Arbeiter-Jugend . | 135
Wir Pfeile!
Von Franz Oſterroth,
EIRL ie Philiſter ziehen die Zipfelmüßen über die verſtopften Ohren. Draußen geht ein
: Gemeinen Dröhnen durch die Lüfte und rüttelt mächtig an den Fenſterläden. Staub
Ez fliegt auf von ſtürzenden Türmen, die ſeit Jahrhunderten als ewig und heilig aufge»
richtet ſtanden. Hei, wie das fracht und berſtet! Wie es uns liebliche Muſik dünkt, uns
Jungen! Wir verkriechen uns ja nicht in die Dünſte des Gewohnheitsſtalles. Mitten im
Sturin recen ſich unſere kraftfrohen Glieder, und mit den Dreſchflegeln unſeres Jugendmutes
ſc<lagen wir das ekelhafte Getier tot, das am Zuſammenbrechenden keine De>ung mehr
findet und ſich aufjubelnden Kampfbli>en in plößlicher Nacktheit zeigen muß.
Wir ſind Jugend! Wir wollen neue Jugend werden! Unſere Leiber haben wir in
das kreißende Chaos hineingeſtellt, glü&lich darob, nicht in Zeiten ruhigen Fließens geboren
zu ſein. Mit hellen Augen und kühnem Herz ſtoßen wir in die Brandung hinaus, laſſen unſer
Herzblut hineinſließen, daß ſich einſt das Meer glätte und wir ſpiegelndes Blau und grüne
Gewäſſer als Heimat finden. |
Freunde, im Anfang ſtehen wir und wiſſen nicht, wieweit wir im neuen Jahr der Höhe
näher kommen, Beſinnung iſt darum noti Zielrichtung brauchen wir, um das neue
Weſen erobern zu können. Hört von dem Bild, das ich ſah: In unergründlichen Himmel ſtrebt
ein Berg. Federnden Fußes, das Haupt im Naden, ſein Haar im Sturm flatternd, geht ihn
der Jüngling hinan. Weit greift der Arm, von Sehnſucht getrieben, in die Sterne: Fauſt ſucht
des Lebens Sinn und hat ihn aus den Sternen heruntergeholt, ven funkelnden, Ewiges ver»-
kündenden, hat ihn als Blume in ſeine Erde gepflanzt, Wißt ihr, was der Künſtler mit ſeinem
Bild ſagen will? Neue Jugend muß trachten, ihr Leben mit dem Unendlichen, mit dem zeit»
loſen Sinn, mit dem Rhythmus des Weltalls in Einklang zu bringen. Das allein kann
das Ziel einer neuen Jugend ſein.
- Dodh iſt dies nicht ein Ziel, das ſchon lange den Menſchen leuchtete? Jawohl! Aber der
Zielſtern war verſchwunden hinter dem goldenen Flitterkram, der an den Ded>en unſeres
Erdenhauſes flimmerte =“ eines Hauſes, aus dem die Menſchen nicht mehr herauszutreien
vermochten, um reine Luft der Aetherfreiheit zu trinken. Darum unſer Tun: Axt an das
qualmige, ſtinkende Gebäude und neue Mauern, neue Türme, größere Fenſter errichtet!
Darum: Unerbittlichen Kampf wider die Lüge des Tages und wider den ungeheuerlichen
Sdwindel, daß in den Menſchen anderer Sprache, anderer Farbe nicht derſelbe Kern in gleicher
Slut wie in uns brenne! Auf! Anſturm gegen die alt gewordene „Weisheit': es müſſe die
Ungeredhtigkeit der Entwiälungsbedingungen bleiben, es müſſe der hungernde und
frierende Arme immer nur in Träumen die Erdenprachi ſehen! Geiſtigen Schwerthieb- wider
vie, [0 unſere Hirne in enge Käſten zwingen wollen| Doc auc) gegen jene, die aus dem
tiefen Wort, daß Wiſſen Macht ſei, unbewußt eine Bleiche, unſern ſeeliſchen Urgrund
auszutrodnen, machen wollen! -
Und zu allererſt, Freunde, Revolution wider das Geſtrüpp in uns. ſelbſt! Nicht
ſind wir ja ſchuld, daß es ſo in die-Halme ging. Sind nicht um uns die Saatſpeicher bürger-
licher Fäulnis? Speit man nicht von allen Seiten giftige Wut, liſtige Lüge und widerliche
Geilheit auf uns? . Das ſchleimi um unſern Bli, um unſer Herz, um unſern Verſtand, zieht
und drängt und macht ſie tot oder alt für das Neue. Wehe, wenn wir nicht troßz alledem
wider unſer Ic< zu kämpfen wiſſen! Nie wird ſich ſonſt die Pforte zur Gemeinſchaft im echten
Wortſinn öffnen. Eine ſchwere Aufgabe, auc in ſich ven Feind ſuchen zu müſſen! Ob ſie der
händeſtarte Herakles bewältigt hätte? Wir aber wollen ſtärker ſein als unſere Hand. Unſer
Herz ſei die Woffe, alles Unkraut, das aus dem dürren Nur-Verſtand kommt, zu verbrennen.
Hell foll es ſich weiten, wenn wir in dem Flug der himmliſchen Wolken die Leiter finden, über
uns hinaus zu ſteigen. Aufhbricht bann das Herz und wird „aller Dinge Maß und
Vedbermaß“, wie Granz Werfel wahrheitdurchſchauert ruft. Schöpferiſe bricht die Rein -
h eit hervor, und alle innere Dunkelheit flieht vor ihr.
In hochgehaltener, hart errungener Reinheit ſtärk, in ehrlichem Stammeln beredt, in
ſchlichter Güte groß wandeln wir uns. Körper und Seele verſchmelzen zur harmoniſchen
Einheit und werden auc) in ihrem Ausdryv > die Wahrheit geben. So werden wir Ausgang