Full text: Arbeiter-Jugend - 11.1919 (11)

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Arbeiter» Zugend 
 
 
. „Zweierlei marſchieren... 
ie 8 * Gräues Kkeid und Kriegsgepä> 
= *.Drückte uns die jungen Glieder, | 
' Und. in 'Strömen rann der Schweiß.“ 
An: dem müden Körper nieder. 
Sahen ſeitwärts nicht den Tann, 
Nicht die früchtereifen Wogen, 
Stumpf den Bli auf Vordermann, 
Kam die Kompagnie gezogen. 
Hauptmann rief in barſchem Ton: 
.„Borwärts!. Leute! Wollt Ihr ſingen!“. 
- . “"Staub'ge Kehlen brüllten ſchon, 
-- “ Doch harmoniſch wollt's nicht klingen. 
Neues Blühen fan ins Tal. 
. . . Ungeduld'ge Beine beben,. .. 
* - Bis ſte ſich im muntern Schritt " : 
. Wandernd auf der Landſtraß' heben: 
“Sendet Sonne ihre Glut. . 
* Auch auf unbedeckte Köpfe, 
- Singend ſchwenken wir den Hut =- 
Wanderluſtige Geſchöpfe. 
Singen zu der Laute Klang 
Alten Wunderhornes Lieder, 
Und im Hochgefühl der Luſt 
Hebt der Takt die jungen Glieder. 
SEE . Sojus er fürdie | 7 
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Franz Oſterroth. 
 
 
 
 
 
 
Sämtliche hier empfohlenen Werke ſind von den Parteibuchhandlungen am Wohnort 
des Abonnenten, von den Parteikolporteuren und von der Buchhandlung Vorwärts 
(Berlin 5W. 68, Lindenſtr. 3) zu beziehen. 
Im Dienſte der Menſc<heit, 
In Nr. 13 der „Arbeiter-Jugend“ vom 29. Juni 1918 Habe ich 
auf zwei Bücher aufmerkſam gemacht: „Das Feuer“ von Henry 
Barbuſſe und „Beethoven“ von: Nomain Rolland, Als8 Menſ<heits- 
bücc er bezeichnete ich ſie, und wer von euch ſie geleſen Hat, wird dieſe 
Bezeichnung gerechtfertigt finden. Seitdem hat der Verlag von Max 
Raſcher, : Zürich, ſeine Kullturtätigkeit fortgeſcht und als „Europäiſche 
Bücher“ bzw. in der „Europäiſchen Bibliothek“ weitere Bände erſcheinen 
laſſen, die wenigſtens zum Teil zu leſen eine Notwendigkeit iſt. So 
ſind in der am zweiter Stelle genannten Abteilung neuerdings exr- 
ſchienen: Leonid Andrejew, „Hinter der Front“; Henry Barlöuſſe, 
„Das Frühlicht“;*) H. G. Wells, „Mr. Britling ſchreibt bis zum 
Morgengrauen“; endlich: „Menſchliche Gedichte im Krieg“. 
Ich bringe es nicht fertig, !'dieſe Bücher kritiſch abzuwägen, weil 
iq) möchte, daß ihr euch ein ſelbſtändiges Urteil bilden ſollt, Jhr 
könnt es, denw es iſt nicht ſchwer. Seid ihr nicht vom tiefſten Haß 
erfüllt gegen den Krieg? Habt ihr nicht Tänger als vier Jahre exr= 
fahren, 'daß er ein ungeheures. Schre>nis iſt, ein AlleSvernichter? Jhr 
habt die Pflicht, düe Empörung und den Haß gegen 1den Krieg in cuch 
mit allen: Mitteln Feſtzuhalten undd gu ſchüren, denn die 8 iſt eure 
größte und heiligſte Aufgabe: nie und nimmer gleichgültig zu 
werden. Der Menſch vergißt ja. ſo leicht und ſo gern da3 Schrec- 
liche, =- das liegt im ſeiner Natur. Aber 23 gibt Dinge, -deren er ſich 
immer wieder erinnern muß, wenn er als Bannerträger einer ibeſſerew 
Zukunft daſtehen will, 
 
 
ennemmmantgen, 
entnommen, während „Das Frühlicht"“ aus Barbuſſe3 Buch „Das 
Feuer“ ſtammt. Beildde Romane erſchienen in der Abteilung „GEuro- 
päiſche Leicher“" des Raſcherſchen Werlags, =- 'Der Preis für die Bände 
der „Guropäiſchen Bibliothek“ beträgt je 2,50 MX., kartoniert. ' 
+) „Hinter der Front“ aſt dem Roman „Das Joch des Kricge8"“. 
Seit-dem 9. November 1918 iſt jeder einzelne von euch mit teil- 
haftig an der Verantwortung für dieſe Zukunft. -- 
Von den Romanen erwähne i<h: „Briefe eines Soldaten"; ; An- 
dreas Laßko, „Fricken38gericht“; Leonhard Frank, „Der Menſch ijt gut“. 
Die Aufhebung der Zenſur hat auch für dieſe Werke den Weg nach 
Deutſchland frei gemacht; nun muß erhofft werden, daß all. die guten 
und wahrhaftigen Gedanken auch in die Herzen der Menſchen gge- 
langen. Dann, aber auch mur dann wird ſich erfüllen, was in Laßkos 
„Friedensgericbt"“ der Frangoſe Marlier begeiſtert und zukunftsfroh 
ausſpricht : 
„Die leeren Hände müſſen ſich findemw; denn e8 gibt eine Sprache, 
die wird auf der ganzen Welt geſprochen; der hungernde indiſche Kuli 
verſteht ſie ſo gut, wie die Männer, die ſich ſeit drei Jahren, nur vom 
Tode nicht verlaſſen, gegenüber liegen: es iſt idie Sprache !des Schmerzes, 
div Sprache der Seele, die ſich aufbäumt gegen das Unrecht, daß ſie 
erleiden muß. Man hat die Menichen ihinter Grenzen geſperrt, ein- 
farbig angeſtrichen und aufeinanderqgchebt; in ein grauſam ſchlaues 
Netz von angeblichen Pflichten und Strafen und Ghren geſchnürt, nur 
damit ſie ſic nicht in dieſer angeborenen Sprache verſtändigen können. 
Aber das geht jeßbt nicht länger! Darum Hat das Leid ſo 
unſagbar ſchwer werden müſſen, damit alle Ketten wie Bindfaden 
reißen! Die Welt liegt in den Wehen: und wird die Menſchenrechte 
neu gebären, =- im hundert Jahren gründlich ausgetragen, für ewige 
Zeiten geprägt. = Jhr könnt euch Heiligſt darauf verlaſſen!“ 
Fhr alle, die ihr Miterleber der Revolution ſeid, werdet zu Mit- 
arbeitern on idem Neuen, das die Revolution brachte. Vergeßt nie- 
mals, vergeßt zu Feiner Stunde, daß ihr die Träger der Zukunft ſeid 
und daß die Aufgaben, die eurer harren, ganz ungeheuer ſind. D. 
* 
Warum ſoll der junge Arbeiter ſozialiſtiſche Bücher leſen? 
ES iſt ein bekanntes Wort: „Wenn Bücher auch nicht gut oder ſchlecht 
macken, beſſer oder ſchlechter machen ſie doch" auf jeden: Fall.“ Unld ge- 
rade heute, im Zeitalter dex Zeitungen, Flugblätter und der Schundliütera-= 
tur, iſt ein gutes Buch doppelt wertroll. Jhr habt fowieſo nicht die Zeit, 
euch wahllos mit allem Gedruckten zu beſchäftigen, das euch vor die Augen 
kommt. 'Guer Tag iſt angefüllt mit Arbeit, und der Abend gehört der 
Erlholung uind Ausſpannung. Niemand wird e2 euch auch: verargen, 
wenn ihr es vorzieht, mit euren Kameraden euch einige frohe Stunden 
zu verſchaffen. Aber ihr alle, oder doch die meiſben von euch, habt doch noch 
andere Intereſſen als die Arbeit und die Erholung im ſteten Wechſel, 
3hr feid Arbeiter; von Jugend auf habt ihr geleun>t, das Leben als 
verfehlt anzuſehen, das mur Erfüllung von Pflichten von euch forderte 
und eurem Wunſch, euch zu bilden und euren Geiſt zu entwideln, Nur zu 
häufig ſich widerſekte.. Dann war ein gutes Buch, das ihr irgendivo 
fandet, „oft der einzige Troſt, war der Freund, der euch Aufſchluß gab 
über fo mancherlei Dinge, ider eure Phantaſie. anregte und. euer Denken 
belebte. Dann Habt. ihv alle die Macht des geſchriebenen Wortes er- 
Fennen gelernt und erfahren, wieviel es euch geben konnte. G3 beein- 
flußte euer Denken im einer beſtimmten Richtung und gab euch Antwort 
auf die ernſbeſten Fragen. 'Und gerade heute iſt es beſonders wichtig, 
ein richtiges Verſtändnis . für die weltbewegenden Aufgaben unſerer 
Zeit zu bekommen, „um im- Kampf um das Ziel die wichtige . Stellung 
einmehmen zu können. Gewiß, wir Arbeiter wiſſen auch ohne viele Worte, 
wa3 wir wollen. Wir haben überraßchend IEmell erreicht, iwas - Ierefang 
unſere Hoffnung war 
Aber D03 allein genügt nicht. Wir müſſen amevnüblich weiter- 
arbeiten aw dem Werk des. Sozialigzmus. Wir müſſen ſeine Gedanken 
voll verſtehen, um ſie jederzeit und vor jedem voll vertreten zu können. 
Wir müſſen wiſſen, wie unſere großen Führer gebacht [hbaben, wie jie ihre 
Lehren in Handeln umgeſelßt haben, Dazu hilft eu< aber in erſter 
Linie die Lektüre ſogialiſtiſcher Bücher. Jn -jodem Jugendheim liegen 
ſie aus, jede Arbeiterbibliothef hat einen Vorrat von ihnem-und- ſtellt ihn 
euch gern zur Verfügung. Glaubt nicht, daß es trodener wiſſenſchaftlicher 
Kram iſt, mein, das meiſte iſt klar verſtändlich und: leben8voll.. Dä liegt 
mir 3. B, ein: Büchlein: vor, betitelt: Jean Jaures, Sozialiſt und-Staat8- 
mann, von M, Beer.*) Hier habt ihr eim getreues? LebenSbild des“ großen 
franzöſiſchen Volksführers, feine3 Wirkens und Schaffens, und- zugleich 
ein Jdeal ver Volksführer übenſhaupt. Wenn man das Buch: lieſt, be- 
Fommt man ohne weiteres einem Begriff von der unwiderſtehlichen Kraft 
unſerer Ideen, die ſolche Männer Hewvorbringen. Jeder einzelne von 
euch hat die Pflicht mitzuarbeiten für dieſe Jdeen. - Aber dazu gehör 
Aufklärung, Erkenntnis, Wiſſen. Alle3 da> findet ihr in den ſozialiſti- 
ſchen Büchereien. Macht | iden Verſuch und Überzeugt 'euch felbfſt! “ 
+) Verlag für Soxialwiſſenſchaft, Berlin SW. '68, Linvenſtr. 114, 
Unſere Jugendausſchüſſe erhalten Rabatt für. die Erſcheinungen. de38- Ver- 
Iags und. ſollten fich ein genaues Verzeignis. kommen: [affen .. H. W. 
 
 
Verantwortlich für die Redaktion: J. V.: R. Lohmann. -- Vorlag: Heinr. Schulz (Hauptvorſtand des Verbandes der Arbeiterjugendvereino Deutſchland: 3). 
BuchdruFerei und Vorlaasanſtalt Paul Singer & Co. 
- Druck: Vorwärts 
Sämtlich in Berlin.
	        
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