Full text: Arbeiter-Jugend - 10.1918 (10)

nachweis mit. Er bekam auch eine Stelle nachgewieſen, 
- 4 - 
x= 
158 . 
Im Morgenlande iſt aber eine gewiſſe patriar<haliſche Herzlichkeit 
bis auf den heutigen Tag no< nicht ausgeſtorben. Wer ſie jemals 
mitgemacht hat, wird auc ihr eine gewiſſe feierliche Förmlichkeit 
nicht abſprechen können. Dennoch wirkt ſie gefühl3mäßig berzlicher 
und verbindlicher. Der durch den Beſuc< Geehrte zeigt ſeine Freude 
nicht nur in leeren RedenSarten, ſondern in Gaben von realem 
Wert, die, mögen ſie auch nod ſo einfach und gering ſein, jedem Be- 
ſucher al3 kleine AuSzeichnung, als liebevolles Entgegenkommen 
jc<h neidheln, wie e8 nur in Gegenden geſchehen kann, in denen jede Gaſt- 
freundſchaft mehr al8 ein leerer, rein zeremonieller Höflichkeitöakt iſt. 
Vielleicht hat mancher unſerer im Morgenlande weilenden Fold- 
grauen nach dieſer Richtung hin eigene Beobachtungen gemacht. Seine 
Erfahrungen werden, troß ihrer Fremdartigkeit, nicht abjc<hre>end 
auf ihn gewirkt haben. Im Gegenteil: er würde gewiß gern mande3 
davon auch in der Heimat eingebürgert wiſſen! L. L. 
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Sefagend. 
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nemme. 
 
Sämtliche hier empfohlenen Werke ſind von den Parteibucyhandlungen am Wohnort 
des Abonnenten, von den Parteikolporteuren und von der Buchhandlung Vorwärts 
(Berlin SW. 68, Lindenſtr. 3) zu beziehen. . 
Hans Pflug „Gine38 Leben3 Sprache“. Gedichte. Bayreuth. 
56 80 dex Bayreuther Druccerei und Verlagsanſtalt, G. m. b. H. Preis 
emnig. 
Die in dem ſchmalen Bändchen zuſammengeſtellten Gedichte ſind 
fehr ungleichmäßig. Wer ſich aber die Mühe nimmt, ſie mit einigem 
Intereſſe zu leſen, wird auf Strophen ſtoßen, die ſich ihm einprägen 
und in ihm nachklingen, wenn er das Büchlein längſt aus der Hand ge- 
legt hat. Das aber erſcheint uns Zeichens genug, daß hier ein wirklicher, 
wenn auch ein erſt werdender Dichter ſpricht, Und dieſer Dichter iſt einer - 
von jenen zahlreichen, welchen das furchtbare KriegSerleben eine erſte 
Reife gebracht hat. Ein bayeriſcher Reiter iſt's, der von ſeinem fünjtle- 
riſchen Können ſchon mehrfach in Arbeiterblättern' beachtenSwerte Pro- 
ben abgelegt hat. Und ein junger Soldat muß es ſein, ſoweit man 
das aus ſeinen Gedichten ſchließen kann, in dewen noch viel von Licbe 
und Sehnſucht und Einſamkeiten ſuchend:m Weltſchmerz die Rede iſt. 
Aber ein junge2 Kraftbewußtſein ſpringt hier und da doh ſchon troßig 
auf, ein Bewußtſain, das weit über die Perſönlichkeit HinauSgreift und 
für den Zuſammenſchluß ganzer Schichden ſpricht, wie in dem Gedicht: 
„Hennt ihr das Leben?“, in dem e3 beißt: 
Nenmt ihr das Leben, das ſo ſacht hindämmert, 
. Da3 wie ein Funke in der Aſche glimmt, 
- Und da3 in eurer Bruſt ſo müde hämmert, 
Und wort- und tatlo38 alles in ſich nimmt? 
mmm nemme aeemaedem emen. azmamens wmf]. anmeedeu namen euerem. euamemeen 
Um Flammen, die das Leben leben laſſen, 
In Sturm und Not, im Sterben und im Grau'n, 
Die lieben können und auch brennend haſſen =- 
Die hoffnungs8voll nach einem Morgen ſchau'n , . .. 
Das iſt das Les5amn! , 
D 
| Arbeiter» Iugend / m - 
. Troß der recht offenſichtlichen inneren Mängel vieler Gedichbe iſt 
die Form durchweg gewahrt und rein gehalten. Am tiefſten erlebt ſind 
jene Strophen, die im Krieg entſtanden. ſind. In ihnew klirrt keine 
fortreißende Kampfesluſt. Um ſo farbiger und eindrueSvoller wirken 
ie dur< ihre feingetöntke Stimmungs35malerei („Herbſtliche Gräber“, 
„Ritt im Winter“, „Alte3 Lied“). Eine ſtille Nackderklichkeit vertieft 
ihre Art und verleiht gerade dieſen aus dem Kriegserleben geborenen 
Rhythmen etwas Verträumte38 und Verſonnernes8. 
Als Erftling3gabe iſt der Inhalt des Büchleins zu werten; der Maß- 
ſtab, der an die Verſe Pflugs zu legen iſt, darf kein hochgeſpannter ſein, 
Gin Stüd zeitgenöſſiſches, jugendlich:i85 Werden ſpricht aus dieſen 
Strophen; und de3halb .werden ſie vielen, namentlich den Jugendlichen, 
gar manche38 zu ſagen haben. : 1. 
 
Kinderſpiel. 
Von Karl Bröger. 
rei Stunden waren *von der Stellung nag Droucourt. Wie eft 
ſind wir den Weg wohl gegangen? Jmmer trugen wir ein 
leichteres Herz nach Droucourt zurück, als wir beim Aufbruch 
in die Stellung mitgenommen hatten. Deshalb dürfen uns aber die 
Leute daheim ruhig weiter Helden heißen. 
In Droucourt ſchliefen wir meiſt, wenn e8 nicht gerade Dienſt 
gab. Vorn bringſt du doc< kein Auge zu. Die dumme Scießerei geht 
die ganzen Nächte, und wird ſchon nicht geſchoſſen, dann wird geſchanzt. 
Zwiſchen Schießen und Schanzen iſt aber ſchlecht ſchlafen. 
Geſtern Nacht ſind wir wieder einmal abgelöſt worden. Den Weg 
nach Droucourt finden wir je8t ſchon im Finſtern zurü>. Er gehört 
zu unſerm Leben, dieſer Weg, nicht anders wie daheim das Stadt- 
viertel, in dem wir geboren ſind. 
Ein heller, freundlicher Name iſt uns Droucourt. Wir überſeßen 
ihn mit „Heimat“, denn Heimat iſt un3 da3 kleine Neſt in Artois, eine 
Stätte, wo wir Menſchen ſein dürfen und menſchlich fühlen. Iſt keiner 
unter uns, dem nicht die Augen leuchten, wenn der Name klingt. 
Gemächlich ſchlendere ich die einzige Straße entlang. Vor der 
leinen Kirche ſtaut ſie ſich zum Plat. Sonne liegt auf dieſem Plaz. 
Ihr mildes Licht rieſelt die grauen Wände herunter und ſammelt ſich 
vor der Kirche zu einem Teich von Glanz und Schein. «“ 
Junges Volk tummelt ſih auf dem Plaß. 
Drei Buben in blauer Bluſe warfen etwas in die Luft. Ein dünner, 
markloſer Ton entringt ſich matt dem aufs Pflaſter fallenden Ding. 
Sie kreiſchen laut zu ihrem Spiel, ſchneiden lebhafte Bewegungen in 
die Luft und ſpreizen ſich Finger unter die Naſe. 
Ic<h muß an meins zwei Flachs3köpfe daheim denken. Gleiche Sonne 
fällt auch auf ihre Scheitel. Sie: werden wohl auch ſpielen, ſich mit 
anderen Buben balgen und dazwiſchen an den Vater denken, der drüben 
iſt, wo die Sonne untergeht. 
„Trente-trois . . .“ -- „Soixante-neuf . 
dixhuit . . .* =- „Deux cent Sept . . .'*) 
4“ 
== „Quatre vingt- 
*) Frang. Zahlen: 33, 69, 98, 207. 
 
(Schluß von S. 155) 
Seine überaus mangelhafte Beherrſchung der deutſchen Sprache. 
zwang ihn, jede ſich darbietende Arbeitsgelegenheit zu ergreifen. 
Sine ſc<hle<t entlohnte, aber ſehr ſchwere Tätigkeit in einer Berliner 
Ofenfabrik verſchlimmerte ſehr bald ein Lungenheiden, das er ſich im 
Bergmannsberuf zugezogen hatte. So war er nach Beeliß gekommen. 
Hier lernte ich auch ſeine Gattin kennen, die als e<hte Kameradiav Leid 
und Freud mit ihm teilte. Dieſe tapfere Frau nötigte mir inſofern 
eine beſondere Hochachtung ab, als ſie, obgleich ſie von der deutſchen 
Sprache kaum mehr als das Ja und Nein kannte, ſich dur< ſc<ledt- 
bezahlte Näharbeit während der Krankheit ihres Mannes durchs Leben 
jhlug. Das war auch der Grund, we3halb Milloſſar ſchon vor dex Zeit 
um ſeine Entlaſſung aus der Anſtalt nachſuchte. 
Inzwiſchen hatte ſich eine kleine Internationale in der Anſtalt zu- 
ſammengefunden. Ein Bulgare Trivanoff, ein Engländer Fromm, ein 
Oeſterreicher, ein deutſcher Genoſſe und ich" bildeten mit Milloſſar bald 
einen unzgertrennlichen Freundes8kreis. Und wäre unſerem in allen 
Grundfragen überzinſtimmenden Wünſchen und Wollen die Kraft der 
Verwirklichung beſchieden geweſen, die Welt beſäße heute ſchon den 
Bund der freiem Völker. - 
Als MilloſſaRdie Anſtalt verließ, gab ihm .ein Mitglied ver Ort3» 
verwaltung de3 Bauarbeiterverbandes eine Empfehlung an den Arbeits3- 
Aber, vom 
Unglüd verfolgt brach er ein Bein und lag langa Zeit danieder. Sein 
tapferes Weib pflegte ihn in liebevoller. Aufopferung, und die beiden 
lebten von dem kargen Ertrag ihrer Näharbeit, Kaum geneſen, ver- 
ſuchte er ſein Heil noh einmal in der Ofenfabrik. Doch dieſer ſchweren 
Arbeit war ex nicht mehr gewachſen, da ſeinem ohnehin ſchon ſchwachen 
Kökper die Zufuhr ausreichender Nahrung fehlte. Eine kleine Gehd= 
ſumme, die ihm ein in Amerika lebender Bruder ſchi>te, ermöglichte - 
ihm ſc<ließlic< Pfingſten 1910 die Rückkehr in die ſerbiſche Heimat, 
Außer den eingangs erwähnten Nachrichten habe ich ſeit dieſer 
& 
Zeit nicht3 mehr von ihm gehört. Ob er nun in den Balkankriegen des 
Jahres 1912 dem ſo heiß bekämpften MilitariSmu8 zum Opfer gefallen 
iſt oder noch im gegenwärtigen Völkermorden das tragiſche Schi>ſal 
ſeine3 Vaterlandes miterlebt hat, wer will e3 ſagen? Lebt ex noch, ſo 
bin ich gewiß, daß er, gleich allen, die den Kompaß ihrer ſozialiſtiſchen 
Uebergeugung auch im Toben des Weltkrieges nicht verloren haben, mit 
noc< leidenſchaftlicherer Glut. für die Verwirklichung der völker- 
befreienden Ideale alle ſeine Kraft einſezen wird. - 
Unſere proletariſche Jugend aber mag aus dem Leben dieſes 
Sozialiſten, das ein ewiger Kampf geweſen, lernen, weſſen ein ſtarker 
Wille nah Erkenntnis fähig iſt. Sie ſoll weiter mit Stolz ſich bewußt 
werden, welche- Unſaumma geiſtiger Fähigkeiten im Proletariat ſchlum= 
merm Aber auc< dieſer Stolz verpflichtet; er verpflichtet zu eigenem 
unabläſſigen Vorwärtsſtreben und weiter zur Achtung der Rechte 
unſerer Mitmenſc<<hen. = 
Nur wenn wir ſo denken und. fühlen, werden wir auch völlig frei 
von dem häßlichen Dünkel werden) dex während des Kriegs ſich ſo 
widerlich breitmacht, daß nur die eigene Nation im Beſiß aller 
Tugenden ſei, Mit tiefem Ekel denke ich heute noch daran, wie ein * 
doutſcher Profeſſor, Wernex Sombart, die Serben ein Volk der Ratten- 
und Mauſefallenhändler genannt hat. Dieſes häßliche Beiſpiel ſoll umd 
darf unſere Jugend nicht na<hinachen. Sie muß ſich gänzli< davon be- 
freien, jeden einen „Polad>en“ zu nemnen, .der nicht ihre Mutterſprache 
beherrſ<t. Lärnen, lernen mit eiſernem Fleiße, 
lernen heißt jekt die Parole ſür die arbeitende Jugend der ganzen 
Welt, ſich tiefer und tiefer hineinleben in die Jdeale des völkera 
befreienden SozialiSmus8. Denn die Jugend ſoll aufbauend verwirk= 
lichen, was der abſterbende Kapitali3zmus wohl hemmen, aber nicht vers 
nichten konnte: . 
Die Freiheit und Gleichheit alles Dd 
eſſen, 
was Menſchenantliß trägt! | n
	        
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