Full text: Arbeiter-Jugend - 13.1921 (13)

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Arbeiter-Jugend. 
 
tiſchen Gruppen und anderen Vereinchen, auf 
115000 bis 120000 Mitglieder be- 
laufen. Die Tatſache, paß allein die katho- 
liſch-kir<lichen Jugendverbände Deutſchlands 
360 000 Mitglieder zählen, beweiſt, wie ſehr 
nod jeder einzelne von uns für ſeinen Ber» 
band werben und arbeiten muß. Zeigt durch 
die Tat, vaß wir, die ſreie Jugendbewegung, 
die fatholiſche Jugendpflege in der Zahl der 
rührigen und bewaßten Anhänger längiji weit 
Überſiügelt haben! 
 
Höhere Schüler und Arbeifer/ngendvereine. 
H6t es eigentlich je in unſeren Arbeiter- 
jugendvereinen in nennenswerter Anzahl 
höhere Schüler als Mitglieder gegeven? Wan 
kann dieſe Frage ruhig mit Nein beant- 
worfen. Woran liegt das wohl? Sollte es 
etwa auf jene Ergänzung der Erlaſſe des 
preußiſchen Kultusminijters über die Bildung 
von Schülervereinen zurückzuführen jein, in 
der es unter anderem heißt: 
„Der Beitritt zu VWereinen, die ke'ne Schüilervoreine 
ſind, und die Teilnahme an Veranſtaltungen iſt nur mit 
Genehm!qung der Lehrertonfercnz geſtatiet Die Verſa- 
gung iſt nu mit Genehmigung ver Schulouſſic)tsdehörde 
autütſig.“ 
Es gibt unter den hößeren Schülern viele, 
die innerlich unſerer Bewegung angehören, 
namentlich jolce, deren Eltern ihren Kindern 
eine freiere Erziehung zuteil werden ließen. 
Dieſe Schüler perurteilen das jeßt fich breit- 
machende reaitionäre Treiben ihrer Klaiſen- 
kameraden aufs jchärfjte. Gie wagen aber 
nicht, die nch dem oven erwähnten Erlaß er- 
ſorderliche Genehmigung der Lehrerkonferenz 
zum Eintritt in den Verein Arbeiterjugend 
einzuholen, aus Furcht, ſich bei den Lehrern 
„mißlievig“ zu machen oder vin ihren Mit- 
ſchülern wegen der Zugehörigkeit zu dieſem 
Verein verſpottet und ſchikaniert zu werden. 
Die Maſſe der höheren Schüler und Schüle- 
rinnen, die geiſtig wenig ſetbjtändig, politiſch 
vollig unauſgeklärt ſind, folgt ſreilic) den 
Loäungen der Deutſc<nationalen NRartei und 
ſtrömt dem deutſchnationalen Jugendbund zu. 
Es war darum die höchſte Zeit, daß ver 
preußiſche Kultusminiſter, Genoſſe Haenijch, 
Den Ddeutſchnationafen Jugendbund in den 
Echulen verboten hai, tenn es war ein öſſent- 
licher Gfandal, in welcher Weiſe jene Herr= 
Ichafien vie Schule für ihre voliiiichen Zwedäe 
mißbravchten. Die Arbeiterjugend ireibt keine 
Tages: und keine Parteipolitik, aber ſie führt 
ihre Anhänger in den Gvo3oiglismus, in die 
große Kuliurbewegung der Zrbeiterklaſſe ein, 
damit ſie ſväter, wenn ſie als Staatsbürger 
politiſcd) mündig werden, genau wiſſen, wo 
ihr Blas in diefem Freiheitskampf it. 
Shir im Verein Arbeiterjugend haben das 
Boſtroben, uirſere Reihen zu ſtärken. Wir 
bärien nichts unverſucht laſſen, ven veutich- 
nationalen Zreibereien entgegenzuwirken, in- 
nnen 
dem wir dvur7 Gründung beſonderer 
GHülerabteilungen ven freiheitlich 
gerichtetez Schülern und SGrhülerinnen Ge. 
iogenheit geben, ſich unſerer Bewegung an- 
zuihließen. Dieſe Schülerabteilungen müſſen 
jelbitverſtändlich in unſere Arbeiterjugendver» 
eine ſeſt eingegliedert werden. Ihre Haupt» 
aufgabe muß ſein, Aufklärung über die Ziele 
und. Beſtrebungen ver Arbeiterjugendbewes 
gung unter den höheren Schülern zu ſchaffen. 
Durcy Organiſierung der denkenden höheren 
Ehliler in beſonderen Schülerabteilungen 
innerhalb unſerer Arbeiteriugendvereineg bes 
fämpfen wir am beſten die deutſchnationale 
BVerhezung. Es muß vieſen Zu uns gehören» 
den hößeren Schülern ermöglicht werden, den 
nody zu gründenben Gejülerabteilungen inner» 
halb unſerer YArbeiterjugendpereine beizu- 
troten, ohne daß ſie befürchten müſſen, des» 
halb irgendwie von ihren deu enationplen 
Lehrern oder Klaſſenkameraden ſchikaniert zu 
werden. 
Wir groß die Zahl der Studierenden, deren 
Eltern dem Arbeiter- oder ebe an 
gehören, an den Univerſitäten ijt, beweiſt 
jolgender Auszug aus der Statiſtik des baye- 
rijichen ſtatiſtiſchen Landesamts, die drei Uni» 
verſitäten, eine techniſche Hodcſchule und 
7 Lyzeen, und zwar für tas Winterſemeſter 
faßte und das Gommerſemeſter 1915, ums 
4: 
„Die Herkunſt der Siudierenden ſtellt ſich 
nach) vem Beruf ver Väter in Prozenten u. a. 
folgendermaßen dar: Drganiſjten, Meßner, 
Kirchner, Totengräber uſw. 0,1; Arbeiter 
und Angeſtellte 1,4; Arbeiter und Geo» 
hilfen der Induſtrie und des Gewerbes, Tage- 
löhner u. vgl. 2,8; Diener, Sutſcher, Gaſt- 
wiriSbedienilete 1,7; jonſtige Beruſe und Une 
bemitielte 2. | 
Dieſer Nachweis zeigt, daß unter den höhe- 
ren Geyülern, aus deren Reihen ſich ja die 
Studenien rekrutieren, ein erheblicher Teil 
infolge ſeiner Herkunft und Erziehung den 
proletariſchen Beſirebungen nicht fremd gegen- 
überſteht. Viele von ihnen haben zweifellos 
begriffen, was den jungen Arbeiter ſo ſi2ges= 
gewiß. in die Zukunft blicken läßt, ſie achten 
und ehren den Gtolz der Arbeit, der aus den 
Augen der Arbeiterjugend “blikt. Gie erx- 
fennen guch, baß dem Sozialismus die Zue- 
funfi gehärt. 
Dieſen Teil der höheren Schüler der Ar 
beiterjiugend näher zu bringen, muß unſere 
näcgite und unmittelbare Aufgabe ſein. Ihnen 
wollen wir die Hand reichen, damit ſie mit- 
füämpfen, mitſchaffen am Aufbau des So- 
aialiemus. Frevdig werden ſie in die Dar- 
nebotene Rechte einſchlagen. Kameradven ſollen 
uns dieſe Idealiſten ſein, in unſeren Reihen 
ſollen ſie überzeugte und geſchulie Sozialiſten 
Werden. H. Walter, Düſſeldorf. .
	        
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