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Arbeiter- Jugend
eammmnlengne,
Hans Uhland: Technik im Alkertum.
ergreifendes Stück. Es handelte von eineur Manne, der in
jungen Fahren, von ſeiner Heftigkeit hingeriſſen, ein Verbrechen
begangen hatte, welches er in ſ<werer Kerkerhaft büßen mußte.
Und dann wurde er frei. Aber in den langen Jahren ſeiner Ge-
Fangonſc<haft hatte ſich die Welt draußen ſo ſehr verändert, daß er
ſich in ihr nicht mehr zurechtfinden konnte. Flugzenge, Straßen-
bahnen und dergleichen verwirrten ihn, und ſchließlich bat er egen
wieder ſeine ſtille Gefangenenzelle beziehen zu dürfen. Wenn heute
einer der Männer aus dem Altertum zu uns käme, ſo würde ihn
auch wohl manches in Verwirrung ſeen. Aber wenn zum Beiſpiel
der vielgenannte alte techniſche Künſtler Archimedes erſchiene, ſo
würde er vielleicht mit feiner Betonung ſagen: „Natürlich ſeid ihr
woitergekommen als wir; aber im lezten Grunde ſteht ihr doch auf
den Schultern der Vergangenheit!“ In der Tat beſaß das Altertum
eine Fülle techniſchen Wiſſens und hatte vorzügliche Schöpfungen
T' einem Kino ſah der Schreiber dieſer Zeilen gelegentlich ein
A
»
Chirurgiſche Inſſrumenfe aus Pompeji. (Dic altrömiſ<e Stadt Pompeji, am
Golf von Neapel gelegen, wurde im Jahr 79 n. Chr. dur< Ausbruch des
Beſuv3 verſchüttet.)
anf dieſem Gebiet aufzuweiſen. Aber wer kennt und ſchäßt ſolc<o
Leiſtungen? |
Wenn man von einer „Technik der Alten“ ſpricht, ſo wird man
vor allem die Griecßen im Auge haben. Allerdings haben auch die
nder in uralten Zeiten allerhand Nüßliches erfunden. Und bekannt-
lich wird bei den heutigen Schöpfungen der Technik faſt immer er-
. Härt, daß „die Chineſen“ die betreffende Erfindung ſc<on vor ſoundſo
viel Taujenden von Jahren gemacht hätten. Selbſt Völker im fernen
Amerika haben in alten Zeiten beiſpiel5weiſe Straßenbauten aus-
geführt, die hohe techniſche Fähigkeiten erkennen laſſen. Und vieles,
was die Griechen“ geleiſtet haben, mag auf die Phönizier oder
Aegypter zurückzuführen ſein. Aber kein Volk hat das Techniſche ſo
zu durc<geiſtigen gewußt wie die Griechen. Der Grieche des Alter-
tums war ja Denker, Wiſſenſchaftler, Philoſoph. Und dabei war
er von regem Kunſtſinn beſeelt. So wurde in jeiner Hand aud) das
Techniſche ſchön und gefällig,
Was die griechiſc<e Arbeit
aber vor allem auszeichnete,
war eine gejunde Verbindung
von Theorie und Praxis, Wir
wollen dieſen Gedanken noch
ein wenig ausführen. Wenn
ein Ingenieur eine Maſchine
bauen will, jo, zeichnet und
berechnet er ſie zunächſt gründ-
lic. Dieſe Arbeit geht auf
dem Papier, im ſtillen Ar-
beitSzimmer vor jich, Sie iſt
unbedingt notwendig. Denn EN
ohne Rechnung und Zeichnung NESS
läßt ſim kaum eim Werk M
ichaffen, das höheren Anfor-
derungen entſpricht. E3 muß
aljo vorerſt die „Theorie“ zu
ihren Necht kommen. Dann
aber muß der „Prattifer“ auf-
treten. Probieren geht I<licß-
li? doc< übers Studieren,
"und in allzu vielen Fällen
verſagt eine Maſchine in der
- Wirklichkeit; wenn ſie auch noh jo ſchön au38gedaht worden war.
Da gilt e8 denn, Verjuche und immer wieder Verſuche anzujtellen,
bis endlich alles ng Wunſch geht. Und die Griechen waren Meiſter
in der gleichmäßigen Erfüllung beider Pflichten,
Man ahnt gewöhnlich kaum, was für tüchtige Mathematiker die
Krippen waren, Da aibt e8 zum Beiſpiel von Archimedes emen
Die größte Sonnenuhr der Welt zu Delhi (Indien).
ſtellt den „Zeiger" der Sonnenuhr dar, deſſen Schatten auf den gebogenen Mauerrand
- ſällt, auf dem dic Stunden abgeteilt find.) |
hübſchen Saß aus der Lehre von den Körpern. Auf dem Tiſche lieg!
eine Haldkugel ſo, daß die gerade Fläche auf der Platte ruht. Jn
dieſe Halbkugel iſt dann ein gerader Kegel hineingeſtellt, deſſen
Grundkreis mit dem der Halbkugel zuſammenfällt und deſſen Spitz
an die Kugelwölbung rei<t. Drittens iſt um die Halbkugel ein
Zylinder gelegt, der jo hoch wie dieſs iſt. Arc<himedes hat nun be-
rechnet, daß ſich Kegel, Halbkugel und Zylinder genau verhalten wic
1 zu 2 zu 3. Das deutet gewiß auf ein reiches mathematiſches
Wiſſen. Ferner batten ſich die griechiſchen Artillerieingenieure ein
Jormel zurechtgemacht, mit der ſie bei Wurfmaſchinen den Durch:
meſſer de8 Spannloche3 nach dem Gewicht der zu ſc<leudernden Stein:
fugel beſtimmten. - Dieſe Formel iſt auch darum intereſſant, wei.
es bei ihr galt, dritte Wurzeln zu ziehen. Und nur kurz ſei ar
Pythagoras erinnert, deſſen berühmter Lehrſaß ſo bedeutſam für di
Mathematik geworden iſt. . Aber e8 blieb eben nicht beim Rechner
allein, ſondern man verſtand e3 auch, die Mathematik auf die Wirk
lichfeit anzuwenden und das theoretiſ< gefundene Reſultat in di
Praxis überzuführen. | |
Immerhin ſpielte die Technik bei den Griechen keine ſo große
Rolle, wie ſie vielleicht hätte ſpielen können. E38 hing dies mit ge
wiſſen ſozialen Verhältniſſen zuſammen. Jm Altertum war bekannt
/ Wü >
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Archimediſc<e Schraube. (Dreht man die Kurbel in beſtimmter Nichtung, |
ſchraubt ſic da8 Waſſer von a nac< b. Die Vorrichtung iſt dem Landwirt nüßli>
| der ho< gelegene Gebiete bewäſſern will.)
lich die Arbeit zum großen Teil auf die Schultern zahlloſer Sklavei
abgewälzt, ſie ließ ſich daher verhältni8mäßig billig leiſten und ma!
hatte wenig Veranlaſſung, körperliche Kräfte durc< maſchinelle 3!
erſetzen. Wo man im Altertum über die Anwendung menſchliche
Muzkelkraft hinaus8ging, blieb man bei tieriſchen Kräften ſtehen
von Naturkräften benußte man kaum mehr al3 den wehende!
Wind, der die Segel füllte, und das rinnende Waſſer, das eit
Mühlrad trieb. So war auch der „Technites“ als „Handwerker
wenig geachtet. Bei der Belagerung von Tyros verewigt ei
Heore8bericht getreulich- die Namen der Soldaten, die ſich aus
gezeichnet hatten. Aber nur zufällig erfährt der Forſcher, daß ei!
gewiſſer Diades für den Stellungskrieg beſondere Türme, Sturm
böde, Fallbrücken und dergleichen erſonnen hatte, .
- Auch der alte Techniker brauchte Schreib- und Zeichenmatt
Lialien, um Buchſtaben, Zahlen und Figuren darzuſtellen. Er
einfacher Zirkel ließ ſich lei
herſtellen, und das Lineal, de
„Kanon“, fehlte auch nich
Als Screibmittel benutzt
man in der Regel das „Diz
tychon“. Eine hölzerne, 31
ſammenklappbare Doppeltafi
“war inwendig mit eine
Wacsſc<hicht verſehen, in di
„man die Zeichen mit ſcharfe!
Stift einrikte. SDder ma
Ichrieb mit einem Pinſel at
weißgetündcte Brettchen. Fü
wichtigere Schriftſtüfe bi
nußte man Rollen aus Pc
pyro3, oder man verwand!
Pergament, d. h. tieriſche Hau
Umſtändlich war freilich de
rechneriſche Apparat. ES fehl!
den Griechen und den Römer
nämlic< jene38 vorzüglid
Syſtem, das wir -von ide
Indern erhalten haben, d
logen. „arabiſchen Ziffern
"* | . Wie umſtändlich die romiſ>
Zahlendarſtellung war, iſt ja bekannt. Die griechiſche war vielleid
noh ſ<werfälliger. Man benußte die erſten neun Buchſtaben dt
Alphabet38 für die Einer, die zweiten neun für die Zehner, die dritte
(Die große- TIreppe in der Mitte
- neun für die Hunderter. Die Tauſender wurden wieder wie die Eini
bezeichnet, wobei den Einern Striche beigefügt wurden. Die Zeh1
zautfendor waren „Myriaden“, die man durc< ein M kennzeichnete, U1