Full text: Arbeiter-Jugend - 12.1920 (12)

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Nr. 15 Abonnement viertel ährlich 3,-- Mark 
.. Eingetragen in die Poſt-Zeitungsliſte - 
Der Gedanfe 
a3 anmutige Städtchen im Thüringer Land, in dem vor 
D Jahresfriſt die Nationalverſammlung dem deutſchen Bolk 
die neue Verfaſſung gab, wird in den letzten Auguſttagen 
das Ziel der Arbeiterjugend ſein. In Weimar werden ſit) zum 
erſtenmal ſeit Beſtehen der deutſchen Arbeiterjugendbeweguug 
ihre Anhänger zu einem Reichsjugendtag vereinen, Stunden der 
Freude verleben und mit Beratungen Über die zukünftige Ent- 
wiklung unſerer Organiſation die Tagung beſchließen. 
Der Weimarer Zugendtag muß aber für die Arbeiter- 
jugend noc< mehr werden als eine programmatiſch verlaufende 
Veranſtaltung mit Fröhli<keit, Kurzweil und Au3ſprache für die 
Teilnehmer. Es muß unſer Streben ſein, ſie zu einem Erlebnis 
für jeden Beteiligten, für die Bewegung überhaupt aber zu einer 
Kundgebung zu geſtalten, die uns Weit über die nächſte Zukunft 
Hinaus die Wege weiſt, Die großen Ereigniſſe ſeit der NRevolu- 
fion haben unſere Arbeit bereit38 jekt in neue Bahnen gedrängt; 
in Weimar müſſen aus den Erfahrungen der lebten zwei Jahre 
vie Schlüſſe gezogen und aus ihnen die Nichtlinien für die weitere 
Entwiklung gewonnen werden. ue 
Unſere Bewegung iſt entſprungen aus der wirtſchaftlichen Not 
- der Arbeiterjugend. Al3 reine Jugendbewegung war ſie die Sach- 
walterin der Intereſſen der arbeitenden Jugend auf dem Gebiete 
des Jugendſchutzes und der ſozialiſtiſchen Jugendbildung. Das 
Reichö3verein3geſeß zwang uns in den Rahmen einer ſozialiſtiſch 
orientierten Jugendpflege zurü>k. Wenn wir . troßdem dabei 
wuchſen, ſo lag dieſer Erfolg zur Hauptſache wieder in der großen 
ſozialen Not der arbeitenden Jugend begründet; daneben dankten 
wir unſere Erfolge der ſchroffen Oppoſition, die wir gegenüber 
dem Staat einnehmen mußten, und nur ein geringer Teil unſerer 
Anhänger ſtellte damals die wirklichen Jdeenträger. Das iſt da3 
gleiche Bild, das vor dem Krieg auch die einige deutſche Sozial- 
demofratie bot. = . vn | in 
Der deutſchen Revolution im November 1918 iſt eine grund- 
ſäßliche Auseinanderſezung in der deutſ<en Arbeiterbewegung 
vorausgegangen, deren Bedeutung uns in den vergangenen Mong- 
ten immer klarer geworden iſt. Die verſchiedenen Richtungen in 
der deutſchen Arbeiterbewegung unterſcheiden ſich in erſter Kinie 
durc< ihre verſchiedene Stellung zum Staat, zum deutſchen Volk 
als nationaler Einheit. Zwiſchen den ſtreitenden Parteien iſt 
gerade in lekßter Zeit eine reinliche Scheidung eingetreten. Die 
Arbeiterjugendbeiwegung muß unter allen Umſtänden zu der 
gleichen bewußten Klarſtellung der gegenſäklichen Auffaſſungen 
kommen, weil eine gemeinſame ſozialiſtiſche Erziehung unter den 
Heutigen Verhältniſſen ein Unding iſt, . . 
- Die erſte wichtige Frage, die uns in Weimar alle beſchäftigen 
muß, heißt darum: „Wie ſtellen wir uns zur deutſchen Republik?“ 
Die Weimarer Verfaſſung beſtimmt in Artikel 1: „Das Deutſche 
Reich iſt eine Republik. Die Staatsgewalt geht vom Volke aus." 
Eine ganze Reihe anderer Artikel ſihern dem Volk dieſe Staats- 
- gewalt und geſtalten die Republik zur demokratiſchen Volk3- 
gemeinſchaft mit unbegrenzten Entwiklung3möglichkeiten für alle 
Volksteile. Die Verfaſſung iſt unterſchrieben vom ſozialdemo- 
- Fratiſchen Neichspräſidenten Ebert und von der Reichsregierung 
unter der Führung des ſozialdemokratiſchen Reichskanzler3 Bauer, 
Auch wir lehnen unſere Bewegung an die deutſche Sozialdemo- 
kratie an, Der Weimarer Parteitag hat das beiderſeitige freund- 
ichaftliche Verhältnis gefeſtigt, die Beſchlüſſe des Parteitags und Veweg auf der « 
6 EG: . Däs wird uns je nach der ſozialen Lage in den verſchiedenen 
der ihm folgenden Konferenzen der Jugend bilden die Gründlage 
Berlin, 1. Auguſt 
 
 
"Expedition: Buchhandlung Vorwärts, Paul 
: 4 Singer G. im. b. H, Lindenſtraße 3, Alle Zu- 
4 ſchriften für die Nedaktion ſind zu richten 
an Karl Korn, Lindenſtraße 3, Bertin SW. 68 
von Weimar. 
 
„unſerer Arbeit. Dieſe Beſchlüſſe legen zwar das Ziel und das 
grganiſatoriſche Gefüge unſerer Bewegung feſt, aber es fehlen in 
ihnen die wichtigen Erkenntniſſe, die wir inzwiſchen aus deim 
Gang der Entwicklung für unſere Bewegung gewonnen haben. 
Lag es doch damals im Sinne der Antragſteller, die Jugend nicht 
zu binden, ſondern ihr möglichſt weiten Spielraum zur eigenen 
Krafentfaltung zu laſſen. Ickht aber gilt e3 für uns, in Weimar 
dieſe Lücke durch ein Bekenntni3 zum demokratiſchen Volksſtaat, 
zur Verfaſſung der deutſchen Republik zu ſchließen. 
Dieſes Bekenntnis iſt nicht gleichbedeutend mit einer bedin- 
gungs8loſen Anerkennung der neucn Zuſtände, ſondern es jell der 
Aus8dru> unſere38 Willens ſein, auf dem Boden der Verfaſſung 
mitzuarbeiten an der AuSgeſtaltung der Demokratie, um durch 
ſie zum Sozialiomus zu gelangen. Schon bisher haben wir die 
Mittel und Einrichtungen der Republik für uns in Anſpruch ge- 
nommen und damit ſtillſc<weigend unſere veränderte Stellung 
zum Staat zum Au3druc> gebracht. Nunmehr iſt es notwendig, 
daß wir das bewußt und in klarer Erkenntnis aller ſich aus dieſer 
Stellungnahme ergebenden Folgen kundtun. An der Geburtsſtätte 
der deutſchen Republik muß ſich die deutſche Arbeiterjugend zu der 
Republik und ihrer Verfaſſung bekennen, ſich verpflichten, ihre Wit- 
glieder zu Staat8bürgern zu erziehen, die die Verfaſſung vor 
jeder Verſchlechterung ſchüßen, weil ſie die Möglichkeit gibt, auf 
dem Wege der Demokratie den SozialiSmus zu erreichen. Ein 
ſolche3s Bekenntnis wäre gleichzeitig ein Bekenntnis zum deutſchen 
Bolk und zur deutſchen Heimat. 
Wir brauchen die Angriffe, die uns dieſer Shritt ſicher ein- 
bringen wird, nicht zu ſcheuen. Von der bürgerlichen Jugendbewe- 
gung in allen ihren Schattierungen trennt uns die Weltanſchauung. 
Unſere Gegner von link3 haben wir ebenfalls nicht zu fürchten. 
Sie haben vor un38 ihre Reichstagungen gehabt und auf ihnen 
bewieſen, daß ſie den Stillſtand propagieren. Wer nach der Re- 
volution die neue Staat8form dur< die gleiche Oppoſition3brille 
wie das kaiſerliche Deutſ<hland anſieht, wer glaubt, daß die höchſte 
Aeußerung de3 proletariſchen Befreiung8kampfe3 das unbedingte 
Nein oder die brutale Gewalt iſt, und wer dann, um dieſe ſtarre 
Negation den eigenen Anhängern gegenüber zu rechtfertigen, un- 
Fare und unmögliche Ideen wie Rätediktatur und: Weltrevolution 
predigt, der hat die welthiſtoriſche Aufgabe unſerer Zeit gründlich 
verkannt. E38 gebt jett für die ſozialiſtiſche Arbeiterſchaft um die 
Befeſtigung und die Stärkung ihrer Machtpoſitionen, um dadurch 
in das Bollwerk de8 alten Syſtem3 Breſche um Breſche zu legen, 
Das erreicht man nicht mit Reden, ſondern nur dur< aufopfernde, 
jahrzehntelange Arbeit in der Volk8gemeinſchaft. Wir aber, bie 
Jugend, wachſen jebt als die kommende Generation in die junge 
Demokratie hinein. Darum Haben wir jekt oder nie die Pflicht, 
unſere Lebensarbeit auf dieſe neuen, höheren Aufgaben einzu- 
ſtellen, ihnen in Weimar in unſerer Bewegung ein Wohnrecht ein- 
zuräumen. Während die unabhängige und kommuniſtiſche Jugend- 
bewegungen ſich bemühen, die Jugend für eine verfloſſene Epoche 
des proletariſchen Befreiung8kampfes zu begeiſtern, ſchreiten: wir 
mit der Jugend auf ſicheren Pfaden der Zukunft entgegen. 
Nur wenn wir uns in dieſer Weiſe auf den Boden der durch 
die Weimarer Verfaſſung geſchaffenen Verhältniſſe ſtellen, wird 
es leicht ſein, auch die zweite wichtige Frage zu löſen: „Wie kommen 
wir zur Jugendbewegung?“ Mehr und mehr muß es unſer Be- 
ſtreben ſein, unſere Bewegung aufzubauen auf der Jugend ſelbſt. 
 
  

	        
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