Aus der Dresdner Jugendbewegung, -
. Am 7. Dezember hielt, wie uns aus Drezden geſ ſchrieben wird, Der
dortige Jugendbildungsverein fein 6. Orchefterkonzert im Volk? 5wohlſaal,
einem der größten Säle Dresdens, ab. Dieſe Ginrichtung der großen
Sinfoniekonzerte, die ſich in Frieden3zeiten eines lebhaften Zuſpruches
erfreute, wird auch jezt noch hochgeſchäßt, wie der außerordentlich gute
Beſuch bewies. Lange vor Beginn war der Saal gefüllt. Rund 1800
Perſonen hatten Ginlaß gefunden; Hunderte mußten fich, da der Saal
polizeilich abgeſperrt werden mußte, das Konzert von außen anhören.
Zur Ausführung hatten: wir das größte und beſte Dresdener
Orcheſter, das Phi [harmoniſche Orcheſter, gewonnen, Dda8 ſich aus
60 Künſtlern zujammenſcßt. Die Vortrags8ordnung, mit dem Motto
„Natur“, war folgende: VI. Sinfonie, Paſtorale, von Beethoven ;
Ouvertüre „Die Hebriden“ von Merndelsfohn; „Aus Böhmen3 Hain ui1d
Flur“, jynfoniſche Dichtung von Friedrich 'Smetanaz „Geſchichten aus
dem Wiener Wald“ von Johann Strauß.
Nach jedem Teil erntete das Orcheſter mit ſeinem Dirigenten Paul
Büttner ſtarken Beifall. Beſonderen Anklang fand die Beethovenſc<he
VI. Sinfonie: wer die Natur aus vollem Herzen liebt, muß
Sinfonie mit ganz beſonderem Genuß nacherleben.
Der Verlauf dieſes erſtklaſſigen Konzert3 bewies wieder aufs neue,
daß das arbeitende Volk mit ſeiner Jugend troß dez männermordenden
Krieges lebhaftes Bedürfnis nach guter Kunjt hat, ja vielleicht jet gerade
erft recht.
Hoffen wir, daß bald wieder die Zeit kommen möge, da ſolche Ver-
anſtaltungen keinen außergewöhnlichen Charakter mehr tragen und
häufiger getroffen werden fönnen. AMB.
*
| Die Berliner Jugendbewegung,
Aus Berlin wird uns geſchrieben: Da8 lezte Sommerhalbjahr
(1. April bi8 30. September 1915) hat uns einen weiteren erheblichen
Abonnenten v e r luſt gebracht. Zählten wir am 1. April 1915 4425
Abonnenten (3484 männliche, 941 weibliche), fo betrug dieſe Zahl aum
1. Oftober 1915-nur nocy 3843 (2927 männliche, 916 weibliche).
Die Fluktuation war auch im vergangenen Halbjahr ſehr ſtark, wie
folgende Zahlen beweiſen: |
G3 erfolgten Abgänge: im Quartal vom 1.“ April his 30. Juni:
540 (237 männl., 106 warbl.), im Quartal vom 1. Juli bis 30. Sep-
tember: 769 (625 männl., 144 weibl.) ), im geſamten Halbjahr 1309 (1059
männl. „ 250 weibl.)
Nun iſt ja die Zahl der Abbeſtellungen QU und „für jich ziemlich Hoch,
aber infmerhin nicht böhor als in mnormaten Zeit? Cine itar*e Tiu*-
tuation herrſcht leider jchon eit Jahren in unſerer Bewegung. I1
Fricdenzzeiten licgen aber die Dinge inſofern für uns günſtiger, als wir
den verlorengegangenen immer eine noch größere Zahl neugewonnener
Anhänger enigegenſtellen fonnten. Das iſt leider feit Krieg8beginn nicht
mehr der Fall. Im vergangeren Halbjahr verzeichneten wir an Neiü-
aufnahmen: im Quartal vom 1. April bis 30. Juni: 475 (321
mäannl., 144 weibl.;, im Quartal vom 1. Juli bis 30. September: 328
(230 männl., 98 weibl.), im geſamten Halbjahr 803 (561 männl., 242 weibl.).
Betrachten wir uns dieſe Zahlen eiwas näber, ſo findem wir, daß
die Zahl der weibligen Anhänger ſich im
näbernd gleichgeblieben iſt. Der Abgang beträgt hier nur 8. Der BDer-
luſt entfällt in der Haaptſache auf die männlichen Abonnenten.
Aus dieſer ſc<on ſeit Beginn des Krieges beobachteten Tatſache ergibt
ſich der Schluß, daß. die durch den Krieg geſchaffenen Verhältniſſe gerade
die Agitation unter der männlichen Fugen.d beſonders erſchweren. Je
känger der Krieg dauert, je mehr die jüngeren Altersſchichten zum
Heere3dienſt eingezogen werden, um ſo ſchwieriger dürfte jich auch die
Siiuation unſerer Bewegung geſtalten, zumal, wenn. man bedenkt, daß
fich unter den älteren Jugendlichen zugleich auch die tüchtigſten und gae-
ſc<ulteſien Funktionäre befinden.
Indeſſen, wir dürfen uns nicht damit begnügen, dieſe Schwierigkeiten
zu konſtatieren. Cs3 gilt Hand anzulegen, um einem weiteren Rückgang
unferer Bewegung zu ſteuern! Zunüchſt müſſen wir unabläſſig bemüht
fein, jüngere Kräfte in die Jugendarveit einzuführen. Wird der eine
eingezogen, dann muß bereits ein anderer fo weit geſchult ſein, um an
jeine Stelle treten zu können.
feiten die Agitationsarbeit nicht zu vernachläſſiger. Wir müſſen
uns zum Ziel jeßen, ſoviel neue Anhänger zu gewinnen, daß die Zahl
Der Gerlorengegangenen dadurch ausgeglichen wird. Auf Grund einer
genauen Einteilung unſeres geſamten Arbeitsgebietes in Unterbezirke,
geordnet nac< Straßen und Hausnummern, iſt es möglich, die Agitation
auf eine fejte Grundlage zu ſtellen. Wir müſſen eine ſtändige Liſte
führen, in der fowohl die Adreſſen unſerer Anhänger al2 die der un3
noch - fernſtehenden Jugendlichen verzeichnet ſtehen.
neuer Anhänger gehört freilich oft Arbeit, aber dieſe darf im Intereſſe
der Sache nicht geſcheut werden. Mit der Agitation wenden wir uns jeßt
hauptſächlich an die jüngeren Schichten und an die weibliche
Jugend, weil wir hier die meiſte Ausſicht auf Erfolg haben.
Dringend erforderlich iſt es ferner, die hohe Zahl der verlorens
gebenden Anhänger eingzudämmen. Nur ein geringer Teil von ihnen
wird zum Heeresdienſt einberufen. Bei den meiſten ſpielen andere
Gründe mit, meiſt Intereſſeloſigkeit, manchmal aber auch perſönlicher
Zwiſt, Mangel an Zeit, mangelnde Ginſicht der Eltern uſw. Wir müſſen
„Wünſchen und Intereſſen Rechnung trägen.
diele
leöten Halbjahr an
Apokalypſe e '(griech.),
Legionär (lat.),
Sodann gilt es, troß aller Schwierig"
Retuſchieren (ſranz.),
: Vagant (lat.,
Zur Gewinnung
- Arbeiter Zugend
daher in |t ubiger Fühlung mit unſeren Anhängern ſtehen, ihren
Mancer würde nicht ver-=
lorengeben, wenn jich unjere jugendlichen Helfer "mehr um ihn be=
fümmerten. Dann gilt es, unfere Veranſtaltungen ſo auszu-
bauen, daß ſie dem jugendlichen Beſucher etwas vieten, damit er gern
wiederkommt. Kommt er aber nicht wieder oder fehrt er der Bewegung
den Rücken, ſo laſſen wir ihn nicht ohne weiteres laufen, ſondern ver=
'füchen, ihn zurüfzugewinnen, zu erforſchen, worauf denn ſein Aus3-
bleiben zurücdzuführen iſt. Kurz, e8 darf nicht3 unverfucht bleiben, um
unjere unzuverläſſigen Anhänger und Anhängerinnen, deren es troß
unſerer ſtändigen AgitationSarbeit naturgemäß immer eine erhebliche
Anzahl gibt, feſtzuhalten und zu überzeugten MUtlämpfern in der
proletariſchen Jugendbewegung zu erziehen! R. W.
LZ -
Die Kopfſarbeit.
Sonnadvend iſt's am Vormittag,
Der Paſtor geht und ſpintiſiert,
Denkt über feine Predigt nac
Und raucht und raucht und. meditiert.
Und wie ſich alles ſchon geſtaltet,
Allmählich rundet und entfaltet,
Steht jeine kleine Tochter da:
„Gib mir ein Bilderbuch, Papa!“
Der Raſtor hört's mit halbem Ohr,
Zieht aus dem Bort ein- Buch hervor.
Die Kleine bittet weiter noch:
„Nun zeige mir die Bilder doch!“
„Damit laß heute mich in Ruh',
Ich habe keinge Zeit dazu!“
„Was tuſt du denn?“ ſo ſpricht das Kin?
Fragluſtig, wie die Mädchen ſind.
„od ſted' in Arbeit überaus!
Laß mich allein und geh hinaus!“
Die Kleine. kann das nicht kapieren:
„Du gehſt doch immer nur ſpazieren
Und guſt dann in den Rauch hinein,
Das kann doch keine Arbeit ſein!“
„Ei, das verſtehſt dy nicht, mein Kind,
Du kleiner, naſeweiſer Tropf,
Ich tu die Arbeit mit dem Kopf.“ -
„Ach,“ ipricht die Kleine ganz geſchwind,
„Ach, mit dem Kopf, nun weiß ich's ja,
Ich ſeh' es doch: Du rauchſt, Papa!“
Heinrich Seidel.
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Offenbarung, Bezeichnung für das TeBte Buch des
Neuen Teſtaments die Offenbarung des Johannes. Apoka-
Lyptij< = nad Urt diejer Offenbarung dunkel, geheimniSvoll.
Eolith (vom griech. 6os = Morgenröte und lthos = Stein), Stein aus
- Der Vorzeit der Menſchheit.
Fluktuation (lat.),- häufiger Wechſel, Hin und Her.
Funktion (loat.), Gebraudewei e, Betätigung.
Impul3 (lat., Ton auf der GEndſilbe), Anjtoß, Beweggrund.
Inventar (lat., Ton auf der- Endſilbe), Befund, Beſtand.
Soldat einer Legion, eiwer HeereStruppe -- im Text:
der franzöſiſchen Fremdenlegion, der aus Ausländern gebildeten
franzöſiſchen Kolonialtrupve. .
Motto (ital.), Denkſpruch, Leitwort.
Phaſe (griech.), Entwicelungsftufe.
Rekonſtruktion (lat.), Wiederherſtellung.
nachbeſ) exn, Überarbeiten.
Univerſal (lat., Ton auf id ber "Ins ſilbe), allgemein, allumfaſſend.
Ton auf ider Endfilbe), Landfahrer, Landſtreicher.
on oOgnoCnhAaAGONNCOCOoCOCNnNCOoOonLNEOOaGONaCNONIOONODOOLICCOoNAaIoIAanan
: Neujahr 1916. -- Der geſellſhaftliche Charakter der
Muſik. Lon VW. Herold. -- Der Wohltätigkeit8bub. Von Friz Müller, Zürich.
Die Gelbiheibe. Von Oskar Wöhrle. -- Ein Univerſalinſtrument der
Urzeit. (Mit Abbildungen.) =- Baldamus im Weltkrieg. Von Franz Diederich.
-- Die ſchlimmen Buben in der Schule. Von R. B. --- Yus der Jugendbewegung.
-- Die Kopfarbeit. Gedicht von Heinrich Seidel. -- „Fremdwörter.
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| Verantwortlich für die Redaktion: Karl Korn = Berlag: Fr. Ebert (Zentralſtelle für die arbeitende Jugend Deutſchiands8). = Dru>: Vorwärts Buchdrucerei und
Voerlaa3anſtalt Raum! Sinaor & Co.
- Sämilich in Berlin.