Full text: Arbeiter-Jugend - 10.1918 (10)

 
Arbeiter- Iugend 
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ſo mehr Ahtung vor den mathentatiſchen Leiſtungen der Alten! -- 
Und nun wolle der Leſer mit uns einen kleinen Bummel durch 
eine griechiſche Stadt unternehmen, um dabei einen gewiſſen Ueber- 
bli> über da3 techniſche Können in alter Zeit zu gewinnen. 
. Schon da3 Altertum hat Diebe und Räuber gekannt. Und 
man wußte ſich gegen ihre Ueberfälle zu ſchüßen. Unſer2 Tür iſt 
mit einein vorzüglichen Kunſt- , : 
ichloß verſehen, deſſen Erfin- 
dung alſo durchaus nicht der 
Neuzeit vorbehalten war. Das 
ſperren. wir gehörig zu, und VKD EEN 
nun gehts hinaus auf die : 57 945/4 
Straße. Wie kunſtvoll ſie ge- ;H H 
baut iſt! Freilich haben die -/ 
Alten mit dem Straßenbau 
recht verſchiedene Zwecke voer- 
folat. Die Phönizier bauten 
Handelsſtraßen; die Griechen 
brauchten Straßen, um auf 
ihnen die heiligen Tempelwagen 
zu befördern; der Nömer baute 
ant ſfolideſten: er bedurfte der 
Militärſtraßen. Aber alle dieſe 
Völker leiſteten zu ihren be- 
ſonderen Zwecken vorzügliches. 
Auch tritt uns ſelbſt in der 
Kleinſtadt ein geordneter Bait- 
plan entgegen. Ja, oft herrſcht 
der „rechte Winkel“ in geradezu ALDER 
langweiliger „Weiſe vor. Sie FFRCMK<OI, 
verſtanden zu baten, die Alten! WW ESSUIG IS 
Wir bemerken ſogar eine groß- 
artige Waſſerleitung. Jhr Ka- 
nal führt durch einen Hügel, 
und es verrät ein hohes geo- 
metriſches Können, daß dieſe Nn | . 
Arbeit geglüt iſt, Wie bei unſeren großen, bergdurc<ſekenden Eiſen“ 
bahntunneln hat man auch bei den Griechen den Vai von beiden 
Enden her angefangen, und die Arbeiter ſind einander wirklich in 
ver Mitte begegnet. Wir beſiten Zeichnungen von eineni gewijſen 
Eupalinos8, aus denen ſich erſehen läßt, mit welchem Geſchi> man 
Geländemeſſunzen auszuführen wußte. =- Sollen wir uns emen 
Wagen zu unſerer Forſchungsreiſe mieten? | 
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Ein alfrömiſ<er Schreibtiſch. (Die „Bücher“ beſtehen aus Tafeln, die eine Wachsſc<hicht 
tragen, in die die Zeichen eingerizt wurden, oder aus weiß gefärbten Plättchen, auf 
die man mit einem Pinſel ſchrieb. Die Rollen beſtehen aus „Papier“, das von der 
ägyptiſchen Papyruspflanze ſtammt, oder aus Pergament, das heißt Haut. 
beachte au< die zierlichen Geräte auf dem Tiſch.) 
Archytas noch intereſſanter. Der, Mann beichäftigt ſich mit dom 
Bau von Automaten. Eben hat er ein hübjches Theater fertig- 
geſtellt. Da hantieren zwölf Männer an Schiffen, um ſie vom Stapol 
zu laſſen. ' 
hämmernd, bohrend. 
Schnüren und Nädern. 
Allerlei Handwerker arbeiten im Hintergrund: ſägend, 
Und da3 alle3 bewegt ſich, mit Gewichten, 
Außerdem fertiat der geſchi>te Künſtler 
feine ärztliche Inſtrumente, wo- 
bei er ſich überaus feiner Boh- 
rer bedient. Sogar Verſiche 
nut einem Brennglas ſtellt unſer 
Mechaniker an. Aber die Zeit 
verrinnt: die große Waſſeruhr 
draußen auf dem Platz treibt 
un3 zur Eile. 
Nun führt uns der WeJ 
an einem Bauplatz vorbei. Die 
„emfachen Maychinen“, wix 
Schraube, Hebel, Rolle, Rad 
und dergleichen kennt man hier 
i<on längſt. Wie wäre cs 
ſonſt möglich geweſen, Jjeonc 
Riefenbauten aufzurichten, die 
von den Tagen der Aegypter 
erzählen. Ohne Flaſchenzüge 
hätten ſich auch die ſchweren 
Schiffe der Ulten nicht zu 
Waſſer bringen laſſen. Stait- 
bige Arboit! Wollen wir uns 
„ZG+4::. nicht 11 „Wirthaus zum Kra- 
„ZWT]: 2 nich“ ein Glas ägyptiſche 
TD NX MPS ' dy 1 Glas gyptiſchen 
OT N Bieres gönnen? 
Trüben liegt ein Ererzier- 
plaß. Ein neues Wurfgeſchüt 
wird eben erprobt. Dabei übt 
man auch das Signaliſfieren 
| mit beweglichen Holziſlügeln. 
Und dort, wo ein Fluß das Gelände dur<ſchneidet, verjuchen ſich 
Pioniere ain Bait einer Schiffsbrüc>e. Als die Perier ihre Hoer- 
haufen nach Europa hinüberwarfen, daben ihnen griechiſche JIn- 
genieure die nötigen Brücken konſtruiert. Für das Waſſer hat jich 
Man 
die alte Technif überhaupt ſtarf begeiſtert. Wo es 3. B. galt, Waſſer 
zu heben, hatte Archimedes Rat geſchafft. Seine Schraube drehte 
es eipor und bildete ein zuverläſſiges Sc<höpi- 
work. =- Nun führt der Weg zum Hafen. Was 
 
Gelegenheit iſt geboten. Gerade konnnt ein 
„Thebaner“ vorbei. Wie in neuerer, Zeit 
Landau ſeine „Lanvauer“, ſo lieferte die Stadt 
Theben den Alten die „Thebaner“. Wir ſind 
auch ſicher, daß uns der verſc<mißte Roſſelenker 
nicht eine einzige Stadie = das ſind 165 
Meter = zuviel anrechnen kann, denn unzjer 
Wagen iſt mit einer Taxametervorrichtung ver- 
ſehen, bei der ſich die zurückgelegte Stre>e zu- 
- verläſſig ableſen läßt. Man ſtaunt! Vielleicht 
können wir uns ſpäter die ſinnreiche Maſchinerie 
ein wenig näher anſehen. . 
Es begegnen uns allerhand Leute, an 
denen ſich Studien machen laſſen, wie das auch 
Deut auf der Straße möglich und unterhaltijam “7 
iſt. Solange die Welt ſteht, hat e8 wohl müßige 
Nichtstuer gegeben. Auch in alten Zeiten traten 
ſie das Pflaſter. Feime Herren und Damen 
flanierten bereit8 vor Jahrtauſenden herum, 
und ſie machten ſich auch alle Errungenſchaften 
der Technik zunutze. Künſtliche Edelſteine an 
den Fingern tragend, eine Art Eingla3s im 
Auge haltend, duftend nach Seife und Wohl- | 
gerüchen, bekleidet mit Purpur und köſtlicher || 
Seide, geſ<mii>t mit Geweben in leuchtenden 
Farben und mit prachtvollen Stickereien -- ſo 
machte ſich das vornehme Geſindel ſhon vor 
ein paar tauſend Jahren unnüß. Aber Vor- 
ſicht! Eben ſauſt eine Feuerſpriße =- Patent 
Kteſibio3 =“+ vorbei, der wir ausweichen müſſen, 
Wir laſſen den Wagen halten. Der Weg 
führtan einem Laden vorüber, deſſen Inhaber 
wunderbare Erzeugniſſe kunſtgewerblicher Tech- 
nik feilhält. Ob wir uns jenen berrlichen Gla8- 
becher mit farbiger Zeichnung kaufen? Echte 
Ware aus dem alten Glaslande Aegypten. Oder 
wählen wir eine der ſchlanken, vornehm gehalte- 
nen etruriſchen Vaſen? Oder nur ein beſcheide- 
nes Tontöpfhen zum Andenken? Vielleicht 
iſt der Beſuch bei dem tüftelnden Mechaniker 
 
 
 
Mädchen mit Dipty<hon. (Das „Diptychon“" iſt ein 
Buch aus zwei Klappen, die auf der inneren Seite 
mit Wachs8 bede>kt ſind, in das die Buchſtaben ein- 
gerißt werden.) 
für oin Wald von Matten iſt da zu ſehen! 
Wir nmerkon, daß die Alten auch ſchon recht 
viel von der „Nautif“, dex Kunde von der 
Schiffahrt, verſtanden haben müſſen. Draußen 
auf eimer Inſel ragt ein Leuchtturm empor. 
Man hat ihn dem berühmten „Pharus“ nach- 
gebildet, der 160 Meter ho in die Luſt ge- 
ragt hat. Unſer Turin iſt freilich kleiner. Aber 
ein Blinkfeuer trägt er doch, das ſein leuchten- 
- des Auge in regelmäßigen Zwiſchenräumen 
Ichließt, unt deim heranfommenden Schiffer zu 
zeigen, daß er das Feuer eines Leuchtturms 
vor ſich hat. Karten von Land und See führt 
der Seemann mit ſich; ein „Aſtrolabium"“ erx- 
möglicht es iam, die Höhenlagen von Sternen 
zu meſſen, un ſich zurechtzufinden. Und wie 
großartig ſind die Schiffe ſelbſt eingerichtet! 
Bis zu fünf Reihen ſien auf den großen 
Kriegsſc<iffen die Ruderer übereimander. Un- 
natürlic lang ſind allerdings die Ruder in 
der oberſten Reihe. Müſſen ſie dod) über die 
kürzeren Ruder der tiefer Sikendan hinweg- 
ragen. Aber die Alten wußten mit den Sebel- 
geſehen Beſcheid, ebenſogut wie unſere Phyſiker. 
Sie goſſen darum die oberen Enden langer 
Ruder mit Blei aus, um ein Gegengewicht 
"gegen die große Laſt anßerhalb des Schiffes 
. zu ſ<affen. = An einer Stelle wird eine inter- 
eſſante Erfindung von einem gewiſſen Appius 
Claudius vorgeführt. Es iſt ein Boot init 
-- Schaufelrädern! Freilich treibt dieſe noch 
nicht der Dampf wie heute. Aber ein Ochſen- 
göpelwork iſt angeordnet, das die bewegende 
- Kraft ſpendet. Majeſtätiſch liegen Nieſenſchiffe 
vor Anker. Ia, „vor Anker“, denn dieſer 
ſtammt aus uralter Zeit, Es muß ein genialer 
Techniker geweſen ſein, der ein Mittel fand, 
um Schiffe auf den loderen Fluten de8 Waſſers 
gewiſſermaßen feſtzunageln. Zn einem Winkel 
 
 
 
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