Full text: Arbeiter-Jugend - 6.1914 (6)

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: gewaltigen Nachkommen- fie 
Arbeiter-Jugend 
 
Wie die F&anone 
entſtand. 
„Vie Unfänge unſerer Artillerie, 
vy 7 der in den Entſcheidungen des 
“&“ jeßigen Krieges eine ſo bedeu- 
tende Rolle zufällt, reichen faſt ſe<3 
Jahrhunderte zurüs, und die Ahnen. 
der hcutigen Geſchüße waren gar 
einfache :Geſchöpfe, die es ſich gewiß 
nicht hätten träumen laſſen, welche 
haben 
würden. Darunt. iſt es ungentein- 
intereſſant, einmal in die äliejten 
Zeiten der Kanone zurüzuſchauen, 
um zu erfahren, aus welchen An-. 
 
 
 
mee idee gefer 
nderen 
waffe entwickelt hat. 
 
niag vies 
Angebliches Bildnis des Berthold Schwarz. 
| der Freiburger 
Schwarz zu Beginn de8 14. Jahrhunderts bei Verſucßen, Gold 
zu machen, zufälig eine WMil<ung aus8 Kohle, 
und Schwekel hergeſtellt habe, die zu ſeinem: Schre>en plötlich 
erplodiert jet. Aber dieſc Erzählung vermag einer garünd= 
licheren Forſchung faum ſtandzuhalten. GE8 iſt wohl eher 
anzunehmen, daß das Schießpulver aus dem fernen China ſtammt, 
das Ja gar mandhe Kulturerrungenſchaft bereits ſeit Jahrtauſenden 
beteſſen zu haben behauptet. Von dort mag es auf irgendeinem 
Wege nac< Indien gekommen ſein, und dann haben 
e3 wohl die Araber früh nach Curopa gebracht. 
Nber wenn unſer Berthold auch der Sage 
angehören ſollte, ſo wird der Leſer doch gewiß 
gern eine Abbildung betrachten, die ihn darſtellen 
wil. Da3 Bild ſtammt allerdings etwa aus dem 
 
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„jahre , und e8 madt daher nicht einma Alltor Mörſer 
den Anſpruch, von einem Zeitgenoſſen des Pulver- 
möndjes entworfen worden zu ſein. Aber man 
läßt fſiß manches gefallen, wenn e8 auch nicht wahr iſt, 
jofern es nur „gut erfunden“ erſcheint. Und das gilt auch von 
unferer Abvildung. Gerade ſo mögen wirklich die alten Gold- 
macher, die „Alchimiſten“, hantiert haben, wie e8 hier der an- 
gebliche Berthold tut. In einem Mörſer ſtampftke man immer 
neue Stoffe zuſammen, und dann zündete man die ausgeſchüttete 
Miſchung wohl in der Hoffnung an, daß ſie zu Gold zuſammen- 
IOQmelzen werde. Der Berthold Schwarz unſerer Abbildung 
nimmt offenbar gerade einen: ſolchen Verſuch vor, und die auf- 
ſteigenden NRauchwölkc<hen Jollen andeuten, daß eine kleine Cyx- 
ploſion erfolgt iſt. Gefährlich ſieht der Vorgang allerdings nicht 
gerade aus, und Berthold3 Geſicht zeigt keine Spur von Schreck. 
In der "Tat richtet offen verbrennendes Schießpulver wenig 
Schaden an. Bezeichnender iſt daher die Sage, daß ſich das 
Pulver im Mörſer beim 
Stoßen durch einen Funken 
fängen ſich. dieſe furchtbare Krieg3- 
- Dieſe Entwieklung konnte natür- 
lich erſt einſeßen, nachdem das Schieß- 
pulver erfunden war. 
geſchehen ſein? 
Schulbücher behaupten wohl, daß 
Mönd) 
Salpeter. 
 
 
 
 
 
  
Aber wann 
Unſere 
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Spotltbild auf die Erfindu 
ng des Scießpulvers. 
Berthold | 
erſten und einfachſten Feuerwaffen der Araber, an die fogenantinie 
„Madfaa“. Man bringe nur einfach einen jſ<wachen Zündjaß 
unter die Kugel =- die natürlich nicht mehr angebunden wird -- 
und zünde jenen mittels eines kleinen Zündloche3 an: dann baben 
wir die Madfaa und ihren Schiüß. . 
| Die erſten eigentlichen Mörſer ſtellten etwa hohle Kegel dar, 
die das Schießpulver aufnahmen, worauf main dann die zunächſt 
iteinorne Kugel auf die aufwärts gerichtete Deffnung legte. Nun 
hatten ſolche Geſchüßze aber einen erheblichen Nach- 
teil. Man konnte mit ihnen nämlich nur Steil- 
Ihüſſe ausführen, und wenn dieſe auc< vielfad 
zweckdienlich waren, fo mochte man doc nidt. 
immer an ſol<e Scießweiſe gebunden ſein. Und 
=: es iſt nun äußerſt intereſſant zu verfolgen, wie 
=Z man fich zu helfen ſuchte. Eine alte Miniaturen- 
malerei aus dem Beginn des 14. Jahrhunderts zeigt 
ſhon einen derartigen Verſuch. Hier hat das Ge- 
Ichüß die Form eimer Flaſche angenommen, und e3 wird dann ein 
pfeilförmiges Geſchoß hinau38geſchleudert. 
Wichtiger und tauglicher waren aber andere Konſtruktionen. 
Man verfertigte nämlich eiferne Rohre, die nach Belieben fla: 
gerichtet werden konnten, und ſeßte an ihr hinteres, offene3 Cnde 
jenen VWeorſer an, der das Pulver aufzunehmen hatte, während 
die Kugel im Rohr ihren Platz fand. Sol< ein Geſchüß war aljo 
ein „Hinterlader“ und wurde wohl al8 „Kammerbüchſe“ bezeichnet. 
Allerdings war es nicht leiht, Kammer und Rohr auch nur 
einigermaßen luftdicht zu verbinden. Man behalf ſich, indem 
man etwa einen Bügel am Rohr befeſtigte, I<ob die Kammer 
darunter und trieb dann Keile dazwiſchen, die beide Teile 7eſt 
aneinander preſſen ſollten. Immerhin war ein ſolche3 Laden üUoor- 
aus umſtändlich, und man hätte eine derartige Feuerwaffe ganz 
gewiß nicht als „Schnellfouer- 
geſchüß“ <Haratkteriſieren dürfen. 
 
 
entzündet habe, und daß der 
Stößel dann wie ein Geſchoß 
herausgeſchledert worden ſei. 
Bei einem ſolchen Vorgang 
konnte in der Tat die Kraft 
der wenigſten3 teilweiſe ein- 
geſchloſſenen Pulvergaſe wirk- 
ſam geworden ſein. -- 
Jedenfalls intereſſiert uns 
der Mörſer, weil er -- die 
-d 
Grundform der Kanone dar- 
 
ſtellt. Allen iſt wohl jene3 
verbreitete Spielzeug, der 
Kugelbe<her, bekannt. „.An 
einem Stab- iſt ein Becher 
befeſtigt, und in dem Becher 
liegt eine hölzerne Kugel, die 
an eine mäßig lange Schnur 
gebunden iſt. EC3 gilt nun, 
die Kugel emporzuſchleudern, 
um fie dann wieder mit 
 
jenem Gefäß aufzufangen. | WI ZZ 
Dieſes Spielzeug exrinnert Belager 
aber auffallend an eine der 
 
Auch die Herſtellung der 
Rohre bereitete anfangs ex- 
heblihe Schwierigkeiten, da 
die Technik damals auf dieiem 
Gebiete noh re<t unentwicfolt 
war. Man mußte alſo ähn- 
lich verfahren wie der Böttcher 
e8 tut, wenn er ein Faß aus 
Holzdauben herſtellt. Wan 
ſ<weißte nämlich gerade Cijen- 
ſtäbe zu einer Rohrform zu“ 
ſammen, und ein ſolches Stüc 
wurde dann nod) mit eijernen 
Reifen umgeben, um die Fettig 
keit zu ſteigern. 
Selbſt hölzerne Kanonen- 
rohre kamen vor. Kleiden wir 
zwei gleihe Holzrinnen in- 
wendig mit Blech aus, deen 
wir die Stücke dann aufein- 
ander und legen wir wieder 
ein paar Reifen herum, ſo ent- 
ſteht ebenfalls ein „Geſchüß- 
rohr“. Ein ſolches Rohr kann 

	        
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