RArybeiter-Jugend
Chriſtliche Jugend.
Aus Heegermühle wird uns ge»
ſchrieben: Vor einiger Zeit hatten wir vier
ugendgenoſſen, ein nettes Erlebnis. Wir
machten nach unſerm Heimabend no< einen
tleinen Spaziergang. Unſer Weg führte uns
an vem evangeliſchen Gemeindehaus vorbei, in
dem der Chriſtliche Jungfrauenverein gerade
eine Veranjſtaliung abhielt. Schon von wei-
tem hörten wir „modernſten“ Geſang:
„Gciebermaxr“, „Ac<h du mein Lieschen, Lies-
chen“, „Betrus, ſchließ den Himmel zu" uſw.
Natürlich kpnnte es uns gar nicht beikommen,
vaß dieſe wunverbaren Töne von den <riſt-
lichen Jungfrauen herrühren ſollten. Wir
kamen näher. Und was ſahen wir? Der
Hof des evangeliſchen Gemeindehauſes war
von einem großen Teil der Mitglieder des
Jungfrauenvereins belebt, die die angeführten
Lieder ſangen und ihre Beine tüchtig im
modernen Schiebetanz bewegten. Und aud)
die Jünglinge fehlten dabei nicht. In den
Zwiſchenpauſen hörte man von drinnen, wo
ver andere Teil der Mitglieder mit ihrem
Herrn Paſtor weilten, die Klänge eines Har-
moniums und des Liedes: „Jeſus, meine Zus-
verſicht“.
Wie ich nachher in Erfahrung brachte, war
287
den Jungfrauen die Andacht und der geiſt-
liche Geſang ein bißchen zu langweilig ge-
worden. Gie vernahmen auch wohl ſchon
das Pfeifen der draußen wartenden Jüng-
„linge, vie ritterlich ihre Damen abholen
wollten, um ſie auf dem Nachhauſeweg gegen
die -Geſahren der Dunkelheit zu ſchützen. Vor-
her mußte man aber noch beſagte Tanzluſt-
barkeit erledigen.
Wir fragen: Sehen denn die Herren Paſto»
ren und ihre Anhänger nicht endlich ein, zu
welchen Ergebniſſen ihre <riſtliche und vor
allen Dingen getrennte Erziehung der Ge»
d<lechter führen muß? Eine ältere Leiterin
esſelben Vereins geſkand ſelbſt zu und klagte,
daß es den Jungfrauen durchaus nicht „ein-
zupauken“ ſei, ſich „chriſtlich“ zu benehmen
und all die ſchönen Sachen wie modernen
Tanz zu laſſen; ſie ſeien nicht zu bändigen.
Ja, das glauben wir gern. Geſunde Jugend
wird dieſe Erziehung nicht widerſtandslos
über ſich ergehen laſſen. Und ſe3t dann nicht
eine vernünftige Behandlung ein, ſo wird
ſie leicht auf falſche Wege geraten. Der beſte
Beweis: jener Vorgang. Verſuchen wir, Ar-
beiterjugend, jene Jugend zu erfaſſen und
zu edlen, von jeder modernen Unſitte freien
Menſchen zu erziehen! W. Doelfs.
Samm Ve
Die Kommuniſſen in unſeren Vereinen,
Aus Ruhland im Bezirk Liegnitz wird
uns geſchrieben: Die „Kommuniſtiſche Jugend“ -
hat im benachbarten „Boc>wißer Ländchen“
unter den Folgen des lezten März-Putſches
ſtark gelitten. Jeßt ſcheint ſie ſich langſam
zu erholen. Jedenfalls entfaltet ſie in leiter
Zeit eine rege Agitation. In den Betrieben
werden Flugblätter verteilt, auch öffentliche
Iugendverſommlungen werden abgehalten.
Faſt immer wird der bekannte „Offene Brief“
als Agitationsmaterial benutzt. In einer
öffentlichen Iugendverſammlung, die in
Lauchhammer ſtattfond, gab der Arbeiter
jugendverein Ruhland folgende Erklärung ab:
„Die Ruhländer Arbeiterjugend iſt bereit,
im Zugendkartell mitzuwirken. Eine Mit-
arbeit lehnen wir jedoch ad, falls 'das Kartell
nach anderen Grundſäßen arbeitet wie der
Reichsausſchuß der Arbeiterjugendorganiſa-
tionen.“
Dies ſchien aber unſeren kommuniſtiſchen
Brüvern nicht zu genügen. Als unſer Ver-
ein eines Tags ſich zu einem Vortragsabend
zuſammenfand, fand ſich ein Sowjetjünger
ein, der, ohne jemand zu fragen, den Ver-
nun alete betreten hatie. Vom Ver-
ammlungsleiter über den Zwe ſeiner An-
weſenheit gefragt, antwortete er: „I< bin
der Unterbezirksleiter der Kommuniſtiſchen
BE RBBGTLTEAINELTELE vIEG
* =.
TSTGGCSPBETETT SG DOEHLE €)
"3%
4
SPNnWS Zz
Jugend und möchte heute hier über den
Offenen Brief ſprechen.“ Da die Mehrzahl
der Anweſenden einverſtanden war, wurde
ihm das Referat geſtattet.
Er ſprad) über die Notlage der arbeitenden
Jugend, Über das „Hilſswerk“ der Kommus-
niſtiſchen Jugend, den ODffenen Brief und
ſtellte zum Schluß unſern Verband als eine
zur Vertretung der arbeitenden Jugend uns-
fähige Organiſation hin.
In der Ausſprache wurde erwidert: Wir,
die Arbeiterjugend, kennen die Notlage
unſerer Klaſſe eben ſo gut wie die Kommu-
niſten. Lange, bevor der „Offene Brief“
herausgegeben wurde, haben ſid) die politi-
ſchen und gewerkſchaftlichen Jugendorganiſa-
tionen zu gemeinſamer Arbeit zuſammenge-
fehloſſen. Lediglich die kommuniſtiſche Im
gend war es, die dige Mitarbeit ablehnte.
Wir laſſen uns nicht als Kanonenfutter der
kommuniſtiſchen Parteien mißbrauchen.
Im Gehlußwort fiel es dem Referenten
ſ<wer, bei der Sache zu bleiben. Auf alle
mögliche Weiſe verſuchte er, unſeren Verband
herabzuwürdigen. I<, als Verſammlungs:
leiter, hatie lange Geduld gewahrt. Als er
ſic) aber erlauvbie, einige Mitgliever des
Hauptvorſtandes zu beſchimpfen, wurde ihm
das Wort entzogen und die Tür gewieſen.
Er ſetzte jedoch ſeine Schimpfrede fort und