Arbeiker- Jugend 57
Geldforderungen die Bürgerſchaft ſhröpfte. Die Tage des Frei-
ſtaates waren ſo keine goldenen Tage für Danzig. Al3 die
Preußen im Jahr 1813 die Stadt zum zweiten Male beſeßten,
wurden ſie darum als Befreier begrüßt. Aber nur langſam er-
holte ſi< die Stadt von ihrer Leiden3zeit. =- Zeugen der geſchicht-
lichen Vergangenheit Danzigs treten un3 heute noch auf Sc<ritt
und Tritt entgegen. Die
Scönbeit der Stadt beruht
in ähren altertümlichen
Straßenzügen, den Bau-
und Kunſtdenkmälern und
den arditektoniſ; wert- e
vollen Giebelbauten. Wuch- /
tig und maſſiv ragt über
dem Säuſermeer der 76 |
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Meter hobe Turm der go- AM
thiſhen St. Marien- S6 (a,
ktir<e, der mit ſeiner NN M ah
ſtumpfen Haube zum ih M) " (RS TENN
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Wahrzeichen Danzigs ge- | AN ; vg "M
worden iſt. Nicht weniger N FI ip NANA! "Wd
als 160 Jahre hat der y! REIHEN EINL
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Nieſenbau der Kirche erfor- IT
dert. Jhr Inneres iſt ge- |
füllt mit köſtlichen Werken
der Plaſtik und Malerei,
mit Meßgewändern, Fah-
nen und HSandſchriften.
Al3 Wwertvollſter Kunſtiſchaß |
gilt ein Werk altniederlän-
diſcher
Memlings
Malerei, San38
- „Süngſtes Ge-
richt“. Urſprünglih war -
das Gemälde jür eine
Kir<e in Florenz beſtimmt.
Auf dem Transport nad)
ſeinem BeſtimmungZ3ort
wurde es von dem Danziger
Seeheld Paul Beneke, der /
mit ſeinem Sciff „Peter -=*
von Danzig“ gegen die
Engländer den Kaperkrieg
führte, erbeutet und nad
Danzig gebracht. =- Im
Gegenſaß zu den Steinmaſſen von St. Marien ragt der Rat-
hausturm zierlich und kühn in die Luft. Anmutig und
reich gegliedert ſtrebt er 82 Meter aufwärts und trägt auf ſeiner
höchſten Spitze die in Kupfer getriebene und vergoldete Figur
des polniſ<en Königs Sigismund 11, in Lebens8größe. Die
Räume des Rathauſes bieten den Freunden ſtilreiner Innen-
dekoration hervorragenden Genuß. Zu den ſchönſten Gebäuden
Danzig3 gehört auch der Artu3hof. Im Jahr 1380 als
Feſthalle erbaut, brannte er 1476 ab, wurde aber bald darauf in
ihönerer Geſtalt wieder aufgebaut. Weihevoll wirkt vor allem
jeine große gothiſce Salle. Die Wände ſind mit köſtlichen Ge-
mälden geſchmüdt; zahlreiche Schiffsmodelle erzählen von der
einſtigen Bedeutung Danzigs als Seeſtadt. Auch der Sto>-
turm, ſo genannt, weil die Uebeltäter hier ihre
Strafe empfingen, und das Zeughaus ſind
merkwürdige Baudenkmäler,
Sehenswert ſind aber vor allem Danzigs
Straßen. Die Danziger nennen ſie nicht zu Un-
recht Gaſſen. Auf die Erhaltung der Gaſſen-
namen legt man großen Wert, ſind doch Bezeich-
nungen wie Kleine Hoſennähergaſſe oder Krauſe-
bohnengaſſe wahrlich nicht alltäglich.
Charakteriſtiſch für Danzig ſind die
Beiſchläge, das ſind plattform-
ähnliche Vorbauten, die in alten Ta-
gen behagliche Ruheplätc<hen boten.
In der Jopengaſſe ſind ſie noh in
größerer Zahl vorhanden, die mei-
ſten ſind jedoc< dem modernen Ver-
kehr zum Opfer gefallen.
Der Handel Danzig3 hat in der
Neuzeit eine nur ſo geringe Zu-
nahme erfahren, daß von einem
Stillſtand geſpro<en werden kann.
Die Verbeſſerung des Eiſenbahn-
nete8 und der Ausbau des ruſſiſchen
Hafens Riga waren dem Handel8-
verkehr Danzigs nicht günſtig. Da-
gegen ſpielen große Schiffswerften
57) ] |
Danzig -- Frauengaſſe mit Marienkfir<E,
Danzig -- Pfarrkir<e,
und einzelne Fabrikbetriebe im heutigen Erwerbsleben der Stadt
eine bedeutende Rolle.
In gewerkſchaftlicher und politiſcher Beziehung iſt Danzig
und mit ihm Weſtpreußen Flachland. Arbeitermaſſen, wie ſie die
Städte Mittel- und Weſtdeutſ<hland38 aufweiſen, ſind hier nicht
vorhanden. Doch eine kleine Schar tapferer Männer und Frauen
hielt unentwegt das Ban-
ner des SozialiSmu8 hoc.
Der Sozialdemokratiſche
Verein Danzig-Stadt zählte
bei Au8brucß de38 Kriege3
1300 Mitglieder, die freien
Gewerkſchaften hatten rund
12 000 Mitglieder aufzu-
weiſen. Die Revolution hat
aber auh hier Wandel ge-
ſchaffen. Die Sozialdemo-
kratie Weſtpreußen3 muſtert
nunmehr über 20 000 An=-
hänger, die freien Gewerk»
ſhaften in Danzig allein
80 000 Mitglieder.
- Dod) eine neue Sorge
| | tritt neuerding38 an un3
heran. Das wiedererſtan-
dene Rolen ſtrect ſeine be-
1“
ir 2
gehrlichen Hände nach der
ßen38 Ichwarzem oder Po-
len3 weißem Adler von ge-
ringer Bedeutung für breite
Maſſen der Bevölkerung ge-
weſen. Doch heute ſind wir
Bürger einer ſozialiſtiſchen
Republik, und da erinnern wir
un3 an Bebel3 Wort: „An der
Erhaltung der Unabhängigkeit
Deutſchlands ſind diearbeiten-
den Klaſſen mindeſtens ebenſo
intereſſiert wie diejenigen, die
ſich als die berufenen Herrſcher
der Völker betrachten, und das arbeitende Volk iſt nicht gewillt,
ſeinen Naden unter irgendeine Fremdherrſchaft zu beugen.“
S5
Erwerbsfkätige Mädchen, organiſiert euch!
D“ Anſicht, daß die Erwerbsarbeit für weibliche Arbeit3kräfte
11 1 P alten deutſchen Stadt auS.
/ 11) [| |] I) Unter den vorrevolutionä-
5) ren Verhältniſſen wäre die
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ein nur vorübergehender Zuſtand ſei, iſt ſelbſt in der Ar-
beiterſ<haft, und vor allen Dingen bei den Frauen und
Töchtern diejer Geſellſ<aft3ſchic<t, auc< heute no< ſtark verbreitet.
„I< verheirate miß ja doH& bald und dann höre ich auf zu
arbeiten,“ ſagt das junge Mädchen, dem man begreiflich zu machen
verſucht, daß auc< die weiblichen Arbeitskräfte ſich ihrer Beruſs-
organiſation anſchließen müßten, um Ein-
fluß auf die Bedingungen zu erhalten, unter
denen ſie ihre Arbeit auzüben. „J< arbeite
nur ſolange, bis mein Mann zurückkommt,“
ſagten unendlich viele Kriegerfrauen während
de3 Kriege3. Die meiſten der verheirateten
erwerbstätigen Frauen wollen in der Regel
nur etwas zum Einkommen des Mannes
hinzuverdienen, und ſie hoffen auf den
Zeitpunkt, wo ſie dies nicht mehr
nötig haben.
Wir haben bereits in unſerm Aufſaß
= in Nr. Gzu zeigen-verſucht, wie häufig
ſchon früher dieſe Auffaſſung durc<aus
falſch war, und wieviel mehr unter der
== Nachwirkung des Krieges die Erwerb3-
arbeit auch für die weiblichen Glieder
„md der unbemittelten Bevölkerungsſchicht
ſ bj ein dauernder Zuſtand ſein wird, die
n einzige Möglichkeit, ſich die Mittel zur
. Exiſtenz zu verſchaffen. Könnten wir
die jungen Mädchen und die arbeiten-
' den Frauen von dieſer Sachlage Über-
zeugen, wir hätten viel erreicht. Es wäre
dann viel eher möglich, den Mädchen
und Frauen, die auf Erwerbsarbeit an-
Tdiz 1" 1 TT : 5
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