-Arbeiter-Jugend
Ameiſen, Larven eines fremden Neſtes raubend.
Aus dem Leben der Ameiſen.
Von Heinz Welten. . .
Ld nter den vielen ſchönen Geſchichten, die im großen Märchen-
für uns Menſ<en ſo anziehend wie die, welc<e vom Leben
der Ameiſen handelt. Wir ſchauen hier, im Reiche der Tiere,
Bilder, die mit Vorgängen unſerer eigenen Menſchenwelt völlig
übereinſtimmen. So gleich den unſeren find die Einrichtungen
dieſer Tiere, ihre Gepflogenheiten und Betätigungen, daß wir
oft verſucht werden, ihnen eine Intelligenz zuzuſchreiben, welche
ver unſrigen nicht nachſteht. Ja, manchmal erſcheint es faſt, als
ob die Tiere -- die klügeren wären. NERN
Schom der Naturforicher Swammerdamm ſagte im Jahre
1670: „Die Aehnlichkeit der Ameiſengeſellſichäften mit den
menſchlichen wird beſonders auffallend, wenn man die gegen
ſeitigen -Verhältniſſe oder Beziehungen der einzelnen Kolonien.
Da gibt es Kriege, Waffenſtillſtände, Bündniſſe,
ins Auge faßt.
Plünderungen, Ueberfälle, Taktik, Kriegsliſten ujw.“
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Fürwahr, e3 verlohnt ſich ſc<on, ſich ein wenig mit. dieſen
„intereſſanten Tieren zu beſchäftigen. - Die Ameiſen ſind bekannt-
lich Inſekten, ſtacheltragende Hautflügler, die über die ganze Erde
. (Gs)
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verbreitet ſind und in großen Kolonien beieinander leben.
diejem innigen: Zuſammenleben | v
haben ſich, wie überall dort, wo
Waſſen von Einzelnen aufeinand2or
angewieſen find, eigenartige Er-
Icbeinungen auSqgebildet. Jede
Ameißenkolonie iſt ein Staat, eine
Republift oder Monarchie“ im
kleinen, ein Staat, in dent die 10-
zialen Einrichtungen bis in3
fleinſte und feinſte durchgeführt
find. Dreifacher Art können die
Bürger eines ſolchen Staates ſein:
Männ<en, Weibchen und ge-
ſchlecht3lofſe Tiere. Die Männehen
und Weibchen ſind in der Ninder-
zahl und werden nie zu vollbe-
rechtigten: Bürgern de3 Staates,
der von den geſchleh<t3lojen: Tieren,
den. „Ardeitern“, reqiert wird.
Nur in geringer Zahl werden die
Geſchlecht5tiere im Neſte geduldet,
die Männ<ßen nur wenige Wochen,
nur fo lange, bi3 ſie den Weibchen
ihre Dienſte geleiſtet haben. Schr
hübſch weiß der Naturdichter Biich-
ner eine fol<e HochzeitsSreiſe zu
Ichildern: „Wenn ſich die Weibchen
in Gefellſchaft ihrer unwürdigen
Kurmachern oder zukünftigen Gat-
ten auf der Oberfläche des Neſte3
ergeben, jo ſind ſie von den ſie be-
wachenden Arbeitern bealeitet, die
durc< die Wichtigkeit ihrer Auf-
gabe fehr erregt Icheinen und ihre
Pflegebefohlenen bei dem aerinag- - |
ſten Anzeichen von Gefahr in die
Tiefe des Neſte3 zurückgeleiten. -
IRachdem dieſe Spaziergänge ſich
mehrere Tage hintereinander wie-
derholt haben, beginnt mit Zuſtim-
mung der Arbeiter der Hochzeit3-
lug, Die Aus8gänge de32 Neſte3
„der Weibchen fängt an, ſich in die
- Szene damit, daß. ſich der "ganze
Schwarm in einer dichten Wolke in
buche der Mutter Natur verzeichnet ſtehen, iſt keine einzige
- nicht3 leiſtet, wird vertrieben oder
Brutpflege im UAmeiſenſkaak.
werden erweitert, und bald ſicht
man die Bewegung auf der Ober=
fläche de3 Neſtes einein ungewohrn-
lichen Umfang annehmen. Eines
Quft zu erheben; ein andere3 ſJolat,
die Männchen tun desaleichen und
verfolgen die Weibchen. Die be-
wachenden Arbeiter, welche nicht
folgen können, da ſie keine Flügel
haben, werden immer aufgeregter,
und T<ließlich endet die imtereſſantse
die Luft erhebt, oft bis zu einer
bedeutenden Höhe. Dort wird die
Hochzeit vollzogen.“ „.-
' Wenn die Männc<hen jolcher-
art ihre Pflichten erfüllt haben, iſt
ihre LebenSaufgabe erſchöpft und
mit ihr das Leben ſelbſt... Sie
dürfen nicht. mehr ins gemein-
ſame Neſt zurückfehren und jich =
wie biSlang -- von den Arbeitern
füttern laſſen. Im Ameiſenitaate,
in dem. oft mehr als 100000.
Bürger beieinander leben, iſt kein.
Raum für unnüße. Freſſer. Wer
getötet. NE | |
Auch den befruchteten Weib- Umeiſen, Blattläuſe „melkend“.
<hen ergeht .e8 nicht eben zum .
beſten. Ein Weilchen wohl laufen ſie noch auf dem Waldboden
'vmher, nachdem der Sodchzeitsflug ein Ende genommen hat. Doch
bald werden ſie von den Arbeitern aufgegriffen und ins Neſt
geſchleppt, um es nie wieder zu verlaſſen. Nicht alle Weibchen
werden eingefangen; nur“ ihrer zwei oder drei erreicht das Ge-
ſchi. .. Die anderen verkriechen ſich unter Steinen, legen dort
Eier und gründen neue Kolonien. Die aber, die ins Neſt ge-
bracht werden, werden dort fleißig gefüttert und gehegt. Sie
- .. ſind zu „Königinnen“ geworden.
S Aber e3 iſt ein klägliches König-
tum, das ihnen beſchweden itt.
Zwar haben ſie keine Nahrung8-
ſorgen; fie werden bedient und
bewacht und brauchen ſich nicht
vor den zahlreichen: Feinden 311
fürchten, die den Ameiſen das
Leben oft jchwer machen. Aber fie
jind doe) nur elende Gefangene,
die nie wieder frei werden, und
die ſtet3 eingedenk ſein müſſen,
daß für die gute Verpflegung aud
viel vow ihnen verlangt wird.
„Denn dieie Königinnen ſind die
Mütter ihres Volke3 in buchſtäb-
„Iie;ger Bedeutung. Die vielen
Tauſende von Bürgern, die vin
Neſt im: Laufe des Sommers aus-
bildet, ſtammen alle von den nuäm-
lichen Königinnen, die unablä)ſig
ihre Cier legen, um die ſie ſich
freilich nach) der Ablage nicht wei-
tor befüimmern. Denn jedes Ei
wird ſofort, nachdem e35 geleqat
wurde, von zwei Arbeitern in
Empfang genommen, die es 1iit
einen beſtimmten Raum des
„Neſtes tragen und es betreuen,
bi8 nach drei oder vier Tagen die
Larve au3ſchlüpft. Andere Arbei-
ter übernehmen dann die Fürſorge
für die jungen Larven; ſie füttern
ſie, tragen ſie in die Sonne und
bergen ſie ſchnell in; der Erde,
wenmw ihnen eine Gefahr droht.
Nicht wenige dieſer Larven wan-
dern in den Magen der Zierfiſche;
denn die Menſ<en, die ſie fälſch-
lich al8 „Ameiſeneier“ bezeichnen,
jammeln ſie und bringen ſie ihren
Goldfiſchen.
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