Full text: Arbeiter-Jugend - 13.1921 (13)

Arbeiter-Jugend 279 
werden, daß ſie die Kinder vom Schulbeſuch ferngehalten haiten, vielmehr erklärten die Schul» 
pflichtigen, daß die Schuld allein bei ihnen liege, da ſie die Schule nicht beſuchen wollten. 
Es folgten Sirafmandate gegen die Schüler. Dieſe ſind unpfändbar, und da bis jetzt gegen ſie 
feine Haft verhängt werden darf, konnten ſie ſich weiter um den Schulbeſuch drü>en und 
den Behörden auf der Naſe ſpielen. Nun iſt die Macht der Behörden am Ende, denn die 
Polizei wollen wir nicht bemühen, außerdem lehnt ſie es ab. Und ſo können ſich Jungen 
und Mädchen, die es gerade am nötigſten hätten, ihrer Schulpflicht entziehen. 
Die Behandlung der Schüler in der Schule iſt die freundſchaftlichſte. Lehrgegenſtände 
lind: Volkswirtſchaft, Staatsbürgerkunde, Geſundheitslehre, Rechnen, ſchriftliche Arbeiten, 
Kulturkunde, Leſen guter Bücher, Lichtbildervorträge, Turnen, Spielen, Muſeumsbeſuche, Be- 
ſichtigungen, Handfexktigkeitsunterricht, Für die Mädchen kommen Kochen und Nähen, Haus- 
halt und Kinderpflege hinzu. Die Minderbemittelten erhalten eine koſtenloſe Mahlzeit. 
Um nun die Säumigen der Schule zuzuführen, wollen wir ins Geſe aufnehmen, daß die 
Geldſtrafen auch gegen Jugendliche in Haft verwandelt werden können. Natürlich ſoll dieſes 
Mittel erſt angewendet werden, wenn alle anderen, wie oben angegeben, verſagt haben. 
Außerdem ſind Sicherungen gegen die Willkür der einzelnen Lehrer vorgeſehen; auch ſoll der 
Schülerrat bei der Stroffeſtſezung mitwirken. Ein junger Kommuniſt, Mitglied eines Schüler» 
rats, der mich beſuchte, wollte von ſolcher Langmut nichts wiſſen, ſondern gleich gegen die 
„Faulen“ mit den ſchärfſten Strafen vorgehen. I< habe ihn beſänftigt. | 
Was machen daraus die „Kommuniſten“? Ihre „Hamburger Volkszeitung“ rempelte mich 
an. I< habe nicht erwidert, weil ich davon angewidert wurde. Die „Junge Garde“ druckt 
das nach. Darum zur Feſtſtellung: die „Palaſtrevolution bei den Mehrheitsſozialiſten" iſt eine 
Einbildung des kommuniſtiſchen Berichterſtatters, deſſen lange Ohren außerdem ein Privat- 
geſpräch bro&enweiſe auffingen, aus dem er ſich einen üblen Brei anrührte, den er nun 
ſiber mich gießen möchte. Ich ſagte zu irgendeinem Kollegen, vaß hin und wieder Schul- 
pflichtige vorkämen, die ſchon ſehr mit dem Lumpenproletariat vertraut ſeien, das ja leider in 
allen Großſtädten vorkommt. Daraus macht die Kommuniſtenzeitung eine Notiz mit der 
Veberſchrift: „Fortbildungsſchüler gehören zum Lumpenproletariat!" Höchſt anſtändig und 
lieblich gefälſcht, niht wahr? Der kommuniſtiſche Redner gibt zu, daß es Lumpenproletarier 
aud) unter den Fortbildungsſchülern geben kann. Er behauptet, ich hätte geſagt, es ſeien ſehr 
viele. Das iſt -- unwahr, um es milde zu ſagen. Die „Junge Garde“ ſagt, ich hätte auf dieſe 
„Auspeitſchung“ geſchwiegen.. Ja, was ſollte ich denn anderes tun? Muß ich mich nicht dieſes 
„Arbeitervertreters“ im Angeſicht der Bürgerlichen ſchämen? Des Mannes, der von ven Mehr- 
heitsſozialiſten behauptet, ſie hätten dem Krieg jubelnd zugeſtimmt, obgleich er ſelbſt begeiſtert 
Als Kriegsfreiwilliger ins Feld gezogen iſt und erſt nach der Revolution ſein ſozialiſtiſch 
fommuniſtiſches Herz entde>te? Johannes Sdult. 
 
 
 
Erziehung zum Lumpen. 
/ pu urz vor vem Bielefelder Jugendtag iſt unſeren Berliner Genoſſen folgendes Rund- 
Rx ſchreiben in die Hände gefallen, das unter der Berliner kommuniſtiſchen Jugend ver- 
Tz» Sbreitet wurde, und das wir nachſtehend im wörtlichen Abdrudt wiedergeben: 
Kundſchreiben. Geheim. 
Nur an zuverläſſige Mitglieder. 
 
Bielefeld! 
Die kommuniſtiſche Jugend muß ihr Hauptaugenmerk der Bekämpfung - der men- 
ſchewiſtiſchen Arbeiterjugend widmen. Dazu bietet ſich ihr Gelegenheit zum Jugendtag in 
Bielefeld. Durch das Beſuchen des Jugendtages ſind bie meiſten Abielipngen ohne eigenk- 
liche Leifung; dieſem Umſtand müſſen wir inſofern Rechnung tragen, daß wir unſere 
Propaganda ſyſiematiſc) guf die Arbeiferjugend beſchränken. Es wird vor vem Jugend» 
tag eine Werbewoche veranſtaltet. Diskuſſionsabende werden intenſiver als bisher beſucht. 
Die ſogenannte „Weimarer“ Richtung iſt nicht gefährlich, aber die Mitglieder in der Partei 
müſſen rüdſichtslos bekämpft werden.
	        
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