Full text: Arbeiter-Jugend - 13.1921 (13)

294 - Arbeiter-Jugend 
Jedes Mädel, das Neue, das ſie in Bielefeld erlebt haben, an ihrem Wohnort in die Tot 
umſetzen! Und dieſer Wille der Jugend, all der 19 000 jungen, lebensbejahenden Menſchen 
kinder, die mit leuchtenden Augen in die Zukunft bli&en, ſei den Bielefelder Arbeitern der 
ſchönſte Dank. Wir ſahen eine neue Generation, die ſeſi ouf den Beinen ſteht, die gewillt 
iſt, für ihre Ideale einzuſtehen, wenn die Zeit es von ihr fordert. 
Dieſe Gedanken kamen mir, als wir wenige Minuten, für längere Zeit zum leßztenmal, 
Hod) oben auf der Gparenburg lagen. Ade zur guten Nacht . . . |! Und dann gingen wir 
langſam von der Burg hingb, in die fremde Stadt, in der wir [ſo viel Freude gefunden. 
Spät Abend war es ſchon, .die Stadt war ſtill geworden. Noc< einmal ſetzten wir uns 
unten zuſammen. Vorbei war unſer Feſt, vorbei das Feſt ver internationalen Arbeiter» 
jugend. Not einmal flaerte alle Lebhaftigkeit auf, daß es eine Luſt war zur nächtigen 
Stunde, Die Zeit verging. Still wurden wir, immer ſtiller. Dann gingen wir auseinander, 
hierhin und dorthin; ein Händedruck, ein leiſes Frei Heil! Und die Racht lag über der 
Sparenburg, noch dichter als vorher, Wenige Stunden noch, und ein neuer Tag bricht anl 
AA157. 
32 Paul Ellermann, Magdeburg. 
Arbeiterjugend und Wiederauimachung. 
Von Max Sachs, j | 
z? 1r3endwo iſt es einmal einem erwachſenen Begleiter einer Arbeiterjugenvſchar 
T paſſiert, daß ihm bei einer Zuſammenkunft ſeine Vſeiſe weggenommen und erſt 
| nad) Beendigung der Veranſtaltung wiedergegeben wurde, Wenn dieſe „Be»- 
I<lagnahme“ wohl auch nur im Scherz geſchah, ſo entſprach ſie doch dem Verlangen 
der Jugend; der erwachſene Freund ſolle ihr mit gutem Beiſpiel vorangehen, indem 
er auf den gewohnten „Genuß“ verzichtet. Während ſonſt junge Leute ſich oft be» 
mühen, die Gitten und Lebensgewohnheiten der Alten getreu nachzughmen, um ſelbſt 
als „erwachſen“ zu gelten, lehnt ſich die Arbeiterjugend vielfoch gegen die herge» 
brachten Bewohnheiten auf. Sie ſucht beſonders Alkohol und Tabak zu verbannen. 
Selbſtverſtändlich liegt der Arbeiterjugend nichts „ferner als irgendwelche Neigung 
zur Weltflucht und Entſagung. Eine Jugend wäre keine Jugend, die nicht ihr Leben 
genießen wollte. Aber die Arbeiterjugend hat eingeſehen, daß man zu wahrem 
Lebensgernuß Tabak und Alkohol nicht braucht. 
Der Verzicht auf den Tabak und auf alkoholiſche Getränte bedeutet ſür dis 
Jugend einen großen geſundheitlichen Gewinn. Schon längſt haben uns zahlreiche 
hervorragende Aerzte geſagt, daß dieſe Genußgiſte die Geſundheit von vielen 
Tauſenden mehr oder weniger jchnell untergraben, daß vor allem die alkoholiſchen 
Getränke große Verheerungen anrichten und jahraus, jahrein das Lebensglü> vieler 
Menſchen vernichten. Aber die Jugend, die Tavak und Alkohol aus ihrem Leben 
verbannt, dient damit nicht nur ihrer Geſundheit, ſie handelt auch volkswikt» 
Ichaftlid ridgjtig. Schon vor dem Krieg hat beſonders der Alkohol den Wohls 
ſtand unſeres Bolkes ſchwer geſchädigt, nicht nur, weit etwa 4 Milliarden Mark im 
Jahre für alkoholiſche Getränke ausgegeben wurden, die für Wohlfahrt5- oder Kultur» 
zweite hätten beſſer verwendet werden können. Große Verluſte entſtanden für unſere 
Volkswirtſchaſt auch dadurch, daß zahlreiche Volksgenoſſen durch ihren Alkoholgenuß 
frühzeitig Geſundheit und Arbeitskraſt einbüßien, daß wir für die Opfer des Alkohols, 
für ihre Unterſtüßung und Pflege, für ihre Unterbringung in Krankenhäuſern, Irren» 
anſtalten, Gefängniſſen und Zuchthäuſern viele Millionen aufwenden mußten. 
Hütte es ſc<pn vor dem Krieg um die Wohlfahrt unſeres Volkes beſſer geſtanden, 
wenn wir die Genußgiſte nicht gehabt hätten, jo hat das deutſche Volk jetzt nach deim 
verlorenen Krieg erſt rect allen Grund, den Tabak- und Alkoholgenuß zu 
meiden. Durd) den Krieg und die Niederlage iſt Deutſchland verarmt. Mehrere
	        
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