- Arbeiter- Jugend
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Verſichänzung in Zwiſchenräumen. gezeigtes Licht oder Blaufeuer.
'Der Schoner ſegelt nun auf da38 dieſe Signale zeigende Schiff zu,
bringt ſein Boot zu Waſſer, in dem zwei oder mehr Mann der. Be-
faßzung den Lotſen, der an der Reihe iſt, hinüberrudern. Iſt: das
Wetter und die See ruhig, jo geht das ſ<nell und leicht; die Nord-
ſee iſt aber meiſt ſchlechter Laune, daber auch ſehr häufig ein: Sec-
gang vorhanden iſt, deſſen Grundſeen gerade in unſerer deutſchen
"Bucht bei weſtlichen Stürmen gegen den Ebbeſtrom beſonders hoch
und ſteil auflaufen und die Ueberfahrt von Schiff zu Sciff gefähr-
lich und manchmal unmöglih machen. Dann beginnt ein
Mandsvrieren beider Fahrzeuge, um da38 Boot zu decken; das zu Dc-
jeßende Schiff, meiſt beträchtlich größer als der Schoner, macht ein
ee das beißt, e8 hält feine Breitſeite gegen Wind und See, und
in dieſem Schuß nähert
' -JIich das Boot. Der
Lotſe wartet den rich-
- tigen Moment ab und
Ipringt auf die Über-
gehängte Leiter oder
auf das Fallreep, mit-
unter noh durc< eine
Fangleine von oben
gegen Abſtürzen ge-
ſichert. Das. lieſt fich
leicht, in Wirklichkeit
iſt die Situation aber
verteufelt ernft. Wenn
der hau38hohe «Rumpf
de3 Dampfers ſc<wer.
in der See rollt, das
Boot bald hochfliegt,
dann in die Tiefe
ſinkt, ſtet8 bedroht,
von den brauſenden
Waſſern an der eiſer-
nen Wand zerſchlagen
ZU werden, =- dann
die zugeworfene Leine
zu greifen, ſich läng3-
jeit3 zu holen, bei
jeder See das Boot -
fret zu halten und
überzuſpringen, erfor-
dert eine ſeemänniſche
Geſchi>lichkeit, von der
fih die Landratte
nichts träumen läßt.
In ſtürmiſcher, ſtock-
dunkler HSerbſtnacht,
wenn man die Höhe
der Seen nur am
unſicheren Licht der
Sc<haumtkronen erkennt,
bi3 fein Seeturnu3 wiederkehrt oder er ein Schiff in See führt,
Ia3 ihn dann draußen abjegt.
Zn der zahmeren Dſtjeec jind die deutichen Küſtenſtre>en
| nicht in dem Maße lac, die Mündungen der großen Flüſſe nicht
jo verſandet, auc< fehlt Cbbe und Glut. Der größte Teil der Küſte
it die iypiſche Oltſeeſteilfüſte, die See meiſt bis ziemlich dicht ans
Ufer tief. Infolge dieſer für die Schiffahrt, bejonder3 für - die
Cinfegelung in die Säfen günſtigen Bedingungen haben die See-
lotjen der Oſtſee nicht notig, die Schiffe weit draußen zu beſezken,
jondern ſie "beiten von feiten Landſtationen aus. Jede von diejen
hat einen Wachtturm, von dem aus die geſichteten Fahrzeuge auf
ihr Lotſenbedürfnis hin geprüft werden. Flattert das Signal,
10 meldet der Wachthabende dies, und die Lotjen vom Dienſt geben
mit ihren Booten in
See. Häfen mit
ſtarkem Verkehr (wie
Swinemünde) haben
gewöhnlich einen flei-
nen Dampfer oder ein
Motorboot zur Vor-
fügung; bei anderen
begnügt man Jich mit
Nuder- oder Segel-
booten, die auf ein-=
zelnen Oſtſeeſtationen
(zum Beiſpiel Barhöft),
meiſt nach dem Typ der
ortSüblichen Fiſcher-
boote gebaut, in bezug
auf Schnelligfeit und
Seetüdctigfeit mandes
zu wünſchen übrig
Wenn auß der
Seegang der blauen
Oitſee nicht allzu hoch
iſt, 10 kann er R<
doch zei ſtarfen YIXord-
und Oſiwinden, bejon-
ders vor bem QaUZ-
laufenden Strom der
Slußmündungen, 19
auSswachſen, daß die
Ein- und Ausfahrt un-
möglich wird. Kann
der Lotfe bei hoher
See und auflandigem
Sturm niht heraus-
fommen, 19 wird die
rote Flagge am Signal-
mat medergeholt; in
manden Häfen wird
dann mit einer Biind-
oder im Winter bei bafe den draußen
übereiſtem S<iff ver- wartenden Schiffen die
doppelt ji natürlid) anzuſteuernde Rich-
die Gefahr für den tung angegeben. Eine
Zofen. , EE iroß- ſolche Bake iſt ein weiß
em m auſiger eitricheneS, madhtiges
Unglüdsfälle nn Ee Der Loſſe geht bei ſc<werem Wetter an Bord. Mei deſſen
zeichnen find, jo iſt dies oberſter, jentredier
nur ein Bemeis mehr für die Tüchtigkeit unſerer Seelotten. Und
neben der Tüchtigkeit iſt e8 die Unerſ ;chrodenheit und die große
Pflichttreue, die den Lotſen auszeichnet. Wie manchmal glückt es
bei ſtürmiſchem Wetter nach wiederholten Verſuchen nicht, an Bord
des Schiffes zu gelangen; aber ein Zurück gibt es für den Lotjen
„nicht, und er fämpft 19 lange mit den Elementen, bis er jein
Ziel erreicht hat. Iſt der Lotſe glücklich an Bord, jo übernimmt
er ſogleich Kommando und Veranfwortung: unter gewiſſenhafteſter
. Beobachtung der Seezeichen, von Strom, Wind und dem Grunde
führt er da3 ihm anvertraute Schiff dem Hafen zu. Er gibt den
Kur3, die Ruder- und Maſchinenkommandos an, die der Kapitän
ausführen läßt, wenn er nicht jelbſt den Ma ſchinentelegraphen be-
dient. Ebenſo überwacht er die Segelführung.
Inzwiſc<en hat der Stoner ſein Boot wieder aufgenommen
und kreuzt weiter. Jede3 der dienſttuenden Fahrzeuge hat ſeinen
vorgeſchriebenen Bezirk, in dem e3 ſich Tag und Nacht aufhält.
Bei den Häfen, reſpektive Seeſtationen verläßt der Seelotit
das Schiff; wenn es weiter ſtromauf geht (nac< Hamburg,
Bremen), jo kommt jeßt der Revierlotſe an Bord, deſſen Beruf
weniger gefährliche omente aufweiſt, [aber ebenſo j<wierig und
verantwortung3voll iſt. Der Seelotje hat nun Dienſt an Land,
Balken mit rotem Arm um einen Zapfen vertikal drehbar it.
Dieſer Balken wird durch eine Winde nach recht3 oder 1limks ge-
neigt oder gerade aufrechtgehalten, je nach | der Richtung, die das
Einfahrt begehrende Schiff einſchlagen joll. Die Land- und Winter-=
arbeiten ſind dieſelben, wie wir ſie für die Nordſeelotfen geſchildert
haben. An manchen Stationen beginnt der Dienſt eine Stunde
vor und endigt eine Stunde nad) Sonnenuntergang, an anderen
währt er Tag und Nacht. Die Lotſen, die in einem oder mehreren
Dienſtgebäuden mit ihren Familien wohnen, gehen regelmäßig
Wache: auch find viele Apparate zu bedienen und initandzubalten,
die ebenfalls überall die gleichen wie an der Nordſee ſind. Nur
ſind hier meiſt ziemlich umſtändliche Reiſen zu Fuß oder mit der
Eiſenbahn nötig, um zur Station von dem Hafen, zu dem ſie das
Schiff geführt, zurükzugelangen. Die Dienſtvorſhriften ſind ge-
nau den örtlichen Verhältniſſen angepaßt und daber ſehr ver-
ſchieden. Das Leben der Lotjen, bejonder3 auf entlegenen Sta»
tionen, iſt ziemlich einförmig, aber imnterhin bedeutend gemüt-
licher und weniger aufregend und anſtrengend als das ihrer
Kollegen von der Nordſee, die oft wochenlang von den Jhrigen g0-
trennt ſind. Die InſpektionSreiſen der Kommandeure oder beſon-
derer Regierung8bcamten bringen 'etwas Abwechſelung, die im