492
Gruppe Beiſtand und Förderung finden?
Bedenkt einmal die Lage der arbeitenden
Jugend auf dem Lande! Wie wenig Wert
halte ihre Gdezulbildung, wie gering waren
die Möglichkeiten, ſich weiterzubilden. Aber
faſt das ganze Jahr bringt harte Arbeit, viel
fänger als acht Stunden am Tag. Die eln»
zige Abwechſlung war der Gaſthof am Sonn-
tag oder Abend. Nber da kam eines Tages
Leben in das dörfleriſche Einerlei. Jemand
hatte Flugblätter und Zeitſchriften verteilt,
in denen von Arbeiterjugend die Rede war.
Den darauffolgenden Sonntag war eine „Ju-
gendſeier“ angefündigt und alles war ein»
geladen. Und dann ?amen ſie ſelbſt, Bur-
ſchen, Mödel, alle ſo jung wie die Dorfingend
jelbſt, aber doc) ſo anders! Und ſie ſangen
auf der Giraße, tanzten auf dem Dorfplaß
unter der Linde, zogen alleſami in einen
Saal, und wie ein Schwanz Alt und Jung
aus dem Dorfe ihnen nach. Da Jprach ein
Junger von der neuen Zeit und von dem
Leben, das lebenswert werden muß. Da
tanzten und ſangen Jie wieder und die Dorf»
jugend mii und dann -- wollte dieſe Jelbſt
ihren Arbeiterjugendverein haben. An
einem Abend wurde das Wer? geſchaftt, und
ſtolz ſah man, wie der Verein von Woche zu
Woche wuchs.
Aber hier lag das Verhängnis! Freunde
in Stad! und Land: Laßt uns nicht nur ein»
mal zuſammen ſein, laßt uns immer zus»
jammen wir?en! Legt nicht im An-
jang den Wert auf die große Zahl, ſorgt aber
ſür den feſten Grund! Zhr habt auf
em Lande nicht ſoziale Möglichkeiten, eu)
allein zu heifen. Ihr in den Städten habt
viele fähige Kräfte beieinander. Geht hinaus,
helft ihnen, die nac) euch ausſchauen. Laßt
die gegenſeitige Abneigung fallen und bedenkt,
daß ihr alle Glieder derſelben Klaſſe ſeid.
Beſucht und helft eud) gegenſeitig oft und
regelmäßig.
Und ſiehe da, welch reicher Segen kommt
fiber den Verein, der jo draußen wirbt!
Seine eigenen Glieder werden wach, Kräfte
werden gewellt, beweglich gemacht, wirken
ſich aus, die man früher nicht kannte. In
jedem Herzen feſtigi ſich immer tieſer das
Bewußtfein der Solidarität, der Gemeinſam»
Zeit des Schickſals aller Glieder der arbeiten-
den Klaſſe, Man fängt an, auch weiter 2»
ſte>te Pläne für den eigenen Drt zu ſc<mieden
und auszuführen. Ueberall hebt ſich die Be-
wegung. erben heißt leben! Und
man fühlt endlich: die «nderen ſind Jo viel
oert wie wir, wie ich ſelsſt) ---
Wir ließen unſeren ländlichen Freund mit
gehobenem Bewußtſein ziehen: Er bekommt
Hilfe vom Nachbarort, ſeine kleine Gruppe
wird feſt werden und wieder wachſen.
Arbeiter-JIJugend
An die Orfsgruppe voy Lüdenſcheid
und Umgebung. 5 /-/-
Wer auf dem Reichsjugendtag in Bielo»-
feld war, dem wird es gufgeſallen ſein, daß
viele Jugendgenoſſen mit einem großen Ab»
zeichen herumliefen, das wie folgt ausjaß:
Ein Vieres iſi in drei Dreiee eingeteilt,
und zwar rechts oben ein blaues, links unten
ein rotes und da drunter noch ein 'ganz
fleines blaues. . Alle Dreie>e ſind von ſil»
bernem Rand umgeben. Ferner ſind not)
zwej Figuren darau?, bei oberflächlicher Be»
trachtung ein [lebendig z3ewordenes Frage»
zeichen (Fig. 1), das auf einen Schirm mit
einem Gtiern als Griff zuläuft, der in einem
zerbrochenen Blumentopf ſteht (Fig. 2). (Alle
vorübergehenden Leute find oberflächliche Be»
trachter und bekommen einen ſolchen oder
noßH viel ſchlimmeren Eindruek.) Doch Gpaß
beiſeite und Ernſt auf den Tiſch, es war
nicht ſo böſe gemeint, wie es vielleicht 0118»
ſicht. Es handelt lich um ein im expreſſioniſti-
ſchen Stil gehaltenes Bild, das, vom expreſſig»
niftiſchen Gtandpunft aus betrachiet, ein
Kunſiwer? ſein mag. Die Figur 1 ſtellt einen
Menſchen dar, der mit dem Kopf im großen
Dreied iſt, mit den Füßen in dem kleinen,
mit dem übrigen Körper aber im roten
Dreie? ſich befindet, (Blau als Zeichen
der dun?len Vergangenheit des Proletariers,
der Noc<ht; rot als Zeichen der Zukunft,
der Morgenröte einer neuen Menſchheit.)
Figur 2 ſtellt eine Blume dar, die, auf
dem blauen Dreied ſtehend, in das große
rote Dreie> hineinwöchſt, d.h. auf der Ver»
gangenheit wird die Zukunft erbaut werden.
Zweifellos eine boppelte Symboliſierung un-
ſeres Wollens, denn ich kann wohl annehmen,
daß meine Deutung das richtige trifft. Für
ein Abzeichen iſt .das alles entſchieden zu
ſchwer, denn ein Ahzeichen ſoll doch Jedem,
jogar dem oberflächlichen Betrachter, ſofort
jagen, was es bedeutet, von welchem Verein
es ausgeht. Da iſi unſer kleines, ſchmudes
A. I. doch vpÖräanziehen, denn da weiß joder:
das heißt Arbeiterjugend. Und wer kennt
wohl heute noch nigt die Arbeiterjugend
und ihre Ziele, oder weniaſtens ihr Endziel?
Da ſagt ſich alſv jeder: „Das iſt die Arhoiter»
jugend, die wollen Verwirklichung des So»
zialismus.“ Sieht man aber das andere Ab»
„zeichen, und man weiß nicht, daß die Träger
zur Irbeiterjugend gehören, da kommt man
wohl ſchwerlich hinter ſeine Bedeutung,
Dann iſt doch aber auch der kieine Schild
mit dem YA. J. das einzige, vom ganzen Ver»
band anerkannte Abzeichen unſerer Bewe»
gung, das nicht nur in Deutſchland, ſondern
auc) in den anderen Ländern (mit anderen
Buchſtaben) getragen wird. Schon aus dieſem
Grunde ſolltet ihr das „A.I.“ - Abzeichen
wählen. Am Reichsjugendtag bin ich von