t18
Arbeiter- Jugend
1
Grundſäßklich können darum die Arbeiterſchaft und deren ge-
werkichaftliche Organiſationen in der Geſamtregelung der Arbeits-
verhältniſſe dur< Tarifverträge auf die Regelung des Lehrlings-
weſens nicht verzichten. Dies kann nicht Sache des Lehrlings ſelbſt
jein, der durch das Geſet der väterlichen Zucht de3 Lehrherrn aus-
geliefert iſt, noch der Eltern, die im Betrieb nicht3 dreinzureden
haken und darum ihre Rechte iden BotriebSarbeitern oder vielmehr
der zuſtändigen Organiſation übertragen müſſen. .
ſt ider Lehrling zum Teil in ſeiner AuSbildung auf die Ge-
hilfenſchaft angewieſen, ſo muß dieſe auch einen Teil der Rechte
des Lehrmeiſters übertragen bekommen. Aber nicht nur das. Die
Eltern und Vertreter des Lehrlings müſſen durc< ausreichende
Entſchädigungsſäße im Lehr- reſp. Tarifvertrag in die Lage gc
ſekt werden, die Laſten der Erhaltung de8 Lehrlings während der
Dauer der Lehrzeit zu tragen. Das darf nicht einſeitiger Feſt-
ſekung der Junungen überlaſſen bleiben, da dieſe in der ange-
meſſenen Entſchädigung des Lehrlings den Zuſammenbruch des
Sandwerks erbliken. Aehnliche Bedeutung hat die Dauer der
Lehrzeit, die die Handwerksmeiſter, ſtatt ſie auf das Windeſtmaß
zu beſchränken, eher zu verlängern geneigt ſind.
Auch der obligatoriſche Fortbildung8- und Gewerboſehnlbeſuch
iſt für die Innungen ein Stein ides Anſtoßes, Sie ſind weit ent-
fernt davon, die Notwendigkeit theoretiſcher Unterweiſung des
Lohrlings anzuerkennen. E38 handelt ſich für ſie nur um Zuſam-
menzählung der durch die Schulpflicht ausfallenden Arbeitsſtun-
den, die doH der Ausbildung zugute kommen und die Leiſtungs2-
fähigkeit des Lehrlings erhöhen. Auch die in Hamburg um ein
Iahr verlängerte Schulzeit, die dem künftigen Lehrling erhöhte
körperliche und geiſtige Neife garantiert und dadurch wejentlic)
ſcine Leiſtungsfähigkeit ſteigert, wird von dem Arbeitgeber nicht
in Rechnung geſtellt. E3 zeugt dies von einer ſozialen Rückſtandig-
feit, die kaum übertroffen werden kann.
Der kraſſe Unverſtand tritt vor allem im Schloſſeraeworbe in
Erſcheinung, wo jeder Lehrmeiſter ohne Geſellen vier Lehr-
linge halten will. Ob in dieſen Fällen dem Lehrmeiſter vie ſach-
gentäße Ausbildung der Lehrlinge oder das Beitreben, billige Ar-
beitsfräfte zu erhalten, mehr am Herzen liegt, dos. zu enticheiven
ſei dem Urteil der Leſer überlaſſen.
Alle Gründe der Vernunft und Billigkoit und nicht zulctht
auch die geſeklichen Beſtimmungen ſprechen alſo für ein Witbe-
ſtimmung53=- und Aufſichtsrec<ht der gewerkſchaftlic<en Organiſa-
tionen, wm den Schuß der Lehrlinge und deren ſachgemäße Aus-
biſdung ſicherzuſtellen. E. Lanz- Hamburg.
FERRE
FEEL 28 (5% , [ame du 4. Sa ar Atta 8
2201 (Uus Jer Jugendbewegung 15:52
NEUS Mabataan ELIGRRAZUNREE ZENSIICERSIU SENEN x Der Eik ig a
Zum Feichoiugeudtag.
Und ob wir wollen = wie Hans Turß am Schluß ſeines
Artikelä in Nr. 7/8 fragte? Natürlich rufen wir. alle begeijtert ja !
Denn jeder, dex amy) mur ein klein wenig Intereſſe bat für unſere
Bawegung, beat den Wunſch, einmal mit Genoſſen und Genoſſimtren
aus den anderen Gegenden guſjammenzutfonmmen,
„Sa, wir wollen, aber wir können nicht!" lauten
bäufig die Antworten, die wir erhalten, wenn wir jn Vereinen Herunme
fragen. Erkundigt man ſich dann nach den Gründen, ſo kommt inuner
wieder heraus, daß viele Genoſſen keine Fexien erhalten, und. wenn ſie
welche befommen, fo ſind es Höchſtens ſechs Tage.
Durch Den Streik, der vor Turgem ſtattfand, ſind e3 ſogar noch
weniger Networden, denn die Unternehmer bekommen es fertig und
vechnen die Streiktage als Ferientage. Inwieweit ihnen das zuſteht,
wiſſen wir nicht. (Natürlich ſteht es ihnen nicht zu. Die doriigen
Iugendgenoſſen müſſen gegen ſolc<e Verſuche den Schuß der organiſierten
Arbeiterſchaft in Anſpruch nehmen. Red.)
Mſo, wie gefagt, viele bekommen Feine Ferien. Da wird e8
wohl unſere Aufgabe ſein, dafür zu ſorgen, daß noch in dieſem Jahr
jämtlichen Lehrlingen und Lehrmädchen ein Erholungsurlaub gewährt
wird. Unſere Vertreter in bier Regierung werden da einmal ganz ener-
giſch vorgehen müſſen. Denn außer dem Achtſtundentag hat die Jugend
weiter nichts von den neuen Errungenſchaften zu ſehen bekommen,
Selbſt der Unterricht än den Fortbildungsſc<ulen iſt noch imaner der
alte. Darüber könnte ic> noch verſchiedenes vorbringen, was aber heute
nicht zur Sache gehört. Jedenfalls" ſehen wir bei jeder Gelegcrheit,
daB ein Reichöjugendſ<uz dringend nowwvendig iſt, und daß wir nicht
ruhen dürfen, immer wieder unſere Genoiſen in der Regierung darauf
aufmertſam zu machen. '
Vor allem aber muß es unſere Aufgabe ſein, dafür Sorge zu
tragen, daß die Forderung: „Wewährunung eines Erholuiugs-
urlaubs für Sehrlinge und jugendliche Ürbeiter
und Arbeiterinnen“ no<G in dieſem Jahre reſtlos
dUrhgeführt wird. Erſt dann, wenn dieſe Forderung erfüllt
iſt, iſt die Gewähr gegeben, daß der Jugendtag das wird, was wir alle
von ihm boffen. Willi Pfeiffer.
(Amin, d. Red.: Für die Allgemeinheit wird dieſe Frage erſt in dem
bevorſtehenden Reichsjugendgeſeß geregelt werden. Aber vaß das längſt
erwartete Geſet noch rechtzeitig zu unferem Jugendtag beraus3kommt,
iſt beidex ſchwerlich anzunehmen. Da bleibt den Jugendgenoſſen, die
gültiger Ordnung.
noch keine Ferien baben, nicht38 übrig, als daß ſie durch die berufenen
Arbeiterorganiſationen und vor allem durch die Betriebsräte auf die
Unternehnier einen Drud ausüben. Am zweärmäßigften iſt e8, wenit
überall unſere Vereine die planmäßige Durchführung dieſcr Aufgabe
in die Hand nehmen. Nur ſo kann die Forderung des Jugendgenoſſen
Pfeiffer no< rechtzeitig bis zu unſereumt Jugendtag durchgeſckt verden.)
& ,
Maifeier der Hamburger Arbeiterjugend,
Aus Hamburg wird uns geſ<hrieven:
Das war unſere fämpfende Jugend, ein fröhliche8, mutige3, be-
geiſtertes Jungvoolfk! Ein Maizug von über 2500 Jungen und Wädeln
(gebildet nur von den ſtadthamburgiſchen Abteilungen, da die Altonaer,
Otienjfener, Bahrenfelder, Wandsbekern, Schiffbeker und Wilhelm8burger
in ihren Orten demonſtriexten) zog in breitem Neihen durch die
Straßen. Dew Zuſchauern (allen?) bot ſich ein erbauliche8 Bild, und
ſichtlich erfreuten ſie ſic) an der klingenden Kiampf- und Geigenmuſif,
die in friſchem Wanderſchritt dem Zug voranmarſchicrte, Sie wunderven
jich über ſoviel geſchmücdie Jugend umd lachten Über die fliegenden Zöpfe
der Mädel, jie ſtaunton über die Tmtjende von hellen Jugendkehlen,
die unermüdlich Kampfeslieder ſangen. Und erſt recht erſtaunlich mögen
“hnen die vielen Standarten vorgekommen ſein, mit den Jugenmdforde-
vungen, dem Jiüugendivillen, den dies Iungproletariat aum Ausdruck
brachte, Unſer Jugendprogramm wandelte da lebendig durch die
Straßen. |
Viel Aufſelen erregten die Auſſchrifien? „Wir werden niemais in
den Krien giebhen!" „Wir werden immer für den Völkerfrieden wirken!"
Ein Schild! „Die Einheit der ſozialiſtiſchen Arbeiterſhafb muß aus der
Arbeiterjugend neu erſtehen", das mußle doch jeden jungen Genoſſen
und jede junge Genoſſin entfſammen zum begeiſterten Mittun, und
mandem alten Genoſſen mag es heimlich wcb und doc? vielleicht auch
boffnungsfreh dur<s Herz gezukt ſein. Und dann dig vielen, vifrig
Tätigen rechts und links des Zuges! Wie ſie unſeren „Jugend-Mci"
verkauften, Auftlärumzgs8ſchriften verteilicn! Ia, die Jugend war kühn
dabei, In vie Elektriſchen Bahnen, die Alſterdampfer, in alle NRefſtau-
rants drang ſie ein und verfaufte viel und zu guten Preiſen. Die
Eifrigen hielten ſogar bts Auto8 an und verkauften Fahrern und Jus
ſaſſen manche Maikarte, Die Jugendgeſichter glübten,
Auf der Feſtwieſe: wieder ein beſonderes Vild! Geeint mit der
au Hunderttauſenden hevbeigeſtrömten erwachſenen Arbeiterſchaft auf
dem großen, grünen Pian, 1h4loß ſich der Jugendfeſiring am Waldes
vand eng zuſammen, umrahmt von vielen jaugen umd alten Zithörern.
GE3 war eine kurze, begeitternde Feoiexſtunde. Sie wirxit uns ettoas
Bleibendes ſein, das wir mit hinausnehmen in das Kamwpfeslevern,
deſſen wir uns allzeit erinnerw werden, auch wenn wir 1tichb mehr
Jugend ſind. Und wonn einſt der Erſte Mai uns wievberum fragt, wie
Mar Weſtphal uns fragte: „Kämpffſt Du noch Geonoſſe?"“, biſt Du
ſchon müde geworden, Genoffin?, dann wird unſerer im Stiaktpark
zuhauf gewejenen Kämpferſchar der 1, Mai 1920 neu ius Godaächinis
leuchten unt alle Stillgeivordenen werden in neuem Kampfesmut ji
dem MWMaigedanken anſchließew und es belebend führen? „Noch iſt
Kampfesgeit." =
Unſere außerhamburgiſchen Abteilungen ſind den Demonſtration3-
zügen der evwachfenen Arbeiter voranmarichert und auf allen Foſt»
veranſtaltungen war, hier wie in Hamburg jelbſt, die Jugend rege täing,
Wie woch nie iſt an dieſem 1. Mai der Gedanke der Zugend fund ges
worden und hat ſich durchgeicht. In Groß-Samburg war der Maie
feittag für die Arbeiterjugend ein Sieg auf dar ganzen Linie! A, D.
X
Mai-IJtgenötag der Berliner Arbeiterjugend,
- Aus Boxlin joixrd uns berichtet: Wir hielten Heerſ<au, «.
Vd der Erfolg, ex war größer, ais wir es uns träumen ließen, Ucber
2500 Teilnehmer füllten die Wieſe in Kaul8dorf=Sitid. Vor zwei Jahren
noch, am 9. Auguſt 1918, waren e8 nur wenige Hundert geweſen, die
am gleichen Plas für unſcre Forderungen eintraten. Die Jugend-.
bewezung war damols ja durch die Spaltung zerſtört, Weit, weit ent-
fernt ſchien das Ziel, daß wir je wieder bie Teilnehmerzahl wie in
früheren Jahren erreichen würden. Noch iſt e3 nicht ſo weit; aber
eine wichtige Ctappe zu dieſem Ziel iſt an dieſein Maifeſt erreicht
worden. Wir danken das der unermüdlichen, zähen und ausd«awernden
Arbeit jener wenigen Treuen, die auch im Auguſt 1918 ſchon für unſere
Beſirebungen eingetreten ſind,
- Unfer Mai-Jugendtag war aber auch eine Machtprobe. Unſere
Unk3radifalen Gegner veranſtalteten. am gleichen Tag, ebenfalls ix
Kaunlsdorf= Süd, im Reſtaurant Pferdebucht, einen Fugendlag, aum ſotvohi
für die wirtſchaftlichen Forderungen, al8 auch für die Diktatur des
Proletariats, vie Weltrevolution, die dritte Internationale und Sotvjet-
Rußland zu. demonſtrieren. Ylle8 haben ſie Zuſammengetrommelt, vas
irgendwie aufzutreiben war. Es nahmen lie „Freie ſozialiſtiſche
Jugend“, die „Sozialiſtiſche Proletarierjugend“ und nod eine Unzahl
gewertſchaftlicher Jugendfektionen teil. Urſprünglich hatten die KLitäs-
radikalen auch die Wbſicht, un3 zu zwingen, ihren Demonſtrationszug
mitzumachen, als ſie aber unſere Stärke Ffahen, ließen ſie davon ab.
Durch gang einwandfreie Augenzeugen Fonnten wir feſtſtellen, daß die
Teilnehmerzahl jener zuſammengenommen höchſtens um einige Hundert
größer, als die unſrige war. Wir haben aljo die Machtprove beſtanden:
Der Tag gab uns die Gewißheit, daß wir wieder die ſtärkite
Jugendbewegung Berlins ſind | |
Der Aufmarſch zu unſerem Mai-Jugendtag vollzog ſich in muſter«
1. Schon beträchtlich vor der feſtgeſekhten Zeit trafen
die einzelnen Übteilungen in langen Zügen auf der Feſtwieſe im
Reſtaurant Sansſouci ein. Alle führten große rote Fahnen und Bannex,