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Arbeiker- Jugend | | | | -
-Arbeitsverträge und Tarifverträge
Von A. Ellinger
I.
2) bwohl es im Wirtſhaftsgetriebe der Gegenwart faſt feinen
Y 7 Menichen gibt, der nicht de3 öfteren in jeinem Leben, tei es
*“ als Arbeiter oder al38 Arbeitgeber, in irgendeiner Form
Arbeitsverträge abſchließt, beſteht doch über Weſen und Bedeutung
dieſer Verträge vielfach no< Unflarheit. Nicht anders verhält es
ſich mit dem Tarifvertrag, der häufig fogar mit dem Arbeit3-
vertrag verwechjelt wird. Eine Darjtellung der weſentlichſten
Eigentümlichkeiten beider Bertragsarten wird .deShalb uniern
Lejern und Leſerinnen nicht unerwünfcht fein. Zunächſt etvas
über den Arbeit83vertrag.
Unter Vertrag verſteht man ein Recht8geſhäft, das zwei PWer-
jonen oder zwei Barteien nnteinander abichlicßen und aus dem,
wenn nicht entgegenſtehende Beſtimmungen im Vertrag jelbiſt
enthalten ſind, auf Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen
geflagt werden kann. Dor Arbeitsövertrag iſt ein Vertrag, durch
den einem andern eine beſtimmte Ware, nämlich die Ware Ar-
beit3kraft, gegen Entgelt überlaſſen wird. Er iſt mir mog-
lich in einer Wirtſchaft3ordnung, in der die Arbeit3kraft von den
Arbeitsmitteln, die jie zu ihrer Betätigung braut, getrennt iſt
und in der der Träger der Arbeitskraft, wenn er ſic) an den
Arbeit3mitteln betätigen will, dieje an den Beſißer ver Arbeits-
mittel verfaufen muß. Da die Arbeitsfraft „mit der Perſon des
Arbeiter3 eng verbunden iſt, ſo ſtellt dieſer bei der Erfüllung des
Arbeit8vertrages dem Beſißer der Arbeitsmittel bis zu einem
gewijjen Grade feine ganze Perjon zur Verfügung, während an-
derteit3 der Beſitzer der Arbeitsmittel nur mit ſeinem Bermögen
für die Erfüllung de3 Vertrages haftet.
Vorau3sjekung zum „Vertragsj<h! uß iſt beim Arbeitsvertrag
wie bet (ode andern Vertrag die per) NIE: Greiheit
unddie rechtliche Gleichheit der Vertrag? <ließenden. Im
Altertum, wo 23 eine freie Lohnarbeiterſchaft nicht gab, war der
Abſhluß von Arbeit3verträgen no< unbekannt. Die damalige
„gewohnliche“ Arbeit war faſt ausſc<ließlich Sklavenarbeit. Da-
mals war die Arbeit noch keine Ware, die der Sklave nach freiem
Ermeſßien verfaufen fonnte, vielmehr war der Stlaye ſelbſt eine
Ware, die durc< Kauf in den Bo jiß eine3 Herrn übBtging. Der
Sklavenhalter faufte nicht die Arbeits [1.4 it, aum nicht das
Arbeits produtt, jondern die Perſon des Sklaven. In dent
. Beſitz feines Herrn hatte der Sklave über ſeine Berſon nicht mehr
zu beſtimmen. Er war ein völlig recchtloſer Gegenſtand, ein Ar-
beit3mittel, ähnlich, wie das Pferd des Bauern heute ein Arbeit3-
mittel itt. Auch die mittelalterlichen Leibeigenen konnten ihre
Arbeitskraft nicht frei verkaufen, weil fie ſelbſt unfrei waren und
zum Grund und Boden gehörten. Kraft der Erhuntertänigkeit
war der Leibeigene zur Dienſtleiſtung für ſeinen Herrn einfach
verpflichtet. Die Arbeit war alſo damals fein R e FZ t 3 verhältni3,
perjönliche Freiheit,
ſondern ein Gewaltverhältni3. Selbſt den mittelalterlichen
Handwerk3geſellen waren durd< die behördlichen Lohntaxen- für
Lohnver einbarungen mit ihren Meiſtern enge Schranken gejeßt;
wer fich gegen die Lohntaxen verging, wurde ſtreng beſtraft.
Das Bedürfni8, Arbeit5verträge abzuſchließen, machte ſic)
erſt geltend, als mit der Entwicklung der modernen Wirtſchaft3-
weiſe die Arbeiterſchaft in immer größerem Umfang von den Pro-
duttion3mitteln, den Maſchinen, Fabriken, dem Grund und Bo-
den getrennt wurde, als neben den Kapitalbeſißern eine immer
ſteigende Zahl eigentumslojer Broletarier heranwuchs. un
wurde die Arbeitskraft zum einzigen Beſitz de3 Proletarier3 unv
fie niußte an den Beſißer der Produktionsmittel gegen Ent gelt
verfauft werden, damit ſie überhaupt angewandt werden und
ihrem Eigner, dem veſiklofen Arbeiter, den Leben3unterhalt ver-
ſchaf? Ten Fonnte. Zum regelrechten Verkauf diefer Ware bedurfte
es aver der perfönlichen Freiheit und der rechtlichen Gleichheit des
Arbeiter8 mit feinem Arbeit3bherin. Jn den Revolutionen des
17. und 18. Jahrhundert3 wurden dieſe Bedingungen verwirklicht.
Nun gab es weder Sklaverei noc< Leibeigenſ<aft mehr; alle Men-
jen waren Teel und gleich. Dem Berkau7 der Ware Arbeitstraſt
und dem Avbichluß von Arbeitsverträgen ſiand nichts mehr im
Wege.
Die erſte Form d2e8 Arbeitä3vertragc3, oder vielmehr deſſen
Vorgänger, war der Werkvertrag. Das iſt ein Vertrag, bei
dem jemand den Auftrag befommt, einen Gegenſtand Fegen Cni-=
gelt herzuſtellen. Bein Abſchluß des Werkvertrages wird nicht
die Arbeits kraft, ſondern 9a3 Arbeits produ lt vsrfaufi.
Einen Werkvertrag hließt 3. B. ein Bauberr ab, der einen Bau
unterneginer zum Bau eine3 Hau)es verpflichtet, aber auc der
Schneidermeiſter, der ſeinem Kunden auf Beſtellun; J einen Anzug
liefert. Zum Abſhluß eine3 Werfvertrage3 iſt nicht mir die
jondern aud) eine gewiſſe wirtſchaftliche
Selbſtändigkeit erforderlich. Ein beſiklojer Proletarior, der weder
Kapital noh ſonſtige Arbeitsmittel hat, fann einen Werkvertrag
nicht abſchließen.
Eine viel umfaſſendere Bedeutung im modernen Wirtſchafi3-
leben hat der Arbeit3vertirag Auf Arbeit3verträgen Hbe-
ruht die geſamte Warenproduktion, die gewerbliche Arbeit, beruht
Handel und Dere vie die Ausübung der Künſte, füurz, die
ganze kapitaliſtiſche Wirtic<haft. Unter den Arbeitsvertrag falls
Die Ardeit des Dienſtmannes der dir Deinen Koffer vom Bahnyo9of
trägt, wie die Arbeit des Fabrikdirektors, der gegen ein Gehalt
von hunderttaujend Mark im Jahr die Beſißer einer Fabrik ver-
tritt und in ibrem Auftrag mit Taufenden von Arbeitern eben-
falls wieder Arbeit3verträge abſchließt. Unter den ArbeitS5vertrag.
fallt die Arbeit des Sandwertsgeſellen wic des Fadbrifarboriers,
des Dienſimädhens wie der faufmänniſhen Angeſtellten, die
Tätigkeit des Schauſpieler38 wie die des länditichen Tageiohners,
Veillionen und Abormtiliionen Menichen ſchließen UrbeitSverträg?
weil ſie ihre Arbeiiskraft verkaufen mütien, um leben 31 fönne it
Eine Winterwanderung.
Von C. A. Seidel. (Fortſekung.)
"Zebyach dem Kaffee brach iM auf und fekte meine Reiſe in der Nichtung
H & nach Oſchaß fort. Während der Nacht hatte e3 geregnet, und auf
Y OC den Straßen ſtand Waſſer in den Fahrrinnen und Pfüßen.
Gs wehte ein Falter Wind, doch die Sonne ſtrahlie zuweilen recht
freundlich durch die zerriſſenen Wolken und wärmte die Wanderer, die
die Landſtraße beiebien. J< wanderte auch heute wieder allein; doch
nahm ich mir vor, nun das „Fechter“ mit Ernſt zu betreiben. Dem
„Herrn“ durfte ich natürlich nicht mehr ſpielen, wie am Tage vorher,
ſonſt wäre mein bißchen Geld bald „alle“ geworden, und der Winter
war noch lang. ,
Draußen vor der Stadt lag eine kleine Gärtnerei. Das ſ<mucde
Wohnhäus<en ſtand dicht an der Straße. J<d<H ging durch den ſchmalen
Vorgarten in da3 offene Hau3 und fand die Tür zum Wohnzimmer
nur angelehnt. Beſcheiden klopfte ich an, aber niemand antwortete.
I< klopfte ſtärker, doch alles blieb till.
Da ich nicht ohne Grfolg d23 Hau3 verlaſſen wollte, öffnete ich die
Tür und ſah mich im Zimmer um: e38 war kein Menſ<h darin. Doch
auf der Kommode zwiſchen den beiden Fenſtern lag unter dem Pfeiler-
ſpiegel auf der bunten De&e, zwiſchen allerlei NippeSſachen, ein ſchwar-
ze8, didgefülltes Portemonnaie.
„Donnerwetter! Das Geld ſo leichtſinnig liegen zu laſſen! Wie
leicht fann es geſtohlen werden,“ ſchimpfte ich innerlich, nahm meinen
Knotenſto> und klopfte re<ht kräftig gegen die Tür. Aber nichts regte ſich.
Ih klopfte noc einmal, aber e3 blicb ſtill. „Wie leicht kann man hier
aum Diebe werden!“ dachte ich, ſchloß ärgerlich die Tür und verließ
das Hau3; kein Menſc<h licß ſich erbliken.
So wanderte ich denn weiter. Im nächſten! Ort faßte ich mir
7 wieder cin Herz und klopfte an einem kleinen Häus<hen an. Eine junge,
- Landſchaft.
blondhaarige Frau mit einem roſigen Kindchen auf dem Arm öffnete
und holie a.13 dem Glasſchranf, dex im freundlich eingerichteten, ſon-
nigen Zimmer ſtand, ein großes Stü> Napfkfuchen, ſchenkie es mix und
ſchnitt meinen Dank mit einem freundlichen Kopfnicken ab. Nie werde
ich die freundliche Madonna mit dem Kinde auf dem Arm vergeſſen.
Nachmittag3 wanderte ich an eincr Fabrik vorbei, einer mechaniſchen
Spinnerei und Weberei. Links und recht8 der Landſiraße war ein
junger Tannenwald, deſſen Duft die Luft erfüllte. I< atmete den
Tannenduft in tiefen Zügen ein und bemitleidets die Arbeiter und
Arbeiterimnen, die .in die Fabrik geijperxrt waren und die klapperndcn
Maſchinen bedienen mußten.
Von der Fabrik kam, in Gedanken verjunken, langſam ein be=
bBäbiger Herr im ſchwarzen Gehro> dahergegangen und Jog mit Behagen
die friſche Luft ein. E3 mußte der Beſiker ſein. Ohne Gruß gingen
wir aneinander vorbei und muſterten uns gegenſeitig mit auſmerffjamctin
Bliden. Ich betrachtete mich als ven Glüclicheren von un3 beiden,
denn ich war jung, mein Bündel war leicht, Sorgen hatte ich feine, und
an der gegenwärtigen Stunde konnte der Fabrikant auch keinen ( grüöße=
ren Genuß haben als ich.
So zog ic< rüſtig meine Straße und freute mich an der ionnigen
Einen guten Steinwurf von der Straße enifernt ſtanden
zwei Rehe äſend im Winterkorn. Al3 ſie mich witterten, ſpißzten ſie die
Ohren, und -- huſch, huſc< = waren fie mit ein paar Säßen im dunklen
Jorft verſchwunden.
Oſc<haß erreichte nod vor Sonnenuntergang. Bei einem Bäcker
Fopfte ich an. Des Meijter3 Töchterlein gab mir raſch etwas weißes
Gebä> und warnte mich vor dem Bäcker am Ende der Straße; der hole
die Polizei.
Da ich no< Geld hatte, ging ic in emen Fleiſherladen und ver-
langte, wie ich es als Schuljunge oft getan hatte, für fünf Pfennig
LElutwurſt, = „Was ſoll man denn für fünf Pfennige geden?“ ſragie