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TOESAEINOMAXOoYTP
Abb. 1. Die dem Meergott Poſeidon geweihten
Zöpfe des Philombrotfos und Aphthonetos.
London, Britiſh Muſeum.
Arbeiter-IJugend
'. Dichter, der Lord
Byron, der den Grie-
'<en zu: Hilfe eilte,
„fand auf griechiſcher
Erde, bei Miſſolunghi,
den Tod. DaZ3 alle3
* geſchah, weil man den
modernen “ Griechen
. micht fo ſah, wie er
wirklich war, ſondern
"und. Berſchönerung,
: die. ſich, wie geſagt, aus
der Bewunderung für
den antiken Hellenen
-- mit dieſem Namen
bezeihnen ſich die
langer und mühſeliger Arbeit
wieder -aus dem Schutt der
Jahrhunderte -
Engländer in ; den -
Kampf gegen Hie-T TÜL-.
EI Fen. Einer der be--
.- Bewendſten engliſchen:
ZUg. aus Lava,
„in einer Verklärung
erflärte („Hellenen“
au38gegraben
worden 1ſt, - und - daß man
unter dem |hüßenden Ueber-
Erde und
Staub 5das alte Pompeji in
überraſchender Lebendigkeit
wieder vorgefunden hat. So
vernichtete, ſo ſtiegen ſie
wieder au3 der Erde!
In no4&ß weit frühere
Zeiten der Bergangenbheit
haben un3 dann die berühm-
ten Anusgrabungen Schlie-
inanns geführt. Vom Wunſc<e
geleitet, da3 alte Troja, um
das Hektor und Achill, Aga-
memnon und Baris und ſo
wie vor faſt 2000 Jahren dr A fh
AusSbruceh de8 Vejuv Die | 7 ih IMME /
Häuſer der Stadt plößlich | SZ ZUR. >
viele andere Helden der alten
Sagen gekämpft haben, zu -
entdefen, hat Schliemann,
Griechen in ihrer eigenen Sprache; das bei uns übliche Wort
„Grieche“ iſt romiſchen Uriſprungs3).
Wir heute ind davon abgefommen, die Griechen mit den be- |
geiſterten Augen unſerer Großväter zu ſehen. Wir haben ihre der von Hauſe aus Kaufmann
Itiederlage unter dem Vater des jetzigen Königs erlebt, wir haben war, tatſächlich einige jehr
ihren lezten Krieg ebenfalls nicht mit blinder Bewunderung ver- alie und intereſſante Orte
folgen können. Un3 erſcheint der moderne, das heißt der heutig d ausgegraben, wenn es auch,
Grieche rec<ht nüchtern. Vom Helden hat er nicht viel an fich, ' er iſt wie ſich ſpäter herausſtellte,
mehr Kaufmann, Rechner und Händler. oo: feine8weg8- gerade - die Stätten der Agamemnon und Priamos
Ganz ähnlich nun, wie unſere Großväter den modernen waren. -Mit der Zeit hat ſic dann die Kunſt des Ausgrabens
Griechen mit verſchönernden uus verklärenden Augen an ſahen, immer mehr vervollkommnet, und dieſen Ausgrabungen eben ver-
pflegen wir jelbſt noch heute den antiken Griechen nicht jo zu danfen wir größtenteils unjere Kenntniſſe vom alltäglichen Leben
jehen, wie er wirklich war, ſondern durch eine gefärbte Brille, die der Griechen vor zwei bis drei Jahrtauſjenden..
uns alle3 in einem rojaroten Lichte zeigt, obwohl manche Eigen- Die wichtigſten Aus8grabungen werden heute in
ſchaft der alten Griechen in Wahrheit eine ganz andere Beleuchtung Kreta veranſtaltet. Hier ſteigt die Kultur von
verdiente. Die alten Griechen ſind e8 dur<- Menſchen greifbar vor uns wieder herauf, die 1500
aus wert, daß wir un38 mit ihnen noh jekt, Jahre vor Chriſti Geburt gelebt haben. Und aus
nach zweiundeinhalb Jahrtauſenden, be- diejer jo frühen Zeit entde>en wir Dinge und Ein-
ſchäftigen. Sie waren ein außerordentlich rietungen, die wohl niemand den Alten zugetraut
intereſſantes, ja in vieler Beziehung ein hätte. E8 iſt keine Aufi<hneiderei, wenn ich jage,
„unglaubliches“ Volk. Nur fo wie unſere daß man neuerdings in Kreta ein regelrechtes
Herren Magiſter ſie uns ſchildern, ein Volk Klojett mit Waſſerſpülung entdeät hat. Aus einer
von Muſterknaben, ſind ſie ni<t geweſen. Zeit, die 8400 Jahre vor der unſerigen liegt!
Die Griechen verdienen al3 eines der aller- Roch verblüffender vielleicht iſt eine runde
bedeutendſten Völker alle Bewunderung, Tonſcheibe mit einem gedrudten Text. Tat-
aber man jehe ſie als Menſchen von FleijlM jächlich iſt hier das Gutenbergſiche Prinzip der ver- .
und Blut, nicht wie die Helden eines von jetbaren Lettern --- 3300 Jahre vor Gutenberg! <«
Edelmut überfließenden Theaterſtü>s an! jc<on benußt worden. Denn der ganze Text 1ſt
Viel wichtiger, als die alten Griechen zu nicht etwa ' in den Ton eingerikt, fondern mit
verhimmeln, iſt e3, ſich ein Bild von ihrem Stempeln eingedrückt worden. Für jeden einzelnen
wirklichen Lehen und Buchſtaben hatte man einen
Treiben zu machen. Auch Stempel, der aljo immer wieder
bei : den alten Griechen zu neuen Texten benußt werden
war nicht alle Tage Feſt- fonnte. Das aber und nicht3
tag, wie es in den meiſten anderes it ja auc< das Prinzip
Büchern aus8gemalt wird. Auch bei ihnen war der Gutenberg3. Leider ſind wir vor-
Werktag, der Wochentag, der häufigere und wichti- lanfig noc< nicht imſtande, die
gere Tag. Und wie ein ſolcher ganz durc<hſchnitt- Schrift dieſer uralten Tonplatte zu leſen. Wir
Abb. 3. Zwei Kreiſel aus altgriechiſcher
Zeit. Darüber das Bild eines kreiſelnden
Mädchens na<h: einer Vaſe des V. Jahr-
- hunderts. v. Chr.
Abb. 2. Sparbüchſe in Form
eines Tempels. Berlin,
Kgl. Muſeum.
Abb. 4, Glieder-
puppe. London,
Britiſh Muſeum.
lißer und gewöhnlicher Wochentag, wie der Alltag
bei ihnen ausfah, das wollen wir uns an einigen
Proben zu vergegenwärtigen verſuchen. Von den
Theatern, von den Tempeln, von den Kriegs-
i<hiffen wird ſchon ſeit langem ein übertriebenes
Weſen gemacht -- wir wollen uns8 vielmehr den
Spielſachen, den Waſſerleitungen, den Münzen
ujw. zuwenden, al dem Einfachen, :Alltäglichen
und Menſ<lichen, das doc< gewiß nicht weniger
Reize hat.
“ Wem verdanken wir, wird mancher fragen,
die Kenntnis dieſer Dinge? Daß ſich die großen -
iteinernen Bauten der Tempel und. Theater er-
halten haben, iſt ſc<ließlich nicht: fo verwunderlich, -
äber daß auc<; Puppen, Sparbüchſ ſen, Fingerhüte,
Geldſtüke und Kreiſel auf uns gekommen find,
nach jo "vielen Jahrhunderten, -das iſt do< wohl
überraſchend. Nun, wir danken die Kenntnis und
den Beſiß dieſer Dinge unſeren „Ausgrabungen“.
E3 wird - wohl jedem “bekannt ſein, daß die Stadt
Pompeji, die im Jahre 69 n. Chr. ein Ausbruch
de3 Veſuv verſchüttet und völlig bede>t hat, in
'Abb. 5. - Der Lehrer mit dem fleißigen
und.mit dem fauten Buben.
Terrakotta.
" Berlin, Kgl. -Muſeum.
wollen uns nun einigen beſönder3 intereſſanten
Gegenſtänden. zuwenden, deren Kenntnis wir den
jüngſten- Au3grabungen verdanken, und die wir
hier zim Bilde vorführen können. Da iſt eine kleine
Steintafel, auf der zwei Zöpfe dargeſtellt ſind (Ab-
bildung). - Was bedeutet da8? Darüber belehrt
uns die Inſchrift am oberen Rande: Zwei aber-
gläubiſc<e Leute, Philombrotos und Apbtbhonetos
mit Namen, wurden bei- einer - Seefahrt vom
Sturm iiberraſcht und verſprachen in ihrer Angjt,
dem Gott des Meeres, Poſeidon, ihr. Haar zu
Ichenfen, wenn er ſie noh 'einmal dem. drohenden
Tode des Ertrinken3 -eritgehen- ließt. Sie ſind
dann wirklich no<ß mit dem Screen davon-
gekommen, und. ihrem Verſprechen getreu, haben
ſie = ihr Haar. abgeſchnitten -und dem Gott „ge-
opfert“? Nein, ſie haben ſich damit begnügt, ihr
Haar in Stain.“ nachbilden zu : laſſen und die
ſteinerne Nachbildung 'dem Po] eidon zu verehren!
(Uebrigen3 fann man aus dieſer Tafel erjehen, daf
die Griechen no& um da83 Jahr 400 vor Chri ſt!
lange38 Haar trugen.)