„Arbeiter-Jugend | 1437
ſelbſt das greiſe, leidtragende Mütterlein, denn Freude empfindet es ebenſo wie die neue
Jugend. Vor dem Beginn des Feſtes tritt der „Gerd“ auf, der mit den anderen in die Ferne
398, das Glü> zu ſuchen. Auf die Frage, wie es ihnen gehe, hört man denn, daß auch in
dem neuen Land noch oft die „rechte Brüderlichkeit mangele“ und „trozdem der Boden lag
ver. Arbeit frei, gab's alſogleich auc) Herren nur und Knechte“. So geht d ort das alte Elend
weiter, hier aber ruft neue Jugend om Swluß des ſchönen Spiels ſiegesgewiß:
Euch zeigen ſoll dies bunte Spiel,
Was uns ein leuchtend hohes Ziel.
Wir glauben an ein neues. Leben,
Es wird ſich aus uns ſelbſt erheben.
Die Armut beugt nicht unſern Sinn,
Wir ſchreiten ſtolz zu Höhen hin
Und tragen tief bewahrt im Herzen
Die Liebe, Freude, heilige Schmerzen,
Und ſtolz in der erhobenen Hand
Die hellſte Sonne durch das Land.
Das iſt unſer Spiel, und wir ſollten es allen zeigen, damit ſie mit uns erleben, was
wir wollen. Mancher andere ſchöne Gedanke liegt noc< darin. Leſt es ſelbſt und führt es auf,
wenn der Maientag die Arbeitenden zuſammenführt zu ihrem Feiertag. Es wird Freude,
neuen Mut und neues, friſches Vorwärtsſchreiten vei ailen guten Menſchen geben. „Einen
ufbruch in den Menſchen ſelbſt“. --- | co. -
Fanfare.
5 zy W7 Fahrhaftig, es war mitten in der Nacht, als mich das ferne Krähen eines Hahnes
) 3 wedte. Mein Schlaf muß nicht allzu feſt geweſen ſein. Ihr müßt wiſſen, ich wohne
Falapf uuf einem Bauerngut. Noch iſt mir alles neu, vas Leben an ſich, die Cinrichtungen,
vie € vielfachen Notwendigkeiten. Und neu und unbekannt jind mir auch die Geräuſche der Nacht.
Oft hör ich im Traum fürchterliches Donnern, als ſtürzten Amerikas Felſengebirge über
mir zuſammen. Dann wieder vernehme ich das ſanfte Zwitſchern ſüßer kleiner Waldvögel.
Und jevesimal erwache ich darüber, ſei es in Angſt, ſei es in Seligkeit. Und dann weiß ich
die Klänge und Stimmen meiner Träume zu deuten: es iſt das Gebrüll der K Kühe oder die
Glode vor der Tür, die, vom Winde bewegt, leiſe erflingt.
Zu mir aber, der ich troß der furzen Zeit meiner Anweſenheit auf dem Gut ſchon ſo
innig mit allem. verwachſen bin, zu mir eilen die noc ſo ungewohnten Geräuſche der Dunkel-
heit auf den geheimnisvollen Pfaden der Sympathie, die ich für alles empfinde, was Leben,
was Freiheit heißt. Und der Traum verſtärkt dieſe Geräuſche oder ſchwächt ſie ab; 5 geſellt
ihnen Bilder zu, die, überwältigend plaſtiſch, mich entſetzen machen oder mir das Herz mit
reinſtem Glü> erfüllen. =--
Dieſe Nacht nun wurde ich wieder wach, ic erwähnte es ſcon. So wad, daß ich auf-
ſprang und nach der Zeit ſah. Es war Punkt eins. Einen Augenblick ſtand ich unſchlüſſig,
woilte mich ebew wieder niederlegen --- ich war ja ſchließlich noch müde ---, da krähte der
Hahn wieder, zweimal, dreimal, kurz hintereinander. |
Nachts uan eins! Zu einer Zeit, in der geſezmäßig Ruhe zu herrſchen hat (eine Bex
ſtimmung, die auch von der Haustierwelt im großen, ganzen akzeptiert iſt!), krähte dieſer
junge Kerl mit einer unzulänglichen, aber ſiegeshellen Stimme, krähte wieder und wieder.
Und wartete in den Pauſen auf Antwort.
Ich kleidete mich an und trat dann ans Fenſter.
Draußen ſchimmerte alles ſilbern; der faſt volle Mond ließ ſein Licht über die blühenden
Bäume gleiten. Aber nicht ein Fünk<en Morgenrot war im Oſten zu entdecken, kein roſiger
Haud) kündete das baldige Erwachen der Sonne.
Es war ja auch um dieſe Zeit unmöglich.
Und dennoch frähte der Hahn no< einmal. Hell ſandte er ſeinen Ruf in das ſtille,
ſchlummernde Land, :in dem alles ſchlief, was beim Alltagslicht ja geſchäftigt war,
Aber wieder blieb alles ſtill, keine Antwort erfolgte,