340 Arbeiter-Jugend
Wir ſtehen mitten in einem großen Werden. Was aber werden will umd ſoll,
das wird nicht, ohne daß wir mit ganzer Kraft daran arbeiten. Wenn wir erkannt haben,
daß die Repolution planvoll nach einem Ende hin geht, müſſen wir alles einſetzen, um
dieſem Gang Hinderniſſe aus dem Wege zu räumen, um die Entwicklung zu beſchleunigen.
Wer Gegenwart und Ziel klar erkennt, dem iſt auch um die Zukunft nicht bange. Wir leben
in einer Uebergangszeit, in Tagen großer Vorbereitung: da kann nicht alles ſchön am
Schnürchen gehen. In den Tagen vor Pfingſten ſind Hausfrauen und Mültter mit Eifer an
der Arbeit, um die Jeſttage ſchön vorzubereitea. Aber dieſe Vorbereitungsarbeiten wollen
uns nicht gefallen. Die Gardinen ſind von den Fenſtern herabgenommen, Stühle und
Tiſche ſtehen kreuz und quer durcheinander, große Beſen und Scheuerbürſten fegen Über
den Boden hin, auf unſeren Stühlen liegen Stöße von Wäſche ausgebreitet, die Schweſter
hantiert mit dem Bügeleiſen herum, hier ſteht ein Cimer, vort die Badewanne -- nein,
es will uns nicht behagen in dieſem Durcheinander. Und dennoch ſind wir fr oh, denn wir
wiſſen: in ein paar Tagen iſt Pfingſten, in ein paar Tagen iſt alles wieder ſchön, und um ſo
Ihöner, je gründlicher die Vorbereitungsarbeiten geweſen ſind. Und während dieſer Arbeit
können wir ſogar ſingen hören, und wir ſingen mit, denn unſere Gedanken wandern voraus.
Vorbereitungszeit iſt ſchöne Zeit. Wenn unſere Herzen mit dem rechten Geiſt erfüllt
ſind, kann uns keine trübe Augenblicslaune der anderen ſtören.
Sei immer auf dem Weg zum Feſttag hin!
Und wenn in deiner Bruſt auch tauſend Widrigkeiten
um ihren Hlltag ſtreiten --
Sei immer auf dem Weg zum Feſttag hin!
Bereite froß mit heiterem Geſicht
dein Werk für einen neuen, ſchönen Tag!
Dann komm zu dir, was immer kommen mag --
du ſiehſt es nicht.
UPnd Jiehſt du's doch: '
Gei frohl
Da kannſt du's lachend aus dem Weg dir räumen,
jo oder jo -- -- ,
Dein Auge hat ein ſchönes Ziel geſehn.
Willſt du aus dunklen Gaſſen
den Ausbli> dir zur Sonne trüben laſſen?
Das darf dir nicht geſchehn.
Zum Teufel mit der alten Trübſalsklage!l
Laß das Geſtöhn! - |
Was dir mißfällt, ſind Vorbereitungstagel!
Und die ſind ſchön!
Arbeiterjugend und Wandervögel.
Von Willy Piehler, Mainz.
] n dem geiſtigen Leben der Nation zeigen ſich überall große Widerſprüche. Einen dieſer
8 tiaſſenden Riſſe ſehe ich darin, daß die Jugend der Städte, voran die bürgerliche, ſeit
Weimar auch die Arbeiterjugend, die Volksſitten vom Lande übernehmen will, währenv
dem Bauer dieſe Dinge mehr und mehr verloren gehen. Auf dem Lande, in das ſich während
des Krieges ein breiter Goldſtrom ergoß, hält das ſtädtiſche Weſen in wachſendem Maße
ſeinen Einzug; in den Zentren des induſtriellen Lebens ſehnt man ſich nach ländlicher Ein-
fachheit, jo wie man glaubt, daß ſie bis vor kurzem ge weſen ſei. Auf dem Lande iſt die
„gebildete" Jugend ſtolz, einen Foxtrott oder den neueſten Operettenſchlager zu tanzen; der
Wanderpogel und der Proletarierjunge geben ſich dafür mit Volkstänzen ab. Alſo ein
GCdjichtwechſel auf der ganzen Liniel