Full text: Arbeiter-Jugend - 10.1918 (10)

ſchbew dem Waldgeiſt und Rübezahl, ſowie- zwiſchen dem alten Ghepaar 
und der Fee, brachten den Sinn des Stü>e3 Uar zum Aus8dru. Auch 
die kunſtvoll Hhergerichtete Walddekoration trug nicht unweſentlich zum 
Gelingen der Aufführung bei. Mit zwei prächtigen Liedern des 
Männerc<ors fand die glänzend verlaufene Veranſtaltung ihren: guten 
Abſchluß. * eO. 
Aus unſerer Verluſtliſte. 
Au38 Frankfurt a. M wird uns geſchrieben: Zu den ſchon cr- 
wähnten Verluſten der Frankfurter Arbeiterjugend kommen leider vier 
weitere hinzu. Paul Schönberg, Georg Schlapp, Morißz 
Maykows35ky und Frit Menzer mußten ihr junges, für unſere 
Sache glühendes Leben auf dem Schlachtfeld laſſen. Damit ſind wieder 
vicx unſerer Beſten von uns geſchieden. Sie alle zogen hinaus, nicht aus 
Begeiſterung für dear Krieg, jfondern dem harten Muß gehor<hend. Jhre 
cingige Hoffnung war, geſund wieder zurüFzukommen, um daun in den 
Reihen ihrer Arbeitsbrüder mitzukämpfen für die Sache der Freiheit, 
de3 Recht8 und der Menſc<lihfcit. Leider ſollte auch dieſe Hoffnung 
im Keime erſtickt werden. 
den Geſchiedenen ein treuc8 Andenken bewahren und in ihrem Geijte 
weiter wirken, indem ſie die LüFen, die das fürchterliche Völkerringen 
in unſere Reihen geriſſen, mit vermehrter Hingabe und Opferwilligkeit 
zu füllen beſtrebt iſt. = An dieſer Stelle ſei auch unſeres iieben unver 
geßlichen Genoſſen und älteren Bezirfsle;ter8s Wilhelm Freycrs 
gedacht, der jekt ſchon leider drei. Jahre vermißt wird. Er verjtand es, 
wie kein zweiter, die Herzen der jungen Kameraden zu gewinnen. Allen 
war ex ſtet3 ein wahrer Freund und Berater, und ſie werdon in Liebe 
ſeiner gevenfem, x». E. AL 
Aus Magdeburg wird uns geſchrieben: Die Arbeiterjugend 
Magdeburgs, Bezirk Sudenburg, iſt wieder vow einem ſc<hworew Verluſt 
betroffen worden. Der Jugendgenoſſe Willi Bauerſa> ijt im 
Weſten am 18. Auguſt dem Weltkrieg zum Opfer gefallen. Ein junges, 
tatenfrohes Leben ging mit ihm dahin. 
Che er zum Heeresdienſt eingezogen wurde, war er unſer Bezintks- 
jugeidobmarnr im Bezirk Sudenburg und als ſolche3 eines der cifrigjton 
und tätigſten Mitglieder. Seinem hexvorragenden geiſtigen Streben 
verdankte ex es, daß ar von ſeinen Alter8genoſſen als Führer betrachtet 
wurde. So wurde er uoch kurz vor ſeiner Einberufung zum Heeres- 
dienſt als Delcgierter des Bezirks Sudenburg zur Jugendkonferenz des 
Regzierung3beziik8 Magdeburg entſendet. Es jollte die letzte Tätigkeit 
ſein, die er für die Arbeiterjugend ausübte. Vor vier Wodcten, als er 
auf Urlaub in der Heimat anweſend war, nahm er noch an der erzten 
Zufammenkunft der Arbeiterjugend Sudenburgs 1eil; dadurch lernte 
ihn «auch unſer jüngjter Nachwuchs fennen. =- Nuw ruht er fern in 
Frankreichs Erde. Dafür wollen wix anderen deſto eifriger für dic 
Jugendſache „avbeiten, und ſo dem verſtovbenen Genoſſen die beſte Treue 
bewahren, indem wir nach feimean Denken handeln. O. EF 
SB Zur wirtschaftlichen Lage 
Die Bergarbeiter gegen den Sparzwang, 
Seit dem 1. Juli beſteht in Elſaß-Lothringen der geſckliche Spar- 
zwang für Jugendliche. An junge Arbeiter und Arbeiterinnen (unter 
18 Jahren) dürfen von ihrem Lohn wöchentlich nicht mehr als 
24 Mark ausbezahlt werden, Den Behörden ſteht aber die Möglichkeit 
der Befreiung einzelner Jugendlicher vom Sparzwang zu. Gegen den 
Sparzwang hat ſich nun die Bezirkfsleibung des Chriſtlichen Bergs 
arbeiterverbandes3 in einer ſehr entſ<iedenen Eingabe an dem 
Oberbefehls8haber Herzog Albrecht gewendet. E38 heißt darin: 
„Bei den Koſten der heutigen Leben8haltung und bei den An- 
forderungen, die im Bergbau an die Arbeitskraft geſtellt werden, iſt 
es dem jugendlichen Bergmanne gantz unmögli<, von 24 Markt 
Wochengeld auskömmlich. zu leben. Der alleinſtehende junge Berg- 
arbeiter wäre gezwungen, Schulden zu. machen, der noch in ſeiner. 
Familie lebende junge Mann wäre auf die Unterſtüßung durch ſeine 
Angehörigen angewieſen, 
Nun müſſen aber die meijten jugendlichen Bergarbeiter mit 
ihrem Lohne zu dem Unterhalt ihrer Angehörigen beitragen, Denn 
vbgleich wärend des Kriege3 der Lohn ziffernmäßig geſtiegen iſt = 
ſo iſt do% infolge der foloſſalen Teuerung der Reallohn geſunken, 
Die Bergleute mit ihren: zumeiſt großen Familien können heute 
Ihlechter dur<kommen al38 vor vem Krieg und ſind auf die Verdienſt- 
hilfe ihrer erſten Söhne direkt angewieſen. Ferner gibt e3 wiele 
Familien, denen durch Militärdienſt, Invalidität oder Tod der Vater 
als Ernährer fehlt, und die nun von dem Einkommen jugendlicher 
Bergarbeiter leben. In all ſolchen Fällen weirden neben den Jugend» 
lichen ſelbſt auch deren Angehörige dur den Sparzwang hart 
getroffen. Das wird um ſo mehr empfunden, da der Erlaß der 
Jugendverordnung - zeitlich zuſammenfällt mit der Ankündigung 
höherer Getreide- und Brotpreiſe.“ 
. Falls troß dieſer Bedenken dex Sparzwang aufrehterhalten bleiben 
ſolle, wird vorgeſchlagen: 1. „die Grenze der Lohnſumme, die 
dem Sparzwang entzogen bleibt, weſentlich zu erhöhen; 2. in 
allen Gemeinden aus geeigneten Perſönlichkeiten (3. B. Geiſtlichen, 
Lehrern, Vertrauensleuten der Arbeiterorganiſationen uſw.) Jugend - 
au3sſ<hüſſe zu errichten und dieſen maßgebenden Einfluß auf das 
Schidſal der Befreiungsanträge einzuräumen“. | 
„Zur Begründung dieſer leßten Forderung wird bemerkt, manche 
: Bürgermeiſtereien zeigten einen derartigen Mangel an ſozialem 
Sinn, daß ihnen ein entſcheidender Einfluß auf die Beurteilung der 
Vefreinngsanträge nicht zugebilligt werden dürfe, | 
. =- 9 
 
X. 
wee 
Fn | Arbeiter-Jugend-/ = - 
Die Frankfurter Arbeiterjugend aber wired 
& 
im 
  
ROSH 
01 
 
 
 
  
  
DC Die Gegneran derArbeit 
ALU R: 
DSL 
Parteikampf um die Jugend. 
„Es wird nach dieſem Krieg einen heiſen Konfurrenzfampf unter 
dcn Parteien geben. Diejenige Partei wird Siegerin werden, die dec 
Jugend hinter ſich hat. Sorgen wir aufrichtig und mit aller Tatkraft 
und Zähigfeit für gceigneten Nachwau-h8!“ 
Mit dieſen oft gehörten, aber nie zu oft gebrauchien Mahntworicn 
wird iw der „Kölniſchen Volfszeitung“ (Ne. 548) zur Jugewdarbeit für 
die deutſche Zentrumspartei aufgerufen. Die katholiſche Jugend ater 
Klaſſen ſoll der Zentrumspartei eingegliedert werden. Den Studen- 
ten und der Arbeiterjugend cailt ein beſonders dringlicher Ruf. 
Dabei wird der arbeitenden Jugend die aufmunternde Schmeichele1 ge- 
jagt: „Die Erfahrung lehrt, daß unſere Arbeiterjugend auf polit!- 
Ichem und. ſozialem Gebiet lange nicht j9 viele Janoranten (Nichtwijſſjcr) 
ſtellt wie die gebildete Jugend.“ Das mag fein; es bleibt aber 
troßdem wahr, taß auch in der Arbeiterjugend noch unendlich viel po- 
litiſche Unwiſſenbeit herrſcht. Wäre <s anders, jo würden nicht Millio- 
ven junger Arbeiter und Arbeiterinnen politiſch ganz gleichgültig ſeim 
und ivürden nicht viele Tauſende junge Arbeiter Parteien. unierſtüßen, 
die der Arbeiterklaſſe hartnäckig die volle politiſche und foziale Glrich- 
ferechtigung verweigern. | 
Zu den Parteicn, die die kapitaliſtiſche Klaiſengeſellſichaft mit ihrer 
unvermeidlichen Unterdrükung und Ausbeutung verewigen wollen, ge- 
hört in38beſondere die deutſche Zentrumspartei, Sie lehrt, die Standes- 
und Klaſſenunterſchiete, Reichtum und Armut umd damit hie Ucberfluß 
und dort Not feicen göttlich gewollt; die kapitaliſtiiche Wirtſchaft jei eine 
göttliche Weltordnung. 
Einer ſolchen Partci kann fich kein junger. Arbeiter zuſchworen, dex 
für die volle Befreiung ſeiner Klaſſe wirken will. Und die jungen Ar- 
beiterinnen? Sie haben in der Zentrums8partei wie in den allermeijten 
übrigen bürgerlichen Parteien überhaupt keine Rechte. Das Zenirum 
will den weiblichen Staatäbürgern auch kein Wahlrecht gewähren. 
Unſere freie Jugendbwegung ſteht wicht im Rartcikampf, aber fie 
  
will die jungen Burſchen und Mädchen inſofern politifieren, ala fte ihnen 
das geiſtige Rüſtzeug vermittelt, das zur ÜUneignung einer politiſchen 
Ueberzeugung notwendig iſt. Wer von unſeren Fugendgenoſſen und «it- 
gendgenoſſinnen fleißig lieſt und nachdenkt, wird bald wiſſen, wo im 
Parteifampf ihr Platz iſt. Sicher nicht in dex deutſchen Zentrums- 
partoi, * 
70 Jahre evangeliſche Jünglingsvereine. 
Der evangeliſche Weſtdeutjiche Jünglingsbund beging in Elberfeld- 
Barmen ſeine T0jährige Jubelfeier. Wie es mit der WMitglieder- 
bewegung de38 Bundes |1teht, iſt aus den Feijtberichten und den zahl= 
reichen zFeſtpredigten nicht zu ſeven. Es ijt nur immer von Lob und 
Danf und Preis die Rede. Jeder habe meriiich ſpüren können, „daß 
der Derr mit ſeineimn Segen unter uns war", 
Wiele Vergleiche wurden zwiſchen dem roten RevolationSjahr 145 
und dem fünften Jahr de3 Weltkriegs gezogen. Damals wie hette 
ging der „Geiſt au38 dent Abgrund“ dur die Welt, um die Herzen 
der Jugend dem Herrgott zu eutfremden. Aber der liebe Gott kann 
ruhig ſein, denn die evangeliſchen Jünglingsvereine werden die aus 
den Fugen gezogene Welt ſchon wieder beſtens reparieren. . 
Wie fie ihr großes Rettungswerk betreiben wollen, das iſt für den, 
der einſtweilen noc< nicht von ihrem Licht erleuchtet iſt, etwas dunkel. 
Man hört nur, daß die Jugeud vor dem herrſ<enden Geiſt der Zucht- 
und Gottloſigkeit, der Auflöſung und Unzufriedenheit bewahrt werden 
foll. Statt aller Neuerungen foll! der Fugend Je] us gebracht werden. 
Die Konkurrenz der anderen Jugendvereine kännte die cevangeli- 
ſchen Jünglings8bündniſſe „verführen“, ſich auch etwas zu moderniſieren. 
Davor wurde auf der Jubelfeier nachdrücklich) gewarnt. Die „altbewähr- 
ten, geſegneten Bahnen der Väter“ dürften nicht verlaſſen werden. 
Damit verrammeln ſicß die evangeliſchen Zünglingsvereine auch 
für die Zufunft den Weg zum Erfolg. Die katholiſche Konkurrenz ver= 
ſteht den Jugendfang. viel beſſer, indom ſie durc<h allerlei moderne Lo>- 
mittel die Jugend heranzuholen ſucht, 
* 
Halb ſo wild, Herr Leutnant! 
Der Jugendfompagnie in Behrenborſtel j<heimi es ſchlecht 
zu geben. Die jungen Burſc<en haben beine Luit zum Kompaanie- 
exerzieren. Darum will ſie dex Jugendkompagnieführer Roggenthien, 
ein Leutnant der Reſerve, mit ſchre&haften Drohungen heranholen. 
So ſ<hrieb er, wie der Hannoverſche „Volkswille“ berichtet, einem 
Jugendlichen: 
„Rach der Verfügung dcs Krieg3miniſteriums werden Sie auf- 
gefordert, in die hieſige Jugendkompagnie 246 einzutreten. Leiſten 
Sie der Aufforderung nicht bis zum 31. Auguſt Folge, ſo werden Sie 
ohne Rückſicht auf Reklamierung zum Hilfsdienſt 
na<h außerhalb eingezogen.“ | 
Ein anderer Jugendlicher, der der Jugendkompagnie ſchnöde fexn- 
geblieben war, erhielt von dem Herrn Reſerveleutnant dieſen Drohbrief: 
„Vielleiht wiſſen Sie noh nicht, daß wir Führer die Jung- 
mannen, die zu den Uebungen ſehr unregelmäßig oder überhaupt 
nicht fommen, der Behörde melden ſollen, die die ſofortige 
Ginziehungzum Militäroderzum Hilfsdienſt nach 
außerhalb, möglichſt nach der Grenze, veranlaßt.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.