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Jahren nur auf dem Papier ſtünden, gar nicht durchgeführt
würden. Die Arbeit an den glühenden Oefen ſei für die Kinder
-- felbſt dieſe Anſicht jprac<ß Herr Stumm aus -- gar nicht ſo
TIhlimm.
von vierzehn bis ſechzehn Jahren, alſo in einem Alter, wo haupt-
ſächlich Gemütz3art und Gewohnheiten fich herausbilden, von der
Feuerarbeit ausſchlicßen, dann werden Sie ſie dem Müßiggang
in die Arme treiben oder einer anſtrengenderen Arbeit ausliefern.“
Das war dem Regierungs8vertreter und den bürgerlichen Par-
teien denn doh zu ſtark. Sie wendeten ſich gegen die Aus-
führungen de8 Herrn Stumm und ſtimmten ſeinen Antrag nieder.
Leider lehnten ſie auch die Anträge der Sozialdemokraten ab, die
Kinder von zwölf bi38 vierzehn Jahren blieben alſo der Be-
Ichäftigung in den Fabriken äusgeliefert.
Die Erfahrung hat aber den Sozialdemokraten recht gegeben.
Troßdem dauerte es mehr al8 zwanzig Jahre, bis die Geſeßgebung
damit anfing, die Schußbeſtimmungen gemäß den Anregungen
der Sozialdemokraten zu verbeſſern; aber ſelbſt heute können noch
Kinder zwiſchen dreizehn und vierzehn Jahren in den Fabriken
beſchäftigt werden, und die Arbeit8zeit der Kinder dauert hier bis
zu zehn Stunden. In der Landwirtſchaft vollend3 hat das Reich
noh immer nicht einmal den Anfang mit den Kinderſ<hußbeſtim-
mungen gemacht. Daher ſtehen wir auf dieſem Gebiete noch) vor
ſehr wichtigen und dringenden Aufgaben de3 geſeßlichen Arbeiter-
ſc<uße8. Mögen ſie gleich nach der Beendigung des jezigen Kriege3
ſo erfüllt werden, wie e38 die Rückſicht auf die körperliche und
geiſtige Entwikelung des Arbeiternachwuchſe38 erfordert!
Guſtav Ho<h.
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Ludwig Franks jugendwerk.
= 0 Tod Ludwig Franks hat jeden, der mit Dieſem prächtigen
B Menichen jemals in Berührung gekommen iſt, aufs tieffte exr-
w griffen. Nur der Gedanke, daß Franfs aufrechte Natur den
lebten Konſequenzen des Entſchluſſe3, dem er zum Opfer fallen follie,
freiwillig entgegengefc<ritien iſt, vermag den bitteren Echmerz über
ſeinen Verluſt uns erträglich zu machen. Dieſer rein menſchliche, erſchüt=
ternde Eindru>d der Tovde3nachricht bat in dem Gedenkartifel der
„Arbeiter-= Jugend“ bereits feinen Ausdrud gefunden. Aber in unſeren
Jugendorgan muß Ludwig Franks noßÖ von einem anderen Geſichtspunkt
aus, der in jenzm Artikel nur flüchtig geſtreift werden fonnte, ausführ-
licher gedacht werden. Wir meinen Frani3 Verdienſte um die prolv-
tariſ<e Jugendbewegung. Sie der heranwachſenden Generation ein-
dringlich vor Augen zü. führen, iſt vor allem eine Ehrenpflicht derer,
die in jenen ſchweren Jahren der Anfänge unſerer Bewegung an Frants
Seite mitgekämpft haben. Freilich, in zwei Sätze läßt ſich Franks Wirten
für unſere Sache nicht zuſammenfaſſen. Sein Name iſt eng verknüpft
mit der Geſchichte der ſozialiſtiſchen Jugendbewegung Süddeutſchland3,
Al3 im Jahre 1900 unmittelbar nach vem. Jnternationalen Sozia-
lijſtenfongreß in Paris zum erften Male der Verſuch gemacht wurde,
ländiſchen Jugendorganiſationen.
„Wenn Sie aber“, fo ſchloß er, „die junge Generation
gabe einer monatlichen Zeitung „D
Arbeiter- Jugend
eine ſozialiſtiſche Jugend-Rniernationale zu Ichaffen, da finden wir
Frank als einzigen Deutſchen unter den wenigen Vertretern der au3=-
Der Verſuch mißlang, aber für die
deutſche Arbeiterjugend batte die Konferenz weittragende Folgen. Hier
wurde Frankf mit den Führern der ſozialiſtiſchen Jugendorganifation
Belgicns8, der belgiſchen „Jungen Garde“, bekannt, deren erfolgreich: 3
Wirken auf ihn einen ſtarfen Gindru> machte. .
Cine ſolche junge Gard: auch der deutichen Sozialdemokratie zu
ſchaffen, der er fich erſt vor kurzem, in begeiſterungsfähigem Alter, an=
geihloſjen batte, war Franf8 Bemühen, al8 er aus Pari3 zurücgetfebrt
war. Seiner Propaganda, die er vornehmlich in den ſozialiſtiſchen
Arbeiterbildung3vereinen Baden3 betrieb, begegnete zunächſt nur Je=
ringem Verſtändni8; häufig ſtieß ſie ſogar auf Widerſtand in den
Kreiſen der älteren Parteigenoſſen. Erſt die Reichstag8wahl von 1903,
die Der deutſchen Sozialdemokratie einen ungeahnten Erfolg beſcherte,
=- jie gewann faſt eine Million Stimmen --, machte die Arbeiter für
den Wedanfen einer Organiſation zur ſozialiſtiſchen Erziehung der
Jugend empfängli<. Wer allem aber hatte der mit großer Heftigkeit
geführte Wahlkampf vielen jugendlichen Arbeitern: die ſozia-
littiſchen Jdeen nahegebracht. In Süddeutſchland beſtand damals ein
Verbot, an politiſ<en Verſammlungen und Vereinen teilzunehmen, für
jugendliche Perſonen noc< nicht. In Offenbach a. M. war es eine Wahl-
rede Auguſt Bebel8 geweſen, die jugendliche Arbeiter zur Gründung eines
Bildungs3vereins8 angeſpornt hatte. Dieſer Verein, der am 18. Juli 1903
gegründet wurde, war die erſte ſozialiſtiſche Jugendorganiſation in
Deutſchland. Der anfangs Oktober 1904 in Mannheim gebildete Verein
hatte Franf zum Vater. Nun entſtanden weitere Vereine in Süd-
deutſchland, in Heidelberg (13. November 1904), Pforzheim (1. Januar
1605) , Fürth und Mühlheim. Dieſe Vereine traten am 11. Februar
1906 zu der erſten Konferenz der ſozialiſtiſc<en Jugendorganiſationew
Deutſchland3 in Karl3ruhe zuſammen. Die Konferenz führte zur Grün-
dung de8 „Verbandes junger Irbeiter Deutſchlands“ und zur Herau3-
Die junge Garde“. Bruno Wagner
wurde die Leitung dcs Verbandes, Frank die der Zeitung Übertragen.
Frank war der Anreger der Konferenz und ihrer bedeutſamſten Beſchlüſie
geweten.
Die heranwachſende Jugend zu tüchtigen Mitkämpfern für den
Beſreiung38kampf der Arbeiterklaſſe zu orziehen“ war der Zwce> des
Verbandes. Als Mittel wurden empfohlen: mündliche und ſchrifiliche
Agitation, Aufklärung der Mitglieder durch populär-wiſſenſchaftliche
Borträge in den Ortsvereinen, Pflege des Bibliothek5weſen3, der Kame-
radſ<aft und des geſelligen Verkehrs. Als Wätgliedor nahm der Ver-
ein nur junge Männer auf. Erſt auf der zweiten Konferenz, die am
30. September 1906 in Mannheim tagte, wurde die Ausdehnung der
Organtſation auf die weibliche Jugend beſchloſſen. Dieſer Beſchluß
und die übrigen Vorhandlungen der Konferenz zeigten, daß die Organi-
ſation über das von Frank geſtedte Ziel bereits hinau8gewachſen war.
Nach Franks erſtem Plane ſJollte der Verband eine Vorſchule für
die ſozialdemokratiſche Partei und die Gewerkſ<haften ſein, eine Art
erweiterte Rednerſchule, die Agitatoren und Funktionäre für die Ar-
veiterbewegung Heranbilden ſollte. Die jungen Urbeiker aber, die ihr
Bildungsſtreben in die Organiſation trieb, empfanden ihre wirtſchaft-
liche Lage al3 das. mächtigſte HemmmiZs ihrer geiſtigen Fortbildung, und
Die Lehrlingsprüfüngskommiſſion.
Erlebtes und Erlauſchtes von Th. Th., Frankfurt a. M.
LY ub, mach mir heut keine Shand. Wenn dig anneren Meeſter
Ie fomm' n, dann zeig denen emol, daß de wa3 gelernt hbajt.“
T Mit dieſcn, mehr ängſtlich als anfeuernd klingenden Worten
entließ Meiſter Poppert am Morgen des Tages, an dem die Snunung
die Geſellenprüfung angeſagt hatte, ſeinen Lehrling. Er batte alle Ur-
ſache, beſorgt zu ſein.
Während der drei verfloſſenen Jahre war er al8 Lehrherr meiſt
nur auf ſeinen Vorteil aus geweſen. Wenn er da8 auch nicht zugab,
das dunkle Gefühl fonnte er doch nicht los werden, daß er nicht jo ge-
handelt hatte, wie es feine Pflicht geweſen ware. Bejonder3 in den
crſten zwei Jahren mußte der an und für ſich ſchon ;chwächliche Knirp3,
den er ſich al3
tiſche Arbeit, die ihm hätte in dem erwählten Beruf nüßen können.
Die Schäden jolcher mangelhaften Ausbildung jollten dann in dem
lebten Jahr einigermaßen verkleiſtert werden. So kam e38, daß der zu-
Ünftige Geſelle in dem Reſt der Lehrzeit alles noc< nachzuholen hatte.
Dabei ſprang nicht viel Gutes heraus. Meiſter Poppert hatte wirklich
recht, den heutigen Tag zu fürchten. .
Cinen ſchönen Troſt leiſtete er ſich allerdings. In der Lehrling3-
prüfungskommiſſion ſaßen zwei ſeiner Kumpels, auf die er ſich verlaſſen
fonnte. Das waren der Meiſter Friedland und Meiſter Pregel. Aver
Friedland und Pregel, der von ſeinen Lehrlingen bezeichnenderweiſe
„Prügel“ genannt wurde, waren immer erſt zwei, während im ganzen
roten
Lehrling erkoren hatte, alles andere leiſten, als praf-
ſieben an den Lehrjungen „herumſ<nupperten“, wie Poppert ärgerlich
bemerkte.
Hate auch ſchließlich von den Meiſtern einer dem anderen die
Augen nicht au3, ſo waren doh die Geſellen da, darunter zwei „von den
Brüdern“. E35 war eben eine ganz verflixte Sache . . ..
Während fich Meiſter Poppert ſo ſeine Gedanken machte, wanderte
Eduard, der Lehrling, ſeiner Gefellenlaufbahn zu. Er plagte ſich nicht
mit viel Skrupeln und Zweifeln. Von Hauſe war er nicht befönder3 dazu
angehalten worden, „ſich den Kopf über irdiſche Dinge 211 zerbrechen.
Man war in Eduards Familie mehr für andere Sachen zu baben.
Schon an der nächſten Straßene>e traf er Wagners Johann, der
aud), um mit dem Herrn Obermeiſter zu reden, „einem neuen Abjhnitt
in dem goldenen Buch des Leben3“ entgegenging.
„Na, wie is dir'3?“ rief Johann. ſchon von weitem Cduard ent=
gegen.
„Mir is e3 Wurſt!“
„Na, wecßte, ich danke für die Wurſt, wenn man vielleicht noch e
Jahr bimſen muß, weeßte, das i3 doch nich ſo ohne . . .“
„Wenn du nur nich durchraſſelſt mit deinem Gequaſſel!“
„Nee, da3 leiht mir uff, da tät mich mei Oller ſchön langſam tot-
ichlagen und meinen Meeſter glei mit.“
„Doi Vater hat oH no< keenen gefreſſen.“
„Globſte, der tät ſich da8 gefallen laſſen, daß ich bloß ven ganzen
Tag mit dem Karren in der Stadt umherfahre, ſtatt wa3 zu lern? Da
biſte aber aber ſchief gewidelt, Alterchen.
das niche.“
Bei unſerer Firma gibts
„üfra
2z2S-=