Arbeiter-Jugend | 123
Werkzeuge vorgeſc<hihllic<er Zeit. -/
| Von H. Fehlinger. | A
dR ie Kenninis des Gebrauchs Der Metalle fällt weſentlich in die hiſtoriſche Zeit;
G Hſie reicht, mindeſtens in Mitteleuropa, nur wenige Jahrtauſende vor die <riſt-
zer live Zeitrechnung zurück. Vorher wurde viele Jahrtauſende hindurch anderes
Material den Bedürfniſſen der Menſchen dienſtbar gemacht, und es ſind namentlich
Steinwerkzeuge in anſehnlicher Fülle an vorgeſchichtlichen Wohnpläten entde>t wor-
den, weshalb man die Zeit der Kulturentwicklung vor der Nutzbarmachung der Me»
talle die Steinzeit genannt hat. Sie iſt in Europa, wie in weiten Gebieten Aſiens
und Afrikas, längſt zu Ende gegangen, während die Völker anderer Teile der Erde
bis heute noch nicht über ſie hinausgekommen ſind, ſo die Auſtralneger, die Be-
wohner der Inſelwelt des Stillen Ozeans und der größte Teil der Indianer Nord»
und Güdamerikas (ſoweit noch ihre eigene Kultur erhalten und nicht von der euro»-
päiſchen verdrängt worden iſt). . .
Die Funde aus der Steinzeit Europas werden, je nachdem ſie bloß roh behauen
poder poliert ſind, der früheren und der ſpöteren Steinzeit zugewieſen. Doch iſt es
Durchaus fraglich, ob das immer richtig iſt. Man weiß von den kulturell tiefſtehen»-
den Menſchen, vie in moderner Zeit lebten, den nun ausgeſtorbenen Bewohnern
der Inſel Tasmanien im Südoſten Auſtraliens, daß ſie die Kunſt des Schleifens
von Steinen verſtanden haben, obwohl ſie ſie nicht allgemein angewandt haben.
Ihr zu allem dienendes Steinwerkzeug, Terowatta genannt, blieb ungeſchliffen,
während Zauberſteine ſorgfältig abgeſchliffen wurden. Das allgemeine Arbeits»
werkzeug der Tasmanier war das erwähnte Terowatta, ein abgeſchlagenes Stück
Stein von unregelmäßigem Umriß, das ſtets derart in der Hand gehalten wurde,
daß der Daumen auf der flachen Seite auflag, und das je nach dem augenblicklichen
Bedürfnis zum Schneiden, Schaben, Ha>en, Schlagen oder Bohren verwandt wurde.
Zumeiſt wurde es zum Zurichten der hölzernen Wurfſpeere und Wurſſtöcke be»
nußt, aber es diente auch zum Cinhauen von Kerben in die Rinde beim Erklettern
Der Bäume, dann zum Abſchneiden der Kopfhaare der raſen (wobei zwei Stücke
gebraucht wurden) uns) zum Erzeugen der Schmu>narben der Männer. Niemals
fand das Terowatta als Waffe Verwendung.
Es darf angenommen werden, daß ſich auch anderwärts die Menſchen auf
tieſſter Kulturſtufe*) mit einem einzigen Steinwerkzeug für all e Zwede behalfen,
und daß erſt im Lauf der Zeit beſondere Werkzeugformen für beſtimmte Zwecke
erſunden wurden. Ein Univerſalinſtrument, das all den einfachen Arbeitszwec>en
der Menſchen der älteſten bekannten Kulturſtufen gedient haben mag, iſt der zuge-
ſchlagene Feuerſteinknollen, der gewöhnlich als Fauſtkeil bezeichnet wird. Dr. L.
Pſeiffer („Die Werkzeuge des Steinmenſchen“) ſagt über die Herſtellung dos Fauſt-
feils, daß ſie ausgeht von einem großen Rollkieſel, nicht von dem Abſchlag eines
ſol<en. Der erſte Eingriff des Steinſchlägers war die Entfernung der Rinden»
I<icht am Werkſtük. Der abgeſchälte Kern erhielt ſeine Schneideſpize durch Ab»-
ſprengungen. UAbſichtlich iſt oft der gegenüberliegende Rücken des Kernſtückes ver»
di>dt und als Griffſtelle für die Hohlhand ausgebildet worden. Eine beſondere
R
*) Auf Grund der verſchiedenen Formen der Erzeugniſſe des Arbeitsfleißes der Vorzeitmenſchen, die aus der Erde
ausgegraben wurden, haben die Urgeſchichtsforſcher die Einteihlng der vorgeſchichtlichen Kulturentwi>klung in eine Reihes
von Zeitabſchnitten verſucht umd dieſe mit gewiſſen erdgeſchichtlichen (geologiſchen) Rerioden in Zuſammenhang gebracht,
Da die wichtigſten Funde in Frankreich gemacht wurden und aud) franzöſiſche Gelehrte zuerſt eine Entwicklungsreihe der
vorgeſchichtlicgen Kultur aufſtellten, ſind die Benennungen der Zeitabſchnitte zumeiſt von franzöſiſchen Fundorten abgeleitet,
Bon der älteren zur jüngeren Zeit fortſchreitend heißen die Kulturſtufen von der zweiten Zwiſchenzeit bis einſchließlich
der 4. Eiszeit; 1. ChellEen; 2, Ac<heulten; 3. Mouſt&rien;*4 Micoquien; 5. Aurignacten;z 6, SolutrEen ; 7, MagdalEnien,