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wieder nicht. Liſa Albrecht hat ſchon das
Richtige getroffen, wenn ſie ſagt, Mädchen-
abende ſind ven den örtlichen Berhältniſſen
abhängig.
Seht, unſere Drtsgruppe iſt im Gegenlaß
zu vielen großſtädtiſchen Gruppen ſehr, ſehr
lein. Wir ſnd noh eine junge Bewegung.
Der größte Teil unſerer Burſchen iſt jünger
als unſere Mädels, und gerade in dieſem
Altersunterſchied iſt der Grund zur Veran-
ſtaltung unſerer Mädchenabende zu Juchen.
Gewiß, wir haben unſere gemeinſamen Dis-
kuſſions» und BVortragsabende, unſere ge-
meinſamen Wanderungen, ſpielen und tanzen
auch zuſammen, aber in unſeren gemein»
jamen Zuſammenkünften können wir uns nie
mit den ausſchließlichen Mädchenfragen, als
da ſind Säuglingspflege, Geſundheitspflege
des Weibes, ſexuelle Aufklärung uſw. be-
Ihäftigen; das Intereſſe dafür if dann nur
bei den Mädels vorhanden und die Burſchen
würden bei uns, gelinde geſagt, dieſe Vortrüge
lächerlich finden. Ihr ſeht alſo, daß unſere
Mädchenabende, die übrigens aus der Mitte
der Mädels gewünſcht wurden, angebracht
ſind und wohl ſolange veranſtaltet werden
Evangeliſcher Iungmännerkag in Meißen.
Aus Meißen wird uns geſchrieben: Unſere
Stadt dürfte vom 3. bis 6. September an»
läßlich der Tagung der evangeliſchen Jüngs-
lingsvereine eine Miniaturauflage von Biele-
feld erleben. Für die Kirche iſt es ja eine
Lebensfrage, ſich dem Geiſt der Jugend»
bewegung, deren Hauptträger die Ar-
beiterjugend iſt, wenn auch nur äußerlich
anzupaſſen. Es fehlte deshalb nichts. Alles
war da:
zug, Anſprachen, Fackelzug, hemdſreie Bruſt
und auch einige -- Mädchen. Ia, ſtaunt nur1l
Die Jünglingsvereine Sachſens haben die
<riſtlichen Pfadfindervereine mit aufgenom»
men, und bei dieſen ſind Jungens und
Mädels zuſammen. Der jtellvertretende Vor-
ißende bezeichnete die Anweſenheit von
ädchen als einen geſchichtlichen Wende»
punkt in ihrer Vereinsarbeit. Der Herr
hatte zweifellos recht. Die Jünglingsverein-
ler hatten äußerlic) auch noch etwas mehr
als wir in Bielefeld, nämlich gemeinſamen
Kir<hßgang und PBoſaunenkonzert. Darum
brauchen wir ſie aber nicht zu beneiden.
Fehlte ihnen dodhy die ſprudelnde Lebensluſt
unſerer Volkstänze auf der O<ſenheide und
das hinreißende Geſühl der Solidarität mit
imſeren älteren Klaſſenbrüdern. Für die
Meißner Einwohnerſchaft war die Veranſtal-
jung ein farvenfrohes Bild, weiter nichts.
Praktiſche Solidarität konnten Jugendliche in
cu
d 7 142 (druide
Flaggen, Wimpeln, Fahnen, Feſt- .
Arbeiter-Iugend
können, bis unſere noh ſehr junge Bewegung
einen feſten Gtamm von ein wenig ülteren
Burſchen und YVädels verzeichnen kann.
Dann könmen wir wohl auch die oben erxr-
wähnten Fragen gemeinſchaftlich behandeln.
Ein anderes Moment fällt bei uns auch
nod) ins Gewicht. Unſere Mädels haben in-
folge ves Kriegs in der Schule faſt gar nicht
nähen und ſtiden gelernt, und auch dieſe
Künſte werden geübt und gelehrt, Jo daß ſich
die ganzen Mädels ihre Kittel ſelber machen
können. Bei dieſer Gelegenheit beſchäftigen
wir uns auch mit guter Literatur und mit
Werken, die vas ſoziale Clend der Frau und
Mutter ſchildern. -
Aber eine Sondergruppe ſind wir deswegen
nicht; wir fühlen uns als Teil im Ganzen
der Ortsgruppe, unſere Mädels kommen
ebenſo vollzählig zu den gemeinſamen Zus=-
ſammenkünften wie zu den Mädchenabenden.
Und durch unſere Mädchenabende mit ihrem
verſchiedenartigen Inhalt erziehen wir uns
die Kämpferinnen und tüchtigen Mitarbeite-
rinnen für unſere Bewegung.
Ch. Marie Güth, Erfurt.
den paar Freiquartieren in Gaſthäuſern nicht
verſpüren.
Von den Verhandlungen war nur die
Montagvormittag-Tagung öffentlih. Die
Zuſammenſetzung der Verſammlung ließ den
Willen zur Selbſtbeſtimmung, der auch dieſe
Jugend beſeelt, ſchon merklich erkennen.
Durchgeſetzt aber hat ſich die Jugend noch
niht. Der größere Teil gehört noch zu den
„älteren und alten Jünglingen“. Von den
14 000 Bereinsmitgliedern zählen nur 8000
weniger als ſiebenzehn Jahre. Nach den
Worten des Bundespflegers laſſen ſic) die
über ſiebenzehn Jahre alten ſchwer halten.
Was ganz natürlich iſt, da ſie ja dann die
handwerkliche Lehre verlaſſen und die „lei-
tende Hand“ des Lehrherrn nicht mehr
fühlen. Paſtor V. Müller ſprach über
„die Gegenwartsaufſgaben unſerer Vereine“
in rhetoriſch guter und anſcheinend vom
beſten Willen beſeelter Weiſe. Sein Referat
war jedoch eine ſchwere Anklage gegen das
Alte und die Ablehnung des ſich mehr und
mehr geltend machenden Dranges -der Jus»
gend auf Lebensfreude. Die Problemſtellung
war für die Vierzehn- bis Achtzehnjährigen
viel zu hoch, was ſich auch an den teilnahm-
loſen Geſichtern der Jungen bemerkbor
machte. Er warf die Fragen auſ: Wie be»
kämpfen wir die allgemeine Genußſucht und
die Unſittlichkeit, und wie ſtellen wir uns
zur wirtſchafilich-ſozioalen Frage? Ihre Er-