Full text: Arbeiter-Jugend - 10.1918 (10)

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in der Atmoſphäre, wie die Ballons, oder jie ſtüßen ſich auf die 
Luftmaſſen, wie die Flugſchiffe. Die Dichte der Luſt hat ihre 
„Urſache in der Anziehunqsfkraft der r Erde, die eine Gashülle um 
ſich gezogen hat; ohne die Gravitation wäre die Luft ſchon längſt 
in: den Weltenraum entivichen. Und fo beſteht der etwas widor- 
ſinnig flingende Ausſpruch zu Recht: das Fliegen wird nur durd) 
die Schwerkraft ermöglicht. Der Flug dur< da8 Weltall aber 
venötigt nicht div Luftdichte, wenn er ihr aud) vielleicht beim 
Berlaſſen des Erdballs deu. erſten Anſtoß verdankt. Er hat de3- 
halb nur wenig init-unjerer Luftfahrt zu tun und möge als Ramum- 
fahrt bez zeichnet werden, denn er ſührt durch den unermeßlichen, 
nur von Aether durchſchwirrten Raunt. 
Wann wohl die erſten Raumſchiffe unſern Planeten verlaſſen 
werden? RRiemand. verntag es. zu ſagen. Wir müſſen aber qar 
nicht is weit gehen, um die ungeheure Bedeutung einer Erfindung 
zu vrfonnen, die yns den Kamps „gegen: dite Schywerfrait au*- 
nehmen läßt, 
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Religionsſtunde. 
Eifrig über ein altes Bul) 
Neigen ſich friſche Geſichter. 
Zu dem traurigen Mann am Rult 
Stehlen ſich Sonnenlichter. 
In den Augen der Kinder liegt 
Ein Heer von zweifelnden Fragen. 
Und der Lehrer, geſenkten Haupts, 
-Lieſt von den Schöpfungstagen: 
Wie ein Weſen von Menſchen Art 
Wollte, daß etwas „werde“, = 
Wie es Lichter für Tag und Nacht 
Setzte der dunklen Erde. 
Und er lieſt. = Und der Sonnenſchein 
Brennt ihm zornig die Hände: 
„Immer die alten Märchen noch? 
Macht ihr nimmer ein Ende? 
Ihr wißt, daß der Erdball ein Stäubchen nur 
Im Wirbeltanz der Geſtirne: = 
Was pflanzt ihr Lügen und Citelkeit 
Noc< immer in junge Hirne? 
Was preiſt ihr an des Denkens Baum 
Die eine verdorrte Blume? 
Schönere ſind hervorgeſproßi1! 
Redet zu deren Ruhme! 
Fort mit dem alten Sagenbuch! 
Wandert auf grünen Matten!“ 
Finſter rückte der Mann am Pult 
Das Buch zurüc> in den Schatten. 
BBB] Aus der Jugendbewegung 
Die „gekränkte Leberwurſt“. 
Schön iſt dieſe Ueberſchrift nicht. Wer die „gekränkt Leberwurit“ 
erfunden hat, braucht ſich nuf dieſe Bereicherung der deutſchen Sprach? 
nichts einzubilden, wird es vermutlich auch nicht tun. Jedenfalls ader 
hat das Wort Treffficherheit in ſich. Landauf, landab fliegt cs den 
Spielverderbern nac ivifft es die, die gar zu empfindlich ſind und ſich 
zar fo leicht in den Schmollwinkel zurückziehen, 
Wie alle fennen fie, haben wohl auch jetber ſchau die „gefränkie 
Leberwurſt“ mitgeſpielt, JIxgend etwas war uns auf einex Wanderung, 
in einer Verſammlung gegen den Stricy) gegangen. Cs ſah) ſo aus, als 
wüßten die „Freie Jugend“ und ihre Führer gar nicht fo recht Zit 
fchäßen, welche wuverdiente Ehre wir ihnen dur< unſere Mitgliedſchaft 
erweiſen, Aber wir laſſen uns nichts gefallen, Wir ſind tief gekränkt 
und machen es nſie der Miniſter, dex bei ſeinem königlichen Herrn in 
Ungnade gefallen iſh: wir ſtellen unſere. Aemiex zur Verfügung, Wir 
tragen feine Zeitung mehr, ſtellen die Kaſſiexung ein, treten von dieſem 
und jenem Poſten zurü& und glauben, daß wir aun einmal dem Jugend 
ausſchuß gezeigt haben, was wir für Kerle ſind. Ju den Verſammlungen 
ſiben wir dann mit der Miene des Tiefbeleidigten hexum, ſehen an 
dieſem vorbei und geben jenem keine Hand, Fertig iſt die „gekränkte 
Loberwurſt“, 
Bei ſouſt gefunden jungen Burſchen gehen folche Anfälle raich vor- 
über, Irgendein luſtiger Fugendgenoſſe findet ſchon das rechte Wort, 
Alfred Reh. 
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um den Verleßten zu kurieren. Zu manchen Fällen aber wird die „ge- 
fränkie Leberwurit“" nicht nur böszartig, ſondern wirkt auch anſte>end. 
Dann jfucht ſie gleichverſtimmte Seelen, und die ſind leicht zu finden. 
Das ſind die Grüppchen und Klübehen, die ſich zuſammentun, um die 
Yuhige geordnete Arbeit für die Bewegung zu durchfreuzen und zu 
bintertreiben. Oft genug fallen ſie nach furzer Zeit wieder auseinander, 
weil ihre Unverträglichfeit eine dauernde Gemeinſchaftsarboit nicht 
zuläßt. Wohl dem, dex dann den Weg zurückfindet! Den meitten aber 
gebt Dice Berbindung mit uns, und damit viellgzicht der Weg zu einem 
ceichen YebensSinhalt verloren. 
Man! follte ſich rechtzeitig von jegticher Hinmn«eigutitg zur „gefränkte2! 
Leberwurit“ freimachen. Jhre Rolle iſt nicht xühmlich. Bei allein ex- 
fabrenen, lebensreifen Mentchenm gelten ihre Freunde als Schwächlinge, 
ie nicht recht wiſſen, was fie wollen. Ueberempfindlichfeit iſt feine au- 
genwehme Beigabe für die Reiſe durch das Leben. (Es givt überall Stöß. 
und Knüffe, harte und ungerechte Worie. Beſſer, man haut einma! 
wieder - <w8s nicht jſtreug wörtlich) zu nehmen jit --- ws ſchreit aud) 
cinmal einen au, als daß man ſich hewlmeierad auf die Seite ſtellt. 
Wer, wie wir alle, mitten im Kampf ums Daſein ſteben muß, iſt übe! 
Iran, wenn ex eine Haut fein eiqen nennt, fo zart, wie die jener Priu- 
zeſſin im Märchen, Iie dur< wer weiß wieviel Betten noch eine Exbi- 
ipürie. Er füt qut, ſich frübzeitig in eine Hornhmtt wie Siegfricd eiun- 
abüllern. Daun kämpft ex mit jeglichex Höltenbritt, Die Uns Iräuen 
mlagert, und blickt verächtlich auf die, voit dette man mir Spott iti 
üchielzu ein faat: Gefränfte Leverwuri? 
Die Dresdner Arbeiterjugendbewegung 
Sat, wie 11s nus DreSden berichtet wird, ſeit dex in ben eriten Motniation 
des Jahres 1917 erfolgten Neuveganiſierung außerordenktlic) raſche und 
hocherfreuliche Fortſchritte gemacht. Die Vitaliederzahl ha! das erſte Tan- 
ſend bereits überſchritien. Die Zahl der über die ganze Stadt und eine 
Reihe von Voroeten verſtreuten Gruppen hat 14 erreicht. 
Cbenſo9 erfreulich wie dieſex roge Urfſchiviuna iſt die ſeit dex Be- 
geündumng der Vereinigien Dresdner Arbeiterjugend, itt der die DreSdneor 
WYWrbeiterjugendbewegung ſeit dex Neuorganiſierung ihren Ausdru> findet, 
Jeleiſtete Arbeit für Nie Weiterbildung von Körper und Getit und für die 
Pflege des fünſtleriſchen Genmießens, edter Geſelligkeit und echter Kame- 
cadſchaftlichfeit der Mitglieder. Nicht weniger als 911 Veranſtatiungen 
vereinigten bis Ende „Sebruar 1918 11015 Beitehor. Außer zahlreichen 
vieder-, Leſe- and Disfutierabenden, verſchiedenen Führungen ditr:h 
Muſeen und Sammlungen, vielen Gruppeniwvandertungen ins Feeie und 
neun künſtleriſchen Weihnachtsfeiern fandon it den Gruppen 92 Voriräge 
aus den verſchiedenſten Wiſſensgevieten ſtatt. Ferner wurden für alls 
Gruppen gemeinſam ein Waldfeſt, ein Cinführumnagsavend im die Muſik, 
ein bunter Kunitabend“ und vier Theatervorſtelhmagen veranmtaltet, Neben 
der „Arbeiter-Jugend“, die allen Mitgliedern foiteiilos zugeitellt wird, 
wurden 300 Jungvolfz= Kalender 1918 veröreiſct und für mehr als 600 Mi. 
aue Bticher verloſt. 
Dieſer rege Aufſchivung wid die Lebhafte Tätiatoit. der Vereiniato 
Drosdner Arbeiterjitgent erfüllt un fo mehr mut Gemugttuna, as ſit ve 
wollders in det erſten Zoit ihres Wirfons mit allen mogliche Schwierig 
reiten und Widerſtänden zuu fämpfen batte, die ihr durch eine fleine Gruppe 
jumger, der dugendbewegung bereits entwachſoner Leoitze in don Weg e- 
välzt wurden. Dieſe Gruppe hatte deit früheren Jugendvidungsverein 
Us: Tummelplaß ihrer gegen die Parici wd die Geworkichaftien gerichteien 
Troibereien mißbraucht und ihm dadurch 19. geſchwächt, daß er erittenz- 
unfähig wurde, Die dieſen Treibercien fermtehoenden WMiitgiieder Des 
Zugendbildungsvereins tellten gemeinfau mit dox Partei wund den Ge 
werkſchaften die Dresdner Arbeiterjuge1 Ibewegung dur) die Begründung 
"der Vereinigten Dresdner Arbeiterjugend auf -eine neue geſitnde Grund: 
lage, die ſich, ivie die geſchilderte Entiviälung lehrt, vorzüglich bewährt, fo 
daß in Zukunft ein weiteres ſchnelles Aufvlühen n15 ſ0gens reiches Wirleon 
der Beiveogung zu erlnffen iſt, 
Die ZwangsScerziehung verſagt. 
Die Zuntralſtelte für Velkswohlfahrt hat vine Umpſrage veranjtalict, 
um feſtzuſtellen, weiche Crfahrungen mii den Jugenderlaſſen der ſtell- 
vertretenden Geneoralkomuandos gemacht worden jivd. YUs den Ank-= 
worten aeht hervor, daß die anfängliche Begeiſterung über das Gingreiken 
der ſtarken militäviſchen Hand längſt geſchwunden iſt. Dix Grfolge ſnd, 
wie wir voroausgeſelt haven, mindeſteun3 ſehr zweifelhaft. Ju den 
großen Städten und fi ven Juduſtriebezirxfen. haben die Erlaſſe voll- 
jtändig verſagt, weil ſic dort unmöglic) durchzuführen ſind. Man ſprich 
uber ſogar davon, daß ſie das Gegenteil ihrer Abſicht erreicht hätten, 
äamtich We>ung des Widerſpruchsgeiſtes, Schwinden der Achtung vor 
Geſeß und Obrigkeit und ähnliche Untugoenden. Cs verbreitet ſich all 
gemein die Anſicht, daß man die Jugenderlaſſe nicht ohe weiteres in 
den FriedensSzuſtand übernehmen „Jolle, wenigſtens nicht, ſoweit ſic jich 
mit Strafandrohung gegen die »S ugenmdlichen ſelbſt richten. Jm 
einzelnen hat fich exgeben: | 
Die Durchführung der Alkohol- und WirtsShauz- 
verbote war mangelhaft. Zahlreich waren die Umgehungew vurc 
Botreittug der Wirtszräume durch Hintertüren, Aufenthalt in Neben- 
räumen, Fälſchung ver Ausweiskarten uſiv, Die meiſten Jugendpfleger 
lchnton für die Friedenzzeit Strafandroßungen gegen die Jugendlichen 
ab, forderten aber, daß die Abgabe von Alkohol und die Duldung von
	        
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