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denn auch von unſerer. Seite die Züchtigung hinnehmen, daß ſein Ver=
fahren für einen wiſſenſchaftlich gebildeten Mann geradezu ſkandalös ſei.
Nachgerade fHheint auch den anſtändigen unter unſeren Gegnern
foicjes Zreivben zum Ekel geworden zu ſein. Sie verſchmähen es, eine
Sache zu vefämpfen, ohne ſie zu kennen. Sie nehmen uniere Schriften
Telbſt zur Hand, um ſich ein Bild von unſerer Bewegung zu machen.
Und dann fällt natürlich ihr Urteil ganz anders au8, als das Galgen-
rezept de3 Herrn Pfarrer38 JIlgenſtein vorſchreibt. So finden wir in
der Januar-Nummer de3 „Jünglimg3vereins“, der offiziellen
Monatsſchrift der Leiter und Vorſtände evangeliſher Männer- und
Jünglings3vereine, folgende Gegenüberſtellung der evangeliſchen und der
ſozialiſtiſchen Jugendliteratur: .
„Nicht zuleßt fehlt e8 un3 (der evangeliſ<en Jugendbewegung)
aber auch an einer geeigneten, wirklich packenden Jugendzeit-
ſ<rift, die das Intereſſe unſerer Mitglieder immer neu anzuregen
und wachzuhalten verſtände. Was in dieſer Richtung bis3her von den
alten Jüngling3bündniſſen geſchaffen worden iſt, iſt zwar ſehr gut
gemeint, ermangelt aber troß aller. Mühe nach ziemlich einſtimmigem
Urteil aller Praktiker in der Jugendarbeit der rechten jugendlichen
Friſche, der abwechſelung3reichen Vielſeitigkeit und nicht ſelten auch
der wünſchen3werten Höhenlage. Aber auch andere Blätter, wie etwa
die „Treue“ de8 Verbande8 deutſcher Jugendvereine, haben bisher
wohl nicht ganz den rechten Ton gefunden und werden wenigſjiens
von den älteren Mitgliedern vielfach abgelehnt. In wieviel günſtigerer
Lage iſt da wieder die Sozialdemokratie, die in ihrer „Arbeiter-
Jugend“ ſic< für die Mitglieder ihrer Jugendvereine ein Organ
geſchaffen hat, das zwar vom einſeitigſten Klaſſenſtandpunkt aus ge=
Ichrieben iſt, und an Verhetzung oft Unerträgliches leiſtet (? ? Red.
der Arb.-Jgd.), dabei aber -- wie verſchiedene Leiter fir<licher Jugend-=
vereine, die da8 Blatt leſen, mir wiederholt bezeugt haben und wie
ich ſelber auf Grund eigener Lektüre beſtätigen muß =- geradezu
glänzend redigiert wird, in ſeinen wiſſenſchaftlichen Artikeln meiſt
Vorireffliches bietet, in feinem belletriſtiſchen Teil ſelbſt hohen UAn=-
: forderungen gerecht zu werden vermag und mit ſeinem energiſchen
Kampf gegen Alkohol- und. Tabakgenuß, Schundliteraiur und Kino-
matvgraphenunwejen zweifello3 mandje3 Gute ſtiftet.“
Der Auffaß, der dieſe Stelle enthält, iſt die Wiedergabe eines VoL-
trages, den der Pfarrer Johannes Herz aus Chemnitz auf einer Chem-
nißer Divzeſanverſammlung, alſo vor Geiſtlichen und kirc<lichen Funtr-=
tionären, gehalten hat. Und der Herr Pfarrer Herz ſpricht da, wie
man ſicht, nicht nur ſeine eigene Meinung aus, ſondern er beruft jich
ausdrüclich auf das Zeugnis anderer Jugendvereinsleiter, die derſelben
Anſicht ſeien wie er. So urteilen die eigenen Amts8brüder des Herrn
Paſtors JIlgenſtein, frailich Amts8brüdor, die offenſichtlich do8 Botrebn
babea, eine Sache, die ſie befäimpfe:it! gunücgſt einmal Fenn anv Sci
jiebhen zu lernen!
Unſere Jugendleiter, wenn wieder einmal mii dem Jlgenſtein-
ſchen Schmöfer "auf ihnen herumgepaukt wird, werden es gewiß nicht
unterlaſſen, von dieſem Urteil anftändiger Geauer, der eigenen
Amtsbrüder des Herrn JIlgenſtein, den nötigen Gebrauch zu machen,
X
Sie hiaben die Naſe voll,
Aus Straßburg wird gemeldet, daß die Etatsfommiſſion des elſaß-
lothringiſchen Landtags aus dem Voranjc<lag (Etat) die für die jiaat=
liche Jugendpflege eingeſtellten 10 000 Mk. geſtrichen habe. Die 10 000
Mark waren gefordert zur Unterſtüßung des „Verbandes für JugenD-
pflege“, wie ſich die Organiſation der ſtaatlichen Jugendpflege im Neichs-
land nennt. Begründet wurde dieſe Streichung damit, daß man ſich
nach Zabern von der Tätigkeit eines Verbandes, in deſſen Vorſtand
die Spißen der Zivilverwaliung mit den kommandierenden Generälen
zuſammenwirken ſollen, nicht8 Gutes verſpreche. .
Man hätte ruhig noch etivas offener fein ſollen. Man hätte fejſt-
ſtellen ſollen, daß der Geiſt, der 'in Zabern ſein Unweſen trieb, in der
ſtaatlichen Jugendpflege geradezu mit Hochdru> gezüchtet wird, und
daß der Landtag entſchieden dafür danke, aus den Steuergroſchen der
Allgemeinheit Mittel zu bewilligen, die Dazu verivendet werden, Der
Jugend den Geiſt der Soldate3ka von Zabern einzupflanzen.
Sg Olemdwörle
Anthropologie (griech.), Menſchenfunde, Lehre vom Mer:ſchen.
Viegenetiſch (griecd.), auf die Gntwikelung de8 Lebens bezüglich, ent=
wielung8geichichtlich. «< >»
DISSEN ABELS ISIN Ay A)
Chaos (griech., Ton auf der crften“ Silbe), die ungeformte Maſic, die der
gel | <
ſagenhaften „Schöpfung“ voranging.
Elementar (lat.), anfang3mäßig, die Anfangsgründe bietend, einfach.
Esfkortieren (franz.), geleiten (unter Bede>ung).
Famulus (lat.), Diener, Gehilfe eines Gelehrten.
Fanal (ital., Ton auf der Cndſilbe), Leuchtturm; Leuchtfeuer, Leuchte. *
Fauna (lat.), die Tierwelt einer beſtimmten Gegend.
Girlande (franz.), Blumengewinde.
Habilitieren, ſich (lat.), ſich niederlaſſen, beſonders als Lehrer an einer
Hochſchule.
Honorar (lat.; von honor = Ehre), „Chrenſold“, Bezahlung für geiſtig
Arbeit. Nn “
„-
Hypotheſe ( riech.; wörtlich: die Unterſtellung), eine zum Zwece der Er
lärung tatſächlicher Erſcheinungen gemachte, ſelbſt aber unbewie
fene Annahme. -.
Infam (lat., Ton auf der Gndöfilbe), ehrlos, ſchamlos, ſchandbar.
Kaſtellan (lat., Ton auf der Endfilbe), Burgwart, Hausmeijtter.
Kleriſei (griech, Ton auf der Endjilbe), die Geſamtheit der Klerikei
(Geiſtlichen), die Geiſtlichkeit, meijt in ſpöttiſchem Sinne.
Kompreſſe (lat.-franz.), Umſchlag auf eine Wunde. . .
Kvrona (lat.; wörtlich: Kranz, Krone), feierlihe Verſammlung; Krcei2
Moni3mu3 (vom griech. monos = allein, einzig), Lehre von der Ginheit
-.Hichfeit alles Seienden.
Ehyletiſch (vom griech. phyle = Stamm), der Erforſchung der Stammes:
geſchichte gewidmet; Beiname der wiſſenſchaftlichen Anſtalt („Phy
letiſ<;e3 Muſeum“), die Ernſt Hae>el in Jena geſtiſiet hat.
Plauſibel (lat.), glaubwürdig, wahrſcheinlich.
Rampe (franz.), An- und Auffahrt, Treppenabſaß; im Theater: Dit
Lampenreihe vorn an der Bühne.
Rapid (lat., Ton auf der EGndſfilbe), reißend ſchnel.
Retirieren (franz.), flüchten, Neißaus nehmen.
Revoltieren (franz.-lat.), ſich empören, auflehnen.
Zyniſc<h (griech. ; wörtlich: hündiſch) ſchamlos, gemein.
. H. B. in Moer3. Daß Euer Elternabend ſo gut gelungen ijt, i1!
erfreulich, aber Berichte über ſolche Ginzelveranſtaltungen können blok:
in beſonderen Fällen veröffentlicht werden, d. h. wenn ſie für die Ge-
jamtheit der Lejer intereſſant ſind, oder wenn die Kameraden an anderen
Orten etwa38 daraus8 lernen können. -- W, O. PR. Die Verſe jind zu
Ffenventionell, d. 9. fie bewegen fich in ausgefahrenen Gleiſen, und ſinv
überdies die reinen Zuckerbonbon38: „Murmelnde Quellen, glißernder
See; rauſchende Wälder, ſpringende Reh'! Herrliche Berge winfen mit
zu, die Vöglein zwitſchern: ſes' dich zur Ruh.“ Aber daß Sie einfach
einen Strich machen, wenn Sie keinen Reim finden, und es dem Re-
dakteur überlaſſen, die Lücke au8zufüllen -- diceſe8 Verfahren ſollten Sie
fich patentieren laſſen, Sie Schlauberger! -- R. K. DaS iſt ein Bildeor=
rätſel, aber kein Gedicht. -- Köln. Der Bericht von Gurem Jugendtag
iſt am 24. Januar hier eingetroffen, al8 Nr. 3 ſc<on fertiggeſtellt war.
Im Februar aber können wir doch nicht mehr über eine Veranſtaltung
von Gnde Dezember berichten. Jhr müßt dafür ſorgen, daß eine beſſere
Verbindung zwiſchen Köln und Berlin hergeſtelli wird. -- Mephiſto. Sie
haben entſchieden Begabung, wenn auch die Gedichte noY nicht dur<haus
DIruGceit?! Hud. + Laſſen Sie ſic) do<G im einzelnen von dem Feuillceion=
redatfteur des dortigen Parteiblaites beraten, der, wie Sie aus ſeinen
Artikeln für die „Arb.-Jgd.“ wiſſen, in dieſen Fragen ſachverſtändig iſt.
gSOnCC6nNCICONENCECOOLOLENIDCoEBCEEOEELEEnEnNnaOonGnDoEOCOCOCGCOOoOnNICC
Jwungvolt 1914, |
Der Verlag des „Jungvolk-Almanachs“ macht befannt: Da die ertte
Auflage des beliebten Jugendalmanachs ſchon ſeit einiger Zeit ver-
ariffen war, die Nachfrage aber noch ſtändig anhält, ijit eine zweite Un=
veränderte Auflage hergejtellt worden.
Beſtellungen ſind ſofort an die Buchhandlung Vorwärt8, Berlin
SVW. 68, zu richten.
(Hierzu ſei bemerkt, daß bürgerliche Verleger in dicſem Falle nicht
von einer erſten, ſondern von einer zehnten, zawanzigjten oder gar
dreißigſten Auflage iprechen würden, denn die abgeſezte Auflage
unſeres Jungvolk-Almanac<hs8 umfaßte 30 000 Eremplare. Uebrigens
ſind w ir mit dieſem Erfolg noch lange nicht zufrieden. Jeder Leſer
der „Arbeiter-Jugend“ müßte auch im Beſitze unſeres Jugendalmanachs
fein. Gine ſolche Fülle von Belehrung und Unterhaltung bietet zu gleich
niedrigem Preiſe -- 25 Pf. für unſere Abonnenten =- kein Erzeugnis
des deutſchen Büchermarkt8. Unſer „Jungvolk“ veraltet auch nicht, denn
es iſt viel mehr al38 ein bloßer Kalender: iſt ein Jugendbuch im beiten
Sinne de38 Worte3. DeShalb ſollten auch die paar hundert Exemplare,
die noch vom vorigen Jahrgang übrig jind, ſchleunigſt beſtellt und unter
unferen jungen Freunden und Freundinnen vertrieben werden. Wied.)
anaonanaganNangannELEDNCOopGNCONaGOGNOENNROoEnNnOaBRONOADüLa
Inhalt von Nr. 4: Die Jugend in den Parlamenten. =-- Der g0c-
rechte Richter im Zillertal. Von H. Farwig. (Schluß.) =-- Ein Streik
vort. Kindern. Von Guſtav Ed&ſtein. =-- Elektriſch betriebene Wagen
unt Züge. Von Hans Bourquin. (Mit Abbildungen.) -- Die Zölle. =-
AUS der Jugendbewegung. --- Die Gegner an der Arbeit. -- FremD-
wörter. =- Briefkaſten. =- Jungvolt. Beilage: Solidarität. EGin
Zukunft5bild von Friß Sepp. = Grnſt Hae>el. Zu ſeinem achtzigjien
Geburtstage. Von Gg. Engelbert Graf. = Geſichtstäuſ<hungen. Von
O. Thorwald. (Mit Abbildungen.) == G8 kommt eine Stunde . . .
Gedicht von Friß Droop. -- Eine Haedel-Feier. Von L. L.
Gmil Noſenow. Von Roland. = Bücher für die Jugend. =-- „Da
Hinauslehnen des Oberförpers iſt . . .“ Von Friß. Müller, = Si
war ein Blümlein. Vorw Wilhelm Buſch. .
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. Verantwortlich für die Redaktion: Karl Korn. -- Verlag: Fr. Ebert (Zentralſtelle für die arbeitende Jugend Deutſ<hland3). = Druc: Vorwärts BuchdruFerei u. Verlag3»-
anſtalt Paul Singer & Co.
Sämtlich in Berlin.