Full text: Arbeiter-Jugend - 12.1920 (12)

Arbeiter- Jugend 
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Dedung des Sedarfs ſür alle Angehörigen des Staat eS beruhte, 
Auct inerhalb der Staat8gqrenzen ſoilte „alles das hergeiteilt wer- 
ben, vas man bedurfte, und des8halb ielojien ſich ie ainzelnein 
Staaten durc) Zollſchranken gegeneinander ab. Die Fürſten in 
terfiüßten im Intereſſe ihres Gel dvoeutel3 dieſe Wiriſchaftäpve ie, 
weil jie befürchteten, daß durch den Kauf aus ändiich.r Wairer 
das iwone Geid ibrer Untertanen außer Landes gehe. Daum 
verboten ſie vie Einfuhr frenider Gebrauchsgüter, und won neue 
BDedärfmiſſe auftancten, ſo ſolllen dieſe DUrdy die AUrbeit im eigenen 
ande befricdi gi werden. So war lange Zeit hinowur>d) das Ta- 
bafraundcen und das Kaſfeetrinken bei ſtrenger Sirafe verboten, 
Ein Kurfürſt von dor Pſa!z lick eigene Tabalvflanzungoin an- 
legen, um den Bedarf an Tabak im Lande felbſt zu deen, imd 
ein Herzog von Scleſien befahl die Anlegung von Weinbergen dei 
ber Stadt Grünberg, um ſeine Untertanen vor dem Genuß atts- 
läandiſcher Weine zu bewahren. Dieſe zwei Beiſpiele mögen de- 
weiſen, welcher Wert auf die Eigenproduktion innerhalb des 
States gelegt wurde. 
Aber die Eniwilung macht2 vor den Gronzen der Staaten 
nicht Halt. Die Zollſchranken fielen, die Staaten ſchloſſen ſich 
zu cinem Volke zuſammen, und es ontſtand die Volkswirt- 
ſchaft, die ein ganze8 Volk wirtichaftlich =- und damit anch 
volitiſ<; --- zu einer Leben8gemeinſchaft vereinigte. Auch auf 
vbiefer höheren Wirtſchaftsſtufe blieb der Gedanke einer völkiſchen 
Eigenproduktion lebendig. Die eigene Gütererzeugung ſollte 
egen die Konkurrenz des Anslandes geſchüßt werden, was durd) 
Zolltarife und Verkehr8ſ<wierigkeiten geſchah, und auch jezt noch 
wurde die Meinung gepflegt, daß die Inland8ware beſſer ſei als 
die Ausland8warc. Die deutſchen Agrarier haben e8 Jahrzehnte 
hindurd) verſtanden, ihren Einfluß in dieſer Beziehung geltend 
ZU machen, und auch die anderen Völker ſuchten die Einfuhr frem- 
der Waren nach Möglichkeit zu verhindern. Selbſt England, einſt- 
mals das EUaſſiſ<e Land des Freihandel3, befreundete ſich all- 
mählich mit den Schußzöllen. 
Doh an hier ließ ſich die Entwicklung nicht aufhalten. Das 
Wirtſchafisleben ſpottete der Zollſchranfen und flutcte über die 
Lande3grenzen hinweg. Die Weltwirtſchaft erſchien auf 
der Bildfläche und ſchloß die ganze Welt zu einer einzigen großen 
Wirtſchaft8gemeini<aft zuſammen. Jeßt wurde die Arbeit3- 
teilung auf einer höheren Stuſe durchacführt, indem das cine 
Land dieſe und das andere jene Waren al3 Spezialität herſtellte 
und mt8tauſchte, Die Einfuhr- und Aus8fuhrziffern der ver- 
ſGicdenen Länder ſchwollen innner höher an, und es entwickelte 
ſich ein Wettbewerb um den Weltmarkt, der zuletzt in einen er 
bitterten Konfurrenzfaunpf ausartcte. Jedc8 Volk ſuchte 1110g- 
Lait viele Waren ein- und anszuführen, was durch die Steique- 
run vor Vroviktion im eigenen Lande und durch die geradezu 
märchenhafte Entwieklung der Vorkehrsbedinaungen oerniöglicht 
wirde, Jett ſchwand ath der Stolz auf die eigenen Erzeugniſſe 
amd ntiachte einem Drang nach den fremden Waren Platz. Die 
Kulturmenſchheit zeigte eine Vorliebe für ausländiſche Erzeug- 
Ia Deutſchiand tranf man mit Borliebe franzöſiſche 
Leine und LDiiere, man bevorzugte ruſſiſchen Kaviar, engt ſiven 
Srühbſtücd>ptd, jüdiän Di Ice Grüne, bolundi;chen züfe 1i17w. Auch 
vie ausianvijiyen Kleider jwije und Moden fanden ihre Qiebhaber 
niſjo. 
Bei der T Deuung des Eedaris fragie man kam noch nach der HSer- 
Tinft der betreffe! nden Wiaren, wir lebten eben im Zeichen des 
Berfchr8. 
Durch den unglücklichen Weltkrieg mit ſeinen Begaleiterſc<hot- 
nungen und Folgen iſt das befanntiich aude 78 geworden. Vir 
jind wieder auf viv Stufe der Voliöwiriſc<aſt 11 :d vielfach ſogar 
auf vie Stuſe der Cigenproduftion zurücgedrä Gt worden; ader 
ver Wioderaufbau der Weltwirticat Ft nir ennie Frage der Zeit, 
weil die Kuliurmenſ<heit zu ihr mit aunwiderſtehlicher straft hin 
drungt. TranzLaufktötter 
Die Avfaaben der Reichskonferenz. 
m Anſch!lutz an den großen NeiG32-Jugendtag in Weimar wird 
T am 830. Auguſt ebendort unſere Heichziug: nbignferenz ftatiftinpen., 
Schon in einer früheren Nunimer der „Trbeiter-Juge1n5"“ wurde 
geſagt, zaß die Reichöfonferenz für. uns vaSſelbe bedeutet, wie für tie 
PBartei der Parteitag, für die Goweriſickaft ber Verbvand21iag, daß dort, 
auf der Reichsfonferenzg, die Richtlinien für unſere weitere Arveit ab- 
geſte>: werden ſollen. Do hat dieſe Cevoriteßbende Reich3fonferenzg 
für uns noch größere Bedeutung, weil ſie die erſte derariige Konferenz 
Unſeres Veröamte3 iſt. Dort in Weimar ſoll unſer Hauptvorſtand 
zum erſtenmal Rechenſ<haft über feine Tätigkeit ablcgen, nachdem die 
Bezirksleiterfonferenz vom Frühjahr 1919 unſerer b:8 dahin loien 
Bewegung neue Ziele und ein? neue, feſte Form gegeben haiile, die- 
dann vom Varteitage in Weimar Leitätigt wurden. Aus dem Ge» 
ſchäftsberict wird zu erfehen ſein, weichen Einfluß dieie Neuwus3e?tals 
tung der Organiſation auf das AnwaHſen uind auf die innere "Feitie 
gung der Bewegung gehabt bat. 
G3 wird darüber zu entſc<eiden ſein, ob die Grundlagen der Be- 
wegung geändert werden ſollen, odor ob ſich das Alte bewährt bat. 
Luch über die Aendorung der Altersgrenze, die der vorjähs» 
rige Parteitag zu Weimar vornahnt, wird wioöor vorbandelt werde 
müſien, Während befanntiich jene Bezirisleitorfonierenz die Liiier22 
grenze auf 20 Sahre feitſekt? und eine Teilung iat zwei Altersflaſſen 
(14 bis 17 und 8 bis 20 JInörc) forderte, antorte der Varteitag dieſen 
ve 'Gliuß ab und licß es bei der Altor3gronzge von 18 Zahren. Vun 
haben ſich aber in allen arößeren Siädten die Ter Nuvendveweging 
entwachſenen Gert dfinnen Und Gieneien 8 zu „jinalozia: it gen Vereini 
gungen“ zutamnt: engeitioſien, we Neo YIELEL WDetliger eing mir dor 
Rarteiorganijation an Wercindung Wehen. Zer Wa einSETan ;ar 
für die Jungſozialiſten auc gin Oran, Die „Trcvei“ CebÜdRng" getweffen. 
Obueo weiteres betieite jiieIe verden fic dieſe Veroitigungen nicht 
megr laſjean. Wir als Ar Geiiexjugenöbepegun ig baben jedoch en 1e8= 
bhafies Intereſſe daran, daß uns die über atzen Jahre alten Kainta 
ztaden nicht als Mitarbeiter verloren geben, wid wergen do59u6!10 Dus 
nach ſtreben müiſen, in ongere GURU iQ, mögli it Lrganiamriie 
 
 
 
 
 
bieſe nt Zwe habe ich ein fe: 9r gute3 Aushilfsmittel. Ueber jedes Buch 
Habez ich eine Karte angelegt, die mit einigen Stichworten ſeinen Inhalt, 
wenmnt aud) nit erſchöpfend, ſo doh andeutungsweiſe wiedergibt. Dafür 
ein Beiſpiel aus dem ſchon erwähnten Vand Nr. 398, Sinzheimer, Taxrif- 
verirag. Die Karte trägt den Vermerk: 
Wachſen der T. (= Tarife), Berufliche Gliederung der T., Inhalt 
der T., Gewerkſc<aften und T., Geſebgebung. 
Am beſten iſt es, wenn man ſich diz Bückerbeſprebungen, die faſt 
über jedes newe Buch, jo über jede Broſchüre erſcheinen, ausſchneidet 
und mit aufflebt; da bekommt man oft Inhalt8angabe und Skizzierung 
des Godankengangs auf wenigen Zeilen übermittelt. Uebe haupt ſollte 
man ſich Buchbeſygehungen ſammeln, da ſie oft geradezu eine Druck» 
ſchrift erſt recht wertvoll machen, Wer 3- B. die Beſprechumaten! von Hilli 
Breaats „Memoiren einer Soziliſtin"“ in die beiden Bände einlegt 
(oder Hinweiſe darauf auf einem Zettel beifügt), der gewinnt zu dem 
Werk ganz andere Beziehungen. 
Bücher ſind, da3 ſchreibe ich mit gutem Bedacht mieder, einz ſchr 
gute Sparkaſſe. Einmal weil durch ſie indirekt geſpart wird, infofern 
man ſich von Wirt8häuſern uſw. ferxnhält und dafür darcrnden Gewinn 
in ſeinen vier Wänden hat. Aber auch in anderer Beziehung. In Ge 
ſellichaft guter Bücher fommt dir nie Langewenle, ſie ſind die billigſten 
Goſellichafter und die beſcheivenſten dazu. Freilich daxf man 23 aicht 
ſo treiben, wie e3 in dem Sprichwort Leißt: 
« In Büchern ſchmökert er das ganze Jahr 
Bi3 aum Erblitwde 
Ex ließ am liebſten Weib und Kinder gar 
In Leder binden. 
Aber von ſolchen Bücherwürmern abgeſeßen, iſt das eigene Buch 
ein köſtlicher Schaß. Aus jedem lieſt man gewiſſermaßen ein Stück 
eigener Geſchichte, mit jeder Broſchüre verbindet ſich ein Stü Er- 
innerung an einen Kampfplaß, einen "Lor trag, einen Freund. So wird 
die Bücherſinbe zu einer Grinnerungszlammer, in der man ſiunden-, ja 
nächtelang träumen fann. Und wenn der Lärm aus dem gogeitntder= 
liegenden WirtSshaus dringt, dann fühlt man ſich im Kreis von einigen 
Hundert großen Männexn, die wir al35 Gäſie ſtändig im Hauje Haven, 
doppelt wohl. 
Meine jungen Freunde und Freundinnen aber möchte ich bitten, 
die Zeit zu nüßen und früh zu beginnen, ſich eine Bücherei anzulegen, 
Zeder ſollte ſich zux Aufgab2 machen, mindeſtens ein Buch in dex Woche, 
je nach ſeinem Verdienſt, ims Haus zu ſcnffen == er wird es nie bes 
reuen Für uns arme Teufel ſpicht leider aud der Plaß eine Rolle 
und mein Bücherzianmer muß im mir mandimal aufs Brot ſchmieren 
laſſen. Aber es gibt in jedem Hausbalt noch deere Pläßeben, wo eine 
Neibe Bücher ftehen fönnen, und ein Schränkchen iſt ſchlicßlich auch 
noch aus einer Miſte zu beſhaffen. 
Gewiß, in der öffentlichen Bücherei ſind die Bücher auch zu haben, 
Nber mir ſcheint das Wertvolle aim Buche zu ſei, daß man es immer 
zur beſtinmten Stunde, wenn man gerade in Stimmung dafür iſt, 
zur Hand hat. Das iſt der re<te Genuß =- zu leſen, wenn alle3 in 
mix wie zur Weihnacht28zeit darauf abgeſtimmt iſt. 
Und nun zu gujer Lekt noch ein3: Das Buch iſk auch die ſchönjte 
Zierde in der Wohnung. Nur varf dieſer ZweX nicht auffällig in die 
Ericheinumg treten, ſondern ungewollt, ungeſucht; ſchlict und einfach 
muß der Bücherſchrank mit ſeinem Inhalt ſich vem Ganzen einfügen. 
Nichts Schöneres bann ich mix denken, al8 wenn in einer Arbeiter- 
wohnung anſtatt der „Duhende von wertlojen Nippesfachen ebenſoviel 
gute Bücker ſichen. Die Freude daran anzuregen, ſollte mit der Zwe 
dieſer Zeilen ſein. |
	        
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