Arbeiter-Iugenb | m 45
„Dinda x N
Sonne Weimars feinen hohen Sinn hotte, würde als Programm der Bewegung
depen Inhalt nur verwiſchen, und darum bleiben wir ſchon für den Alltag bei der
erprobten Parole jeder ſozialiſtiſchen, auch ſozialiſtiſchen I u g end bewegung: dem
Klaſfen-Bewußtſein.
Das proletariſche Klaſſenbewußtſein iſt aber kein angeborener Beſitz der Klaſſen»
angehörigen, ſonſt müßten alle Proletarier Sozialiſten ſein. Es kann bloß durch
Erkenntnis errungen werden. Dazu führt uns unſere ſozialiſtiſche Bildungs-
arbeit. Aus dem Bewußtſein wiederum entſpringt wie alles zielſtrebige Wollen auch
unſer ſozialiſtiſches Wollen. Sozialiſtiſches Wollen aber iſt Kampf ſür den
Sozialismus, und deshalb ſteilen wir im Programm unſerer Bewegung neben
unſer ſozialiſtiſches Erkenntnisſtreben unijern Kampf für die wirtſchaftlichen und
kulturellen Forderungen der Arbeiterjugend, dieſen Kampf, der uns ſchult zu künftigen
Gireitern für den ganzen Sozialismus. Und da wir nicht bloß Sozialiſten, ſondern
junge Sozialiſten ſind, wollen wir neben der Erkenntnis und dem Kampſ auch die
Freude hochhalten, das ewige Recht aller jungen Menſchheit auf Glü> und Sonne
und Frohſein.
Cs gibt keinen Kieler und keinen Hamburger und keinen Berliner Geiſt in unſerer
Bewegung, darf keinen geben. Die Kieler jagen nicht nur Problemen nach, ſondern
ſie ſvellen auch ihren Mann im Kamypyſ gegen Ausbeutung und Unterdrücdung, und
fe wandern und ſpielen wie alle uniere Arbeiterjugend. Dasſelbe gilt für die Ham-
burger und Berliner Kameraden. So ſind wir groß geworden und wollen immer
größer werden, indem wir ſtets das Ganze unſerer Bewegung im Auge behalten,
dieſe Einheit im Denken, Wollen und Jungſein, die Syntheſe von
Erkenntnis, Kampf und Freude,
„Die Reichsgröndung und die Arbeiterklaſſe.
Von Rudolf Ubraham.
„3 roße Siege gibt es augenblicklich in Deutſchland nicht zu feiern. Da man aber
5 %'D in unſerem Vaterland das Feiern auch in einer Zeit der größten Not und
Wee Ves ſchlimmſten Niedergangs nicht laſſen kann, ſucht man aus der Ver»
gangenheit hier und da einen kriegeriſchen oder monarchiſtiſchen Gedenktag hervor-
zuframen, um ihn zur Vilege der „nationalen“ Geſinnung und zur höheren Ehre des
== verfloſſenen Kaiſertums feſtlich zu begehen. Für all die Leute, die iy wieder ein-
mal „feiern“ wollten, bot ſich im vergangenen Monat eine treffliche Gelegenheit, und
ſie iſt von ihnen weidlich ausgenußt worden. Das iſt der 18. Januar, der Tag,
an dem vor 220 Jahren das preußiſche Königstum und vor 50 Jahren das
deutſche Kaiſertum geboren wurde. Wir haben keine Urſache, einen ſolchen Er»
innerungstag feſtlich zu begehen. Für uns kann er nur eine Gelegenheit bilden,
unfern Bli rü&wörts zu richten und uns wieder einmal ein wenig in die Geſchichte
zu verſenfen. Aus ihr wollen wir erfahren, was es denn eigentlich mit der ſo viel
geprieſenen Cinigung der deutſchen Stämme durc die Begründung jenes Kai'er»
tums auf ſich hat, und welche Bedeutung dem 18. Januar in der Geſchichte des
deutſchen Volkes tatſächlich zukommt.
Wir müßten ſchlechte Sozialiſten ſein, wenn wir nicht wüßten, daß alle großen
geſchichtlichen Ereigniſſe in leßter Linie durch wirtſchaftliche Triebkräfte, durch die
Intereſſen der wirtſchaftlich herrſchenden und der zur Herrſchaft ſtrebenden Klaſſen
enticheidend beeinflußt und gelenkt werden, unterirdiſch freilich, unſichtbar für das
Auge deſjen, der nur auf das äußere Geſchehen ſieht, erſt von ſpäteren Geſchichts»