u H Arbeiter-Jugend
nad) ihrem Tagewerk? nicht aud) nod) geiſtig arbeiten; daher leſe ſie gern die Romone der
Courths-Mahler. Dieſe Sachen ſeien doch auch ſo harmlos.
Harmlos? So ſieht es aus. Aber die Sache hat doch noc eine andere, bedenkliche Seite,
Dyr< die Marlitt», Eſchſtruth-, Courths-Mahler-Romane erhalten die jungen Mädchen eine
falſche, übeigefühlsſelige Anſicht von Welt und Menſchen, ſehen im Mann eine romantiſäe
Ritterfigur und fallen am leichteſten auf ihn herein, Sie taumeln ſpäter in die Ehe, als
Jei ſie ein Tanzvergnügen, und moderne Frauenfragen ſind und bleiben Welträtſel für ſie,
Nie finden ſie ſich im Leben zurecht und werden ſchließlich zu jenen Frauen, die ewig weiner»-
liche, enttäuſchte Kindergeſichter haben. Der Einfluß ſolcher Bücher verleugnet ſich nie,
Die Courths-Mahler-Leſerin hat vom Leben eine ganz irrige, romantiſche Auffaſſung, ſieht
alles durch einen roſaroten Schleier, Sie zu hintergehen iſt leicht, und nie kommt ſie darüber
hinweg, daß man ſie hintergangen hat. Alſo ſind dieſe Romane durchaus nicht ſo un-
gefährlich, jondern gerade ob ihrer Harmloſigkeit verderblich. ==
Es iſt eine wahre Schande, daß für ſolch) minderwertigen, Ja völlig wertloſen Leſeſtoff
Material, Arbeitskroft, ſamt koſtbarer Zeit verſchwendet wird und dann noc in ſo ungeheurem
Umfang, Wie nötig iſt unſerer Volkswirtſchaft Arbeitskraft und Material! Und ſie werden
nußlos vergeudet für blöde Kitſchliteratur, die nur dummen Gänſen und beſchränkten
Tanten genügen kann. Dabei iſt für wiſſenſchaftliche Werke manchmal nicht einmal das
nötige Papier da, vom Geld ganz zu ſchweigen.
Die Arbeiterjugend kann dieſen Unfug inſofern bekämpfen helfen, als ſie ſich zur Pflicht
macht, dieſes Zeug =- nicht nur ausgeſprochene Schmußliteratur =-- energiſch abzulehnen.
Neberalil ſoll Jie es ſich zur Aufgabe machen, aufklärend zu wirken. Unſere Zeit erfordert eine
umfaſſende, gediegene Bildung, die für den Arbeiter vielfach nur durch gute Bücher zu
erreichen iſt. Daher fort mit allem, was unſern klaren Bli> trübt! Aufgeräumt mit
Kitſ<, Schund und Schmuß: das Beſte iſt für unſere Jugend gerade gut genug.
„AU. 3.“
Von Theodor Thomas,
R BS ir ſoßen einander gegenüber und ſahen uns ſchweigend an. Er, anſcheinend ein
wN Y Naufſmann, betrachtete immerzu meine Nadel mit den zwei Buchſtaben A. I.
oz Nach einiger Zeit ſing er an, auf dem Siß herumzurutſchen und mich noch
ſtierer zu beäugeln. I< wußte: es kommt bald was; [ſo ſicht man nur aus, wenn einen die
Neugier plagt.
Da fam ihm die Gelegenheit zu Hilfe. Das Fenſter klappte herunter, ein Windſtoß fuhr
herein. Wir ſprangen beide gleichzeitig in die Höhe, mit dem Erfolg, daß die Köpfe zuſam-
menrannten. Aber die Annäherung war nun da, bald auch ein Geſpräch. Es dauerte gar
nicht lange, da ſragte er:
„Erlauben Sie, ich überlege mir ſchon immer, was bedeuten denn eigentlich dieſe beide?
Buchſtaben A. 3.2“
Mich ſtieß der Schalt; i< wollte mal ſehen, ob der das raten würde. Zeit hatten
wir ja.
„Das iſt das Zeichen einer in Deutſchland ſehr weit verbreiteten Verbindung, die ſogar
international iſt.“
„4 verſtehe," Er nidte zutraulich. „Akademiſche Juden?"
„Diesmol nicht, Wie kominen Sie darauſ, ſehe ich ſo jüdiſch aus?“
„Gott, ich dachte nur. Vielleicht „Artiſten-Internationale?“
Das iſt zwar ein großer Sprung, aber Sie ſind glatt vorbeigehüpft, Sie dürfen auch
nicht gleic) von einem zum andern Ende Galto ſchlagen. Raten Sie weiter."
„Vielleicht was mit Jeſuiten?“
„Seit ab, weit ab!" Er ſann nach:
„Dody nicht „Auto J!ub,“ meinte er lächelnd." .
„So kommen Gie nicht heran. I< will Ihnen helfen. Allo nun überlegen Sie ſich mal,
vaß es doc in Deutſchland ſo eiwas wie eine Jugendbewegung gibt. Damit hängt es zu-
jammen.“