Full text: Arbeiter-Jugend - 10.1918 (10)

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Blattes auf-etwa ein Drittel. der FriedenSausgabe herabzuſchen. Txoß- 
dem hat der „Jugendliche Arbeiter" der Proletarierjugend als wichtige 
Waffe im Kampf für einen erhöhten Jugendſc<uß wertvolle Dienſte 
zeleiſtet. Da die Behörden der Veranjtaltung von Jugendverfamm- 
fingen oft unüberwindliche Hinderniſſe bereiten, ſo bildet die Zeitſchrift 
ein wichtiges Bindeglied zwiſchen der Verbandsleibung“ und den Mit- 
„gliedern. Die planmäßige ſozialiſtiſche- Erziehungsarbeit, die durch 
den Krieg ſehr gelitten hat, wurde nun beſonders in Wien im erſten 
Halbjahr 1918 wieder aufgenommen. Mit Unterſtüßung des Paxtei- 
vorſtands iſt es der Verbandsleitung gelungen, für die 20 Wiener 
Gruppen 16 Genoſſen und Genoſſinnen zu veranlaſſen, als BildungsS3- 
beiräte zu wirken. Sie arbeiten in den Gruppen Monat für Monat 
gemeinſam mit den Mitgliedern das Bildungsprogramm aus, ſorgen 
dafür, daß die Diskuſſionen planmäßig und ſachlich vor ſich gehen, und 
erweiſen ſic immer als unentbehrliche Stüßen zielbewußter - ſozia» 
liſtiſcher Ergiehungsarbeit. Ihnen iſt es zum großen Teile zu ver- 
danken, daß die Wellen, die durch die Meinungsverſchiedenheiten inner- 
halb der Partei auch in die Wiener Jugendorganiſation getragen worden 
find, ſich mun geglättet haben. Wohl am meiſten hat dazu die am 
12. Auguſt 1917 in Wien abgehaltene Reichskonferenz bei- 
getragen, über die in der Nummer 19 vom 22. September 1917 bereits 
berichtet wurde. Für die Gruppenleitungen wird in zwangloſer Folge 
ein „Rundſ<reibemn“ herausgegeben, | ; 
und Organiſationsarbeit enthält. Bis jekt ſind drei „Nummern in 
einem Umfang von 2 bis 4 Seiten erſchienen. Gegenwärtig kann mit 
Zuverſicht dey Zubunfb entgegengeſehen werdn, der Zukunft, 
dice dem jungen Proletariat.gehört! | 
| Karl Honay, Wien, 
K . 
Aus unſerer Verluſtliſte. 
Au3 Magdeburg wird uns geſchrieben: Wiederum hat der 
entſezliche Weltkrieg einen unſerer Beſten aus unſeren Reihen ge- 
Lviſſen. Unſerer früherer Jugendobmann, der Genoſſe Friß Zippel, 
iſt in den ſchweren Kämpfen im Weiten gefallen. Alle, die den ge- 
fallenen Genoſſen gefannt haben, wiſſen, daß er unermüdlich und raſt= 
103 für unſere Bewegung eingetreten iſt; ammer war er einer der 
eifrigſten, wenn 2e3 hieß: arbeiten für unſere Sache. Ein fleißiges, 
ſtrebfames junges Leben hat der Völkerkrieg aus unjeren Reihen ge- 
riſſen, und nicht nur die Angehörigen, nein, die geſamte arbeitende 
Jugend Magdeburg3 trauert um den in der Blüte ſeines Lebens Ge- 
fallenen. Sein Wirken und Schaffen für unſere Sache ſichert ihm das 
dauernde Gedenken aller Magdeburger Jugendgenoſjen. OÖ. F. 
. : 4% . 
Aus Münden wird un3 geſchrieben: Eine große Anzahl Jugend- 
genoſſen und erwachſener Freunde der Arbeiterjugend ſind im Verlauf 
der vier Krieg3jahre bereits dem blutigen Völkerringen zum Opfer ge- 
fallen. So mancher von ihnen hat in Briefen aus dem Feld bewieſen, 
daß in Not und Todesgefahr ſein Denken und Fühlen bei den jungen 
Freunden in der Heimat weilte und der hohe JdealiSmus, von dem die 
Schreiben getragen waren, beſtätigten uns, daß wir in öhnen allen wert- 
volle Mitkämpfer für unſere Sache verloren haben. Wieder find wir 
gezwungen, unſere Totenliſte zu ergänzen. Genoſſe Georg Pregler, 
Teilnehmer der Abteilung Haihauſen, hat ſein Leben auf dem Schlacht=- 
feld dahingeben müſſen. Ihm folgte Genoſſe Joh. Stegmeier, 
21 Jahre alt: Am 28. Juli wurde er ſchwer verwundet und iſt am 
29, Auguſt ſeinen Verlezungen erlegen; er liegt in einem Soldaten- 
friedhof in Ceülly begraben, Als junger Leiter war er der Abteilung 
Schwabing ein treuer, unvergeßlicher Berater und Freund. Die Mün- 
<hener Arbeiterjugend wird beiden Genoſſen wie den anderen gefallenen 
Freunden unſerer Sache ſtets ein ehrendes Andenken bewahren, 
B Zur wirtschaftlichen Lage A 
Die Verkürzung der Arbeitszeit eine ſittliche Gefahr für die arbeitende 
ugend! 
Aus Hamborn am Rhein wird uns geſchrieben: Mit welch fri- 
volen Gründen die Arbeitgeber und“ ihre Vertreter operieren, um die 
in der Metallinduſtrie erſtrebte Herabſehung der 'ArbeitSzeit von 60 auf 
56 IStunden die Woche zu bekämpfen, zeigte kürzlich eine Sikung bes 
- hieſigen 'SchlichtungsSausichuſſes, Verhandelt wurde Über eine Eingabe 
des Arbeiterausſchuſſes der 'Gutehoffnung3hütte, Abteilung Sterkrade, 
nach Krupp und Thyſſen eines der größten Werke, In dieſer Verhand- 
Tung, die am 8, Auguſt d. I. ſtattfand, meinte «der Vorſikenide unter 
anderem, was wohl aus der Jugend werden ſolle, wenn ſie den freien 
Samstagnachmittag erhielte, Die Arbeitervertreter faßten dieſe 'Be- 
merkung erſt als einen feinen (Scherz des Herxn Vorſitzenden auf. 
Anders aber eim Vertreter der 'Gutehoffnungshütte. Dieſer Herr, ein 
gewiſſer Dr. Woltmann, Direktor im Oberhauſen und bei den Vereini= 
gungen der „Wirtſchaftsfriedlichem“ «eine bekannte Perſönlichkeit, 
ſchnappte auf die „Anregung“ de3 Voxrſigenden gleich ein und meinte 
daß die Jugend die freie Zeib in der Hauptſache dazu benußen würde, 
um ihren Lüſten zu frönen und-in den Wirtſchaften herumzuliegen. 
- Natürlich wurde dem Herrn von den Arbeitervertretexn daraufhin 
der Standpunkt klargemacht. Immerhin müſſen auch wir fragen: Wie 
kommt der Herr Direktor dazu, die arbeitende Jugend dergeſtalt zu ver- 
unglimpfen? Gewiß, es mag ſein, daß ein Teil der jungen Arbeiter 
die freie Zeit nicht ſo ausnüßen würde, wie ſie es ſollten, Soll man 
 
 
das Winke für die Bildungs- . 
das darum aber verallgemeinern? > Die - große Mehrzahl der Jugend: 
lichen Arbeiter würde ja gar nicht in der Lage ſein, ihr Geld für 
zweifelhafte Vergnügungen auszugeben, denn dafür ſind die „hohen“ 
Löhne .denn doch nicht ausveich:mnd, -zumal wenn jeßt der Vater 
im Felde ſteht und der Junge oder das Mädchen mit dem Arbeits: 
verdienſt die Mutter und Geſchwiſter unterhalten muß. Weiter aber: 
Würde: die freie Zeit für die geiſtige » Weiterbildung der 
Jugend nicht vön größtem Vorteil ſein? Ein gutes Buch, ein 
Spaziergang ins Freie, auch am Alltag, würden reiche Anregun:- 
gen geben. Abev das iſt es gerade: eine geiſtig Podſtehende 
Arbeiterſchaft fürchten gewiſſe Kreiſe der Unternehmer. Sie fürchten 
auch, daß der Arbeiter, beſonders der aus der ihn umgehenden Atmo- 
ſphäre des ewigen Ginerlei nac Licht und Luft jich ſehnende Ar- 
beiter, durc< die freie Zeit eher zur Erkenntnis ſeiner Lage kommen 
und dann auch die nötige Muße haben würde, auf die Verbeſſerung 
feiner Lage hinzuwirken. Daß es da wieder hauptſächlich die Jugend mit 
ihrem feineren Empfinden für alles Ungerechte ſein würde, die in 
dieſem Sinn von der Verkürzung ihrer täglichen Fronarbeit geiſtigen 
Nußen ziehen würde, iſt den Herren begreiflicherweiſe ein beſonders 
unangenehmer Gedanke, | 
Wenn den Herrſchaften aber das ſittliche Wohl der Jugend ſo ſehr 
am Herzen liegt, mögen ſie ſich doh um ihre eigenen Sprößlinge 
kümmern, Wie es beiſpiel8weiſe um den Leben3wandel der Blüte dieſer 
bürgerlichen Jugend, der Studenten, beſtellt iſt, deſſen erinnert jich 
wohl noch Herr Dr. Woltmann aus ſtiner eigenen*Studienzeit. Man 
kehre de3halb lieber vor der eigenen Tür und laſſe die arbeiten.de 
Jugend =- wo wäre ohne ſie die Kriegswirtſchaft hingekommen? -- 
in Nuhsz2, “ 
Jugendliche Transportarbeiter, 
In dem Jahrbuch des Deutſchen Transportarbeiterverbandes für 
5a8 Jahr 1917 find etliche bemerken8werte Zahlen über die Arbeit8- und 
Lohnverhältniſſe der jugendlichen Transportarbeiter enthalten. Der 
Verband hat feſtgeſtellt, wie lange die neueingetretenen jungen 
Arbeiter und Arbeiterinnen täglich beſchäftigt ſind und wieviel Lohn ſie 
erhalten. G3 handelt ſich bei den jugendlichen männlichen Mit- 
gliedern um Handel3arbeiter, Speditions- und Speichereiarbeiter, 
Lagereiarbeiter, Schaffner wnd Mitfahrer in Handel8- und Warent- 
häuſern und Konſfumvereinen, um Kaſſenboten, Geſchäftskutſcher, 
Schwerfuhrwerkskutſcher, Hafenarbeiter, Binnenſchiffer, Kohlenarbeiter, 
Fahrſtuhlführer, Theater- und Kinoangeſtellte, Seeleute, Straßenbahn- 
angeſtellte und einige andere Beruf38gruppen, *“ Die jugendlichen w e ib - 
ichen Mitglieder waren HandelsSarbeiterinnen, Kutſcherinnen, Spedi- 
tion8- und Speichereiarbeiterinnen, Packerinnen in induſtriellen Be=- 
trieben, Theater- und Kinoangeſtellte, Zeitungsträgerinnen. Handelt es 
ſich auch nur um etwa 3000 Jugendliche, ſo laſſen doch die Ermittlungen 
einen Schluß auf die Lage der vielen taufend jungen Arbeiter zu, die 
im Transportgewerbe beſchäftigt ſind, 
Die häufigſte ArbeitsSzeit ſind 10% bis 12 Stunden. Nur 
zwei vom Hundert ider jugendlichen Transportarbeiter haben weniger 
als acht Stunden tägliche Arbeitszeit, Dagegen wurde eine Höchſt- 
heſchäftigung3dauer feſtgeſtellt in 111 Fällen von 14 Stunden, in 
19 Fällen von 14%, in 18 Fällen von 15, in drei Fällen von 15%, in 
zwei Fällen von 16 und in einem Falle ſogar von» 17 Stunden täglich. 
Auch die weiblichen Jugendlichen hatten eine durc<hſchnittliche Arbeitszeit 
von 10 bis 13 Stunden. In einem Falle wurden. ſogar 15 Stunden 
tägliche Arbeit3zeit ermittelt. - 
Und nun die Entlohnung! Bei Ien jugendlichen .männlichen 
Mitgliedern erſcheinen als Höchſtlöhne nur z3ei Fälle mit '90 Mk, 
wöchentlich, einer mit 75, drei mit 72 und zwer mit 70,50 Mk. in Der 
Woche. Die weitaus größte Zahl der männlichen Jugendlichen hatte 
einen Wochenlohn von 25 bis 50 Mk., jedoch. kamen in zahlreichen Fällen 
auch Hungerlöhne von 7 bi3 12 Mk, die Woche vor. Der Durchſchnitts- 
wochenlohn war 31,24 Mk. Bei den weiblichen jugendlichen Mitglicdern 
belief ſi der durchſchnittliche Wochenlohn auf 21,46 Mk, - 
Bedauerlich iſt, daß die Sonntags8arbeit in der .Kriegszeit 
bedeutend zugenommen hat, Von den 2900 neueingetretenen männlichen 
Jugendlichen mußten 640 bis zu Irei Stunden Sonntagsarbeit leiſten, 
77 bis zu fünf Stunden, 153 bis zu acht. Stunden und 77 den ganzen 
Tag. Bei den weiblichen Jugendlichen iſt es nicht beſſer. | 
*. . Wie au3 all dem hervorgeht, iſt die Lage der jugendlichen Trans- 
portarbeiter alle8 andere eher als roſig und follte diejenigen zum Nach- 
denken anregen, die ſich in Verallgemeinexungen über die hohen Löhne 
der jugendlichen Arbeiter ergehen. 
 
 
 
 
 
 
    
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Aroma (griech, Ton auf der Mittelſilbe), Duft, Wohlgeruch. 
Voykott (engl.), Verruf. un 
Fatalismus (Vom lat, fatum = Schikſal), Ergebung in das unvermeids 
liche Schiſal; Stimmung oder Weltanſchauung, die auf der Anſicht 
von der Unvermeidlichkeit der Schiſalsbeſchlüſſe beruht, 
Füvderation (lat.), Verbindung von Einzelſtaaten zu einem Staaten 
bund; Verbrüderung. Föderativ = verhrüdert, 
Geſtikulation (lat.), Gebärdenpiel. | 
Konfervatorium (lat.) wörtlich: Aufbewahrung8- oder Erholungsort 
nämlich der ehten Kunſt; höhere Lehranſtalt für Maſi. + 
Kredenzen (Iat.), anbieten, darreichen (beſ, Getränke). 
Berantwortlich für die Redaktion: Karl Korn, =- Verlag: Fr.*Ebert (Zentralſtelle für die arbeitende. Jugend Deutſ<lands), == Dru: Vorwärts Buchdruderet. U.-Berlags- 
' anſtalt Paul Singer & Co, Säimtlich in Berlin, '
	        
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