- Regelung der Lehrlingslöhne,
Daß ſich bei einigem guten Willen eine
halbwegs befriedigende Regelung der Lehr-
lingsbezüge auch im Handwerk: ermöglichen
läßt, zeigt das Beifmjel von Oldenburg.
Dier „Kepublik“ in Rüſtringen berichtet:
„In der lezten Vollſizung der Handwerks»
fammer wurde eine Kommiſſion gebildet aus
drei Mitgliedern der Handwerkskammer, drei
Mitgliedern des Geſellenausſchuſſes und einem
unparteiiſchen Vorſitenden. Dieſe Kommiſſion
joll alßße zwei Monate zufammentreten, um
zu prüfen, ob die beſtehenden Lohnſöätze exr-
Hoht werden müſſen. Die Handwerkskammer
hat die Angelegenheit in ihrem Bezirk ſo qe»
regelt, als wenn ein Tarif zwiſchen Arbeit-
gebern und Arbeitnehmern beſtände. Sofern
ein Arbeitgeber niedrigere Lehrlingsentſchädi-
gungen feſtſezt, wird er gerichtlich bes
H
D
Wie unier Wilhelm.
An die Verfolgungen, denen die Arbeiter«
jugend in der Vorkriegszeit ausgeſeßi war,
erinnert folgender Vorfall, der dem „Vor»-
wärts“ unterm 18. November aus dem Ber»
finer Vorort Stegliß berichtet wird:
Die .Arbeizerjugend der Abteilung Steglitz
hatte heute abend im Lyzeum I einen Eltern»
abend veranſtaltet, der ſehr nett verlaufen iſt.
Nach Schluß trat die Jugend zufammen und
396 unter Abſingung unpolitiſcher Lieder ihres
Weges. Am Rathaus Steglitz kam ein Schupo»-
beainier und verboi das Singen. Der Vor»
ſizende der Arbeiterjugend, Hellmut Krüger,
wandte ein, daß ſie ruhig und anſtändig ihres
Weges gehen und ſingen könnten; er wies
aber fofort die Arbeiterjugend an, das Singen
einzuſtellen. Trotzdem verhaftete der Voliziſt
ven Vorſißenden der Arbeiterjugend. Der
erſte Vorſidende der Abteilung ging mit,
ebenſo die Geneſſin Frau Staatsſekretär
Gdezulz- Während die beiden im Bolizeilokäl
waren, drängte die Arbeiterjugend auf der
Gtraße nach.
Der verhaftende Poliziſt erſchien baraufhin
aus dem Wachlokal auf der Straße, um die
Jugendlichen zurüzutreiben. Die Jugend rief
ihm zu, er ſei ja nicht im Dienſt, da er ſa
nicht umgeſcqnallt hätte. Der Beamte kehrte
varauf ins Wachlokal zurüf und kam mit
feinem Seitengewebe wieder, mit dem er die
Jugendlichen bedeohte. Zwei Mitglieder der
Arbeiterjugend wurden bis zum Eingang
- Gieſes Berichtes, 12 Uhr nachts, noch avf der
Wache ſeſigehgiten.
Wie in der Kornſchen Geſchichte der Ar»
beiterjugendbewegung erzöhlt wird, zeichnete
ſich unter den Widerſachern der Arbeiter»
jugend vor dem Krieg der Amtsvorſteher und
Arbeifer-Jugend
'Zom Seriegsſchauplats
319
+
langt. Die Entſchädigungsfäße für Lehr-
Unge betragen nod dieſen Beſtimmungen bis
zum 1. Dezember d. J.: im erſten Lehrjahre
40 Mk., im zweiten 60 Mk., im dritten 80 Mk.
- und im vierten Lehrjahre 100 Mk. wöchent»
lich. Vom 1. Dezember ab gelten vie vier»
fachen Beträuge, nämlich im erſten Lehr»
jahre 160 Mk., im zweiten 240 Mk., im dritten
8320 Mk. und im vierten Lehrjahre 400 Mk.
Es iſt zwar auch nicht viel, was hier an
Entſchädigung vorgeſehen iſt, aber es iſt doc)
mehr, als vielfach in Großſtädten noh ae»
zahlt wird, wo für Fahrgelder beträchtliche
Aufwendungen zu machen find, die in Olden-
burg nicht notwendig find. Man ſieht hier
wenigſtens den Willen, ein? gewiſſe Ordnung
zu ſchaffen, anftatt es dem Gutdünken des
einzelnen Lehrlingshaltern auheimzuſtellen,
zu geben, was er für genug hält.
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Dorſſchulze Buhrow in Steglik aus. Auch
heute noch ſcheinen, wie Figura zeigt, die
Traditionen aus jenen glorreichen Tagen in
Steglitz nachzuwirken.
Sie vegreifen's no< niht!
Der Nrvbeiterjugendverein Lüthorſt im
Bezirk? Hannover hai eine kurze Zeit eitien
Raum der dortigen Schule als Jugendheim
benutzen dürfen. Ießt bat ihm der Schul»
vorſtand bie Benutzung dieſes Raumes unter»
ſagt mit der Begründung, die Arbeiterjugend-
bewegung ſei «ins politiſche Organiſation.
on Moringen im Solling weigert may
ſich ſchon zwei Jahre, die Arbeiterjugend»
gruppe in den Zugendyſlegeausſchuß auſzu»
nehmen. Gie iſt infolgedeſſen gezwungen,
ein Gaſtiwirtslo?al als Jugendheim zu be-
nußen. Ruch hier wird vom Leiter des It»
genbpflegeausſchuſſes, einem Paſtor, der
Grund vorgeſchaben, die Arbeiterjugend»
organiſation ſei politiſch. --+
Ganz abgeſehen buvon, daß eine ihre Mit»
glieder zur fozialiſtiſchen Weltanſchauung er»
ziehende Jugendorganiſation nod) lange nicht
vom Standpunkt der Tagespolitik aus po»
ttiſc) zu ſein braucht, gibt eine „Politiſch-
erflärung“ heute niemand mehr ein Recht,
die Arbeiterjugendbewegung zu ſchikanieren.
Wir raten dem Herrn Schulvorſtand in Lüt»
horſt ſowie dem Herrn Iugendpflegepaſtor in
Moringen dringend, einmal den Miniſterial»
erlaß vom 17. Dezember 1918 und den Erlaß
des preußijHhen Miniſters Stegerwald vom
22. Rovembex 1919 zu ſtudieren. Vielleicht
wird dann am Horizont ihres Geiſtes die Ein»
ſit dämmern, daß die arbeitende Jugend
beute genau dasfelibe Recht zur Organiſation
hat wie die bürgerliche Jugend.
Kad