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Seit kurzem beſtrebt man ſich auch, die elektriſche Lokomotive
dem Großverkehr der Schnell» und D-Züge dienſtbar zu machen,
und längere Verſuche auf der Strecke Deſſau--Bitterfeld haben die
Möglichkeit dargetan, mit der Elektrizität einen ebenſo regel-
mäßigen Betrieb durc<zuführen: wie mit dem Dampf.
„Ganz wunderlich ſieht aber der benzol-elektriſche Hofzug ceine3
ägyptiſchen Herrſcher38 aus, .den unferc leßte Abbildung zeigt. Hier
treibt ein Benzolmotor eine Dynamo, dieſe erzeugt Strom und
treibt damit die Elektromotoren, die das Fahren des Zuges be-
wirken. Das iſt allerding38 ein Umweg, der Verluſte bringt. Aber
voch ein praktiſcher Weg, weil ſich gerade elektrijche Kräfte jehr gut
in Bewegung umſeßen laſſen.
Wie lange wird e38 währen,“bis alle unſere Eiſenbahnen „elck-
trijiert“ find?
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Die Zölle.
Teil feiner Einnahmen bezieht das Deutihe
Reich aus feinen Zöllen, das heißt Abgaben, die bei der
'= Einfuhr ausländijſ<er Waren nach Deutſchland erhoben wer-
den.“ Da3 Deutſche Reich bildet e in „Zollgebiet“.
Grenzen de3 Reichs werden Zölle gefordert; der Verkehr zwiſchen
'den einzelnen Bundesſtaaten iſt zollfrei. Eine Ausnahme bilden
Bier und geſ<rotete3 Malz, wenn ſic die zwiſchen den Staaten der
„Uddeutichen Brauſteuergemeinſc<haft“ (Bayern, Württemberg,
Baden) und den übrigen Bundesſtaaten laufenden Grenzen paſ-
jieren; dann wird von ihnen eine ſogenannte „Uebergangö3abgabe“
erhoben. Eingeſchloſſen in das deutſche Zollgebiet iſt = was ſich
aus der geſchichtlichen Eniwickelung erflärt = auch Zuxemburg,
obgleich diefer Staat ja nicht zum Deutſchen Reich gehört. In
Bremen, Hamburg und andern Hafenvpläßen aibt e3 kleine Gebiete,
die für die Zollerhebung gewiſſermaßen noh als Ausland gelten:
das heißt, hier können Waren aus8geladen und gelagert werden,
ohne daß Zölle zu entrichten ſind. Erſt wenn jene Waren über
& inen erheblichen
das „Freihafen“-Gebiet hinausgebracht werden, kommen die Zoll-
veamten, unterſuchen, wiegen und jorgen für die geſebliche Ver-
zollung
Nicht immer waren die Grenzen unſeres Reiche3 vor der Ein-
fuhr fremder Waren darrc< hohe Zölle geſperrt, wenigſtens micht
immer in gleichem Maße. Bi3 zum Jahre 1879 konnte die meiſten
und wichtigſten. Erzeugniſſe des Auslande3 unbehindert Herein-
kommen, wie es in dem -,Freihandel3land“ England heute noch
der Fall iſt. Von da ab begann man ganz ſyſtematiſc< Zölle ein-
zuführen =- zuerſt nur Abgaben in geringer Höhe; vann aber
hohere, Jehr viel höhere. Unter dem Reichskanzler Caprivi, in den
neunziger Jahren des vorigen I Fahrhunderts, wurden die Zölle
einigermaßen herabgeſeßt, aber im Jahre 1902 erfolgte Wieder
eine um ſo ſtärkere Erhohung.
Ein neuer 39 (ltarif wurde in jenem Jahre beichlojjen.
„Tarif“ heißt ein jolc<es Gejetz deshalb, weil darin nicht ein ein-
ziger, für alle Falle "ültiger Zollſaß für jede Ware vorgeſehen
wird, ſondern weil man meiſt mehrere Abgabenſäße, höhere und
goringere, nebeneinander ſtellt, deren Anwendung fich nach be-
jonderen Verträgen mit den übrigen Staaten richten joll. - Man
will ſo ein Mittel gewinnen, für die Einfuhr deutſcher Erzeugniſſe
in anderen Ländern günſtige Zollbedingungen zu erhalten, indem
man den ais jenen Ländern nach Deutſchland kommenden Waren
die geringeren Zollſäße einräumt. Natürlich liegt den deutſchen
Handeltreibenden ſehr viel daran, daß ihre Waren bei der Ausfuhr
nach anderen Ländern dort möglichſt niedrige Abgaben zu ent=
richten: haben, denn um ſo billiger können ſie dort angeboten wer-
den, um ſo eher werden ſie dort Käufer finden. Ebenjo haben aber
auf der anderen Seite auc: die engliſchen, franzöſiſchen, amerika-
niſchen Händler und Fabrikanten natürlich das größte Intereſſe
daran, daß ihre Waren ſo billig wie mögli na< Deutſchland
hereingelaſſen werden, -- und jo iſt dem Abſchluß von „Han=.
del3verträgen"“ der Weg gebahnt. .
Neben den höheren und den „Ver trag3zöllen“ ſieht ein ſolcher
Zolltarif wie der deutſche aber gewöhnlich au noch ganz beſondere
Säße vor, man möchte ſie „Kriegszölle“ nennen. Sie jollen' in
Anwendung kommen, wenn ein fremde38 Land in „jeiner Zoll-
erhebung überhaupt nicht entgegenfommen will. Für die aus
jenem Lande nach Deutſchland eingeführten Waren werden: dann
doppelte Zölle berechnet. Selbſt-Waren, die fonſt zollfrei ſind, er-
halten einen Zollaufſc<hlag, mit dem. Erfolge natürlich, daß der
Handel jenes Staate3 mit Deutſchland völlig lahmgelegt wird.
Mit den meiſten Ländern iſt Deutſchland heute durch Handel3-
verträge verbunden, mit einigen auch durh Meiſtbegünſti--
gung8verträge. In dieſen iſt feſtgeſeßt, daß alle Zollver-
Nur an den
. au3 jo und ſo vielen Staaten überhaupt verboten.
Reiches zu ſteigern. O nein!
günſtigungen, die irgendeinem anderen Staate eingeräumt wer-
den, -ohne weiteres auch jenen Staaten zugute kommen, die den
Meiſtbegünjtigungsvertrag miteinander abgeſchloſjen haben.
Die Handel3verträge bedingen durchweg auch, daß auf die
Dauer des Vertrage3 -- zehn, zwölf, fünfzehn: Jahre -- keiner der
vertragſchließenden Staaten ohne Zuſtimmung des anderen ſein
Zollſfäte ändern darf, was natürlich all den Unternehmern, die
Waren ausführen, ſichere Vorau38bere<hnungen ermöglicht und ſic
vor Ueberraſchungen 1|hüßt. Die Handel8verträge de8 Deutſchen
NReiche3 laufen zum größten Teile am 831. Dezember 1917 ab; vor-
her können aljo unjere Zölle nicht geändert werden. Aber man
Fann und wird vielleicht ſchon vorher einen neuen Zolltarif auf-
ſtellen, um ſeine Säße dann den Verhandlungen zugrunde zu legen,
die dem Abſchluß neuer Veriräge vorangehen.
Man macht jich wohl kaum einen Begriff, wa3 heute bereits
alles mit Zöllen, und meiſt ſehr hohen Zsllen, belaſtet: iſt. Faſt
alle Lebensmittel, die über die Grenze fommen, müſſen: 'kre Ab=
aaben entrichten. Für jedes Kilo Weizen ſieht der Zolltarif eine
Abgabe von 71445, Pf. vor, bei Vertrag8abſchluß von 5%5 Pf.; fiir
jedes Kilo Roggen, da3 über die Grenze kommt, ſind ohne Vertrag
1 Pf., mit Vertrag 5 Pf. zu bezahlen. Wenn man bedenkt, daß ein
Kilo Roögen (außerbalb der deutſchen Grenzen) nur 12 oder 13 Pf.,
ein Kilo Weizen 16 oder 17 Rf. zu koſten pflegt, ſo ermißt man
die ganze Schwere dieſer Zölle. Aber auch Hafer iſt mit 7 bezw.
5 Pf., Mai3 mit 5 beim. 3 Pf. belaſtet; Gerſte und andere Futter-
mittel müſſen hohe Zölle tragen. Reis und Südfrüchte, Kaffee
und Tee, Zu>er und Malz, Butter und Schmalz, Margarine, Pc-
troleum, Bau- und Nußholz, Wein, Tabak -- wa8 man ſich nur
denten kann, alles wird durch die oft ganz ungeheuerli< hohen
Zolls verteuert. Selbſtverſtärdlich darf auch da8 Fleiſch nicht
fehlen. Jedes Stück Vieh, das über die Grenze kommt (von Eſeln
abgeſehen), iſt nach ſeinem Gewicht zu verzollen; bei jedem Stiick
Fleiſch, das eingeführt wird, müſſen: 1335, oder gar 17145 Pf. Ver-
trag33oll (ohne Vertrag: 291,4 Rf.) für jedes Pfund entrichtet wer-
den ; zubereitetes Fleiſch und Spec ſind noch kräftiger mit Abgaben
bepat. Zum Ueberfluß iſt die Einfuhr von Vieh und Fleiſch
Man ſucht
das damit zu begründen, daß ſonſt die Gefahr beſtünde, aus den
anderen Ländern könnten Seuchen und Krankheiten eingeſchleppt
werden. Dabei iſt der Ge] jundheit3zu] jtand des Viehe3 jenſeit3 der
Grenze häufig beſſer al38 diesſceit3, und außerdem beſißt unſere
Wiſſenichaft Veittel gemig, um durch genaue Unterſuchungen, ge
ebenfals durch jofortiges Abſchlachten alles Vieles an der
Grenze, die Cinſichleppung von Seuchen zu verhüten. Wo die
(Grenze geöffnet iſt, gelten alle möglichen Vorſchriften, die die Ein-
fuhr von Vieh ſehr erſ<weren und verteuern. Die Einfuhr von
Gleiih, das durc Gefrieren auch für langen Transport friſch cr-
balten wird, vereitelt man dur< vie törichte Vorſchrift, daß 311=
gleich mit dem Fleiſch auch die - Eingeweide mitgeſchi>t werden
müſſen. Kurzum, die hohen Zölle und die Einfuhrverbote ſoraen
„dafür, daß die Zufuhr von Fleiſch aus dem Ausland jehr gering
iſt. Infolge der Fleiſ<not hat man im vergangenen Jahre einige
Vergünſtigungen eintreten laſſen, ſofern nicht Privatleute, ſondern
Gemeinden das auswärtige Fleiſch beziehen und verkaufen. Aber
es handelt fich hier nur um vorübergehende Erleichterungen, die
überdie2 auch no< fo gering ſind, daß ſie keine erhebliche Wirkung
ausSüben.
War bi8 ſekt immer nur von Erzeugniſſen der Landwirt-
Ihaft, von „Naturprodukten“ die Rede, ſo ſorgt unfer Zolltarif
aber auch dafür, daß Erzeugniſſe der Znduſtrie gehörige Zölle
zu entrichten haben. Auch da gibt e3 wenig, wa3 noch zollfrei über
unſere Grenze kann: Roheiſen, Röhren, Schienen, Ketten, Draht,
Geräte aller Art, Baumaterial, Stricke, Lampen, Farben uſw. -- €3
bleibt kaum ein Gebrauc<hsgegenſtand, der nicht mit Abgaben be-
laſtet wäre. Und auch hier ſind die Zollſäße oft ſehr hoch.
E3 wäre nun grundverkehrt, zu glauben, all dieſe hohen Zölle
ſeien nur de3halb eingeführt worden, um die Einnahmen des
Die Erhebung der Zölle, die ja mit
ſirenger Grenzbewachung verbunden jein muß, iſt jehr Foſtſpicliag
und die hohen Abgaben vermindern dazu naturgemäß die Einfuhr.
ſtart, jo daß der Ertrag der Zölle im Verhältm3 zu den mit der
Zollerhebung verbundenen Umſtänden gar nicht einmal jo fehr
groß iſt. Allenfalls kann man einige Zölle, wie die auf Raffee
und Tee, als „Finanzzolle“, d. h. im Intereſſe der Staats-
einnahmen liegende Abgaben, an ſprechen, weil es ſich hier um
Waren handelt, an deren Preiserhöhung niemand in Deutſchland.
ein Intereſſe hat, abgeſehen von der Reich: Stfaſſe, die dadur< zu
ihren Zolleinnahmen kommt. Die große Mehrzahl der Zölle joll
aber viel weniger den Reichs8finanzen dienen al3 dem Schug, will
heißen der Preiserhöhung deutſcher Erzeugniſſe,
we3halb man ſie au<h kurzweg „Sc<hußzöll e“ nennt.
(Schluß folgt.)