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im Walde eifrig Jagd auf die kleinen Ameiſen; denn wenn ſie ſie
auch nicht verzehren können, ſo können ſie ſie doc<, zu Sklaven
machen. Auf ihren Raubzügen befolgen ſie jedoch ſtet3 eine be
ſtimmte Methode. Nur die erſten Sklaven fangen ſie ſich ſo ein;
ſpäter ergänzen ſie den Nachwuchs nicht dadurc<, daß ſie junge
'Tiere fangen, ſondern dadurch, daß ſie in fremde Neſter eindringen
und ſich Larven holen, die ſie dann in ihrem Neſt mitjamt den
eigenen Larven von den Sklaven verwarten laſſen. So ent-
ſchlüpfen ſpäter dieſen Puppen kleine Ameiſen, die gleich als
Sklaven geboren werden und die Freiheit nie kennen gelernt
haben. Und dieſe Sklaven verwarten ihre Herren mit aroßer
Treue und Liebe; ſie hegen und füttern ſie, die ohne ihre Hilfe
neben der beſten Nahrung verhungern müßten. Beide Teile
fühlen fi<ß wohl in dieſem Verhältnis, nicht zum wenigſten die
Sklaven, die beſchüßt werden, Nahrung erhalten und eine Freiheit,
von der ſie nichts wiſſen, auch nicht wohl entbehren, alfo, daß
dieſe Jorm der Sklaverei, die wir hier bei Tieren beobachten,
vielleicht milder und =- menſc<licher genannt werden könnte, als.
jene war, die no< vor wenigen Jahrzehnten bei den Menſchen
Üblich war und in Zentralafrika, Aſien und Auſtralien wohl auch
beute noh nicht ganz erloſchen iſt.
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Die Kriegstkätigkeit der Luftſlokte.
Von H. Ströbel.
n dem Weltkrieg, der zurzeit Europa durchtobt und der bereits
begonnen hat, auch noh andere Erdteile in Brand zu ſeßen,
> ſpielen ganz neue Waffen eine hervorragende Rolle. Obwohl
ſich die beiden ſtärkſten Seemächte der Welt ſchon ſeit Monaten
gegenüberſtehen, hat no< fein Dreadnought*) feine Rieſengeſchüße
jpielen laſſen; wohl aber haben die „Peſtmaſchinen“, wie ſie die
Engländer getauft haben, die Unterfeeboote, bereits eine unheim-
liche Rolle geſpielt und mehreren tauſend Menſc<en ein Grab in-
den Fluten der Nord- und der Oſtſee bereitet.
Tauchboote unſichtbar die Meere durc<kreuzen und nach neuen
Zielen für ihre Torpedos ſpähen, ſ<weifen im Luftmeer unauf-
hörlic) Luftſchiffe und Flugmaſchinen, um die Stellungen de3=
Feindes zu erkunden, auf den ſie dann Bomben ſchleudern oder
den noh gefährlicheren Eiſenhagel der Artillerie lenken.
- Der Weltkrieg von 1914 übertrifft nicht nur durc< ſeine
rieſigen Ausdehnungen alles, was die Weltgeſchichte biSher an
Kriegsſchre>en erle5t hat, ſondern er bedient ſi< auc< der techniſch
raffinierteſten and abenteuerlichſten Vernichtungsmaäſchinen, Die
dichteriſche Phantaſie je auszuſinnen vermochte.
Der Luftkrieg zumal wird ein ganz beſonderes und beſonders
wichtiges Kapitel in der Geſchichte dieſes Krieges bilden. Dieſe
Geſchichte wird freilich erſt na< dem Kriege geſchrieben werden
können, denn auch das unterſcheidet den Weltkrieg von 1914 von
allen Kriegen früherer Zeiten, daß es die Heeresleitungen aller
Parteien noch niemals ſo gut wie dieSmal verſtanden haben, Dunkel
über den Verlauf des Krieges in ſeinen großen Operationen wie
in ſeinen Einzelheiten zu verbreiten.
Dies Dunkel liegt auch über der Tätigkeit der Luftflotten,
namentlich der Dreadnoughts der Lüfte, der großen Luftkreuzer.
Immerhin läßt fich aus dem, wa3 aus Briefen und Berichten vom
Kriegsſc<auplaß durch die Preſſe bekannt geworden iſt, ein unge-
fähres Bild von der Bedeutung und der Tätigkeit dieſer neueſten
Kriegö3maſc<hinen gewinnen.
„Auch die Blätter des feindlichen Auslande8 haben zugeben
müſſen, daß 'die deutſche Luftflotte dem LuftmilitariSmus aller
anderen Staaten überlegen iſt. Daß Deutſchland an Zahl und
Leiſtung ſeiner Lenkballons weitaus an der Spiße ſtand, war ja
allgemein befannt. Dagegen hat es im Ausland Staunen erregt,
- daß auch das deutſche Militärflugweſen außerordentlich entwidelt
iſt und ſogar dem franzöſiſchen den Rang abgelaufen hat.
- . Für den aufmerlhjamen Beobachter war das allerdings längſt
fein Geheimnis mehr. Im Jahre 1912 noch war die franzöſiſche
' Aviatik der deutſchen unzweifelhaft überlegen, aber das Jahr 1913
brachte dann einen gewaltigen Umſ<hwung. Die Nationalflug-
ſpende von mehr als 6 Millionen Mark wurde nicht nur dazu
benußt, die deutſche Fluginduſtrie kräftigſt zu unterſtüßen und
Hunderte neuer Flieger aus8zubilden, ſondern vor allem auch dazu,
durc< Ausſekung hoher Preiſe den Ehrgeiz und den Wagemut der
Flieger aufs äußerſte anzuſtacheln. Und nun zeigte ſich, daß auch
deutiche Flugapparate und deutſche Flieger die ſtaunen5werteſten
Leiſtungen zu vollbringen vermochten. Die weiten Luftreiſen der
Tranzoſjen wurden nicht nur nachgemacht, fondern noc<h überboten. -
FT NN
Bezeichnung
ng
ſchlachtſchiffe nah dem erſten dieſes Namens.
. - Engliſch, ſprich: dreddnaht, wörtlich: Fürchtenichts.
der Groß
ee MERE SE LERE GETRETEN ae,
Und während die -
Viktor Stöffler brachte innerhalb 24 Stunden 2160 Kilometer
hinter ſich, und zahlreiche andere Flieger wetteiferten mit ihm in
verwegenen Nacdtflügen. So dauerte es gar nicht lange, bi3 die
deutſchen Piloten ſämtliche Weltrekorde an ſich geriſſen hatten.
Oelerich erreichte die fabelhafte Höhe von 8150 Meter, Landmann
legte in ununterbrochenen Runden auf dem Johannisthaler Flug-
plaß 1900 Kilometer zurück, und Böhm überbot Stöffler3 Flug
dadurch, daß er 24 Stunden 12 Minuten ununterbrochen in der
Ruft blieb. im
So war die Leiſtungsfähigkeit der deutſchen Flugzeugimduſtrie
und der deutſchen Flieger außer Frage geſtellt. Gleichzeitig
arbeitete aber die deutſche Heere3verwaltung mit raſtlojem Eifer
an der Schaffung einer ſtarken Fliegertruppe. Die beträchtlichen
Summen, die ihr die lette Rüſtung3vorlage für ihre Zwecke zur
Verfügung geſtellt hatte, geſtatteten ihr ja ein Wirken aus dem
Vollen heraus. |
Frankreichs Vorſprung wurde ſo, ſowohl wa3 die Leiſtung3-
fähigkeit de8 deutſ<en Flugweſen3, al8 auch ſeine militärijche
Organiſation anlangte, in Jähresfrift weitaus überholt. Wenn
jekt Franzoſen und Engländer über die Zahl und die Erfolge der
deutſchen Flieger ſtaunen, ſo beweiſt das nur, daß ſie von der
rapiden Entwickelung des deutſchen Militärflugweſens keine rechte
Vorſtellung hatten. |
Vergleicht man die Tätigkeit der Luftkreuzer und der Flug»
zeuge miteinander, jſ9 ſcheinen fich bis jezt die Flugzeuge am
meiſten bewährt zu haben. Die Zeppeline haben zwar Lüttich und
Antwerpen bombardiert, aber von einer entſcheidenden Einwirkung
ihre8 Bombardement38 kann wohl keine Rede fein.
Während de8 bis8herigen Kriegs8verlauf8 bewährte ſich die
Quftflotte weit mehr als Aufklärung3- und Beobachtungsmittel,
denn als Vernichtungö3inſtrument. Wohl haben die ſc<weren
Zeppelinbomben gelegentlich große Verheerungen angerichtet und
wohl hat auc< manche Fliegerbombe ihre blutigen Opfer unter den
verſchiedenſten Waffengattungen, namentlich der feindlichen
Artillerie, gefordert =- allein das eigentlichſte Betätigungsfeld der
Quftflotte, namentlich der Flugzeuge, iſt doch der Aufklärungsdienſt.
Und da hat e8 nun der Charakter der modernen Dauerſchlacht
mit ſi<ß gebracht, daß gerade das Flugzeug dieſen Aufklärung3-
und Beobachtung3dienſt am beſten aus8zuüben vermag. Luftkreuzer
mögen den größten Wert für die Fernaufklärung bei Beginn des
Krieges oder bei großen Bewegungsſchlachten haben. Wenn jich
aber erſt einmal die Millionenheere in einer auf Hunderte von
Kilometern ſich aus8dehnenden Front in Feldbefeſtigungen einge-
'graben haben, iſt das leichte, bewegliche, ſc<wer zu treffende Flug»
zeug der gegebene Beobachter. .
Man mache ſich ein Bild dieſer wochen- und monatelangen
Dauerſhlac<ht! In Schüßengräben, mehrere Staffeln hinterein-
ander, liegt ſich die Infanterie gegenüber, ſich ſorgfältig vor dem
feindlichen Feuer, ja ſelbſt dem feindlichen Auge verbergend. Hinter
den Schüßengräben hat die Artillerie Aufſtellung genommen,
gleichfalls möglichſt eingegraben und vor dem feindlichen Späher-
bli geſichert. Die gegenſeitige Beſchießung wäre ein unſicheres
Taſten und eine unſinnige Munition38vergeudung, wenn nicht der
Flieger wäre. Er ſteigt in feuerſicherer Entfernung hinter der
Front auf, ſchraubt ſich zu ſchwindelnder Söhe empor und kreiſt
dann über der feindlichen Stellung, bi8 er die Lage der Schüßen-
gräben und der Artillerie erkundet hat. Seine Bomben ſc<hreden
den Feind aus ſeiner verrreintlichen Sicherheit auf. VerhängniS-
voller für den erkundeten Feind ſind aber die Fliegerſignale für
die Artillerie, denn nun vermögen Geſchüße und Haubiken den
Gegner mit Granaten und Schrapnells zu überſchütten.
Wie wertvoll dieſe Fliegeraufklärung für die Artillerie iſt,
ergibt ſich aus einer Meldung des Kricgs8berichterſtatter3 Binder,
wonach es zwei deutſchen Fliegern während einer 43ſtündigen Auf-
klärung3arbeit, die ſich auf mehrere Tage verteilte, gelungen jein
ſoll, das Niederringen von nicht weniger als 65 feindlichen Batte-
rien zu ermöglichen. Selbſt wenn hier ein wenig Fliegerlatein
mit in Rechnung zu ſcezen wäre, iſt doch der außerordentliche Wert
der Fliegeraufklärung für die moderne Schlacht unverkennbar.
“Auch für die Nekognoſzierung über Feſtungs8werken eignet fich
„das Flugzeug vortrefflich. Der Zivilflieger Schlegel, der wegen
ſeiner Leiſtungen im Kriege zum Leutnant befördert wurde, er-
zählt nach dem „Flugſport“, daß ein zweiſtündiger 'Erkundungs-
flug von ihm über Maubeuge jo genaue Aufnahmen ermöglicht
habe, daß danac< die Belagerungsartillerie ihre Geſc<hüße bi3 fait
auf den Zentimeter genau habe einſtellen können. Und ſicher ijt,
daß auch die engliſchen und franzöſiſchen Flugzeuge ihren Armeen
ähnlich wichtige Dienſte zu leiſten vermochten.
Kein Wunder, daß der feindliche Flieger der beſtgehaßte Feind
der Truppen iſt, daß Infanterie und Artillerie bei ſeinem Er-
ſcheinen das wildeſte Feuer auf ihn eröffnen. In einer Höhe von
mehr als 1500 Metern ſ<adet aber das Gewehrfeuer dem Flieger