Arbeiter-Jugend Dun 337
und durc<geführt werden. Was die eine Organiſation nicht durchſetzen fann, kann die andere
oder alle zuſammen, denn ſie ſtellen heute ſchon bei richtiger Führung eine ganz reſpektable
Macht dar. (Auch hier hat Kiel ſchon einen Anfang gemacht.)
Wenn an einem Ort mehrere Schülerräte beſtehen, muß ihre Zuſammenfaſſung dur)
Bildung eines Zentralſchülerrats erfolgen, um ein gemeinſames Arbeiten herbeizuführen. Den
Zentralrat können ja die Vorſitzenden der einzelnen Räte bilden.
Eine andere Frage von Bedeutung iſt die Hebung des geiſtigen wie ſittlichen Niveaus
der geſamten Schülerſchaft. Die größte Anzahl der Schüler iſt nicht in Organiſationen; die
Gründe dieſer Tatſache kennen wir, ſie brauchen deshalb nicht erörtert zu werden. Wie erfaſſen
und ſchulen wir nun dieſen Teil? Ein Weg wäre der, die Schüler einer Fortbildungsſchule in
kleinere Gemeinſchaften (100) zu teilen, um in dieſen kleineren Kreiſen Vorträge aus allen
Wiſſensgebieten ſowie Unterhaltungsabende ernſter und heiterer Art zu veranſtalten. Hier
wäre auch ein praktiſches Betätigungsfeld für unſere Organiſationen durch die Ausgeſtaliung
der Abende, ſowie durch den Kampf gegen Kino, Schund, Tanz, und damit für uns
und unſer Ziel.
Neues Leben auf den Ruinen einer alten Welt aufzubauen, auch in der Schule, iſt unſere
Aufgabe. Die Fortbildungsſchule ſoll nicht mehr Plage, ſondern
Treude ſein, Dieſes Ziel läßt ſich nur durch raſtloſe Arbeit leiſten.
Auf zur Tat!
Bergarbeiterjugend.
Von Franz Oſterroth.
6 5 ine in ſozialiſtiſchen Kreiſen weitbekannte Frau äußerte neulich nach einem mit einer
. DB „» Grubenbefahrung verbundenen Beſuch des Ruhrgebiets mir gegenüber ihr Erſtaunen
Ws über den ſtärkſten Eindruek, den ſie bei allem Herumſchauen empfangen hatte. Das
war für ſie der Bergmann ſelbſt geweſen. Seine ausgeprägte Arbeitereigenart und der
kameradſchaftliche Grundzug ſeines ſchlichten Weſens waren ihr aufgefallen und hatten ihr
die Ueberzeugung aufgenötigt, daß der Bergmann doch eigentlich der bildhaſteſte Vertreter
des Proletariats ſei. Und ſo iſt es. Ein Blik in die bunte, wechſelreiche Geſchichte der Bergs»
arbeiter zeigt die ganze Schiſalsſchwere der deutſchen Arbeiterklaſſe. Mutet uns eine
Entwiädlung nicht eigenartig an, deren Anfang während des 13. Jahrhunderts den
ſchweifenden, mit Sonderrechten und Waffen verſehenen, von keinem Willen als dem der
Produktivgemeinſchaft geleiteten Eigenlöhner ſah; deren Mitte bis zum dritten Viertel
des vorigen Jahrhunderts einen kapitaliſtiſch angebundenen, bis aufs Fleiſch geſchundenen
Knecht zeigte, und die in unſern Tagen den ſelbſtbewußten, vem Volk aber durch Einſicht
Opfer bringenden bergarbeitenden Staatsbürger als vorläufiges Ende hat?
Kaum ein anderer Beruf weiß von ſo ſtarkem Zuſammengehörigkeitsgefühl zu erzählen,
wie jene Menſchen, die „da unten“ auf gegenſeitige Hilfe angewieſen ſind, für die die Soli-
darität ein ungeſchriebenes Geſetz darſtellt. Und das dennoch nicht vermochte, ſeine Kraft
„über Tage“ zu bewähren! Ein gut halbes Dußzend Organiſationen, die außer dem alten
Bergarbeiterverband (467 000 Mitglieder) und dem „Chrijtlichen Gewerkverein“ (160 000 Mits-
glieder) faſt alle in der Kindlichkeitsform angeſprochen werden dürfen, machen ſich gegenſeitig
das Leben ſauer. Dieſes Grundübel Zerriſſenheit hindert die Kohlenleute, die günſtige Gegen»
wart für ihre lange auſgeſtellten Forderungen entſchieden auszunülßzen; dieſe Achillesferſe
hemmt den Unterweltrieſen, Anſehen und Berufsehre vermoderter Zeiten wiederzuholen, und
weiter iſt ſie wegerſchwerend bei ſeinem Wollen, die ungeheuren Aufgaben, die Krieg und
Revoltition vor ihm auftürmten, im ſozialiſtiſchen Geiſt zu löſen.
Dieſer einleitende Stoßſeufzer, liebe Jugendgenoſſen, war nicht wegzulaſſen, wenn ich
oie Abſicht, ein klein wenig über die Bergarbeiterjugend zu plaudern, ausführen
wollte. Deren Beſtrebungen leiden nämlich unter den aufgezeigten Uebeln mindeſtens ebenſo,
wie ſie auf anderer Seite wiederum durch die wunderbaren Eigenſchaften des Bergmanns,
die Treve und Ausdauer, begünſtigt werden. Von allen Bergarbeiterverbänden war es der
ſtärkſte, nämlich der freigewerkſchaftliche, zuerſt, der die Bedeutung einer hellhörigen und
gewerkſchaftlich gebildeten Jugend einſah um ihrer ſelber willen und darum im