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dem jene doch eigentlich nur die änßere Kruſte darſtellen, Hervor-
ragungen aus dem mit Waſſer erfüllten Been. Man bedenke,
daß die Dicke des Erdballs faſt dreizehntauſend Kilometer beträgt,
der tiefſte Meere3abgrund aber keine zehn K Kilometer erreicht.
Machen wir wieder ein Modell, die Erdkugel zum dreizehn Meter
dicken Globus: auf dieſem wäre jene abgriindigſte Senkung koin
ganzes Zentimeter tief.
Man begreift, daß es unter dieſen Umſtänden kaum möglich
iſt, auf dem beſchränkten Raum cines Zeichenblattes8 einen den
wahren Maßen entſprechenden Querſchnitt etwa des Mittelmeers
zu geben, weil die Höhenunterſchiede gar zu gering ausfallen.
Unſer Reſpekt vor der naſſen Tiefe wird freilich darum nicht ae-
ringer, denn -- einc Pfütze genügt, um darin zu ertrinken.
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Der Tote.
Von den Maſchinengewehren zerbiſſen,
Lag vor dem Graben, es war nur ein Sprung,
Ein toter Soldat; zerfetzt und zerriſſen.
In einer Nacht
Haben wir uns zu dritt aufgemacht,
Den Toten in unſere Zeltbahn gebunden
Und uns durchs Drahtverhau geſchunden.
Herrgott, wie war doch der Tote jung!
Wir Musketiere
Standen um den Toten ſtumm wie ; Tiere.
Jedem war es, als ob er friere . .
Und es war doch eine dunkle, bebende Nacht,
Als wir ihn in die Stellung gebracht.
Wir Jungen haben
Den Toten nicht begraben.
Wir waren all2 viel zu jung,
Alle noh voll Kraft und Schwung!
Wehrleute
Bargen des Todes blutige Beute.
Da begruben ſie auch unſere Jugenderinnerung.:
Max Barthel.
LI
Kürzung der Lehrzeit für eingezogene
Lehrlinge.
u dieſer Frage, die auch in der „Arbeiter-Fugend“ wiederholt
behandelt worden, veröffentlicht die „Metallarbeiter- Zeitung“
in ihrer Nummer vom 25. Mai d. I. unter dem Titel:
„Eine anerkennen5werte Stellungnahme in der Qehrlingsfrage“
folgenden Beitrag:
„Einige Zeit bevor die Einziehung des Jahrgangs 1900 zu
Heores8dienſt erfolgte, hat ſich die Bezirks8leitung vom 9. Bezirk des
Deutſchen Metallarbeitorverbandes an das Württembergiſche
Krieg8miniſterium gewandt und darauf hingewieſen, daß davon eine
erhebliche Anzahl junger Leute betroffen wird, deren Lehrzeit erſt
ini kommenden oder übernächſten Jahr beendet jein wird. Die
Bezirksleitung ſtellte zugleich das Anſuchen, ob e8 nicht möglich
wäre, dieſe jungen Leute vom Heeresdienſt bis zur Beendigung
der Lehrzoit zurückzuſtellen, oder zum mindeſten ſolange, bis ihnen
Gelegenheit gegeben iſt, durc< das vorgeſchriebene Geſellenſtü> ihre
Lehrzeit ordnungs8amäß zum Abſchluß ZU bringen. Gleichzeitig
wandte fich die Bezirksloeitung auc< an der Verband Wiürttember-
giſcher Metallinduſtrieller, unterbreitete auc dieſem die Angelegen-
heit, mit dem Erſuchen, in gleicher Weiſe beim Kriegsminiſteriun
Schritte zu unternehmen.
Der Metallinduſtriellenverband unterſtüßte ſofort in anerken-
nenswerter Weiſe die Anregung der Bezirksleitung. Es fand daun
eine gemeinſame Ausſprache mit einem Vertreter des Kriegs-
miniſteriums ſtatt. Leider konnte dem Wunſch der beiden Draani-
ſationen aus allgemeinen Gründen nicht Rechnung getragen wer-
den, da ein Ausnahmefall geſchaffen worden wäre, deſſen Nückwir-
kungen auf andere Berufsklaſſen nicht ohne erheblichen Einfluß
geblieben wären. Die eigenartige Lage der jungen Leute, die mit
unvollendeter Lehrzeit eingezonen werden, überſah jedoe) das
Kriegsminiſterium nicht, und: es fekte fich dann weiter mit den
Metallinduſtriellen in Verbindung, um eine gewiſſe einheitliche
Behandlung der Sache im Intereſſe der Lehrlinge zu erreichen.
Das Ergebnis in der Angelegenheit wird nun in nachſtehender Bo-
Fanntmachung des Wäürttombergiſchen Kricegsminiſterimms8 im
„„Wekablatt" veröffentlicht:
*abgebalten wurde.
Kgl. Württ. Krieg3miniſterium
Abtlg. für Waffen, Feldgerät und
Kriegzamtsangelegenheiten. Stuttgart, den 15. Mai 1918.
Kürzung der Lehrzeit für die zum Heerxs8dienſt
eingezogenen Lehrlinge.
Die frühzeitige Einberufung, der landſturmpflichtigen Rekruten
zum Heeresdienſt bringt es mit jich, daß ältere Lehrlinge, oder ſolche,
welche eine längere als dreijährige Lehrzeit haben, nicht ſelten vor
Beendigung ihrer vollen Lehrzeit eingezogen und damit zum vor-
zeitigen Abbruch ihres Lehrverhältniſſes gezwungen werden. EZ iſt
nun aber, wenn nicht dringende berufliche Bedenken dagegen ſprechen,
nicht erwünſ<t, daß ſolc<e Lehrlinge, wenn ſie nach erfolgter mili-
täriſcher Aus8bildung im Felde geſtanden und ſich erprobt haben, viel-
leicht erſt nach geraumer Zeit wieder eine kürzere Spanne als Lehr-
linge eintreten ſollen, um nicht der Vorteile des ausgelernten Ar-
beiters verluſtig zu gehen. Eine Zurückſtellung der jungen Leute
zwe>s Vollendung ihrer Ausbildung iſt mit Rücſicht auf die Erſaß-
lage und zur Vermeidung von Vorgängen grundſäßlich nicht durc-
führbar. Es ſollte de3halb nach Möglichkeit dafür geſorgt werden,
dak entweder, wie beiſpielsSweiſe bei den Schülern höherer Lehr-
anſtalten, der Zeitpunkt der Lehrlingsprüfung unter Berüdſichtigung
der Einberufungen feſtgelegt over daſ den Lehrlingen der reſtliche
Toil der Lehrzeit erlaſſen wird. Im Intereſſe der Billigkeit ſollten
die möglichen Erleichterungen auch "den ſchon einberufenen Lehrlingen
nachträglich gewährt werden,
Da dice berührte Frage für die Metall- und Maſchineninduſtrie
wohl am brennendſten iſt, hat ſich das Kriegsminiſterium, Abteilung
Weka, hierwegen mit dem Verband Württ. Metallinduſtriellex ins
Benehmen geſebt. Dieſer hat ſich grundſäßli< damit einverſtanden
erflärt, daß denjenigen Lehrlingen, die vor Beendigung der vertrag-
lichen Lehrzeit zum Heeresdienſt einberufen werden, der Reſt der
Lehrzeit erlaſſen und das durch 8 127c der Gewerbeordnung vor-
geſchriebene Zeugnis ausgeſtellt wird, ſofern ſie den erforderlichen
Grad der Ausbildung erreicht haben. Entſprechend ſoll auch bei den
jchon einberufenen Lehrlingen verfahren werden.
Es muß die Hoffnung ausgeſprochen werden, daß die Frage
überall da, wo nicht unüberwindliche Hinderniſſe entgegenſtehen,
innerhalb der geſeßlichen Beſtimmungen in derſelben entgegen-
kommenden Weiſs geregelt wird, wie es durd) den genannten Verband
geſchehen iſt. v. Tognarelli.
Dieſe Stellung des Württembergiſchen Kriegsösminiſteriums
und des Metallinduſtriellenverbande3 iſt ſicher unter allen Un1-
ſtänden begrüßenswert. Es wird dadurch zutage getretenen un-
verſchämten Ansbeoutungsgolüſten einzelner Firmen ein gehöriger
Riegel vorgeſchoben. Sind uns doch viele Fälle bekannt, wo Firmen
ihren zum Heere eingezogenen Lehrlingen entweder kein Abgangs-
zeugnis gaben, oder wenn ſic ein ſolches aushändigten, dies nur
unter der Bedingung taten, daß die zum Scer Einrückenden ſich
vertraglich verpflichteten, ſolange nad) ihrer Entlaſſung vom Heer
als Arbeiter mindeſtens wieder bei der Firma zu arbeiten, als
ihnen an der Beendigung ihrer Lehrzeit fehlte.
Abgeſehen davon, daß. ja ſolc<e Verträge wider die guten Sitton
verſtoßen und rechtzungültig ſind, bietet die Stellungnahme des
Metallinduſtriellonverbandes und des Kriegsminiſterium8 ==
wenigſtens in Württemberg -- die Handhabe, daß überall mit Exr-
fola die Schlihtungsausſchüſſe angerufen werden können, wo Lehr-
herren oder Meiſter in anderer Weiſe zum S<haden der jungen
Leute verfahren wollen.
Zurzeit ſ<weben Verhandlungen mit der Handwerkskammer,
um die ſpätere Ableiſtung des Geſellenſtücks 31 erleichtern. Es
wird verſucht werden, auch dies zu ermöglichen, damit die zum
Heer eingezogenen Lehrlinge nach ihrer Entlaſſung bei der Firma
ihr Geſellenſtü> koſtenlo8 anfertigen können, wo ſic vorher in der
Lehre waren.“ - R , en
Dy Aus derZugendbewegung [3
Jutgendtag für das weſtliche Weſtfalen.
Dortmund wird uns geſchrieben: Auf einen
Aus
lungenen Jugendtag kann der Bezirk weſtliches Weſtfalen zurückblicken,
Die Bewegung iſt hiex zwar noch jung, es geht jedoch rüſtig vorwärts,
Das zeigte im vorigen Jahr di erſte Tagung ind in noch Überzeugen-
derer Weiſe Der: zweite Jugendtag, der dieſe Pfingſten im Witten
wohlge.
Zn der Nähe des ſchönen Ruhrtal8 und .de3 an-
mutigen Ardeygebirges gelegen, gab gerade dieſe Stadt einen guten
Treffpunkt für unſere wanderfrohe Jugent ab, Zwar iſt man hier
noh mitten im Reich der qunalmenden Schlote und unraſtvoller Zechen,
aber die Nähe unentweihter Natur läßt darüber hinwegjoehen. Und - jo
fand ſich denn - eine ſchr anſehnliche Shar unſeres Jungvolks zuſammen,
die den großen Saal. und den ſchattigen Garten der Wirtſchaft Roeth--
meyer bis auf 'das lekte beſcheidene Ed<en füllten. Es wird geſchäßt,
daß 2000 bi3 2500 Jugendliche und in3geſamt etwa 3000 Teilnehmer
anweſend waren.
Gindrucsvoll war die Feſtvorfjammlung, mit ex der Jugendtag
eröffnet wurde, Nach dem Begrüßungslied der Arbeiterjugend aus
Lünen: „Wir ſind die Jugend aus dem Proletariat“ ſchilvexte. dex-B22
aixksiugendleiter, Genoſſe Klupſ< (Dortmund), die Ziele und Aufs
- gaben der Arbeiterjugendbewegung. Wie ſich die Bewegung im Bez zir?
Darüber führte er
während des Kricgs zahlenmäßig emtwidolt hat,
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