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Arbeiter» Ingend
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ine ganze Anzahhanſerer Feldgrauen iſt im Verlauf der Krieg8-
zeit dur< den Balkan, und no< darüber hinaus ims eigent-
lihe Morgenland, hineingekommen. Mance3 Fremdartige
haben ſie dort zu ſehen bekommen, manche eigenartige Sitte kennen-
gelernt. Da wird ſicherlich auch den Daheimgebliebenen das eine
oder andere intereſſieren, was ſeinem Freund oder Verwandten in
Uniform begegnet iſt. Und zu dieſem Fremdartigen gehören in erſter
Linie. die Art, wie man in einem Hauſe aufgenommen wird, wenn
man einen kurzen Beſuch abſtattet, und der Gruß. vn
. Ein Händeſchütteln, wie das bei uns zu Land Üblich iſt, kennt
der Orientale nicht. Eine gewiſſe Würde iſt von ſeinem ganzen
Weſen untrennbar. Sein Gang iſt gemeſſen und bedächtig. Seinc
Bewegungen ſind natürlich, doch frei von jeder Temperaments-
beeinfluſſung: Seine Worte ſind gewählt, ganz in blumigen Ver-
gleichen gebalten, Jelten überſtürzt und über das Ziel ſchießend.
So ernſt ſein ganzes Weſen geſtimmt iſt, niemals wird es finſter
oder verbittert wirken. Denn er iſt beſtrebt, ſich eine goldene
Heiterkeit zu wahren, ſich nie von den Geſchehniſſen fortreißen zu
laſſen, weniger im Leben, als üb er dem Leben zu ſtehen.“ Ueber-
all wo der Nichtmorgenländer mehrere Menſchen beieinander trifft
=- in der Bahn, auf dem Markt, im Kaffeehaus --, wird es Ein-
druck auf ihn machen, wie ruhig und leidenſchaftslos3 ſich die Leute
bewegen, die anſcheinend nichts aus ihrer Faſſung zu bringen ver-
mag. Entſchieden wirkt das Gehabe des Weſt- und VPittol-
europäers beweglicher, impulſiver, nervöſer.
Orientale. Seine Formen ſind gemeſſener Art und weniger
vertraulich. Das mag in einem gewiſſen Mißtrauen begründet ſein.
Weiß man do<ß zum Beiſpiel von gleicßfal8 mohammedaniſchen
nordafrikaniſchen Wüſtenſtämmen, daß ſich ihre Angehörigen in einer
Weiſe begrüßen, al38 wollten ſie zum Zweikampf ſchreiten, daß ſie ſich
nict nur äußerlich, die Waffen in der Hand, in hokender StellunJ
belauern, ſondern ſolange Gruß und Gegengruß in beſtimmten
Formeln fortſpinnen, bis ſie ſich überzeugt haben, daß der des Weges
Kommende keinerlei böſe oder hinterhältige Abſichten hegt. Ganz
ähnlich, nur in erheblich gemilderter Form, geſchieht das heute noch)
im europäiſchen Morgenland. | |
Begegnen zwei gute Bekannte einander, dann machen ſie zu-
nächſt das „Temena“, d. bh. ſie führen die rechte Hand erſt zur Bruſt,
dann zum Munde und ſchließlich zur Stirn. Dieſe möglichſt würde-
voll ausgeführte Pantomime foll bedeuten: „J< grüße dich von
: ' Herzen, drüde dies mit dem Munde
aus und erweiſe dir dieſe Ehre
mit meinem vollen Verſtande.“
Der Jüngere muß dabei beſtrebt
ſein, mit dem Gruß den Anfang
zu machen und möglichſt unter-
würfig zu ſagen: „Salem aleikum“
(„Friede ſeimit dir“). Der ältere ant-
wortet darauf: „aleikumnu salem“
(„Auch mit dir ſei Friede!) Nun
erſt folgt der Teil. der Grußes,
der die eigentliche Tage3zeit in ſich
ſchließt und lautet: „Sabah hai-
rolla“ („Glüklichen Morgen“),
worauf als Antwort erfolgt:
- „Allah razosun“ („Gott gebe ihn
dir!“). Mittags grüßt man:
„Merhaba“ („Sei gegrüßt!“);
dieſer Gruß wird beantwortet mit
„aleilkumu merhaba“ („Sei auch du
gegrüßt!“). Und am Abend ſagt
man: „Aksam hairolla“ („Guten
erze. 2 Abend“); der Gegengruß lautet
ew 3 in dieſem Falle wieder ebenſo wie
'8-,; am Morgen: „Allah razosun!“
Nicht nur die. mohammedaniſchen
Glaubensgenoſſen grüßen in dieſer
Art; auch den Nichtgläubigen be-
gegnet man in der gleichen Weiſe.
Nur ſieht man es von dieſen nicht
gern, daß ſie mit dem Worte
„Merhaba“ antworten, das au
ihnen gegenüber niental3s ange-
wendet zu werden pflegt.
Die Kopfbede>ung (Fez oder
Turban) ſpielt beint Gruß des
mohammedaniſchen . Orientalen
niemals eine Rolle; ſie wird weder
?j auf der Straße, noch im Gotte3-
Nn „In hauſe, noh im Privathauſe jemals
Mohammedaniſcher Südſlawe. abgenommen. Zm Gegenteil: es
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Ganz anders der '
Gruß und Bewirkung im europäiſchen Morgenlande.
würde als eine Verſpottung oder eine ſchwere Beleidigung au-
geſehen werden, wenn ein Gläubiger vor einen anderen Gläubigen
jemals ſeine Kopfbedekung auch nur ein ganz klein wenig zu
lüften wagte. * .
Betritt nun der Morgenländer ein Kaffeehaus oder ein Privat-
haus, ſo ſetzt er ſich erſt einmal ruhig nieder, ohne ein Wort zu
ſprechen. Dann erſt grüßt er die Anweſenden mit „Salem
aleikum“. Er bekommt nun die übliche Allgemeinantwort und erſt
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Im | fürfiſchen Biertel.
hierauf den perſönlichen Gruß (Merhaba NN. N.). Jeder einzelne
grüßt ihn auf dieſe Art, und er hat ihn in der gleichen Weiſe wieder-
zugrüßen, d. h. das Merhaba mit den Namen der anweſenden Per-
ſonen zu verbinden.
Die * Verabſchiedung erfolgt mit einent einfachen „Ejvallah“
(„Zu guter Stunde“), was mit „Ejsahadille“ („Gebe nit Glück“)
beantwortet wird. Das iſt auch der: Gruß, der bei größeren Reiſen
Anwendung findet. Denn ſelbſt bei Pilgerfahrten nach Mekka wahren
die ſich Verabſchiedenden immer die äußere Ruhe, Nach mohainnie-
daniſcher Auffaſſung wäre es ja auch völlig unangebracht, ſich durc
irgendwelche Hoffnungen oder Befür<tungen in Aufregung bringen
zu laſſen, denn das Leben des Gläubigen ſteht in Allahs Hand;
en Crgehen iſt in dem Buch des Schicfals unabänderlich vorgo-
zeichnet. | |
Gewiſſe Gruß- und Willkommenformalitäten haben ſich troß
dieſes aus8geſprochenen FataliSmus natürlich denno<h auc< im euro-
päiſchen Morgenlande ausgedildet. Schon die recht unſicheren Wege-
verhältniſſe haben da eine Nolle geſpielt. Zu manchen Zeiten war
das Reiſen im Balkan. kein Kinderſpiel. Bei den mohammedaniſchen
Südſlawen hört man bei dieſer Gelegenheit zum Beiſpiel auch heut2
noch die Grußformeln „Dobro dosao“ („Mögeſt du gut gekommen
ſein!“); auch fragt man den Seimgefehrten“ noch: „Zdrawo:?“
„Mirno?2" („Biſt du ruhig gereiſt?“ Wie geht es dir?“) Aehnliche
Fragen nac< dem Befinden zu ſtellen, gehört überhaupt zum guten
Umgang8ton im Morgenlande. /
'Beſonder3 ehrwürdige und alte Leute begrüßt man im Orient
dadur<, daß man ſich bei ihrem Nahen lautlo38 von ſeinem Sit er-
hebt und ſtill ſtehen bleibt, bis der alſo Geehrte vorübergegangen iſt
oder den Gruß in irgendeiner Art erwidert hat; erſt dann ſekt man
ſich wieder lautlos nieder. Iſt die Geſellſchaft, auf die man ſtößt,
religiv8 gemiſcht, ſo begrüßt der Mohammedaner imnier erſt ſeine
Glaubens8genoſſen, mögen ſie au) no< ſo arme und geringe Leute
ſein; dann erſt wendet er ſic an die Anderö3aläubigen. “ |
Aber nur Männer grüßen einander. Als eine Unziemlichkeit
und Ungeſchielichkeit ſonderö8gleichen würde e8 angeſehen werden,
wollte ein Mann eine Frau begrüßen. Dice tief verſchleierte, auf
der Straße dahineilende Frau darf nicht nur nicht angeſprochen
und gegrüßt, ſondern aud) nicht einmal angeſchaut werden. Als
ein Verbrechen, das ſi< gar nicht wieder gutmachen ließe, würde
es gedeutet werden, wollte man ihr auf offener Straße, wenn auch
in der höflichſten Form, in den Weg treten. Und gegen gute Sitte
und Herkommen verſtoßend wird es auch betrachtet, erkundigt man
ſiHh bei einem Manne nach dem Befinden: ſeiner Frau, ſeiner
Mutter, ſeiner Schweſter oder ſeiner Töchter. Die Abgeſchloſſenheit
der Welt, in der ſich die mohammedaniſche Frau bewegt, darf auch
durd) einen reinen formellen Höflichkeit8akt in keiner Weiſe gelüftet
werden. Frauen untereinander begrüßen ſich natürlich auch, und
zwar meiſt in recht weitſchweifiger und herzlicher Art. Den Gruß
'auf der Straße meiden aber auc<h ſie. Nur in den Harems geben
5.