Full text: Arbeiter-Jugend - 6.1914 (6)

Bekanntlich blüht 
ein ganz ähnlicher 
Aberglaube auch noch 
heute, im zwanzigſten 
Jahrhundert. Wir 
haben alſo keinen An- . 
laß, un3 über den 
Aberglauben der Ha- 
jenfüße Philombroto3 
und Aphthoneto38 be- 
jonders luſtig zu 
machen. Keine8weg3 
auch waren alle Grie- 
den fo abergläubiſch 
wie jene zwei, deren 
* Shwachherzigkeit un3 
durc< ihre Tafel über 
die Jahrhunderte exr- 
halten blieb. Die 
Aufgeflärten unter 
den Griechen haben 
ſolchen Aberglauben. | | | 
niemal8 mitgemacht. Auch dafür iſt un3 noch ein Zeugn13 auf- 
bewahrt in einem Geſpräch, das zwei Perſonen in einem Theater- 
itüd des Dichter3 Menandro38 (um 300 v. Chr.) führen. Da jagt 
Der eine der Schauſpieler: „ES gibt auf dieſer Welt =- nun jagen 
wir einmal ſo gegen tauſend Städte, und in jeder Stadt jind 
30 000 Menſchen. Wie machen es die Götter da, um uns zu 
fegnen oder zu ſchinden, Stü für Stü?“ Und der andere ant= 
wortet: „Da haſt du recht, da hätten ſie gar viel zu tun!“ ' - 
Ein bejonders für un8 moderne Menſchen. beichämende3 
Kapitel ſind die Münzen der alten Griechen. Den erbittertiten 
Gegner der Altertums8forſ<oung = es gibt jol<he = kann man 
vor einer Au38wahl antiker Münzen ſicher in einen glühenden Be- 
wunderer verwandeln. Briefmarken und Papiergeld kannten ja 
die alten Griechen noh nicht, ſonſt wäre es ihnen ein Leichte3 
geweſjen; unjere „Kunſt“ auch auf diejem Gebiete zu I<lagen! 
Auf einem änderen unſerer Bilder ſehen wir ein junges 
Mädchen, wie e8 mit einer Peitſche hinter einem Kreiſel herläuſt, 
genau wie wir ſelbſt e8 alle einſt getan haben. Und auch einige 
dieſer antiken Kreiſel ſelbſt ſind uns erhalten geblieben, Kreijel, 
die ſich in nicht3 von unſeren „modernen“ unterſ<eiden. Vor 
2600 Jahren flogen ſie vor den Buben und Mädchen aus Athen 
oder Sparta die Straße entlang -- heute liegen ſie fein ſäuber- 
lich und ſtreng bewacht unter Gla38 im Muſeum. Dann finden 
wir da ein andere3 junge38 Mädchen, das mit ein paar Aepfeln 
gleichzeitig Fangeball ſpielt oder „jongliert“, und ſie halt den 
Kopf. genau wie unſere kleinen Freundinnen, wenn jie mit Apſel- 
ſinen oder Gummibällen jonglieren. Der Kopf iſt ein wenig 
ſteif im Geni, denn er darf keinem der Aepfel vollig folgen, 
weil die Spielerin dann jofort die Ueberſicht verlöre, und er darf 
doh auch feinen der Bälle aus den Augen laſſen. Alſo gehen nur 
die Bli>e lebhaft hin und her, aber der Kopf bleibt feſt im Gelenk. 
Nicht minder fein hat Übrigens der Zeichner dieſes Bildc<ens3 
die Haltung der Hände beobachtet. Die Hand, welche den Apfel 
1.006 v 
hochwirft, iſt klar unterſchieden von der anderen, welche den mitt- 
leren Apfel aufzufangen bereit iſt. 
Mädchen an die 
eigene Kinderzeit. 
Wer von uns ver- 
ſuchte ni<t beim 
Jonglieren den an- 
heit 
der Luft fliegenden 
- rinnen“ . hat . es 
Jongleur zu -er- 
I<hreden, wie.. es 
 
Abb. 7. Ein junges Mädchen, das mit Aepfeln jongliert. 
Zeichnung von einer Vaſe des Vl. Jahrh. v. Chr, : 
Arbeiter Jugend 
 
Abb. 6. Unterricht im Singen und Zeichnen. 
Schließlich erinnert uns wohl 
auch das Eingreifen 
der beiden anderen 
' führt uns zum 
deren in Verlegen- 
zu . bringen,. 
ihm einen der in. 
Bälle fortzufangen. 
-- die vordere der. 
beiden „Mitſpiele- 
allerneueſten 
- Mode de3 Tages «PI 
gekleidet iſt. In / ) 2] 1 
ſie einen regel- ZISEEC 
ſchon getan =- oder. 
durc) eine plößliche 
Bewegung .: -den den, eine Die- 
3nerin reicht ihr 
vie. es einen 
.auf unſerem. Bilde . Gürtel: +. 
das dritte Mädchen. 
tut, das freilich nur 
noch mit deim.einen. 
Arm zu ſehen iſt!: 
„allem genom- . „7 
„„Men:. ....Stellen. 
.309 
Ein Gegenſtand, 
an den wir alle mit 
etwa3 gemiſchten Ge- 
- fühlen zurückdenken, iſt 
meiſtens die GSpar- 
büchſe. Nicht immer 
haben wir der Tätig- 
feit des Sparens mit 
der gleichen AuSdauer 
und Unverdroſfenheit 
gehuldigt wie dem 
Ballipiel oder dem 
„Berſteken“. BWiel- 
leicht war es bei den 
Sprößlingen der alten 
Griegen auch nicht 
viel ander3, und viel- 
leicht hat der kleine 
Hektor oder Paris, 
dem die Sparbüchfe 
in unſerer Abbildung 
* .. gehört haben mag, 
von dem Schliß au< nur jehr gelegentlich Gebrauch gemacht 
und eher verjuht, ihm durch Umfehren und Schütteln den Inhalt 
zu entlodken, al8 neue Münzen in ihn hineinzuſteken. Spaßig 
iſt es jedenfall3 zu ſehen, daß auch die antife Sparbüchſe irgend- 
welche Gegenſtände im kleinen nachahmte: ein Haus, ein Tier, 
ein Inſtrument oder ähnliches. . In unſerem Falle iſt es ein 
Tempel, der nachgebildet worden it. A H 
In einer weiteren Abbildung ſehen wir eine Puppe, die nur 
darauf zu warten ſcheint, daß die Mädchen, die 2000 Jahre 1pater 
geboren ſind, jie in die Hand nehmen und lieb haben. Und es3 
iſt feine gewöhnliche Puppe, die je8t im rieſigen Muſeum zu 
London unter Schloß und Riegel liegt, nein, wie nur ein heutige3 
„Zottchen“ oder „Aennchen“ kann fie alle ihre Glieder Ichön 
bewegen. . 
Andere Bilder führen uns in die antife Schule. Daß ihr 
Lehrſtoff ein von dem unſerer Schulen ganz verſchiedener war, 
iſt ſelbſtverſtändlich. Eine alte Vaſe zeigt uns mehrere Unterricht3- 
ziweige im Bilde. Auf der einen Seite ſehen wir, wie der Junge 
das Letierſpiel erlernt, wie er das Gedicht auffagt, das der Lehrer 
 
Na<h einer Vaſe. 
 
- Fontroſllierend in feiner Rolle nachlieſt; auf der anderen Abbil- 
dung iſt dargeſtellt, wie der Zögling die Töne. nachſingen muß, 
die ihm der Lehrer auf der Doppelflöte voripielt, und wie-er 
eine Korrektur entgegennehmen muß, die der Zeichenlehrer an 
ſeiner Arbeit anbringt. Der Mann, der auf unſerer Abbildung 
ganz rechts ſikßt, iſt ein Sklave, der den Zögling zur Schule be- 
gleiten muß. DT 
Eine jener ſ<merzlichen Epiſoden aus der Schulzeit, die mit 
mangelhaftem Lernen oder mit fehlerhaftem Betragen verbunden 
zu ſein pflegen, hält die kleine abgebildete Terrakotte feſt.“ Der 
Lehrer hat einen faulen Schüler bei dem Ohrztipfel: gefaßt und 
icheint faſt weitere körperliche Maßnahmen zu planen; denn der 
Zögling hat ſich auskleiden müſſen. Dieje3 Auskleiden hatte den 
Zwe, die Kleidung des Sträflings8 nicht unverdientermaßen mit 
unter den Rutenſtreichen leiden zu laſſen. Neben dem faulen 
Knaben ſteht das Muſterknäblein, artig in feinen Mantel gehüllt. 
' In - einen 
anderen Kreis 
Schluß die Ab- 
bildung der vor- 
nehmen glrie- 
hiſchen Dame, 
die nad)... der 
  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
rechten Sonnen- 
ſchirm, ein ge- 
flügelter Knabe 
ſalbt ihre FÜüß- - 
. Neuen 
 
Ay. 
wir uns alſo die Abb. 8.. Griechiſche Modedame. Nach einer Vaſe. - 

	        
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