268 Arbeiter-Jugend
„Bauline -- was ſagſt du dazu!“ Pauline ſagte gar nichts. Pauline war einfach
Jprachlos. So entſtand eine Pauſe, bis der älteſte des Nachwuchſes meinte: „Hau ſie aufs
Maul, Vater!“ Der überlegte.
„Fommt mal in den Laden, ich will eu) eine Leberwurſt geben.“
„Macy ich," ſagte Hans' und ging vorn in den Laden. Rudi blieb vorſorglich draußen
und wartete das Weitere aus gemeſſener Entſernung ab. Der Schlächter kam in den Laden
und ſchüttelte den Kopf. „Du biſt ein ſelten frecher Hund. Soll ich dich um die Ohren
Ichllagen?“ man
„Das werdet ihr nicht tun, Meiſter; denn ich habe euer Wort, daß ihr mir eine Leber-
wurſt ſchenken wollt . . .“ Jet lachte der Fleiſcher und gaov ihm vie Wurſt. „Nun pack
dich aber . . .“ Und Hans padte ſich. a» |
Drei Minuten ſpäter lagen Hans und Rudi im Straßengraben, ſahen in die ziehenden
Srühlingswolfen und aßen die Wurſt. Wenn der Menſch ſatt iſt, wird er müde, und wenn
nicht ein großer Hund ſo laut gebellt hätte, der einen Karren an ihnen vorüberzog, wären
ſie von der Nacht überraſcht worden. So aber glimmte das Fbendrot, als ſie aus dem
Graben ſtiegen und die ſchlafroſtigen Beine wieder in Schwung brachten. Nebel ſchleierten
über die Wieſen, das Gelände wurde grau, die Fernen verloren ſich. Eine ſeltſame GStim-
nung ergriff die beiden. Ein Waſſer, das ſie nicht ſahen, murmelte in die Stille, ein Kruziſix
ragte im Dunſt, und Feuchtigkeit legte ſid) auf die Geſichter. Unwilltürlich liefen die Freunde
ſchneller, Sehnſucht pate ſie nach Licht und Wärme. So erreichten ſie ein kleines Wirthaus.
Sie traten in die Stube, in der kein Gaſt weilte. Eine alte freundliche Frau kam herzu,
und ſie baten um einen Trunk. Die alie Frau füllte ihnen zwei Gläſer mit Bier und ſezte
ſich mit an den Tiſch. Die Freunde erzählten von der Wanderſhaft und von ihrer Heimat,
das alte Weiblein hörte ihnen zu und ſagte ſchließlich, daß ſie für die Nacht dableiben könnten.
„In der Gtube, in die ſie geführt wurden, ſtand ein breites, wohlbezogenes Bett, und an der
Wand hing das Bild eines jungen Menſchen. „Das iſt mei! Sohn,“ ſagte die Alte leiſe,
-
„er iſt vor zwanzig Jahren in die Welt gegangen und iſt nicht wiedergekommen.“ Daun
wünſchte ſie eine guie Nacht und ging hinaus. .-
Ein Haha wedte die Wanderer, ſie wuſchen ſich und lieſen in die Wirtsſtube. Die alte
Frau war noch nicht da, ſo riegelten ſie die Hintertür auf und gingen in den Hof, wo ſie
einen Suögebo> neben Holzſtapeln entde>ten. Die Aermel wurden aufgekrempelt. Ruvi ſägte
die Scheite, und Hans ſchwang das Beil. Nach einer Stunde kam die Alte in den Fof und
freute ſich.. Sie ſchlug den beiden Eier in die Pfanne, die aßen ſie* zu ſc<warzem Brot und
tranken warmen Kaffee dazu. Schließlich brachte die Alte noc< zwei handfeſte Stö&e herzu.
„Sie ſind von meinem Jungen. Er wird jie ſich doch nicht mehr holen“ -- und ſie winkte
und nicdte hinter ven Freunden her, die in die fſieigende Sonne marſchierten.
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Deutſchlands, geweilt, wo ir uns ſo manche
Abſchiedsbrief aus Polniſch- Schleſien. n v
Freude bereitet habt, die vns zeitlebens nicht
Königshütte (O.-S.), im Auguſt.
Iungen und Mädels! 'Ein Machtwort,
diktiert von Willkür und Unvernunſt, ließ
ein ſchweres Sci>ſal über uns Polniſch-
Edhjleſier hereinbrechen, das ſich in ſeiner
wahren Natur erſt jetzt offenbart. Wehmut
und Schmerz erfüllt uns. Nicht nur, weil
wir aus einer Volksgemeinſchaft, mit der
wir auf Leben und Verderb verbunden
waren, herausgeriſſen wurden, ſondern auch,
weil wir gezwungen ſind, von Jugendſreun-
den Abſchied zu nehmen, mit denen gemein-
am wir hier im dunklen Oberſchleſien unſere
dee ver Arbeiterjugendbewegung vertreten
und zu verwirklichen geſucht haben.
Häufig haben wir in eurer Mitte, unter
Arbeiterjungen und -mädels aus allen Gauen
ſchönen,
nur eine liebe Erinnerzmg, ſondern eine
Kraftquelle bleiben wird, aus der wir Mut
und Ausdauer ſchöpfen, werden, in unſerem
wenn guc< beſchwerlichen Werk
fortzufahren. Darum ſeien euch bei unſe- |
rem Gdheiden ein paar Abſchiedsgedanken
gewidmet.
Sehr viel haben wir von euch gelernt,
was ſich praktiſch bei uns gut verwenden
ließ, jo daß langſam das ſchwache BPilänz»-
lein Arbeiterjizgendbewegung in DOberſchle-
ſien gedieh und zu den ſchönſten. Hoffnungen
berechtigte. „Denn wir Oberſchleſier können
wirklich nicht aus eigener Kraft das zu-
tandebringzn, was die Idee unſerer Bewe-
gung von 'uns fordert; wir jind auf ou