210 . Rirbeiter- Jugend
mächtige D Dom de3 Himmels. Da erf wurde meine Bruſt weit allen Umſtänden vorzubeugen. E35 muß Jürſorge zetroffen wer-
und frei. O, ihr Glocken, möchtet ihr do< zur Stunde der den, daß entweder durch Staat oder Gemeinde oder dort, wo- es
Sahre3wende laut und jauchzend Der harrenden Welt den Frieden
verkünden! Frieden für die Tapferen im Felde;- „Frieden für
Vater und Mutter; Frieden-für Weib und Kind; Jrieden für die
arme, arme, zerrt) ſene und Zer wählte Erde! = +
n4 Jürgen Brand.
Die Lehrlingsfrage in der Kriegszeit.
AES iederholt konnte man in Fachzeitſchriften der Unternehmer“
während des Krieges Artikel leſen, die fich mit der Lehr-
lingsfrage beſchäftigten. Ale gingen aber nur Davon
aus, „daß der Mangel an tüchtigen,
für Induſtrie und Sandwerf für die Kriegö53 eit und die Zeit nach
dem Krieg eine fehr ernte Sache fei und daß man, unt Dieſen
WMeangel vorz abengen, ie Bt Ichon darauf bedacht 1 ein müßte, fitr ent=
;predenden Stachwuchs zu ?orgen“.
jelbit -- der Lehrling und ſeine wirtimaftliche
Stellung = wurde überhaupt nicht gewürdigt.
Und doch ilt gerade die wirtſchaftliche
das Eingreifen der berufenen Stellen, um entweder durc< Verord-
nungen vder durch Geſeß auf eine zeitgemäße Grundlage geſtellt
zU verden.
Beim Abſchluß keines einzigen Lehrvertrags wurde wohl da-
mit gerechnet, daß der Kriegs8zuſtand 10 lange“ dauern und Die
Teuerung 19 10 außergewöhnlich werden würde, In der Regel find
die Lehrverträge 19 abgefaßt, daß der Vertrag auf 3, 8% oder
4 Jahre abge) Grof en wird und der Cehrherr (im K Fleingewerbe)
fur den Unterhalt des Lehrlings auffommt, oder daß der Unter-
halt de3 Lehrling38 den Eltern obliegt und der Lehrling eine ge-
ring vemeſſene Entichädigung von 2 bis 5 Mk. die Woche, ſteigend
nut dor Dauer der Lehrzeit, erhalt. In fehr vielen Fällen laſſen
jich „vorſichtige“ Lehrherren auc< noh 160 bi38 400 Mk. Lehrgeld
zuhlen und geben dem Lehrling für jeine Arbeit3leiſtung über-
haupt nicht3, jo daß der Unterhalt neben den 9ohen Koſten ganz
den Eltern obliegt. War diefer Zuſtand 1I<on in Frieden3zeiten
fein idealer zu nennen, 19 iſt er ſekt vollfommen unhaltbar ge-
worden. |
Die Teuerung iſt ganz ungeheuer geworden. EZ
Rede davon jein, daß die Eltern, deren Einkommen ſich während
ICS Kricges in ſehr vielen Fällen nur wenig oder gar nicht ge-
hoben dat -- bei Taujenden iſt e3 bedeutend geringer geworden ---
in der Lage jind, den Un terhalt des lernenden Kindes n oc< in der
Weiſe zu beitreiten wie früher. Die Folgs iſt die, Daß zuerſt
ander Ernährunggelpart wird. Der heranwachſende
Menich wird unterernäh-t, die kommende GC Generation in der Ent-
widlung gehemmt -- vom volkswirt Ichaftlichen Standpunkt aus
ein Verluſt, der nicht mehr nzuübringen it. «Dei gilt es unter
Das Or<eftrion.
Von Karl Bröger.
22 ü0) um zehn Uhr find wir angeireten. Jet marſchieren wir immer
BE 100. Sech3 geſchlagene Stunden, ſiellt dex Gefreite Hückmann feſt,
Ä&.- „and „dazu brummt er eiwas von „jau uberen Dru“ und „ichön her=
eingeſ auſt |
Die [ekte Nacht waren wir in D. gelegen, in einer richtigen Kaſern
Jit ein ſchönes Dredloch geweijen, die Naferne, aber gepennt vat 8 n
Und vorher die HeB, Kinder, als die halbe Kompagnie in hnalſroten Soe
und mit den Vlechtöpfen auf den Schädeln in den Zimmern und Gängen
herumlie?!
Gefreiter Hüdmann denft eben an dieſe Heß, und während er den
Geländehut ſchwungvoll aufs linfe Ohr ;Hielt und dem gemein drüdenden
Nffen einen Rippenſtoß um den anderen verſeät, eniwi>elt er ſeinem
Nevenmann eine ſehr perſönliche Philoſophie über das zweierlei Tuch.
„Menſc<henstind, jo 'n franzöſiſcher Küraſſier i8 'n feines Ding. D
Kerle müſſen doch ausſichauen wie gemalt. Rote Doren, DÜ blauer Fra, der
gelbe Blech! . - » Wenn das Zeug's propper i38 . . . Menſchen3kind,
72h [ag Dir, das i3 ein Fummel.“ .
er Neſexviſt Pölz hat feinen Sinn für Schwärmerei. Er wiſcht ſich
zuchend den 'Schweiß aus der Stirn, ebe er Hü&mann anknurrt.
„Hör auf mit dem Schwefel! Lieber wär' mix, wenn die blödſinnige
Tippelei aufhören wollt'. J<& möcht was eſſen. Mir. fracht der Magen!
Cin Wunder! Den ganzen Tag nicht3 zu ſhlu>en als Kilometer! Davon
joll ein junger Menſc< ſchön ausfehn!“
Gefreiter Hü>mann bekräftigt dieſe kluge Rede durch eifriges Kopf=
niden.
teil, die Spißze ſchreitet noch geraumiger aUs, und da8 Tempo nähert ſich
immer bedenflicher einem Eilmarſch.
die Gewinnverhältniſſe des Unternehmers 'möglich
lafſfen, den Eltern der Lehrlingeein der Zeit ent-
Ipredenver finanzieller Zuſchuß gewährt wird.
brau<baren Arbeit5tkräften
Der Kernpunkt der Sache
Stellung de3 Lehrlings.
zurzeit eine vollkommen ungerecht fertigte und erfordert dringend
fann feine
Von einer Naſt iſt aber de3wegen nicht3 zu merken. Im Gegen- .
erſcheinen
| Dann fommt aber noh eine andere, fehr: wichtige Frage Hin-
„zu. Die Schußbeſtimmungen für die Ingendlichen Arbeiter ſind
Der Ausbeutungsluſt ge-
faſt alle vorübergehend aufgehoben.
ſie können mit
wiſſenlofer Lehrherren iſt keine Schranke geſeßt,
dem heranwadi enden Meni Ihen material in der unverantivort-
lichſten Weiſe wirtſchaften. Die Fälle find leider gar nicht fetten,
ivo gewiſſenloſe Unternehmer -- der Mangel an wirklich geeigne:
ten Arbeitsfräften erleichtert es ihnen noch -- eine Unzahl Lehr-
linge beſchäftigen und ausnußen. Betriebe ohne einen einzigen
Arbeiter, aber mit fünf, fe<38 bis zehn Lehrlingen find nicht allzu
jelien. Die Jungen werden mit Spezialarbeiten betraut, und in
einigen Wochen find ſie in der Lage, 19. viel wie ein Arbeiter 2
leiſten, der voll bezahlt werden müßte. Sie verdienen = für
den Unternehmer -- täglich hohe Summen, erhalten jelbit
aber faum einen roten Heller =- zum mindeſten nicht da3, was vine
nennen3werte CGnt ſchädigung genannt werden füönnte. Dbendrei
fommt hinzu, daß die Ausbildung der Lehrlinge eine vollig ein-
teitige bleibt. es al
R
Gewiß, anſtändige Unternehmer bedauern dies am
(ebhafteſten jelbtt, da ſie ja genau wiſſen, daß ein junger Wien)
nit einfeitiger Aus5ildung dem Handwerk oder dex Induſtrie
väter nicht allzuviel Feußen bri ingen ) vird. Aber nut Dem Be-
Mauern deſſen, wa3 iſt und vom einzelnen nicht geändert werden
Fann, it bei der Lehrlingsfrage nicht geholfen. E38 kommt ferner
hinzu, daß zurzeit die gewaltige Steigerung der Produttion an der
SeereSinduſtirie die Leiſtung von Ueberzeit=, Naocht- und Sonn-
tag3arbeit im Gefolge hat. Aberaudc, d afur,faſtaufder
ganzen Linie, keine Ent] hHhädigung Der Lehr
Linge! Der eingangs „nwähnte Zuſtand wird alfo noch be
deutend verſchlinmert. Der Lehrling, der ftait netiin oder zehn
Stunden, „1 bi3 zwolf und Dreizehn Stunden -- vielfach auch in
Akford -- beſchäftigt wird, braucht erhöhte Y cahrungs zufuhr. Aber
ivovon dieſe beſtreiten, mit welchen Mitteln? Das Einkommen
der lter. genügt ] ſchon nicht für gewöhnlichen Aufwand. u
Außergel vöhnliche3 iſt e3 überhaupt nicht ; zugeſchnitten. Dabei 11
der Weehrverbrauch an Kleidern 1100) gar nicht einmal in Bebau
geitellt, ebenſowenig wie die jeßt fo ho ge) itiegenen Preiſe der
Nleidung.
zun hat das jiellvertretende Generalfommando des 13.
(württembergif <en) Armeekorps in einem Falle im Februar Dd. IJ.
ſchon zu dieſer Sache Stellung genommen. Auf eine Be] <werde
der Verwaltung des Deutſchen Metallarbeiterverbandes im 9. 3;
zirk (Stuttgart) gegen eine Cannſtatter Firma wurde der Nor-
waltung der Beſcheid :
„daß der Firma die Auflage gemacht wurde, fämtlichen Lehrlingen den
ortzüblichen Tagelohn, abgeſtuft im Verhältnis der Zeit ihres Gintriits
„Wa3 i3 denn lo3 mit dem langhaxigen Luder im erſten Zug? Der
muß iwas von ancr Feldkfüch' erſchne>en, weil ex gar ſo draufdrüct. .
Auweh, Kamerad! Jit denn da drüben net der Kirchturm, den wir hont'
mittag ſchon gſehn ham ?"“.
Der Gefreite Hückmann hat in der Tat recht. Seit drei Stunden
rennen wir in einem großen Bogen um dieſen Kirchturm. JeBt ſind wir
glüflich wieder da angelangt, wo wir am Mittag ſchon waren.
Da3 Dorf &S. iit Verwundetenſammelplatz der Diviſion. Wie kommen
denn wir hierher? Sehr einfach: Wir ſind für vente DiviſjionSreſer92,
das heikt, wir müſen immer dort fein, wo man uns gerade brauen
ſollte. Darum dieſer Lauf wie der O<h3 im Göpel. .
„Halten! . . . Gewehre zuſannmenſjeßen! . Gepäd ab! . . . Bei
den Gewehren hinlegen! . . .“ |
icht alle Befehle jind ſ9 willfommen. Wir liegen im einem Garten
vor dem Dorfeingang. Auf dem Bauch, auf dem Nücen, auf der rechton
oder linfen Seite -- ganz näch Neigung oder Plazsgelegenheit.
„Menſchenskind, was dsſt Du nu ſchon wieder? Schläſit wohl nut
offenen Augen wie ein Haf?“
Jh wende mich univirich nach dem Gefreiten GüFmann um, weil ich
ſeine üble Gewohnzeit, die Worte durch ſehr derbe Piüffe zu unterſtreiche,
noch immer nicht vertragen iann.
Doch bevor ich ihm meine Meinung ſagen fann, richtet ſich HüFmann
plößlich aus ſeiner bequemen Bauchlage traf auf fahrt mit der Hand ans
Ohr und lauſcht angeſpannt in der Nichtung de3 Dorfes.
„Nube, "ED . . . Horcht doch mal! . . . Hört Sher nichts? .
Ja dem Neſt iſt Muſike. . . . Muſike, Kinder!“
Das Raden verftummt. Alle Geſichter wenden ſicß wie auf B
nad) vem Dorf. “
„Hücdmann hat recht. . . . Nu hör ich auch. . Gs muß Blechmutjitf
fein. . . . Wer iſt denn vor uns, Kinder? Unſere Regimenter haben doch-
3cfehl
' Feine Muſik dabei."