Full text: Arbeiter-Jugend - 13.1921 (13)

MW ..... Arbeiter-Jugend 
pn 
traf ein: am Vorabend der Mobilmachung ſtrete ihn eine Revolverkugel hinter- 
rüds nieder! 
Nun wird man vielleicht, ſelbſt nach dieſer notwendigerweiſe etwas ober- 
ſlächlichen Schilderung von Jaurds, begreifen, warum am Eingang dieſer Zeilen 
geſagt wurde, daß der Verluſt ihres Führers für die franzöſiſche Partei weit 
ſchlimmer war, als gar der Tod Bebels für die deutſche. Die franzöſiſchen 
GSozialijten hatten ſich jahrzehntelang daran gewöhnt, durch Jaures' Hirn zu 
denfen, durch ſeine Feder zu ſchreiben, durch ſeinen Mund zu reden. Und nun, 
am Tage ſelbſt, wo man ihn mehr denn je gebraucht hätte, ſank er ins Grab]! 
GSeiidem iſt es mit der franzöſiſchen Arbeiterbewegung rapide bergab gegangen, 
Die neuen Führer ſind gewiß nicht unbegabt, aber es fehlt dem franzöſiſchen 
Proletariat in ſeinem jetzigen Kampf gegen die weiße und gegen die rote Reaktion 
der Mann, deſſen Genie alle Kräfte der Demokratie unter ſeinen zauberhaften 
Einfluß zwang und ſie allein zum ſiegreichen Kampf gegen die verderblichen Kräfte 
der Bergangenheit einer beſſeren Zukunft entgegenführen könnte. 
tax Barthel, ein Dichter der proletariſchen Jugend. 
| Von Walker Schenk, Berlin. 
I. 
IW itten im Kampf um die Zukunft, da, wo am kühnſten gerungen wird, im 
5 ij 8 Werden der neuen Zeit, ein junger Proletarier in den Sturmgarden der 
-2- 5 & proletariſchen Jugend, ſteht Max Barthel mit ſeinem Wollen, Wirken 
und Dichten. Mit ſeinem Zukunftsſehnen tief im Glaubensinhalt des proletariſchen 
Kämpfens verwurzelt, wuchs er als ein Eigener empor. Nun tritt er anklagend 
und jordernd auſ die Tribüne der Zeit, um die trägen Maſſen mit bewußtem 
Willen zu beſeelen, ſie mitzureißen in den Tatenſturm der Kühnſten. 
Unfer Dichter, der heute in den Reihen der Kommuniſten ſteht, hat eine ungemein 
erfahrungsreiche und ſchi>ſalsvolle Werdenszeit hinter ſich. Als der Sohn eines 
Maurers im Jahre 1893 in Loſchwiß (bei Dresden) geboren, wurde er vom grauen 
Werktag früh in den Kampf des Lebens geriſſen. Keine der ſchmerzlichen Erfahrungen 
eines Rroletarierkindes blieb ihm erſpart. Er mußte den Kelch der Qual zwiefad) leeren, 
Denn jeine Seele war nicht geſchaffen für die nüchterne Alltäglichkeit, die mit täppiſchen 
Händen nicht nur in ſein äußeres Werden, nein, tief in ſein Innerſtes griff. -- 
In den Verſen, die der gereiſte Max Barthel heute ſchreibt, ſtrömen noch immer 
Blutwellen aus den unvernarbten Wunden, die eine harte Jugend dem ſehnſüchtigen 
Proletarierjungen ſchlug. -- 
Erſt Fabrikarbeiter in Dresden und dann in Hellerau, wanderte unſer Dichter 
aus dem Kreis ver engen Heimat weit über die deutſchen Grenzen hinaus. In den 
Wanderjahren durch Deutſchland, Italien, Oeſterreich, durch Holland und die Schweiz 
erlebte er die ungeahnten Schönheiten der ihm noch fremden Welt und ſammelte 
neue Erfahrungen, ſo daß er, in der Reinheit des Empfindens geläutert und an 
Wiſſen bereichert, auch immer neu angeregt wurde in ſeinem künſtleriſchen Schaffen. 
Noch nicht zwanzig Jahre alt, verſuchte er als freier Schriftſteller in Zürich zu leben. 
Doch die Not zwang ihn wieder und wieder, in der Fabrik zu arbeiten. 
Der Krieg riß auch ihn aus ſeinen Plänen. Schon im November 1914 mußte 
er zum Militärdienſt einrü>en. In jener Zeit entſtand ein Gedicht, das während 
des Krieges, weil es in Deutſchland nicht erſcheinen durfte, in der Schweizer Jugend- 
zeitſchrift veröffentlicht wurde: 
 
 

	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.