. Hier hatten vor
"Zeiten Höhlenbär und Höhlenlöwe gehauſt; dann war der Ei2zeit-
menſch gefommen und hatte die Grotte zu ſeiner Wohnung ge-
macht: al3 man - unlängſt den Schutt au38h9b und unterſuchte, fand
man. darin. die Zeugmiſſe früherer menſchlicher Kultur, Reſte von
Werkzeugen und "Mablzeiten. Ein fingergliedgroßer Splitter
Feuer tein war alle8, was wir nach längerem Suchen bei der Nach-.
ieſe noch erwiſchten. .
. Schwieriger war die. Suche nach troFenem Holz, aber Ihlicklich
fanden. wir auch: davon genug, und bald loht ein [nitiges Feuer,
wie damals, al8 der Urmenſc< noh daran kauerte. Er wird" 3 wohl
*) Sprich ungefähr: krs di wang (Windloch) .