Full text: Arbeiter-Jugend - 6.1914 (6)

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denn auch von unſerer. Seite die Züchtigung hinnehmen, daß ſein Ver= 
fahren für einen wiſſenſchaftlich gebildeten Mann geradezu ſkandalös ſei. 
Nachgerade fHheint auch den anſtändigen unter unſeren Gegnern 
foicjes Zreivben zum Ekel geworden zu ſein. Sie verſchmähen es, eine 
Sache zu vefämpfen, ohne ſie zu kennen. Sie nehmen uniere Schriften 
Telbſt zur Hand, um ſich ein Bild von unſerer Bewegung zu machen. 
Und dann fällt natürlich ihr Urteil ganz anders au8, als das Galgen- 
rezept de3 Herrn Pfarrer38 JIlgenſtein vorſchreibt. So finden wir in 
der Januar-Nummer de3 „Jünglimg3vereins“, der offiziellen 
Monatsſchrift der Leiter und Vorſtände evangeliſher Männer- und 
Jünglings3vereine, folgende Gegenüberſtellung der evangeliſchen und der 
ſozialiſtiſchen Jugendliteratur: . 
„Nicht zuleßt fehlt e8 un3 (der evangeliſ<en Jugendbewegung) 
aber auch an einer geeigneten, wirklich packenden Jugendzeit- 
ſ<rift, die das Intereſſe unſerer Mitglieder immer neu anzuregen 
und wachzuhalten verſtände. Was in dieſer Richtung bis3her von den 
alten Jüngling3bündniſſen geſchaffen worden iſt, iſt zwar ſehr gut 
gemeint, ermangelt aber troß aller. Mühe nach ziemlich einſtimmigem 
Urteil aller Praktiker in der Jugendarbeit der rechten jugendlichen 
Friſche, der abwechſelung3reichen Vielſeitigkeit und nicht ſelten auch 
der wünſchen3werten Höhenlage. Aber auch andere Blätter, wie etwa 
die „Treue“ de8 Verbande8 deutſcher Jugendvereine, haben bisher 
wohl nicht ganz den rechten Ton gefunden und werden wenigſjiens 
von den älteren Mitgliedern vielfach abgelehnt. In wieviel günſtigerer 
Lage iſt da wieder die Sozialdemokratie, die in ihrer „Arbeiter- 
Jugend“ ſic< für die Mitglieder ihrer Jugendvereine ein Organ 
geſchaffen hat, das zwar vom einſeitigſten Klaſſenſtandpunkt aus ge= 
Ichrieben iſt, und an Verhetzung oft Unerträgliches leiſtet (? ? Red. 
der Arb.-Jgd.), dabei aber -- wie verſchiedene Leiter fir<licher Jugend-= 
vereine, die da8 Blatt leſen, mir wiederholt bezeugt haben und wie 
ich ſelber auf Grund eigener Lektüre beſtätigen muß =- geradezu 
glänzend redigiert wird, in ſeinen wiſſenſchaftlichen Artikeln meiſt 
Vorireffliches bietet, in feinem belletriſtiſchen Teil ſelbſt hohen UAn=- 
: forderungen gerecht zu werden vermag und mit ſeinem energiſchen 
Kampf gegen Alkohol- und. Tabakgenuß, Schundliteraiur und Kino- 
matvgraphenunwejen zweifello3 mandje3 Gute ſtiftet.“ 
Der Auffaß, der dieſe Stelle enthält, iſt die Wiedergabe eines VoL- 
trages, den der Pfarrer Johannes Herz aus Chemnitz auf einer Chem- 
nißer Divzeſanverſammlung, alſo vor Geiſtlichen und kirc<lichen Funtr-= 
tionären, gehalten hat. Und der Herr Pfarrer Herz ſpricht da, wie 
man ſicht, nicht nur ſeine eigene Meinung aus, ſondern er beruft jich 
ausdrüclich auf das Zeugnis anderer Jugendvereinsleiter, die derſelben 
Anſicht ſeien wie er. So urteilen die eigenen Amts8brüder des Herrn 
Paſtors JIlgenſtein, frailich Amts8brüdor, die offenſichtlich do8 Botrebn 
babea, eine Sache, die ſie befäimpfe:it! gunücgſt einmal Fenn anv Sci 
jiebhen zu lernen! 
Unſere Jugendleiter, wenn wieder einmal mii dem Jlgenſtein- 
ſchen Schmöfer "auf ihnen herumgepaukt wird, werden es gewiß nicht 
unterlaſſen, von dieſem Urteil anftändiger Geauer, der eigenen 
Amtsbrüder des Herrn JIlgenſtein, den nötigen Gebrauch zu machen, 
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Sie hiaben die Naſe voll, 
Aus Straßburg wird gemeldet, daß die Etatsfommiſſion des elſaß- 
lothringiſchen Landtags aus dem Voranjc<lag (Etat) die für die jiaat= 
liche Jugendpflege eingeſtellten 10 000 Mk. geſtrichen habe. Die 10 000 
Mark waren gefordert zur Unterſtüßung des „Verbandes für JugenD- 
pflege“, wie ſich die Organiſation der ſtaatlichen Jugendpflege im Neichs- 
land nennt. Begründet wurde dieſe Streichung damit, daß man ſich 
nach Zabern von der Tätigkeit eines Verbandes, in deſſen Vorſtand 
die Spißen der Zivilverwaliung mit den kommandierenden Generälen 
zuſammenwirken ſollen, nicht8 Gutes verſpreche. . 
Man hätte ruhig noch etivas offener fein ſollen. Man hätte fejſt- 
ſtellen ſollen, daß der Geiſt, der 'in Zabern ſein Unweſen trieb, in der 
ſtaatlichen Jugendpflege geradezu mit Hochdru> gezüchtet wird, und 
daß der Landtag entſchieden dafür danke, aus den Steuergroſchen der 
Allgemeinheit Mittel zu bewilligen, die Dazu verivendet werden, Der 
Jugend den Geiſt der Soldate3ka von Zabern einzupflanzen. 
Sg Olemdwörle 
Anthropologie (griech.), Menſchenfunde, Lehre vom Mer:ſchen. 
Viegenetiſch (griecd.), auf die Gntwikelung de8 Lebens bezüglich, ent= 
wielung8geichichtlich. «< >» 
  
 
 
 
 
DISSEN ABELS ISIN Ay A) 
 
Chaos (griech., Ton auf der crften“ Silbe), die ungeformte Maſic, die der 
gel | < 
ſagenhaften „Schöpfung“ voranging. 
Elementar (lat.), anfang3mäßig, die Anfangsgründe bietend, einfach. 
Esfkortieren (franz.), geleiten (unter Bede>ung). 
Famulus (lat.), Diener, Gehilfe eines Gelehrten. 
Fanal (ital., Ton auf der Cndſilbe), Leuchtturm; Leuchtfeuer, Leuchte. * 
Fauna (lat.), die Tierwelt einer beſtimmten Gegend. 
Girlande (franz.), Blumengewinde. 
Habilitieren, ſich (lat.), ſich niederlaſſen, beſonders als Lehrer an einer 
Hochſchule. 
Honorar (lat.; von honor = Ehre), „Chrenſold“, Bezahlung für geiſtig 
Arbeit. Nn “ 
 
„- 
Hypotheſe ( riech.; wörtlich: die Unterſtellung), eine zum Zwece der Er 
lärung tatſächlicher Erſcheinungen gemachte, ſelbſt aber unbewie 
fene Annahme. -. 
Infam (lat., Ton auf der Gndöfilbe), ehrlos, ſchamlos, ſchandbar. 
Kaſtellan (lat., Ton auf der Endfilbe), Burgwart, Hausmeijtter. 
Kleriſei (griech, Ton auf der Endjilbe), die Geſamtheit der Klerikei 
(Geiſtlichen), die Geiſtlichkeit, meijt in ſpöttiſchem Sinne. 
Kompreſſe (lat.-franz.), Umſchlag auf eine Wunde. . . 
Kvrona (lat.; wörtlich: Kranz, Krone), feierlihe Verſammlung; Krcei2 
Moni3mu3 (vom griech. monos = allein, einzig), Lehre von der Ginheit 
-.Hichfeit alles Seienden. 
Ehyletiſch (vom griech. phyle = Stamm), der Erforſchung der Stammes: 
geſchichte gewidmet; Beiname der wiſſenſchaftlichen Anſtalt („Phy 
letiſ<;e3 Muſeum“), die Ernſt Hae>el in Jena geſtiſiet hat. 
Plauſibel (lat.), glaubwürdig, wahrſcheinlich. 
Rampe (franz.), An- und Auffahrt, Treppenabſaß; im Theater: Dit 
Lampenreihe vorn an der Bühne. 
Rapid (lat., Ton auf der EGndſfilbe), reißend ſchnel. 
Retirieren (franz.), flüchten, Neißaus nehmen. 
Revoltieren (franz.-lat.), ſich empören, auflehnen. 
Zyniſc<h (griech. ; wörtlich: hündiſch) ſchamlos, gemein. 
 
  
. H. B. in Moer3. Daß Euer Elternabend ſo gut gelungen ijt, i1! 
erfreulich, aber Berichte über ſolche Ginzelveranſtaltungen können blok: 
in beſonderen Fällen veröffentlicht werden, d. h. wenn ſie für die Ge- 
jamtheit der Lejer intereſſant ſind, oder wenn die Kameraden an anderen 
Orten etwa38 daraus8 lernen können. -- W, O. PR. Die Verſe jind zu 
Ffenventionell, d. 9. fie bewegen fich in ausgefahrenen Gleiſen, und ſinv 
überdies die reinen Zuckerbonbon38: „Murmelnde Quellen, glißernder 
See; rauſchende Wälder, ſpringende Reh'! Herrliche Berge winfen mit 
zu, die Vöglein zwitſchern: ſes' dich zur Ruh.“ Aber daß Sie einfach 
einen Strich machen, wenn Sie keinen Reim finden, und es dem Re- 
dakteur überlaſſen, die Lücke au8zufüllen -- diceſe8 Verfahren ſollten Sie 
fich patentieren laſſen, Sie Schlauberger! -- R. K. DaS iſt ein Bildeor= 
rätſel, aber kein Gedicht. -- Köln. Der Bericht von Gurem Jugendtag 
iſt am 24. Januar hier eingetroffen, al8 Nr. 3 ſc<on fertiggeſtellt war. 
Im Februar aber können wir doch nicht mehr über eine Veranſtaltung 
von Gnde Dezember berichten. Jhr müßt dafür ſorgen, daß eine beſſere 
Verbindung zwiſchen Köln und Berlin hergeſtelli wird. -- Mephiſto. Sie 
haben entſchieden Begabung, wenn auch die Gedichte noY nicht dur<haus 
DIruGceit?! Hud. + Laſſen Sie ſic) do<G im einzelnen von dem Feuillceion= 
redatfteur des dortigen Parteiblaites beraten, der, wie Sie aus ſeinen 
Artikeln für die „Arb.-Jgd.“ wiſſen, in dieſen Fragen ſachverſtändig iſt. 
 
gSOnCC6nNCICONENCECOOLOLENIDCoEBCEEOEELEEnEnNnaOonGnDoEOCOCOCGCOOoOnNICC 
Jwungvolt 1914, | 
Der Verlag des „Jungvolk-Almanachs“ macht befannt: Da die ertte 
Auflage des beliebten Jugendalmanachs ſchon ſeit einiger Zeit ver- 
ariffen war, die Nachfrage aber noch ſtändig anhält, ijit eine zweite Un= 
veränderte Auflage hergejtellt worden. 
Beſtellungen ſind ſofort an die Buchhandlung Vorwärt8, Berlin 
SVW. 68, zu richten. 
(Hierzu ſei bemerkt, daß bürgerliche Verleger in dicſem Falle nicht 
von einer erſten, ſondern von einer zehnten, zawanzigjten oder gar 
dreißigſten Auflage iprechen würden, denn die abgeſezte Auflage 
unſeres Jungvolk-Almanac<hs8 umfaßte 30 000 Eremplare. Uebrigens 
ſind w ir mit dieſem Erfolg noch lange nicht zufrieden. Jeder Leſer 
der „Arbeiter-Jugend“ müßte auch im Beſitze unſeres Jugendalmanachs 
fein. Gine ſolche Fülle von Belehrung und Unterhaltung bietet zu gleich 
niedrigem Preiſe -- 25 Pf. für unſere Abonnenten =- kein Erzeugnis 
des deutſchen Büchermarkt8. Unſer „Jungvolk“ veraltet auch nicht, denn 
es iſt viel mehr al38 ein bloßer Kalender: iſt ein Jugendbuch im beiten 
Sinne de38 Worte3. DeShalb ſollten auch die paar hundert Exemplare, 
die noch vom vorigen Jahrgang übrig jind, ſchleunigſt beſtellt und unter 
unferen jungen Freunden und Freundinnen vertrieben werden. Wied.) 
 
anaonanaganNangannELEDNCOopGNCONaGOGNOENNROoEnNnOaBRONOADüLa 
Inhalt von Nr. 4: Die Jugend in den Parlamenten. =-- Der g0c- 
rechte Richter im Zillertal. Von H. Farwig. (Schluß.) =-- Ein Streik 
vort. Kindern. Von Guſtav Ed&ſtein. =-- Elektriſch betriebene Wagen 
unt Züge. Von Hans Bourquin. (Mit Abbildungen.) -- Die Zölle. =- 
AUS der Jugendbewegung. --- Die Gegner an der Arbeit. -- FremD- 
wörter. =- Briefkaſten. =- Jungvolt. Beilage: Solidarität. EGin 
Zukunft5bild von Friß Sepp. = Grnſt Hae>el. Zu ſeinem achtzigjien 
Geburtstage. Von Gg. Engelbert Graf. = Geſichtstäuſ<hungen. Von 
O. Thorwald. (Mit Abbildungen.) == G8 kommt eine Stunde . . . 
Gedicht von Friß Droop. -- Eine Haedel-Feier. Von L. L. 
Gmil Noſenow. Von Roland. = Bücher für die Jugend. =-- „Da 
Hinauslehnen des Oberförpers iſt . . .“ Von Friß. Müller, = Si 
war ein Blümlein. Vorw Wilhelm Buſch. . 
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. Verantwortlich für die Redaktion: Karl Korn. -- Verlag: Fr. Ebert (Zentralſtelle für die arbeitende Jugend Deutſ<hland3). = Druc: Vorwärts BuchdruFerei u. Verlag3»- 
anſtalt Paul Singer & Co. 
Sämtlich in Berlin.
	        
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