Full text: Arbeiter-Jugend - 13.1921 (13)

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wieder nicht. Liſa Albrecht hat ſchon das 
Richtige getroffen, wenn ſie ſagt, Mädchen- 
abende ſind ven den örtlichen Berhältniſſen 
abhängig. 
Seht, unſere Drtsgruppe iſt im Gegenlaß 
zu vielen großſtädtiſchen Gruppen ſehr, ſehr 
lein. Wir ſnd noh eine junge Bewegung. 
Der größte Teil unſerer Burſchen iſt jünger 
als unſere Mädels, und gerade in dieſem 
Altersunterſchied iſt der Grund zur Veran- 
ſtaltung unſerer Mädchenabende zu Juchen. 
Gewiß, wir haben unſere gemeinſamen Dis- 
kuſſions» und BVortragsabende, unſere ge- 
meinſamen Wanderungen, ſpielen und tanzen 
auch zuſammen, aber in unſeren gemein» 
jamen Zuſammenkünften können wir uns nie 
mit den ausſchließlichen Mädchenfragen, als 
da ſind Säuglingspflege, Geſundheitspflege 
des Weibes, ſexuelle Aufklärung uſw. be- 
Ihäftigen; das Intereſſe dafür if dann nur 
bei den Mädels vorhanden und die Burſchen 
würden bei uns, gelinde geſagt, dieſe Vortrüge 
lächerlich finden. Ihr ſeht alſo, daß unſere 
Mädchenabende, die übrigens aus der Mitte 
der Mädels gewünſcht wurden, angebracht 
ſind und wohl ſolange veranſtaltet werden 
 
 
 
Evangeliſcher Iungmännerkag in Meißen. 
Aus Meißen wird uns geſchrieben: Unſere 
Stadt dürfte vom 3. bis 6. September an» 
läßlich der Tagung der evangeliſchen Jüngs- 
lingsvereine eine Miniaturauflage von Biele- 
feld erleben. Für die Kirche iſt es ja eine 
Lebensfrage, ſich dem Geiſt der Jugend» 
bewegung, deren Hauptträger die Ar- 
beiterjugend iſt, wenn auch nur äußerlich 
anzupaſſen. Es fehlte deshalb nichts. Alles 
war da: 
zug, Anſprachen, Fackelzug, hemdſreie Bruſt 
und auch einige -- Mädchen. Ia, ſtaunt nur1l 
Die Jünglingsvereine Sachſens haben die 
<riſtlichen Pfadfindervereine mit aufgenom» 
men, und bei dieſen ſind Jungens und 
Mädels zuſammen. Der jtellvertretende Vor- 
ißende bezeichnete die Anweſenheit von 
ädchen als einen geſchichtlichen Wende» 
punkt in ihrer Vereinsarbeit. Der Herr 
hatte zweifellos recht. Die Jünglingsverein- 
ler hatten äußerlic) auch noch etwas mehr 
als wir in Bielefeld, nämlich gemeinſamen 
Kir<hßgang und PBoſaunenkonzert. Darum 
brauchen wir ſie aber nicht zu beneiden. 
Fehlte ihnen dodhy die ſprudelnde Lebensluſt 
unſerer Volkstänze auf der O<ſenheide und 
das hinreißende Geſühl der Solidarität mit 
imſeren älteren Klaſſenbrüdern. Für die 
Meißner Einwohnerſchaft war die Veranſtal- 
jung ein farvenfrohes Bild, weiter nichts. 
Praktiſche Solidarität konnten Jugendliche in 
 
cu 
d 7 142 (druide 
Flaggen, Wimpeln, Fahnen, Feſt- . 
Arbeiter-Iugend 
können, bis unſere noh ſehr junge Bewegung 
einen feſten Gtamm von ein wenig ülteren 
Burſchen und YVädels verzeichnen kann. 
Dann könmen wir wohl auch die oben erxr- 
wähnten Fragen gemeinſchaftlich behandeln. 
Ein anderes Moment fällt bei uns auch 
nod) ins Gewicht. Unſere Mädels haben in- 
folge ves Kriegs in der Schule faſt gar nicht 
nähen und ſtiden gelernt, und auch dieſe 
Künſte werden geübt und gelehrt, Jo daß ſich 
die ganzen Mädels ihre Kittel ſelber machen 
können. Bei dieſer Gelegenheit beſchäftigen 
wir uns auch mit guter Literatur und mit 
Werken, die vas ſoziale Clend der Frau und 
Mutter ſchildern. - 
Aber eine Sondergruppe ſind wir deswegen 
nicht; wir fühlen uns als Teil im Ganzen 
der Ortsgruppe, unſere Mädels kommen 
ebenſo vollzählig zu den gemeinſamen Zus=- 
ſammenkünften wie zu den Mädchenabenden. 
Und durch unſere Mädchenabende mit ihrem 
verſchiedenartigen Inhalt erziehen wir uns 
die Kämpferinnen und tüchtigen Mitarbeite- 
rinnen für unſere Bewegung. 
Ch. Marie Güth, Erfurt. 
den paar Freiquartieren in Gaſthäuſern nicht 
verſpüren. 
Von den Verhandlungen war nur die 
Montagvormittag-Tagung öffentlih. Die 
Zuſammenſetzung der Verſammlung ließ den 
Willen zur Selbſtbeſtimmung, der auch dieſe 
Jugend beſeelt, ſchon merklich erkennen. 
Durchgeſetzt aber hat ſich die Jugend noch 
niht. Der größere Teil gehört noch zu den 
„älteren und alten Jünglingen“. Von den 
14 000 Bereinsmitgliedern zählen nur 8000 
weniger als ſiebenzehn Jahre. Nach den 
Worten des Bundespflegers laſſen ſic) die 
über ſiebenzehn Jahre alten ſchwer halten. 
Was ganz natürlich iſt, da ſie ja dann die 
handwerkliche Lehre verlaſſen und die „lei- 
tende Hand“ des Lehrherrn nicht mehr 
fühlen. Paſtor V. Müller ſprach über 
„die Gegenwartsaufſgaben unſerer Vereine“ 
in rhetoriſch guter und anſcheinend vom 
beſten Willen beſeelter Weiſe. Sein Referat 
war jedoch eine ſchwere Anklage gegen das 
Alte und die Ablehnung des ſich mehr und 
mehr geltend machenden Dranges -der Jus» 
gend auf Lebensfreude. Die Problemſtellung 
war für die Vierzehn- bis Achtzehnjährigen 
viel zu hoch, was ſich auch an den teilnahm- 
loſen Geſichtern der Jungen bemerkbor 
machte. Er warf die Fragen auſ: Wie be» 
kämpfen wir die allgemeine Genußſucht und 
die Unſittlichkeit, und wie ſtellen wir uns 
zur wirtſchafilich-ſozioalen Frage? Ihre Er- 

	        
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