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"hinter un8, und wir ſtehen ganz im
und Papſt ſiegreich in die
Arbeiter» Jugend |
Rothenburg, Plönlein mit Sieberstlurm und Kobolzellerkor. |
Bilder aus Rothenburg.
ir waren in Würzburg zum ſozialdemokratiſchen Parteitag.
Sieben Tage lang hatten wir zahlloſe Reden gehört,
lagen Berge von Leſeſtoff vor uns aufgetürmt, waren
Beſchlüſſe über Vergangenheit und Zufunft der Partei von uns
verlangt worden. Nun waren zum guten Ende die Hochrufe auf
die deutſche Sozialdemokratie durc<; den Saal gebrauſt, trußigq und
bofinungsfroh war das Arbäüiterlied „Wohlan, wer Recht und
Wahrheit achtet . . .“ verklungen, und wir ſtanden unter den
herbſtlichen Bänmen am Main und holten tief und lange Ate.
Wenn uns jekt der Schnellzug heimwärts trug, fo galt wieder der
Zukunft, in die der Parteitag weit hineingewieſen hatte, unſere
Arbeit, WeShalb nicht zuvor int alten Frankenland ein paar
Tage lang den Spuren der Bergangenheit folgen? Mainauſ-
wärts liegt manches nnttelalterliche Neſt, an deſſen Manern die
Stürme geſchienter „Mnttor und ihrer Wannen zerſchellten, lieat
manches vergeſſene Dorf, deſſen Bau-
zogen. Die Giebel und Erker, die Laufbrunnen
und verwitterten Höfe, die Patrizierbauten und
die Pfahlbürgerhäus<en, die jeßt ſo- trauliche
Straßenbilder ſtellen, haben nicht nur prunkvolle
Feſte der „kaiſerholden“ Stadt geſehen, ſondern.
auch manche Tage erlebt, da die Sturmgloc>en
von den Türmen dröhnten und die Männer der
Stadt auf den Mauern verbluteten, bis jengend
und mordend die feindlichen Hverhaufen in die
Häuſer drangen.
Aus faſt einem Jahrtauſend deuticher Stadt-'
geſchichte rufen dieje Türme und Mauern Er-
innerungen in uns wach. Vom elften bis zum
vierzehnten Jahrhundert ſchwang ſich Nothenburg
troß manchem Waffengang nach außen und man-
dem Kampf um die Herrſchaft im Innern der
Stadt zu anſehnlicher Macht empor. Dann ſeßte
der Jahrhunderte währende Klaſſenkampf Der
Bürger gegen den Adel, der Städte gegen die
Burgen ein. Auch die Nothenburger machten
nicht viel Federleſens. Sie hängten die adligen
Wegelagerer und deren Spießgeſellen, wo ſie
ihrer habhaft werden konnten, und zerſtörten in
fühnem Handſtreich die Burg, wenn ſie das Raub-
neſt zu überrumpeln wußten. Da fam manches
Mal von den geſchädigten Junkern ein Fehde-
brief wie diefer am: > .
„Wiſſet, Bürgermeiſter und Rat und ganze Ge-
incinde der Stadt Rotheburg auf dex Tauber, daß
ich Euer Feind ſein will, um das Unrecht, daß Jöyr
meiner Hauisfratven und mir getamw habt an unſerm Teil, das Schloß
zu Tannenberg und will ich mein Ehr an ccuch bewahrt haben. Un:cr
meinem Juſiegel am Dienstag nach Sonntag Cantate 1411.“
Auf lange hinaus ſc<lug man ſich dann im weiten Umkreis
tot und zu Krüppeln. Die edlen Nitter ließen die etiva gefangenen
Rothenburger in ihron Burgverließen bei lebendigem Leibe ver-
faulen, die Rothenburger aber machten die in ihre Gewalt ge-
rafenen Feinde um einen Kopf kürzer. Vor dem Galgentor, da3
wir jeßt friedlich betrachten, hat mancher Ritter mit ſeinem Knecht
unter deimt Beil des Scharfrichters jeinen Leiten, angſtvollen
Schnauſer getan, - Schlunmer noch ging es den Rothenburgern,
die ſich zum Verrat ihrer eigenen Stadt an die Nitter beſtechen
ließen. Drüben im Faulturm, in dem wohl auch damals ſchon-
Eulen und Dohlen hauſten, wurden ſie zuu Tod gemartert. Die
ſtarken Mauern des Turms ſind verſchwiegen, Anch) das finſtere
den Erzählun-
Leute jet noch geſpenſtern ſoll, war nanchem
der leite, unfreiwillige Aufenthalt.
Vorließ unter deim alten Rathaus, in deim es nach d
aen glaunbenstytarfer
ern Anno 1525 mit Spießen, 'Dreſch-
ilegeln und Miſtgadeln ihren kirch-
lichen und weltlichen Unterdrücfern zu
Verbe rückten. Im Taubergrund aber,
nahe der Grenze Württemberg3, lo>t
„das Schaßzkäſtlein deutſcher Vergan-
genheit“, Nothenburg ob der Taunvber.
Von Steinach an der Aiſch bringt
uns eine Bahn in langer und lang-
jamer Fahrt zum Ziel. Wer, roman-
tiſcher Phantaſien voll, vom Bahnhof
zum Städt<en geht, kann leicht ſich -
fragen, ob er nicht etiva an einer ver-
kehrten Station ausgeſtiegen ſei, denn
von dieſer Seite gleicht Rothenburg -
eher einem aufblühenden Induſtrieort
als der vielgerühmten, zinnenreichen,
alten deutſchen Stadt. Hat man aber
das Röder Tor mit ſeiner Baſtei durcch-
ſchritten, ſo verſinkt die Neuzeit mit
ihren Fabrikſchloten und Villenbauten
Bann der einſtigen freien Neichsöſtadt
des heiligen römiſchen R eiches denticher
Nation. Sie träunt noh immer hanter
hohen Mauern mit ſech8 ragenden
Burgtortürmen, an: denen Jahrhun-
derte gebaut haben, von ſtolzen, ver-
gangenen - Tagen. Ueber die Straßen |
mit holprigem Pflaſter ſind ſeit Nudolf |V
von Hab38burgs : Zeiten viele deutſche
Kallex. und „ihre Heerführer zu ge-
ichichtlichen. Tagungen geritten, aber
auß manche 'Rebellen gegen Kaiſer
Stadt ge
Rotheüburg; Kovoizeilerkor,
Dort iſt im Jahre 1408 neben armen
S> jächern aud) der reichſte und mäch-
tigite Bürgernteiſter der Stadt, 5 Topler ,
verſc<hmachtet, weil or c3 mit ſeinen
Klaſſengenoſſen aus dem Patriziat
verdorben hatte. Sein Schlößc<en, ein
eigenartiger ; Turmbau, ſteht jeßt noch
drunten im Taubergrund.
Die Patrizier, eine Netihe von alk-
eingeſeſſenen, reichgewordenen Gc-
ſc<hlechtern, waren im Mittelalter die
h&rrſchende Klaſſe an Nothenburg, Sie
jaßen im ſtädtiſchen Nat, ſie nußten
alle Vorrechte aus, bi8 die erſtarkte
Handwerkerklaſſe ſich zu einer Stadt-
- revolution erhob. Die vornehmſten
- Rat38herren flogen in8 unterirdiſche
Verließ, und auf den oberſten Rats8-
bänken nahmen die Vorkämpfer der
- unterdrückten Klaſſe Plaß: „der hin-
kende Engelhardt Spieß“, Färber und
Steinmetzen, Tuchmacher und Zimmer-
- leute, Sdloſſer und Schneider. Der
“"„Umſturzg bewirkte eine Deumofrati-
. ſierung Ser Stadtverfaſſung. Hand-
. Werfer kamen in den äußeren und in
-.den inneren Rat. Manches Patrizier-
.. geſchlecht wollte ſic) von ihnen nicht
* regieren (öffen und ſchüttelte den
- Staub ider (Stadt von den /FÜßeir.
-' Die klügeren jedoch blieben da 'und
?-verſtanden es denn auch richtig? den
Handwerkern die- eroberte Gleich-
“berechtigumg allmählich" wieder Wweit-
gebend einzuſchränfen. Aus. den