. Arbeiter-Jugend 265
Ein Geſpräch begann. Die Frankfurter und Magdeburger ſpielten
den „Aufbruch“. Erich Rauſchert (Frankfurt) führie ſie. Wie er das „Volk“
zum Sprechen und Handeln brachte, das war fein durchdacht. Es bebte ein inneres
Grollen durch die Menſchen, als ſie, im erſten Teil, ihr Land verließen. Ein jähes
Aufſpringen in Sonne und Lebensluſt gab es im zweiten Teil.
Heil! Freiheit! Freude, ſchöner Götterfunken . ... Das Lied lodert empor;
Farben, Klänge, ſpringende Herzen ....
Feine Kinderreigen, eingeübt von Frankfurter Genoſſinnen, rankten ſich um die
Geſpräche; die Jugend tanzte in Feſtesfreude. Anmut, innere Luſt malten bunte
Bänder. Dann ging der Zug zurü> in die Stadt.
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Nie wieder Krieg! Deutſche, Franzoſen, Belgier, Dänen, Holländer,
Schweden, Georgier geben ſich die Hand. In ihren Sprachen klang der Schwur:
Nie wieder Krieg! Viele hundert Fahnen, Banner, Wimpel flatterten im ſonnigen
Raum. Die Jugend ſang, das Alter ſtand ergriffen. Dann bildete ſich der Zug der
Zuverſicht und des Kampfesmutes. Unüberſehbar in ſeiner Ausdehnung. Durch
die Straßen hallen die Geſänge. Es geht wieder der Höhe zu, auf die grünen Pläne.
Dort wird das Treiben bewegter noch als am Vormittag. Jugend, Kinder,
Männer und Frauen. Tanz, Geſang und Spiel an allen Orten.
Die Dämmerung bricht herein, es wird zum Sammeln gerufen. Wieder ge»
italtet ſich das wuchtige Bild einer Feſtgemeinde auf grüner Wieſe. Einer Gemeinde,
die ganz feſt verbunden iſt durch Bande, die mitten durch die Herzen laufen.
Wir ſien in weitausholenden Kreiſen, ſehen uns, bekommen eine Vorſtellung
von uns und unſerer Gemeinſchaft, die uns Leben iſt. In unſere Augen drängt ſich
dies Bild von unerhörter Größe und Feinheit, in unſer Herz gräbt die Stunde tiefe
Zeichen.
Max Weſtphal, der neue Vorſißende unſeres Bundes, ſpricht. Zunächſt
Dank der Bielefelder Arbeiterſchaft, die uns den zweiten Reichsjugendtag, den erſten
internationalen Jugendtag zu einem großen Erlebnis geſtalten half. Dann das Ge-
löbnis, alles zu tun, daß Glüc>, Licht einziehe in Arbeiterhütten. Die Kraft der
Jugend ſoll niemals wieder dem Krieg geopfert werden. Dieſe Gelöbniſſe tragen
wir in unſere Heimat und handeln danach.
Irei Heil! Die Jungen und Mädel ſpringen auf: „Dem Morgenrot entgegen,
ihr Kampfgenoſſen all...“
Zur Stadt geht es. Die Jugend, die Straßen, alle Menſchen ſingen. Bielefeld
flingt die Nacht hindurch in Jugendſang und -freude. ---
Jue wieder Krieg!
'- Zie gewaltige Kundgebung wider den Krieg, zu der die Jugend am Sonntagnachmittag
BD 5» von ihren Spielplätzen auf den Ochſenwieſen nach dem Koeſſelbrink herabgeeilt war,
iz erhielt ihren hinreißenden Schwung und ihre beſondere Weihe durc) die Beteiligung
der ausländiſchen Sozialiſten, die mit dem Jungvolk der deutſchen Arbeiterklaſſe den Treu-
ſc<wur der internativnalen Verbrüderung austauſchten. Wenn auch die ſtürmiſch begrüßten
und mit brauſendem Beifall überſchütteten ausländiſchen Freunde nicht alle in deutſcher Zunge
ſprachen, die Majſen der Hörer verſtanden doch ſchon vor der Veberſezung der Reden die
Sprache des Herzens, fühlten die Solidarität und Brüderlichkeit der Worte, --- und wenn dann
ein ausländiſcher Genoſſe mit einigen deutſchen Wendungen ſeinem ſozialiſtiſch ſchlagenden
Herzen Luft machte, dann leuchtete es auf in den Reihen der jungen und alten Kämpfer,
und begeiſterte Zuſtimmungsrufe drangen zu der Tribüne.