Full text: Arbeiter-Jugend - 14.1922 (14)

84 Arbeiter-JIJugend 
 
möglich, jo läßt man die Ydreſſey durd) die Mitglieder, durch Jüngere Geſchwiſker und be- 
?annte Kinder ſammeln. Die näöchſte Arbeit iſt dann die Hausggitation. Dieſe darf auſ 
keinen Fall planlos und unorganiſiert vor ſich gehen, da ſie heute noch den wichtigſten Teil 
ver Ojieragilation darſtellt, Hierpei wird am richtigſten verſahren, wenn der zu bearbeitende 
Ort in möglichſt kleine Bezirke geteilt wird. Ein jeder mit Flugblättern und Werbeſchriften 
ausgerüſtete Agitationstrupp, (am beſten ein Mädel und ein Burſche) erhält einen ſolchen 
Bezirk zugewieſen. Dabei muß beachtet werden, daß die Hausagitation von redegewandten, 
inteliigenten Mitgliedern ausgeführt wird. Ungeeignete Kräfte ſc<aden oſt mehr, als ſie 
nüßen. Gelingt es den Hausagitatoren, die Eltern für den Zwec> und die Ziele der Arbeiter- 
jugenübewegaung zu intereſſieren, zu begeiſtern, dann werden die Eltern ſelbſt darauf bedacht 
ſein, ihre Kinder in unſere Gruppen zu ſchien. Herrſcht aber erſt einmal im Elternhauſe 
Verſtändnis für den Wert unſerer Bewegung, [9 bleiben uns die Neugewonnenen ſicher treu. 
Dieſe Agitation von Mund zu Mund iſt den öffentlichen Verſammlungen zntſchieden vor» 
ziehen. Dur ſolche Aufklärung erwerben wir uns das Vertrauen der Erwachſenen und 
zerſtören die Legenden der Gegner. 
Bildet dann eine wohlgelungene Schulentlaſſungsfeier den Abſchluß der Vſtei iggitation, 
jo wird dieſe auch in ländlichen Bezirken zum vollen Erfolg führen. 
Pflicht aller Mädel und Burſchen unſeres Verbandes iſt es, in den Oſterwochen mit 
flammender Begeiſterung neue, junge Gtreiter ſür das große Menſchheitszid des Sozia» 
fismus zu gewinnen. 
 
Bei Ulfons Pegald. 
Von Friß Si<röder, Bieleſeld. 
“BY n ngefähr ſieben bis ac<t Jahre ſind es her, daß ich zum erſtenmal von Peßzold reden 
19 & hörle. Cs war in einer Zuſammenkunft der Arbeiterjugend. Einer von den Jugendgenoſſen 
Op'g> hatte einige Gedichte von ihm geleſen, die ihn in ihrer pa>end anſchaulichen Bild» 
kunſt ſeltſam ergriffer» hatten. Genaueres konnte dieſer auc) nicht über den Dichter ſagen. 
Er wußte nur, daß PBeßzold ein junger Wiener Proletarierdichter ſei. Späterhin gelangten 
wir in den Beſitz Reßoldſcher Schriften. Sie machten auf uns einen tiefen Eindru>. Hier 
war einer, der es verſtand, unjeren Nöten, unſerem Sehnen und Drängen Ausdru> zu 
verleihen. Auch über ſein Leben erfuhren wir einiges: wie er ſich aus ärmſter Jugend, aus 
Arbeitsloſigkeit und ſtändiger Krankheit emporgearbeitet, und wie er ohne die Hilfe guter 
Menſchen, die ihn wiederholt vom Tode retteten, längſt zugrunde gegangen wäre. 
In ſeinen Werken ſchildert Petzold das Ringen unſerer Klaſſe zu höheren Lebensformen, 
zu Menſchheitsidealen. Wirken ſeine ſozialen Dichtungen durc<h ihr lebhaftes Temperament 
pagend und auſpeitſcjend, ſo klingen in anderen Werden, 3. B. in dem Roman „Exde“ 
Töne heiligſten, zarteſten Empfindens, aber auch der Lebenshunger des Proletarierjungen, 
ſeine Sehnſucht nach Liebe und Erdenglück. | 
Wie kaum ein anderer moderner Dichter verſieht es Petzold, den Gedrücten und Hoff- 
nungsloſen Mut zu ſpenden. Do auch dem Starken verleiht er neue Kraft im Daſeins» 
fampfe, ſtählt ſeinen JIdealismus und Opferſinn, feuert ihn am, in aller Gemeinheit und 
Brutalität ſeinen Kopf hoc) zu tragen, ſtets zu edler Tat bereit. 
* 
„3m vergangenen Gommer madcten wir, mehrere Biceleſeidey Jugendgenoſſen, eine 
Wanderfahrt durch den Böhmerwald und die ſchönen öſterreichiſchen Alpenlänver. Unſer 
Wunſch war, bei dieſer Gelegerrheit Peßold zu beſuchen. Wir waren in freudiger E rregung, 
als wir, von Salzburg kommend, an einem Sommerſonnentag in Kißbühel anlangten. Für» 
wahr, das freundliche Städtchcn hat eine herrliche Lage; zwiſchen hohen Bergen eingebettet, 
Ichien es uns [Jo recht geeignet, Kranke geſund zu machen. Nur eins guälte uns: wie 
werden wir Peßold antreſſen! Erſt kürzlich) hatte die Preſſe von der großen Not und dem 
ſchweren Lungenloiden des Dichters berichtet. 
Bald war jeine Wohnung erfragt und geſunden. Ich ging voraus und fand ihn gerade 
auf dem Weg nacy der Stadt begriſſen. Auf unſere Biite nach einem kurzen Beiſammen- 
jein ſagte er berceitwilligſt ſür den Abend zu. 
 

	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.